Was ist neu

Wie wichtig ist die Intention des Autors für den Kritiker auf KG.de?

Aber eigentlich geht es hier um die Wichtigkeit der Intention des Autors hier auf kg.de. Und daß man in einem Forum, in dem es darum geht, sich gegenseitig zu helfen, das im Sinne des Autoren tut oder zumindest versucht, schien mir eigentlich immer selbstverständlich.

Klar. Aber dann muss der Autor auch manchmal von seinem hohen Ross herunterkommen und einsehen, dass er das was er sagen wollte, wohl nicht rüber bringen konnte. Wenn er die Leser für "blöd" hält, ist es vergebene Mühe.

 

Wieder lang, aber kompakt

Hi,

aus meiner Sicht hat sich die Diskussion etwas vom Thema wegbewegt, wobei es für einen Spät-Hinzugekommenen schwer ist, die teilweise 1:1 Diskussionen auseinanderzuhalten.

Darum entschuldige ich mich im Vorfeld, wenn das eine oder andere Argument evtl. schon gefallen ist.
Grundsätzlich versuche ich den gesamten Zusammenhang zu begreifen und aus meiner Sicht geht das Thema und auch die Folgediskussion auf die grundsätzlich verschiedenen Motive von Autoren und auch Kritikern zurück. D.h. Warum und für wen schreibe ich.

Zur Ausgangsfrage:

Wie wichtig ist die Intention des Autors für den Kritiker auf KG.de?
Diese suggeriert, daß der Autor eine Intention hat. Das ist allerdings nicht immer so, wie wir bereits festgestellt haben. D.h. wenn nichts da ist, dann wird es für einen Kritiker schon einmal recht schwer bzw. für manche Autoren erst richtig interessant (zu sehen, was die anderen da so plötzlich alles sehen). Und kann darin gipfeln, daß einige in sich das versteckte Genie vermuten, bloß weil es andere gibt, die sich Mühe geben und Zeit nehmen, um ein Puzzle zusammenzusetzen, daß noch nie ein Bild war.

Aus meiner Sicht, kann man Autoren in verschiedene Kategorien gliedern, auch wenn sich keiner einfach so irgendwohin stecken lassen will, manchmal hilft die Gliederung aber, um einen Überblick zu bekommen und uns allen sollte klar sein, das es immer mehrere Gründe gibt, aber es existiert immer eine primäre Motivation ein Hauptgrund für einen Autoren auf kg.de:

Wir haben hier:
[highlight]1. Autoren, die eine Aussage haben und der Welt etwas mitteilen wollen. [/highlight]
Diese kleiden ihre Aussage in mehr oder minder deutliche Wort und Bilder. Aus meiner Sicht ist hat eine vollendete Geschichte eine Aussage, auf die der Leser selber kommt, durch den Autoren aber an die richtige Stelle geführt und dann sacht abgesetzt wird. Ich denke, wer etwas sagen will, der möchte, daß es auch in den Menschen nachhallt, nicht so schnell vergessen wird und wir alle wissen, daß die eigene Erkenntnis für den Menschen die wichtigste und nachhaltigste ist.

2. Autoren die Anerkennung suchen
Ihnen ist ziemlich egal, ob und was die Leute aus den Geschichten lesen. Wenn es Lob und Schulterklopfen gibt, dann sind sie zufrieden, wenn es Diskussionen und Interpretatioen gibt, sind sie drauf stolz, weil sie andere zu Überlegungen angeregt haben. Und dann stürzen sie sich in das nächste Projekt. Evtl. bildet sich ja später ein Mitteilungsverlangen noch heraus

3. Autoren, die sich mit sich selbst bzw. dem Schreiben selbst auseinandersetzen
Es geht eher um den Schreibprozess an sich und über kg.de hat man eine Motivation, diese Prozesse auch zuende zu führen und public machen.

Vielleicht sind es auch Stufen eines Entwicklungsprozesses [3 -> 2 -> 1], den jeder durchläuft und dann bei der einen oder anderen Stufe einfach stehen bleibt?

Gut, ich wollte bei der Frage bleiben. Wir konzentrieren uns also auf Gruppe 1 und hoffen, daß der Kritiker erkennt, was er vor sich hat.
Dann lautet die Antwort auf die Frage:

Wie wichtig ist die Intention des Autors für den Kritiker auf KG.de?
Es kommt auch auf den Kritiker an.

Denn auch hier haben wir ja unterschiedlichste Spezialisten, wobei man jetzt noch das Thema "Was ist überhaupt eine Kritik" spezifizieren könnten. Das will ich nicht, sondern aus meiner Erfahrung auch hier etwas gliedern.

1. Kurze-Meinung-Schreiber
Einige versuchen nach dem Lesen einer Geschichte zu kennzeichnen, daß sie da waren. Meist ist es ein wohlwollender Kommentar, der evtl. in der Hoffnung geschieht, daß der Autor auch mal bei einem selbst vorbeischaut.
War mal eine Weile schlimm, dann besserte sich dies, den derzeitigen Stand kenne ich nicht.

2. Rechtschreib-Prüfer
Es gibt einige, die eine ganze Liste von Schreibfehlern korrigieren und unter das ganze eine lapidare Meinung, wie "Ich fand´s gut" oder "Ansonsten gar nicht so schlecht" oder "Hat mir eher nicht gefallen" setzen.
Ich kann zu deren Motivation nicht viel sagen, einiges vermuten, aber das gehört nicht hierher.

3. Techniker
Sind einige, die den Aufbau analysieren und evtl. die gewählte Perspektive der Geschichte Kritisieren. Oder den Figurenaufbau, die Zeitform etc.
Aus meiner Sicht kann man die Technik nicht kritisieren, wenn man keinen Ausgangspunkt hat. Dieser ist aus meiner Sicht das Verständnis der Geschichte. D.h. ich muß für mich verstanden haben, worum es in der Geschichte geht und was der Autor sagen wollte, um darauf meine technische Kritik aufbauen zu können. Einige Dinge z.B. Figurenzeichnung kann man allerdings auch komplett von der Aussage loslösen

4. Interpreten und Analysten
Die Deutung der Geschichte. Für mich gehört hier nicht nur das "Raten" bzw. Analysieren, was der Autor den gemeint haben könnte dazu. Für mich als Autor ist eher die Selbstanalyse des Lesers wichtig.
Ich denke, das sollte man bewußt trennen.
Gerade vor dem Hintergrund, daß ich eine gute Geschichte schreiben will (siehe 1. oben rot) ist mir in erster Linie wichtig, was der Leser gefühlt und gedacht hat, als er die Geschichte (vor allem zum ersten Mal) las.
Erst an zweiter Stelle sollte dann die Überlegung stehen, was der Autor eigentlich bezweckt haben könnte und an dritter Stelle die Analyse, wie er das umgesetzt hat.

Auch das habe ich an anderer Stelle schon mal geschrieben. Der sinnvollste Weg (immer vorausgesetzt, man sieht 1. oben-rot als zu erreichendes Ideal an) sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen ist für mich:

1. Feedback nach dem Lesen, was angekommen ist. Was nimmt man mit, worum geht es, was hat einen am meisten bewegt, verwirrt, interessiert.

2. optionale Meinung, was der Autor hat ausdrücken wollen (Interpretation)

3. wenn sich genügend Meinungen gesammelt haben, sollte der Autor in einem Forum, wie kg.de die Katze aus dem Sack lassen und kann seine Intention preisgeben, vor allem, wenn er etwas lernen und an sich arbeiten will

4. denn nun können die Techniker kommen bzw. die Leser noch einmal und gemeinsam überlegt man, warum das eine oder andere nicht wie gewünscht herauskommt oder was gut gelungen ist.

Das ist aus meiner Sicht ein sehr effektiver, wenn auch idealer Weg, da er viel Zeit und Aufwand, sowie Vertrauen und Eigenmotivation erfordert.
Ich hatte auch schon angeregt, wie man solch einen Weg versuchen kann,

technisch
zu unterstützen.

Kehren wir also wieder zur Frage zurück.

Wie wichtig ist die Intention des Autors für den Kritiker auf KG.de?
Antwort 2:
Für den Kritiker, der eine Geschichte technisch aus zumeist objektiven, handwerklichen Gesichtspunkten (d.h. Wie gut hat der Autor das, was er sagen wollte, an mich den Leser transportiert?) analysieren will, ist die Intention von ausschlaggebender Bedeutung, da die Analyse ein Fundament braucht und das ist die Aussage, die der Autor machen will oder die man ihn für diese Kritik unterstellt.

Ich würde sogar soweit gehen und zu sagen: Ohne Intention macht eine technische Bewertung keinen Sinn.

Da ich selber auch nicht so viel Zeit habe, versuche ich oft eine Intention vorauszusetzen.
D.h. oftmals (wenn ich mir relativ sicher bin) interpretiere ich und kritisiere dann die Umsetzung. Das lohnt natürlich nur, wenn ich mir relativ sicher bin. Oft kommt es aber vor, daß ich mir mit zunehmender Beschäftigung immer unsicherer werde, weil es Widersprüche gibt. Dann biete ich teilweise mehrere Interpretationen an, was entsprechend spekulativ wird und mich als Kritiker angreifbar macht.
Grundsätzlich geht es mir oft nicht um die Änderung in einer bestimmten Geschichte, sondern das grundsätzliche Aufdecken von Problemen, die auch in anderen Geschichten auftauchen und evtl. in dieser Geschichte besonders deutlich (auch für andere Leser verständlich) zutage tritt.

Aus diesem Grunde wage ich mich auch häufig nur an Geschichten heran, die ich verstehe und die meinem eigenen Schreiben näher sind.

Nachdem wir alles auseinandergenommen haben, können wir auch relativ leicht zum Kern des Problems vorstoßen.

Fazit:
Es kommt auf die Konstellation von Autor und Kritiker an, um diese Frage zu beantworten. Wenn ein Autor, der etwas sagen möchte, auf einen Kritiker trifft, der analysieren will, wie gut es dem Autoren gelungen ist, das Gewünschte auszusagen, dann ist die Intention zwingend notwendig.

Für andere Fälle/Konstellationen mag das nicht gelten und an der Diskussion kann man erkennen, daß hier Leute aus unterschiedlichen Autoren- und Kritikerlagern aufeinandertreffen und darum teilweise aneinander vorbeireden, weil die Mühe und Zeit fehlt, sich die Hintergründe der anderen Argumente vorzustellen.

Gruß
mac

P.S. Was ich mich immer mal frage: Hätte man es auch kürzer (mit dem gleichen Informationsgehalt) sagen können?

P.S.S. Ich frage mich dies, weil ich nicht weiß, ob man es eigentlich als "am Rande Interessierter" solche nicht unbedingt spannenden Ausführungen komplett zu lesen. Denn nur das Komplettlesen stellt sicher, daß das ankommt, was ich eigentlich sagen wollte.

 

Hallo macsoja!

Das unterschreibe ich jetzt einfach.

Toll, wie Du das analysiert hast, danke für Deine Arbeit! :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

@lea
Du hast möglicherweise den Grund für die Ausführungen nicht ganz nachvollzogen, darum hier eine Erweiterung, angereichert mit angrenzenden Zusammenfassungen:

Wenn es mir wirklich nur um die Beantwortung dieser Frage gegangen wäre, hätte ich gar nicht anfangen müssen, denn es gibt nicht nur eine Diskussion, wo genau das schon festgestellt und von einigen kg.de-Mitgliedern auch ehrlicherweise bestätigt wurde.

Was aus meiner Sicht noch immer zu kurz kommt, ist also nicht die Erkenntnis, sondern die richtigen Schlüsse hieraus zu ziehen. Sieht man ja auch an der widersprüchlichen Diskussion. Und da jeder am liebsten seine Schlüsse selber zieht, wollte ich es noch mal übersichtlich darlegen. Vielleicht hilft es ja, daß weniger Frust und Mißverständnisse entstehen. Einfach indem man sich darüber klar ist, was alles passieren kann und das jeder Fall auch seine Berechtigung hat.

Am Ende ist es wie mit Geschichten. Einige wurden schon 1000 mal geschrieben, aber die 1001. hat einen Blickwinkel, der einigen hilft, die Sache mit anderen Augen und eigenem Erkenntnisgewinn zu betrachten. Insofern lohnt sich der Aufwand aus meiner Sicht schon.

Dein Bild mit dem Affen verstehe ich nicht ganz. Wir sind uns einig, daß es eigentlich keinen Sinn macht nach einer Intention zu suchen, wo keine ist. Wichtig ist allerdings auch zu schauen, in welchem Kontext.

Einschub:
An der Stelle sind wir wieder bei den unterschiedlichen Zielen der kg.de User, aus denen sich dann auch deren Ansprüche und Selbstverständlichkeiten hier auf der Plattform entwickeln. Einige möchten am liebsten den Literaturbetrieb da draußen nachstellen. Andere sind froh, hier erst mal eine Plattform von Gleichgesinnten und Freunden zu finden, die immer mal wieder aufmunternde Worte findet.
Im richtigen Leben klemmt man das gekaufte und nicht verstandene Buch unter einen wackelnden Tisch oder verschenkt es zur nächsten Weihnachtsfeier. Aber wir sind hier auch ein Lernforum und die Leute, die sich hier engagieren, sind teilweise nicht nur da, um sich zu profilieren, sondern auch zu helfen und selbst zu lernen.

Zu dieser Hilfe gehört auch, sich Gedanken machen, was der Autor gemeint haben könnte, um dann abzugleichen, ob dies gelungen ist oder nicht. Da dies ein Internetforum ist, wo man sich kaum in Echtzeit austauschen kann, kann es auch passieren, daß man sich erst hinsetzt und Arbeit investiert, um dann festzustellen, daß es umsonst war. Wenn man sich vorher bewußt ist, daß so etwas vorkommen kann, weil es solche und solche Autoren gibt, dann zuckt man die Schultern und sucht andere Texte/Autoren. Ist man ambitioniert erkundigt man sich beim Autoren, ob man ihm helfen kann, auf dem Weg zum Autoren mit einer Intention oder ob das vergebene Mühe ist.

Wie ich oben geschrieben habe, ist es möglicherweise eine Entwicklung, die jeder durchmacht. Vom Schreiber, der einfach etwas schreibt, um zu schreiben über jemanden, der beobachtet und die Umgebung wiedergibt bis zum Autoren mit einer Meinung und einer eigenen Sicht (die für sich schon eine Aussage sein kann, so sie denn konsistent ist).
Dazu gehört nicht nur Schreibtalent, sondern auch eine gewisse Erfahrung und Reife, so man die Intention bewußt verpacken will.

Aus meiner Sicht erkennt man eine Intention daran, daß sie eine Sprache hat (die des Autoren). Der Vorteil bei guten Autoren ist, daß diese relativ deutlich herausschimmert und sich nicht widerspricht oder teilweise unverständlich wird und daß der Autor sich auch bemüht hat, dies konsequent durchzuhalten.

Die Intention so zu verpacken, daß sie
a) nicht zu deutlich wird (Zeigefinger und Zaunfahl)
b) genau das sagt, was der Autor darstellen will
c) in einem unterhaltsamen Text auftaucht
d) auch eigene Erkenntnisse durch den Leser zuläßt
ist das, womit Autoren ihr ganzes Leben kämpfen.

Insofern sollte uns auch klar sein, daß vor allem hier bei kg.de viele am Anfang des Weges stehen.

Es kommt natürlich auch vor, daß man mal "ausversehen" oder "intuitiv" etwas einwebt und für einige ist dies auch eine wichtige Erfahrung, was andere in dem Text sehen. Wichtig ist hier (aus meiner Sicht!), daß die Autoren sich nicht darauf ausruhen, sondern ehrlich zu sich selbst sind und ab einem bestimmten Punkt anfangen zu arbeiten, um dies zu reproduzieren.
Nicht umsonst heißt es, daß man mit Talent einiges erreichen kann, aber das Handwerk ab einem bestimmten Punkt beherrscht werden muß.
Es gibt allerdings auch Leute, die das gar nicht wollen. Und hier ist es wichtig, daß man sich offen darüber austauscht, denn zwingen kann man niemanden und es macht dann zumindest für mich keinen Sinn, an einem Diamanten weiterzuschleifen, wenn dieser lieber roh bleiben will.

Und um diese Offenheit zu bekommen und sich nicht gegenseitig etwas vorzumachen, habe ich es noch mal umfassend dargelegt (das war jetzt der Bogen zum Anfang).
Damit jeder erkennt, wo er steht, wo er hinwill, wo er hinkönnte und womit er konfrontiert werden könnte.

Insofern meine Überlegung, diese Zeit zu investieren, auch wenn der eigentliche Aspekt aus Deiner Sicht sonnenklar ist, sowie der Affe genau weiß, an welcher Stelle man anfangen muß, die Banane zu schälen.

Gruß
mac

 

Eine Interpretation hat sich am Text zu beweisen, an Form und Inhalt des Textes, nicht dem Inhalt der Gedanken des Autoren.

Damit denke ich bringt Lea es auf einen PUNKT!
Wenn ich so nicht an eine Geschichte ran gehe brauch ich sie eigentlich auch nicht zu lesen!

Lg Belvar

 

@ noch mal lea

Schade, daß der entsprechende Autor sich inzwischen gelöscht hat. Sonst hätte ich auf sehr lange Diskussionen verlinken können. Es gab hier einige Texte, die teilweise, teilweise auch verwinkelt waren, wo sich dann lange Diskussionen ergeben haben, darüber, was wohl gemeint sei. Und der Autor am Ende keine Stellung bezogen hat, sondern sowohl die einen als auch die anderen Ansätze unterstützt hat, um die Diskussion voranzutreiben.

Du hast Recht, draußen in der freien Wildbahn zählt nur der Text. Keiner schaut auf den Einband, um zu sehen, ob der Autor vielleicht Waisenkind ist oder von einem tollwütigen Affen gebissen wurde. Baum Kauf mag das Foto noch relevant sein und die Biographie, aber beim Lesen zählt NUR der Text.

Hier aber ist ein Forum, wo alle noch lernen und wenn ich hier auf einen Autoren treffe, der mir ins seinem Text mehrere Interpretationen anbietet und ich hier nicht weiß, was er meint bzw. mich unwohl fühle, weil ich mich nicht entscheiden kann, dann sage ich ihm das und versuche ihm sogar zu sagen, woran das liegen könnte.
So geschehen hier und hier, bei dem Autoren, der diese Diskussion hier neu entfacht hat. Und wenn dieser Autor sich allerdings nicht in dieser Richtung helfen lassen will, dann suche ich mir andere Betätigungsmöglichkeiten, wie auch geschehen.
Ich finde es nur manchmal schade, wenn auch weitere Leute die gleichen Erfahrungen machen und sich diese Mühe teilweise vergebens machen, aber möglicherweise ist es eben eine Erfahrung, die jeder hier selbst machen muß, um dann für sich selbst zu entscheiden, wie er vorgeht.

Darum also noch mal zurück zu meiner Aussage.
Im richtigen Leben entscheidet nur der Text.

Im Forum entscheidet auch erst der Text, aber ich gebe mir dann mehr Mühe, nehme mir mehr Zeit und agiere damit konstruktiver, als ein normaler Leser, weil ich mir dessen bewußt bin, daß wir noch nicht so weit sind.

Gruß
mac

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi mac

Der hier und hier und hier angesprochene Autor lässt sich gerne helfen, immer und überall, wenn er es für richtig hält. Wenn ich deine Ratschläge allerdings für nicht nützlich, der Geschichte nicht dienlich halte, dann kannst du nicht sauer sein, wenn ich sie nicht annehme. Dankbar bin und war ich für deine Meinung immer.
In den angesprochenen Beispielen hast du leider versucht, mit eine Geschichte aufzuzwengen, "mir zu helfen", die ich nicht schreiben wollte.

Und es ist auch hier eine entscheidende Frage, was ein Leser lesen will:
Das, was er selbst interpretiert, oder das, was der Autor geschrieben hat.
Wenn ich das lesen will, was der Autor geschrieben hat, muss ich ihn, den Text, und ihn anhand es Textes sowie den Text anhand des Autors analysieren. Das ist sicherlich eine Sache, die dieses Forum übersteigen würde, hier gar nicht möglich ist.

Nehmen wir wieder das Beispiel Kuns, den Schrift ist Kunst:
Wenn ich ein Bild malen würde, mit einer bestimmten Absicht, und jemand würde es kaufen und sich dann über den kaminsims hängen, nur weil er es schlicht schön findet, würde ich das schon fast als Beleidigung ansehen.
So würde ich mir auch erst ein Bild in meine Bude hängen, wenn ich es verstanden habe, aus Respekt vor Kunst und dem maler, und auch um nicht falsch weiterzuvermitteln.

Du hast Recht, draußen in der freien Wildbahn zählt nur der Text. Keiner schaut auf den Einband, um zu sehen, ob der Autor vielleicht Waisenkind ist oder von einem tollwütigen Affen gebissen wurde.

jedoch wird ein Autor, der kein Waisenkind war, der schlicht versucht, sich in eine solche Situation, einen solchen Menschen hineinzuversetzen, niemals so intensiv darüber sinnieren und schreiben können, wie jemand, der Waisenkind war, diese Erfahrung gemacht hat.
Drogengeschichten sind das beste Beispiel. Wer keine Erfahrung damit hat, soll einen Teufel tun, darber erzählen zu wollen. Da hat er, wenn du so willst, gar kein Recht zu! Welche Erfahrungen will er denn vermitteln? Die, die er nie erlebt, erfahren, nachvollzogen hat?

Gruß

 

Aris, unter Schauspielern würde man sagen, das ist der Stanislawski-Ansatz.
Und es gibt das geflügelte Wort, dass ein Schauspieler nicht erst gestorben sein muss, um einen Sterbeszene zu spielen.
Natürlich kommt aus der Erfahrung oft die emotionale und mentale Tiefe, die wir erleben und erzeugen können, aber für den Leser ist es egal, denn letztlich kennt er in den meisten Fällen eben nur den Text und die Wirkung auf sich selbst. Die hat mehr mit seinen Erfahrungen mit seiner Tiefe zu tun.

Ich denke, grundlegend ist zu klären, ob ein Forum wie kurzgeschichten.de anders tickt als die Literatur.
In der Literatur geht es, wenn sie beim Leser landet, nur noch um Interpretationskritik. Dazu reicht der Text, auch wenn ich hier Einschränkungen machen würde. Ein Text, der 1920 wegen seiner feministischen Äußerungen provoziert hätte, könnte heutzutage wegen seines überholten Frauenbilds kritisiert werden. Es wäre also zu prüfen, ob ein solcher Text nicht einmal dafür gesorgt hat, dass sich die Situation verbessert oder ob man dem Autor ohne Kenntnis davon einfach als Konservativen verdammt.

Ich lese hier auch Texte unterschiedlich. Ist ein Text (für mein Gefühl) schlecht, schaue zum Beispiel in ins Profil und vergewissere mich, es nicht mit einem Kind zu tun zu haben. Von einer einunddreißigjährigen Bibliothekarin erwarte ich schlicht mehr als von einem zwölfjährigen Jungen (obwohl die Erfahrung oft genug zeigt, dass es für diese Erwartungshaltung keinen Anlass gibt).
So tritt ein Paradoxon auf. Denn gerade hier, wo ich gar nichts über den Lebenskontext eines Autoren weiß, achte ich für meinen Kommentar besonders darauf. Gründe wurden von anderen dafür schon genannt.
In erster Linie kann ich an der Kenntnis über die Intention dem Autor Hinweise darüber geben, warum, was er sich gedacht hat, nicht ankommt.
Darin steckt also eine Chance, aber auch eine Gefahr. Manchmal habe ich (auch bei mir selbst) den Eindruck, wir halten uns als Kommentatoren auch gern an der Intention des Autors fest, wenn die Texte uns nichts sagen.
Ich habe schon ab und zu Autoren unter ihren Text geschrieben, er würde dafür sorgen, dass ich mich als Leser dumm fühle.
Gerade verschlüsselte Texte sorgen oft dafür und gerade bei ihnen frage ich häufig nach der Intention.
Vielleicht versuche ich damit meine Überlegenheit dem Autor gegenüber wieder herzustellen?
Oft habe ich das Gefühl, er hat keine und oft fragt der Autor entsprechend allgemein zurück: Braucht ein Text überhaupt eine Intention?
Nun könnte ich sagen, hier meinen wir mit Intention offensichtlich das Gefühl, der Autor hat beim Schreiben überhaupt gedacht. Auch mit diesem Gedanken stelle ich meine Überlegenheit ihm gegenüber wieder her und das normale Kulturverältnis auf den Kopf.
Normalerweise ist es der Künstler, der gibt. Hier haben die nehmenden Künstler in demutsvoller Haltung vor den gebenden Kritikern zu knien und zu kuschen.
Kommt einer mit einem künstlerischen Selbstverständnis, reagieren wir irritiert bis genervt. Wozu veröffentlicht er hier, wenn er alles besser weiß.
Und für dieses Selbstverständnis brauchen wir als Kritiker natürlich die Intention des Autors. Ohne könnten wir ihn nicht belehren.

Nun habe ich das etwas überspitzt und sehr negativ dargestellt, denn wir möchten natürlich, dass alle sich entwickeln. Und oft könnten in der Diskussion über Werke (auch stilistische Diskussionen) fruchtbare Gedanken und Entwicklungen geschehen. Paritätisch wird das aber erst ohne die Intention des Autors.
Bei der Qualität vieler Texte ist das schwer bis nahezu unmöglich. Da haut bei mir der Belehrer aber auch der ob der miesen Texte beleidigte Leser oft genug durch, es fällt mir schwer, offen an einen Text heranzugehen und beim Text zu bleiben. Offene Textarbeit würde aber erstmal die Frage stellen: Wozu brauche ich die Intention des Autors? Sie würde aber auch das Risiko erhöhen, dass jemand wie Aris mit seinen Texten missverstanden wird. Dann kann er sich immer noch fragen, woran das wohl liegt.
Für mich stelle ich oft fest, dass ich die Intention des Autors hauptsächlich brauche, weil ich Angst habe, mich mit meiner eigenen Interpreation zu blamieren. Auch da leisten Autoren natürlich mit wertenden Aussagen wie "überinterpretiert" Vorschub. Es ist ja nicht so, dass es nie vorkommt, dass die Autoren die Kommentatoren abkanzeln, indem sie sich offen darüber amüsieren, was jemand in einen Text liest, den sie gedankenlos in die Tasten gehauen haben. Trotzdem bleibt es meine Angst, die die Interpretation braucht.

Lieben Gruß, sim

 

Aris Rosentrehter schrieb:
jedoch wird ein Autor, der kein Waisenkind war, der schlicht versucht, sich in eine solche Situation, einen solchen Menschen hineinzuversetzen, niemals so intensiv darüber sinnieren und schreiben können, wie jemand, der Waisenkind war, diese Erfahrung gemacht hat.
Drogengeschichten sind das beste Beispiel. Wer keine Erfahrung damit hat, soll einen Teufel tun, darber erzählen zu wollen. Da hat er, wenn du so willst, gar kein Recht zu! Welche Erfahrungen will er denn vermitteln? Die, die er nie erlebt, erfahren, nachvollzogen hat?
Aris, ich bin geneigt, Dir zuzustimmen, wenn ich eine (wie soll ich sagen) "naturalistische" Erwartungshaltung an eine Geschichte hege: Eine Schilderung des Drogenmillieus scheint mir unehrlich, von jemandem geschrieben, der Zeit seines Lebens vielleicht Kopfschmerztabletten als härteste Droge gekannt hat.

Aber beinhaltet Deine Aussage nicht die Gefahr, jegliche phantastische, sogar schon jegliche metaphorische Literatur abzulehnen? Werwölfe, Vampire, Weltraumreisen, Cyberspace: Alles unmöglich zu beschreiben, ich war ja nicht dabei. Kafka: Ein Blender! Der Typ war niemals ein Käfer! Und Aris: Hat er je jemanden gekannt, der sich in ein Schwein verwandelte?

Es ist ein Problem der Grenzziehung, wann ist es Anmaßung einer Kenntnis, wann ein Mittel zur Beschreibung anderer - sehr wohl dem Autor bekannter - Sachverahlte? (Ich verwende Drogenerfahrungen zuweilen als Metaphern für solche anderen Sachverhalte, oder zur Charakterisierung.)

Und was hat die Intention damit zu tun? Nun ja, wenn ich die Absicht des Autors kenne, könnte ich zumindest sagen, ob die Metapher trifft oder nicht. Wenn sich andererseits diese nicht aus dem Text erschließt, gibt es wohl ein Kommunikationsproblem: Entweder ist der Text unzureichend, oder ich bin nicht in der Zielgruppe.

 

Hallo Aris,

wenn das Erleben Voraussetzung für Kunst wäre, so wäre die Kunst arm. Denn gerade die Empathie, das sich in andere hineinversetzen und die Fähigkeit die eigene Biographie zu verwenden, um andere Menschen und andere Situationen zu verstehen, schafft Kunst. Denn Kunst ist nicht ein Abbild der Wirklichkeit, sondern ein Herangehen an die Wirklichkeit durch die Mechanismen der Kunst. Dabei wäre die eigene Biographie im engeren Sinne ein Korsett, dass Kunst nahezu unmöglich machen würde. Weil ein wichtiges Element in der Kunst die Weite ist, das ein Künstler über seine eigene Erfahrung hinaus auf der Suche nach etwas ist... seinen Fragen.
Recherche ersetzt das nicht. Aber Sims Erwähnung des S-Effekts verdeutlicht das sehr gut, dass der Künstler über seine eigene Biographie hinaus auch die Biographien anderer, und andere künstlerische Darstellungen verwenden kann, um etwas über eine Sache zu verstehen, die er selber nicht erlebt hat.

Und im Prinzip ist das genauso mit dem Autor. Das dieser einen Text geschrieben hat, wird niemand hinterfragen. Das er nun aber ein wichtiger Punkt in der Deutung dieses Textes sein soll, wäre wieder ein enges Korsett. Dann dürfte es nahezu keine Klassiker geben, weil die Welt sich in einem Maße verändert, dass viele alte Deutungen von Texten durch den Autor heute einfach nicht mehr wirken würden.
Aber vielen Texten gelingt es noch zu wirken, indem heutige Leser durch ihre eigene Vorstellungs- und Gedankenwelt, die sie mit dem Text verbinden, in der Lage sind Texte immer wieder neu und anders zu interpretieren. Im Prinzip ist der Text nur ein Teil der Rezeption, der erst durch den Leser funktioniert, indem dieser Erfahrungen mitbringt, und so einen persönlichen Text daraus macht, und keinen Autortext.
Wenn Kunst sich also ein Korsett schneidern würde, um den Autor mit in den Text zu nehmen, würde die Kunst etwas verlieren. Und der Autor auch, auch wenn seine Meinung nun sankrosankt werden würde.... aber die Texte würden häufig eindimensional. Und gerade die Mehrdeutigkeit, die Vieldeutigkeit der Interpretationen macht Kunst aus.
Diese aufzugeben führt dazu, dass aus einem literarischen Text eine Gebrauchsanleitung wird: Dieser Text ist bitte nur so zu verstehen, und wenn sie die 10 Schritte durchgehen, werden sie ihn auch nur so verstehen. Das wäre nicht nur langweilig, es würde auch dazu führen, dass Kunstverständnis nicht mehr erforderlich wäre. Weil man ja aus einer Liste die Deutung erkennen könnte.
Und noch deutlicher: Kunst versucht Fragen zu stellen, und Antworten zu finden, meist ohne sich für eine Antwort zu entscheiden. Das ist der Reiz an guten Büchern. Wenn aber die Fragen alle eindeutig (Hat der Autor so gesagt) beantwortet wären, dann wäre es keine Kunst, sondern leider nur Propaganda.

Gruss

Thomas

 

mascoja schrieb:
P.S.S. Ich frage mich dies, weil ich nicht weiß, ob man es eigentlich als "am Rande Interessierter" solche nicht unbedingt spannenden Ausführungen komplett zu lesen. Denn nur das Komplettlesen stellt sicher, daß das ankommt, was ich eigentlich sagen wollte.

Ich bin dir dankbar, denn für mich sind deine Ausfürungen spannend, weil sie für meine Begriffe so strukturiert sind, dass ich auch am Rande ohne mitzudiskutieren etwas dazu lernen kann.
Danke

 
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Hallo

Etwas überzogen, mein Kommentar von gestern nacht.

Den Vergleich mit dem Korsett von dir, Thomas, finde ich sehr gut getroffen.

Für mich wird es so bleiben, das habe ich vielleicht nicht klar genug geschrieben, und ich denke, da sind wir uns auch einig, dass jemand, der etwas persönlich, empirisch, am eigenen Leibe erfahren hat, besser wiedergeben kann, in welcher Form auch immer, als jemand, der es nur nachzuempfinden versucht.
Das steht fest.

Und ihr habt schon Recht, es wäre ein sehr enges Korsett, das wir uns da anlegen würden, wenn wir nur noch "Erfahrungsberichte" schreiben würden.

Aber das jemand nicht das Recht hat, z.B. wie ich, über einen blinden Menschen zu schreiben, sage ich nicht zu Unrecht.
Denn genau das habe ich mittlerweile schon im privaten Kreis diskutieren müssen, ob ich das Recht hatte, aus der Sicht eines Blinden zu schreiben. Die Diskussion wurde nicht polemisch, da ich in meiner Geschichte keinem Blinden zu nahe trete.
Jedoch ist Blindheit eine Behinderung, ich habe also aus der Sicht eines Behinderten geschrieben. Und es gibt Leute, die meinen, Behinderten würde das nicht gerecht, sie würden für die Kunst benutzt. Ausgelöst wurde diese Diskussion durch ein Bild von einem Kunststudenten, das ein behindertes Liebespaar zeigt. Es wurde in der Kaffeete auf und mittlerweile wieder abgehängt. die Diskussion verbreitete sich dann in alle Fachbereiche, bin hin in die letzte hinterste Ecke, zu mir.

Aber das gehört schon lange nicht mehr zur hier bestehenden Diskussion. Es geht mir nur durch den Kopf.

Wollte sagen, dass auch ich mir dieses Korsett nicht anlegen möchte, da ja auch ich aus Chrakteren schreibe, die ich nie erfahren habe. Nur hätte ein wirklich blinder meine Pianistin auch tatsächlich besser schreiben können.
Auch ich habe versucht, einen Tag lang (ich war ja arbeitslos) die Augen geschlossen zu halten, mich wie ein Blinder zu fühlen, habe mich mit Augenbinde durch die Stadt führen lassen, durch den Park, Einkaufszentrum. Eine Erfahrung, die ich jedem einmal gönnen würde. Auch, wenn es auch hier wieder Leute geben wird, die das auch als Beleidigung an Behinderten erkenne dürften, da ich mich freiwillig und kurzzeitig behindert gemacht habe.

Und genau das machen SChauspieler auch. Sie bereiten sich vor, indem sie ein halbes jahr wie ein Bettler leben, wenn sie einen spielen sollen.

zurück zur Geschichte: Hätte ich unter meine Pianistin geschrieben: Diese Geschichte wurde mir von meinem blinden Freund ... diktiert, ...
hätten die Reaktionen ganz anders ausgesehen, so viel steht auch auch fest.
Somit hätte die Biografie des Autors dann wieder Gewicht.

DAnke euch fürs diskutieren

 

Hallo Aris

Für mich wird es so bleiben, das habe ich vielleicht nicht klar genug geschrieben, und ich denke, da sind wir uns auch einig, dass jemand, der etwas persönlich, empirisch, am eigenen Leibe erfahren hat, besser wiedergeben kann, in welcher Form auch immer, als jemand, der es nur nachzuempfinden versucht.
Das steht fest.

Eben diesen Punkt bezweifele ich. Etwas zu erfahren bedeutet nicht, dass man darüber schreiben kann. Weil neben der biographischen Erfahrung auch das Handwerk Schreiben, Abstraktionsfähigkeit, Empathie, Beobachtungsgabe und Reflektionsfähigkeit dazugehören. Lies dir im Netz einmal biographische Geschichten durch, bei denen die oben genannten Dinge fehlen. Dann wird das ziemlich klar.
Wenn jemand eine biographische Geschichte erzählt, bei dem dies alles dazukommt, dann kann es sich auch um sehr gute Texte handeln. Ob diese aber besser sind, als die Texte von jemanden, der sich "nur" mit dem Thema beschäftigt hat.... ich weiß es nicht. Dann hängt es einfach von den Stärken und Schwächen des Autors ab, meiner Meinung nach, und weniger von der eigenen Biographie.

Gruss

Thomas

 

Um auch mal etwas eigenen Senf dazuzugeben. Ein Freund von mir schreibt erfolgreich Kurzgeschichten. Darunter vieel Geschichten, in denen es um erfolgreiche Trauerarbeit geht. Er bekommt häufig Briefe, in denen Leser ihm bescheinigen, dass er sehr viel Leid erfahren haben muss, um so einfühlsam über dieses Thema schreiben zu können - er hatte aber, als er die Geschichten schrieb, keine empirschen Erfahrungen am eigenen Leibe gemacht.
Wenn jemand einen Roman mit sehr unterschiedlichen Charakteren schreibt, ist es natürlich gut, zu wissen, worüber er schreibt und manche Autorinnen /Autoren meinen ja auch, man könne nur über seine eigenen (in der Phantasie) gelebten Leben schreiben, aber reale Erfahrungen sind nicht unbedingt erforderlich.

 

Möchte mich noch einmal einschalten und Bluomo beipflichten bzw. Folgendes hinzufügen:

Bei allen Künsten geht es um Wirkung, also um das, wie ein Kunstwerk auf den Betrachter, Hörer oder Leser wirkt, und nicht so sehr um Authentizität. Das auf uns übertragen: Nicht der Schriftsteller, der am besten die wirkliche Wirklichkeit einfängt, hat Erfolg, sondern der, der diesen Eindruck am besten vermittelt oder erweckt.

Menschen glauben nun mal zuerst das, was sie glauben wollen, dann das, was sich für sie als wahr darstellt, und zuletzt das, was wirklich wahr ist – der Spruch „Das glaube ich erst, wenn ich’s mit eigenen Augen gesehen habe“ deutet schon in diese Richtung, und selbst, wenn sie’s gesehen haben, kommen da noch Kommentare wie „Na ja, wer weiß, ob da nicht ein Trick dabei ist.“

Man könnte diese Erkenntnis auf die Maxime bringen: Glaubhaft zu sein ist beim Schreiben wichtiger als wahrhaft zu sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Anstatt einen neuen Thread zu starten, ergänze ich lieber diesen. Es wurde schon so viel Interessantes zum Thema gesagt, das sich problemlos auf das heutige Wortkrieger-Forum anwenden lässt.
Die Intention des Autors beschäftigt mich besonders, seit ich vor einigen Monaten diese Aussage hier gelesen habe:

Wer setzt sich bitte denn hin und schreibt mit einer "Intention" im Kopf? "Ja, ich wollte einfach mal zeigen, dass Liebe immer siegt und Lust voll doof ist", oder was? Solche Texte lesen sich auch entsprechend. Irgendwie belehrend, irgendwie engstirnig, irgendwie trocken, irgendwie doof.
Das hat bei mir die Frage ausgelöst: Woher kommt die Intention? Die wenigsten werden einen fertig ausformulierten Lehrsatz in sich tragen, den sie der Öffentlichkeit mitteilen wollen. Für mich ist die Intention etwas, das den Autor motiviert und vorantreibt. Etwas, ohne das man gar nicht erst schreiben würde.
Sicher ist die Intention nicht das einzige, das in der Geschichte steckt. Aber sie wird (mindestens ansatzweise) spürbar sein. Egal, wie gut oder schlecht sie in den Text eingearbeitet ist. Ob in den Kommentaren darauf eingegangen werden sollte, ist eine andere Frage. In einer Kritik äußert man sich ja nur zu den Punkten, die einem relevant und nützlich erscheinen. Besonders bei Neumitgliedern ist genau dieser Vorgang schwierig, weil die Gewichtungen sehr unterschiedlich sein können.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir im Gegensatz zur Mehrheit oft ganz andere Elemente (etwa die räumliche Umgebung) in einer Geschichte wichtig sind. Es ist davon auszugehen, dass Leser solche Eigenheiten in einem Text bemerken, sie aber nicht kommentieren. Außer, es ist zu exzessiv und störend (wenn z.B. jeder einzelne Raum detailreich beschrieben wird) oder andere wichtige Aspekte (bei mir ist es die Charakterentwicklung) werden zu sehr vernachlässigt.
Ein Blick auf das Wesentliche ist wichtig, und den muss sich jeder selbst erarbeiten. Man darf natürlich seine "darlings" in einen Text einbauen, aber am besten nicht zu betont, sondern versteckt zwischen den Zeilen. Diejenigen, die solche Details zu schätzen wissen, werden sie in einem gut umgesetzten Text finden. Das ist zumindest das, was ich anstrebe, ich bin noch lange kein Profi.

Wenn man nur wenige Texte geschrieben hat, ist es oft so, dass einem jedes einzelne Wort wichtig ist. Alles muss genauso dastehen, wie man es wollte. Die viele Mühe, die man sich bei der ersten Fassung gegeben hat, stellt man über die möglichen Vorteile, die eine durch fremde Kritik angeregte Überarbeitung bringen könnte.
Je mehr man schreibt, umso geringer erscheint der Aufwand, den man für eine Geschichte braucht. Man gewöhnt sich allmählich an die Vorgehensweise. Und im Vergleich zum größer gewordenen Stapel an vollendeten Geschichten ist ein neuer Text mickrig. Deshalb ist er aber nicht weniger wert. Man kann sogar mit denselben Intentionen schreiben wie früher und gleichzeitig ganz neue und viel bessere Texte erschaffen.
Mein Fazit ist, dass die Intention wichtig ist, aber nicht immer in Kritiken erwähnt werden muss.

 

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