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Zitate? Zitate! (Zitate aus Literatur etc.)
Manchmal sagt ein einzelner Satz mehr aus, als eine lange Abhandlung. Wie wäre es also mit einer Sammlung von Zitaten? Schlaue und/oder originelle, aber auch kuriose Aussprüche sind erwünscht!
Die Formulierung geistreicher und origineller Aussagen hat eine lange Tradition. Besonders bekannt ist der Aphorismus, ein rhetorisch reizvoller Gedankensplitter, der eine akzeptierte Wahrheit prägnant wiedergibt. Auch Bonmot und Sentenz sind sprachlich und inhaltlich interessante Bemerkungen, der Übergang zum Wortspiel ist fließend: „Ein schönes Kinderzimmer ist kein Hinweis auf eine gute Kinderstube.“(N.N.)
Der Begriff Aphorismus (von griech. „abgrenzen“, „auswählen“) wurde zuerst von Hippokrates benutzt, aus dem Jahr 1066 ist eine Aphorismensammlung von Joannes de Meditano bekannt. G. C. Lichtenberg, O. Wilde, H. Heine, K. Kraus, K. Tucholsky u.v.a. sind berühmte Aphorismenverfasser.
- Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin immer mit dem Besten zufrieden.
Oscar Wilde (Schriftsteller)
- Es gibt nichts Gutes - außer, man tut es.
Erich Kästner (Schriftsteller)
- Man hetzt die Leute auf mit Tatsachen, die nicht der Wahrheit entsprechen.
Olaf Thon (Beinsteller; Fußballer)
- Ich habe nichts zu sagen - und ich sage es.
John Cage (Musiker)
- Der letzte Schritt der Vernunft ist es, anzuerkennen, dass es eine Unendlichkeit von Dingen gibt, die sie übersteigen.
Blaise Pascal (Philosoph, Mathematiker).
Manchmal sind die in Zitaten gemachten Aussagen durchaus kritisch zu betrachten, auch wenn sie von sogenannten 'Autoritäten' stammen:
Vom Wesen wohl ziselierter, zitierter Zitate
Die in den Zitaten gemachten Aussagen sind nicht immer so allgemeingültig wie Erich Kästners
„Es gibt nichts Gutes – außer man tut es“,
oder das schöne Wortspiel von Werner Mitsch:
„Gibt es einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis? Es gibt ihn. In der Tat.“
Oft wird mit einem Augenzwinkern eine mehr oder weniger realistische Aussage gemacht. Wenn Abraham Lincoln meint:
„Halte dir jeden Tag dreißig Minuten für deine Sorgen frei, und in dieser Zeit mache ein Nickerchen“,
dann ist klar, dass es hier nicht um eine praktikable Aussage geht, man denkt eher, wie schön es doch wäre, wenn man mit den Sorgen so locker umgehen könnte. Bei Sätzen wie
„Die Lüge ist jung und hübsch, die Wahrheit ist alt und hässlich“ (M. Gutierrez Najera)
ist die Freude am Spiel mit Formulierungen zu spüren, ebenso bei der Feststellung von Wilhelm Busch
„Bemüh’ dich nur und sei recht froh, der Ärger kommt schon sowieso.“
Originell ist auch folgende Erkenntnis:
„Bevor ich heiratete, hatte ich sechs Theorien über Kindererziehung. Jetzt habe ich sechs Kinder und keine Theorie.“ (John Wilmot)
Bei diesen Formulierungen steht nicht die Tragweite des Inhalts im Vordergrund, sondern es geht um den Gedankenblitz (‚Bonmot’), den treffend gesetzten Aphorismus, wie auch hier:
„Einen Schriftsteller zu fragen, was er von Kritikern hält, ist wie einen Laternenpfahl zu fragen, was er von Hunden hält“,
meint John Osborne.
Leider erscheinen manche Zitate weniger mit Esprit formuliert als die Bemerkung über die Schriftsteller, sie sind auch inhaltlich nicht unbedingt gelungen.
Beim Folgenden lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen:
„Jede Krankheit ist heilbar, aber nicht jeder Patient.“
H. von Bingen
Gibt es wirklich keine unheilbaren Krankheiten? Liegt es an den Patienten, wenn allzu oft ein Krebsleiden unbezwingbar ist?
„Wer für die Zukunft sorgen will, muss die Vergangenheit mit Ehrfurcht und die Gegenwart mit Misstrauen aufnehmen.“
J. Joubert
„Ehrfurcht“ – vor Kriegen, Hungersnöten?
„Vollständige Sorglosigkeit und eine unerschütterliche Zuversicht sind das Wesen eines glücklichen Lebens.“
Seneca
Klingt wie: Wem nichts das Glücklichsein verhagelt, ist glücklich.
„In der Theologie gilt das Gewicht der Autorität, in der Philosophie aber das der Vernunftgründe.“
J. Kepler
Gleich wie man zur Religion als Glaubenssache steht – woher bezieht die Autorität ihre Autorität, ihr ‚Gewicht’? Doch hoffentlich aus folgerichtiger Argumentation heraus, also genauso aus „Vernunftgründen“ wie es für die Philosophie verlangt wird.
Nun, Zitate sind Anregungen, Unterhaltung, manchmal auch nur für eine einzelne Person oder eine bestimmte Situation von Wert – aber doch überwiegend ein Zeugnis kreativer menschlicher Gehirntätigkeit.
Vielleicht hält man es letztlich mit Kurt Tucholsky, der wohl auf die schon im alten Testament beklagte Eitelkeit des menschlichen Tuns anspielt:
„Wer viel von dieser Welt gesehen hat, der lächelt,
legt die Hände auf den Bauch
und schweigt.“
S. W.
(Auch innerhalb des Thread gepostet)