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Zwischenstufe Erholung

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09.09.2013
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Zwischenstufe Erholung

Licht fällt nur von Samui-Deckenlampen in die Halle. Janos Augen jucken und sein Schlafrhythmus ist gestört. Das Surren der Drucker verhindert die Unterhaltung mit anderen Menschen in der Fabrik. Aus den Auffangbehältern entnimmt Jano Formen aus Kunststoff, Stäbe, Scheiben, Bögen oder bizarre Kugeln, alles Teile für Cyberspace-Wohnungen. Jano schwitzt hinter der Schutzbrille, während er mit einer Laserlatte die Stücke vermisst und gleich danach die Werte an eine unsichtbare Station sendet, welche die Daten auf Bildschirme transportiert. Sekundenschnell. Jano bekommt einen Brechreiz, als ob er sich seines gesamten Verdauungssystems entledigen müsste. Und weit weg sind die Toiletten. Er will nur noch fort von dieser Fabrik.
In der Zwischenzeit korrigieren andere Menschen in den gleichen dunklen Uniformen Janos Eingaben und senden sie zurück an die Drucker.
Roboter steuern die Fabrik. Das monotone Licht und die aufdringlichen Geräusche stören die Kolosse nicht.
„Roboter kommunizieren nicht mit Weichlingen“, ist ein Grundsatz, den die Menschenkinder früh lernen.
Jano und die anderen müssen mit Chimären reden, Lebensformen aus Maschinenteilen und menschlichen Organen.
Vor zwei Monaten hat Jano einer alten, rostroten Chimäre mit der Messlatte auf den Kopf geschlagen, als diese ihn nicht aus der Fabrik lassen wollte. Die Latte prallte an der harten Metallhaut mit einem klirrenden Ton ab. Der Übersetzer, den die Chimäre auf der Stirn trug, zersprang unter dem Schlag in mehrere Teile. Neun Tage sperrte man Jano in die schweigende Dunkelkammer.

Es riecht nach organischen Lösungsmitteln. Jano fällt um.
„Schon wieder ein Rückschlag. Diesmal ist es Jano. Der arbeitet schon längere Zeit zu langsam“, sagt der Analysator, eine Chimäre mit grünlichem Kopf. „Er braucht eine Auffrischung. Bringt ihn weg.“
Ein Roboter kommt hinzu, klebt Jano ein Pflaster auf den kleinen Finger und streicht ihm mit einem Stäbchen über das Zahnfleisch. Auf dem Bildschirm des Tablets betrachten zwei Chimären Zahlen und Kurven.
„Was zeigt die Analyse?“, fragt die Chimäre mit dem grünlichen Kopf.
„Unterbelichtung, Stress, … Er braucht eine Pause in der Station auf Fraudo.“
Roboter verpacken Jano. Vor der Fabrik steht eine Rakete.

Jano erwacht auf einer Liege im Schatten einer Palme und sieht über sich eine kuppelartige Konstruktion mit Glasscheiben in dünnen Verstrebungen. Im Hintergrund blendet ihn eine weiße Sonne. Jano sucht vergebens nach der gelben Sonne, während er eine angenehme Wärme in seinen Augen fühlt, ohne dass sich Schweiß bildet. Er kann in einer riesigen Halle frei in die Ferne blicken und fühlt keine Schutzbrille. Auch fehlen die Geräusche der Drucker und Roboter. Ein Sandstrand mit Palmen erstreckt sich vor ihm um einen See. Jano beruhigt sich, als das Surren in seinem Kopf abnimmt, und dreht sich zu Seite. Lieber irgendwo in einem simulierten Paradies als in einer Fabrik auf der Erde, denkt er. Der Bauch schmerzt nicht und so haben ihm die Medikamente, die während der Raumflüge verabreicht werden, offensichtlich nicht geschadet. Andere Menschen ruhen auf Liegestühlen, baden oder bummeln am Strand. Er versucht, jemanden zu erkennen, erhebt sich und wandert zum Strand. Als er den See umrundet hat, legt er sich zum Schlafen unter die Palmen hinter einer Holzhütte, wo aufgeschlagene Kokosnüsse liegen.

Am nächstem Morgen spaziert Jano auf einem Holzpfad zum See und legt sich auf einen Liegestuhl. Der Nachbar hinter ihm, der ihn mit einem merkwürdigen Narbengesicht kurz anlächelt, hat eine Decke über seinen Rumpf und die Beine gelegt. Offenbar versteckt er eine blasse Haut. Jano beobachtet mit Erstaunen, dass alle Gäste männlich sind und eine pigmentfreie Haut zeigen. Das ferne Plätschern der Badenden ist das einzige Geräusch. In sanfter Luft liegend ruht Jano aus. Ein Faltteller mit synthetischem Fisch und Gewächshauserbsen liegt in einem Kasten hinter ihm und riecht verlockend. Jetzt denkt Jano, er wäre am Ort der ewigen Freude und verdrängt die Angst vor den Fabriken.

Am Abend leuchtet ein Schild über dem Verwaltungsgebäude und lädt die Anwesenden zu einem gemeinsamen Essen ein.
„Schön, Sie hier zu sehen“, sagt ein fröhlicher Mann, der Jano einen Longdrink aus Dattel- und Palmölsaft anbietet.
„Herzlichen Dank. Können Sie mir sagen, wo wir hier sind?“, fragt Jano.
„In der psychiatrischen Klinik auf dem Planeten Fraudo“, antwortet der Fremde.
Jano schluckt. Ist er krank? Was für Medikamente gab man ihm?
„Alle schwierigen Fälle landen hier. Doch ich fühle mich wohl. Man sorgt für ein angenehmes Leben“, lächelt der Mann und fügt hinzu: „Fern von der Erde erfreuen wir uns und suchen Vergnügungen. Tun Sie das auch.“
Jano genießt den Empfang. Beim Essen sitzt ihm eine Frau mit langen, dunklen Haaren gegenüber, die erste, der er auf Fraudo begegnet.

Für die Frauen gibt es einen zweiten See. Nicht alle wollen mit Männern zu tun haben. Jano benutzt jeden Tag dieselbe Bambusliege unter der hohen Palme. Neben ihm liegt die Person mit der Decke. Jano wundert sich, warum sie sich so beharrlich zudeckt, und lässt die Person nicht mehr aus den Augen. Als Jano die Chimäre an dem rostroten Bauch erkennt, weiß er, dass er das Paradies von Fraudo irgendwann verlassen muss.

 
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Hallo Fugusan,

für mich ist deine Story leider gar nix. Das liegt daran, dass ich bei Sci-Fi etwas erwarte, was du nicht lieferst: eine neue, überraschende, bestenfalls brillante Zukunftsvision. Dein Setting ist konventionell bis altbacken. Schon bei den anfänglichen LED-Lampen hakt es. Das ist terrestrische Technik des 20. Jahrhunderts!
Da wäre gründlichere Recherche, tieferes Eintauchen in die Thematik gepaart mit überbordender Fantasie die bessere Mixtur gewesen.

Mit Blicken hinter funkelnden Brillen vermessen Arbeiter die Stücke, senden die Werte an eine unsichtbare Station, welche die Daten auf Bildschirme transportiert. Personen in dunklen Uniformen korrigieren die Bilder und senden sie zurück an die Drucker.
Sorry, aber 3D-Konstruktionsprogramme sind heute schon so perfekt, dass die Ergebnisse nicht mehr nachgemessen werden müssen. Z.B. die gewölbte Decke aus Schallschutzelementen in der Elbphilharmonie. Die ist ohne Probeaufbau direkt aus der CNC-Fräse kommend montiert worden.

Chimären
Mit dem Ausdruck habe ich extreme Probleme, da er durch die griechische Sagenwelt definiert ist. Dort ist es ursprünglich ein Mix aus Löwe, Ziege und Drache. Ok, man kann damit Mischwesen bezeichnen, aber nicht aus Mensch und Roboter.
Für das, was du meinst, existieren schon Wörter wie Cyborg. Tatsächlich fände ich eine Wortschöpfung deinerseits besser.

Die meisten Chimären tragen auf der Stirn Übersetzer. Sie arbeiten als Bindeglied zwischen Menschen und Robotern
Als Halbroboter haben sie ja wohl den Kommunikator eingebaut und nicht außen auf der Stirn? Schon heute können Chips subkutan eingesetzt werden. Bei Sci-Fi musst du zwei Stufen nach vorne denken und nicht hinter dem zurückbleiben, was heute schon geht.

Jano erwacht im Schatten einer Fischschwanzpalme und sieht über sich eine kuppelartige Konstruktion mit Glasfenstern in dünnen Verstrebungen.
entweder Glasscheiben in dünnen Verstrebungen oder Glasfenster mit dünnen Verstrebungen. Der Rahmen ist Teil des Fensters.

Am nächstem Morgen spaziert Jano auf einem Holzpfad in Richtung zum Teich
in Richtung Teich oder zum Teich.

Jetzt denkt Jano, er wäre am Ort der ewigen Freude. Dann wieder bekommt er Angst vor den Fabriken.
??? Er findet seine Urlaubsgesellschaft merkwürdig, wähnt sich am Ort ewiger Freude und bekommt direkt danach Angst vor Fabriken? Häää? Wo kommt das alles her? Ich versteh gar nichts mehr.

Sorry, aber deine Story ist eher ein Mix aus Kreuzfahrt und Ritter Rost als wirkliche Sci-Fi. Der Twist am Schluss greift nicht. Aus welchem Grund sollte der Prot. Chimären meiden? Du lieferst keine Erklärung.
Noch was: Sowas wie Rost in einer Zukunftsvision geht gar nicht. Die Konstrukteure werden ja nicht blöder. Rost ist schon heute durch Einsatz von Kunststoffen und Legierungen bei hochwertigen Bauteilen kein Thema mehr, Materialermüdung hingegen schon.
Da sind so viele unlogische Details in der Story, dass ich als Leser brutal rausgekickt werde.
Verstehe das nicht falsch: Ich möchte dich nicht persönlich angehen, doch ich vermute, du bist kein wirklicher Sci-Fi-Fan?

Peace, linktofink

 

Hallo linktofink,
ich weiss jetzt nicht, ob Du das Bild zur Geschichte angeschaut hast; ich entnehme Deinem Kommentar jedoch, dass die Geschichte ohne das Bild nicht funktioniert. Das ist ein wertvoller Hinweis. Anstelle von LED-Lampen hätte ich wohl lieber ungesunde Blaulichtlampen schreiben sollen. Möglicherweise gibt es lange nach uns noch Rost; Oxidationsreaktionen werden nicht so einfach verschwinden. Den Begriff Chimäre verwende ich weiterführend (https://de.wikipedia.org/wiki/Chimäre_(Genetik). Der vordere Typ in der blauen Hose könnte tatsächlich eine Chimäre sein. Ausserdem erkenne ich auf dem Bild nur Männer, während die Siegerin auch von Frauen spricht. Ich ware natürlich froh, wenn ich in einer Situation wie in der meines Protagonisten auch Frauen sähe. Die Geschichte nähert sich dem Papierkorb.
Vielen Dank fürs Reinschauen.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hey, Fugusan

Obwohl Du jetzt schreibst …

Die Geschichte nähert sich dem Papierkorb.

… und ich leider sagen muss, dass ich das prinzipiell für eine gute Entscheidung halte, möchte ich noch kurz meinen Senf dazugeben. Ich habe mir jetzt das Bild angeschaut und muss sagen: Die Geschichte funktioniert für mich weder mit noch ohne Bild. Sie wirkt tatsächlich wie etwas, dass ich in meiner Schreibwerkstatt in einer halben Stunde auf dieses Bild konstruiert hätte. Was heißt, dass die Geschichte auf jeden Fall noch nicht fertig ist. Es hat aber auch ein gutes: Für mich ist das hier der erste Arbeitsschritt auf dem Weg zu einer Geschichte.

Bisher sehe ich hier, denke ich, einen Entwurf, einen skizzenhaften ersten Einfall zu einem Bild, das Du als Inspiration bekommen hast. Denn eigentlich passiert storymäßig nichts. Klar, ein Typ wird in einen Erholungsort verfrachtet, ist verwundert. Das ist ein bisschen Handlung.

Deinem Prot fehlt aber noch etwas ganz Entscheidendes: ein Ziel. Was will er erreichen? Es muss irgendetwas sein. Z.B. könnte er unbedingt zurück zu seiner Arbeit wollen, weil er sie so super findet. Dafür muss er schnell gesund werden und allen Kontrolleuren zeigen, dass er erholt genug ist. Oder er will unbedingt herausfinden, was es mit diesem Resort auf sich hat, er sieht sich also jeden Winkel an, befragt Leute und so weiter. Oder er will unbedingt bleiben, spielt also Burnout. Es gibt viele Möglichkeiten.

Momentan schwimmt er nur richtungslos rum, wird von Robotern durch die Gegend getragen und wundert sich ein bisschen. Das ist nicht gut für eine Geschichte. Aber ich denke, das Setting ist schon nicht schlecht. Wenn Du das jetzt mit Geschichte fütterst, Deinem Prot was zu tun gibst, dann kann das richtig cool werden. Also, vielleicht bringt Dich das davon ab, die Geschichte direkt wegzuschmeißen. ;) Ich finde es super, aus dem Bild eine Sci-Fi-Geschichte zu machen.

Ich glaube übrigens, das habe ich Dir beim letzten Mal schon gesagt, Du könntest Dich trauen, deutlich weniger zu erklären. Dass Du erst das Setting erklärst, finde ich nicht so schön. Ich würde direkt in die Handlung einsteigen (die es momentan nicht gibt, deshalb vielleicht schwierig, aber Du weißt schon).

Also, für mich scheitert die Geschichte an der fehlenden Motivation des Prots, dass er sich einfach nur treiben lässt. Das funktioniert für mich nicht. Ich meine, wenn Du ihn so richtungslos machen willst, Stein empfiehlt, dass der Prot dann wenigstens unbedingt ein Glas Wasser wollen sollte. Irgendetwas sollte er wollen. Dann wird auch seine Angst vor Fabriken klar, und ich kann mir vorstellen, wie er sich fühlt, als er erfährt, dass er wieder dorthin zurück muss. So bleibt das eine Zustandsbeschreibung, ein Bild eben. Keine Geschichte. Also: Make it work!

Apropos letztes Mal: Wie läuft’s mit Deinem Roman?

Gewollte Grüße,
Maria

 

Hej Fugusan,

unter gewissen Umständen auf eine Geschichte zu blicken, ist eine Herausforderung für mich und schon deswegen nehme ich sie an.
Aber einfältig, wie ich manchmal bin, habe ich den Link nicht geöffnet, aber das könnte insofern hilfreich sein, als ich nämlich auch ohne das Bild den Eindruck hatte, da beschreibt jemand ein Bild. ;)

Und auch wenn du mir diesen armen Tropf in seiner Zwangserholungsphase zeigst, gibt es keine Nähe und ein Mitfühlen mag mir nicht gelingen. Und mir kam der Verdacht, der Autor ist so mit der Beschreibung beschäftigt, dass er die Figuren gar nicht gut kennt.

Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen.
Für den Papierkorb ist die Idee dann aber doch wohl zu schade, zumal du ja ein Ziel verfolgst, nämlich den Schreibwettbewerb und wenn ich an die Bohnen denke, mit denen ich meine helle Freude hatte, auch an deiner Sprache, dann würde ich mich freuen, wenn du diese hier nicht wegwerfen würdest. Also, wenn es nach mir ginge. :shy:

Vielen Dank, dass du mich auf diese Weise Anteil haben liessest (klingt komisch, ist aber so),und lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Fugusan,

keine Geschichte ist so schlecht, dass man nichts mehr aus ihr machen könnte. Also hol Sie am besten wieder aus dem Papierkorb heraus, sollte sie inzwischen tatsächlich darin gelandet sein.

Ein Problem der Geschichte ist, wie schon TeddyMaria hervorgehoben hat, dass nicht wirklich etwas passiert. Der Protagonist hat kein Ziel, er ist vollkommen passiv und weist auch keine erkennbaren Charakterzüge auf. Er ist geradezu steril. Mag sein, dass das so beabsichtigt ist, um die Trostlosigkeit einer Situation darzustellen. Aber es trägt die Geschichte nicht.

Das zweite Problem, das mich schon nach den ersten Sätzen gestört hat, ist Deine Sprache. Vielleicht ist das ja ebenfalls beabsichtigt, um die Monotonie dieser Welt auszudrücken. Denn genau das bewirken Deine Sätze: Sie klingen monoton, aneinandergereiht, leidenschaftslos, eher wie ein Ausschnitt aus einem Logbuch oder einem Protokoll. Lauter kurze Sätze, manchmal mit einem angeklebten Nebensatz. Da steckt einfach keine Melodie drin. Es hört sich eher so an, als ob jemand einen langsamen Takt anschlägt. Wer würde sich ein solches "Konzert" freiwillig anhören?

Und eine Geschichte, die nur in Verbindung mit einem Bild funktioniert? Ist das Dein Ernst?

Gruß
Notker

 

Hallo Fugusan!

Also, für mich funktioniert dein Text auch ohne das Bild. Aber, wie schon die anderen gesagt haben, fehlt dem Text zu einer guten Geschichte noch einiges.

Ich habe mir das Bild angesehen, bevor ich deine Geschichte gelesen habe. Ich hatte ähnliche Assoziationen wie du; ich musste sofort an WALL-E denken, an das Kreuzfahrtraumschiff, das nicht zurück zur Erde kann, weil die Erde nur noch ein riesiger Müllhaufen ist. Falls du den Animations-Film nicht kennst: WALL-E ist ein einsamer, kleiner Aufräumroboter, der ganz allein die Erde aufzuräumen versucht. Großartiger Film.

Zurück zu deinem Text:

"Hat die Geschichte einen Wert?"
=> Hm. Was erzählst du? Ein Fabrikarbeiter klappt zusammen und wird in ein Erholungsheim verfrachtet. Da gefällt's ihm gut. Er hat Angst, da wieder weg zu müssen.
Ja, aus dem Plot kann man was Großartiges machen.

=> Wenn man sich den Plot genau ansieht, erkennt man, dass all deine Beschreibungen, all die Details nur unwichtiges (sogar störendes) Beiwerk sind.
=> Tipp: Streiche alle Beschreibungen weg und setze nur solche wieder ein, die für deinen Prot eine Bedeutung haben, die in deinem Prot emotional etwas auslösen.

=> Was braucht deine Geschichte stattdessen wirklich? Einen lebendigen Protagonisten!
Wo sind die Emotionen des Prots? Wo handelt der Prot, wo leidet er, wo denkt er, wo fühlt er? Wer ist er überhaupt? (Außer Jano, Fabrikarbeiter?)

Übrigens: In deinem Text erzählst du (tellst) aus der Distanz. Dein Erzähler ist sehr weit weg vom Geschehen.
Ist dir das eigentlich bewusst? Dass dein Text fast nur aus Tell besteht?

Wenn ich dir einen allgemeinen Tipp zu deinem Schreiben geben sollte, dann wäre das: Beschäftige dich mit Emotionen. Wie bringt man Emotionen zum Leser rüber? (Erster Schritt dazu ist meiner Meinung nach, dass du dir genauer ansehen müsstest, was Show und Tell wirklich bedeuten.)

So, das war's von mir.

Grüße,
Chris

 

Hallo TeddyMaria,
der Papierkorb kann auch eine Erlösung sein.
Du hast schon recht. Es gibt irgendwie kein Ziel der Figuren. Wie bei vielen Typen im Leben. Der hier will Leben und nichts tun, weil er nichts tun kann, da andere für ihn entscheiden. Deine Ideen zur Weiterführung gefallen mir. Mal sehen, ob ich was umsetzen werde. Am Roman bin ich noch dran. Der sollte irgendwann, in unbestimmter Zeit, fertig sein. Schön, dass Du dich noch daran erinnerst und hier einen Kommentar hinterlassen hast.


Hallo Kanji,
schön, dass Du wieder bei mir reinschaust. Ich freue mich über Deinen Kommentar. Mit ein Grund, warum ich die Geschichte hier einstellte, war, andere auf den Wettbewerb aufmerksam zu machen. Vielleicht hat ein anderer Autor der Wortkrieger dort mehr Erfolg, was mich freuen würde.
Ich stimme zu, dass man mit dem Protagonisten hier nichts zu tun haben möchte. Teile der Idee werde ich vielleicht in anderen Geschichten umsetzen. Ich muss weg von dem Bild und die Fischschwanzpalmen erscheinen mir inzwischen zu fischig. Ich habe auch nicht vor, zu den anderen Bildern des Wettbewerbs beizutragen, obwohl das Junibild viele Freiheiten liesse. Zudem sollte man ja bei einem Gewinn, dorthin reisen und vorlesen. Einfach nur abkassieren geht da nicht.


Hallo Notker,
bei dieser Geschichte hat mich das vorgebene Bild sehr stark beeinflusst. Es war ein Experiment. Im Bild ist eine langweilige, gefangene Welt dargestellt. Entprechend ist die Geschichte geworden, so dass ich mich nicht schwer von ihr trenne. Sie wird so lange leben wie der Server hier oder meine Festplatte zu Hause. Das Schicksal vieler Geschichten. Übrigens: Die Melodie, die Du zur Geschichte in Ansätzen komponiert hast, könnte passen: Wortfolgen nach einem Algorithmus in Noten umschreiben. Danke für Deine Kritik.


Hallo Chris Stone,
sehr schön, dass Du das gelesen hast. Zu dem massiven "Tell": Vielleicht hängt das damit zusammen, dass Bilder - und das gilt allgemein für gebildete Kunstwerke aus der bildenden Kunst -, die eigentlich nur zeigen können, ganze Geschichten erzählen sollen. Das Bild hat aus seiner eigenen Perspektive einen Teil der Geschichte neutral erzählt, nicht den ersten Teil, - da ist der entfernte Erzähler mit der Kamera am Werke. Gefühle sollten mit dieser Technik induziert werden. Hat offensichtlich bei niemandem der Leser funktioniert. Konsequenz: Der Papierkorb und elektronische Speicher melden sich als geeignetste "Leser".


Viele Grüsse und besonderen Dank an Euch alle
Fugu

 

Hallo Fugu,

SF, jawoll!

Unter quadratischen Deckenlampen surren Drucker, bis zu zwanzig Kubikmeter große Klötze, aus deren Schlitzen knapp über dem Boden Formen aus Kunststoff herausquellen und in Auffangbehälter fallen:
Wofür brauchst du das mit dem „knapp über den Boden“? So denke ich, dass die 3D-Drucker nur kleine Teile fabrizieren. Aber es sind ja Teile für eine Wohnung, und die stelle ich mir schon groß vor.

Hinter einer Schutzbrille und mit einer Laserlatte vermisst Jano die Stücke, sendet die Werte an eine unsichtbare Station, welche die Daten auf Bildschirme transportiert.
Das liest sich, als ob er hinter einer Schutzbrille vermisst etc., als wenn es eine Glasschutzwand wäre.

Jano bekommt einen Brechreiz, wie wenn er sich seines gesamten Verdauungssystems entledigen müsste.
„wie wenn er sich“: Ist das Mundart? Liest sich komisch mit dem „wie“.
ich kenne nur: „als wenn er sich“, „als ob er sich“

Andere Menschen in dunklen Uniformen korrigieren Janos‘ Bilder und senden sie an Drucker.
Janos Bilder.
Welche Bilder denn? Er vermisst doch Stücke und sendet Werte, keine Bilder weiter.
Außerdem: Warum werden die dunklen Uniformen erwähnt aber nicht, was Jano trägt?
Janos kennt diese Menschen nicht
Wie denn nun? Jano oder Janos? Bei „Janos“ wäre „Janos’ Bilder“ ja richtig …

Der Kontakt mit den Robotern läuft über Chimären, zusammengesetzten Lebensformen aus Maschinenteilen und menschlichen Organen.
Das mit den Chimären finde ich zu erklärbär-mäßig.
Könnte man eleganter lösen, z.B.:
Der Kontakt mit den Robotern läuft über Chimären, die als zusammengesetzte Lebensformen aus Maschinenteilen und menschlichen Organen die besten Voraussetzungen bringen, um …

Der Kontakt mit den Robotern läuft über Chimären, die als Mischmasch aus Maschinenteilen und menschlichen Organen …

„Zusammengesetzte Lebensform“: Könntest du m.E. rausnehmen. Wenn sie menschliche Organe haben, sind sie auf jeden Fall eine Lebensform, sie werden ja keine toten Organe eingebaut haben. Und dass sie zusammengesetzt sind, wird klar, weil sie aus Maschinenteilen und Organen bestehen.

Die Latte prallte ab, denn die Chimären besitzen eine Metallhaut ähnlich dem Außenskelett der Insekten.
Hier auch wieder zu viel Erklärung („denn …“).
Vorschlag:
„Die Latte prallte auf der Metallhaut ab.“ oder bau irgendwie noch das Außenskelett mit rein.
Ich frage mich aber, wie ein Skelett so hart und widerstandsfähig wie Metall sein kann. Skelette brechen doch eher als Metal.

Der Übersetzer, den die Chimäre auf der Stirn trug, zersprang unter dem Schlag in mehrere Teile und deswegen sperrte man Jano neun Tage in die schweigende Dunkelkammer.
„… und deswegen“: Das gefällt mir genauso wenig wie „denn“ oder „weil“.
Vorschlag:
Der Übersetzer, den die Chimäre auf der Stirn trug, zersprang unter dem Schlag in mehrere Teile. Neun Tage sperrte man Jano in die schweigende Dunkelkammer.
Was ist eine schweigende Dunkelkammer? Eine schallgeschützte Dunkelkammer, aus der kein Ton nach außen dringt oder eine Kammer, die nicht spricht? Ist ja SF, da kann ja vieles möglich sein ;)

Jano fällt um.
Roboter verpacken Jano. Vor der Fabrik steht eine Rakete.
Finde ich hier klasse, diese Sätze. Voll minimalistisch.

Er blickt durch die Deckenfenster der Halle auf den grauen Himmel mit der schneeweißen Sonne und erkennt, dass er sich auf einem anderen Planeten befindet.
Woran erkennt er das?
Er versucht jemanden zu erkennen, erhebt sich und wandert an einer Bambusliege vorbei zum Strand.
Er ist von wo/was aufgestanden? Von einer Bambusliege? Und an welcher Bambusliege wandert er vorbei? An „einer“ (anderen) oder „seiner“?

Am nächstem Morgen spaziert Jano auf einem Holzpfad zum Teich
Ist mit Teich der zuvor erwähnte See gemeint? Teich ist für mich etwas Kleineres.

in seinen dunkelblauen, mit roten und bunten Flicken verzierten Shorts
Das passt nicht. Man kann m.E. nicht erst eine bestimmte Farbe nennen und dann „bunt“ sagen (ist ja nichts anderes als "mehrfarbig").
Ist fast so wie: Am Himmel flogen Tauben und Vögel. :)
Oder umdrehen, vom Groben zum Spezifiziertem: Bunte XYZ. Rote, blaue ...

Jano beobachtet mit Erstaunen, dass fast alle Gäste männlich sind und eine pigmentfreie Haut zeigen. Die Landschaft gleicht trotzdem einem gigantischen Urlaubsresort, wie er es nur aus Filmen und Werbespots kennt, ganz im Gegensatz zu den Produktionsanlagen auf der Erde.
Trotzdem? Trotz der pigmentfreien Haut ist es ein Urlaubsresort? Da stimmt was nicht.

dunkelblauen, mit roten und bunten Flicken verzierten Shorts auf einen Liegestuhl. Der Nachbar hinter ihm, der ihn mit einem merkwürdigen Narbengesicht kurz anlächelt, hat eine blaue Decke über seinen Rumpf und Beine gelegt. … Ein Faltteller mit synthetischem Fisch und Gewächshauserbsen liegt in einem gelben Kasten
Wofür sind die Farben für die Geschichte wichtig?
Ah, habe jetzt das Foto gesehen und deine Fragen gelesen.
Ohne das Bild klappt es auf den Fall mit den Farben nicht. Und vieles anderes ergibt sich auch erst mit der Kenntnis des Bildes.
Wäre aber schade, wenn du die Geschichte wegschmeißt. Das willst du nicht wirklich machen, oder?
Mir würde z.B. eine Minimalisierung der Sprache sehr gut gefallen. Oben habe ich ja zwei gute Textstellen gezeigt. So quasi die Anpassung an die Sprache der Zukunft, der Sprache der Chimären.

Viele Grüße,
GoMusic

 
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Hallo GoMusic,
jetzt bist Du mir etwas zuvorgekommen. Ich habe entschieden, an der Geschichte weiterzumachen, siehe dazu auch den unteren Kommentar. Deine Vorschläge habe ich grösstenteils eingebaut.
Im Detail:
"Knapp" ist weg.
"Hinter einer Schutzbrille": ist geändert.
"Wie wenn" = "als ob" = "als wenn". Ich lass es mal so.
"Bilder" ist zu "Werte" geworden.
Jano trägt jetzt ebenfalls eine dunkle Uniform und sein Name ist immer Jano.
Zu den Chimären: "Der Kontakt mit den Robotern läuft über Chimären, die als Lebensformen aus Maschinenteilen und menschlichen Organen mit den beiden anderen Formen kommunizieren können."
"Chitinpanzer des Außenskeletts der Insekten", sollte klarer sein.
"Schweigende Dunkelkammer": Ich habe Deinen Vorschlag übernommen. Es handelt sich dabei um eine Umschreibung einer neuen Foltermethode.
"An all dem erkennt er, dass er sich auf einem anderen Planeten befindet." Ist jetzt ein eigenständiger Satz und es sollte klar werden, dass sich das Erkennen auf all das Vorhergesagte bezieht.

Deine im Folgenden angesprochenen Problem mit dem Text, sind auf die Koppelung mit dem Bild zurückzuführen. Ich versuche jetzt, die Korrekturen ohne das Bild vorzunehmen.
"Jano dreht sich zu Seite. Erstaunt betrachtet er die Liege unter sich." Die Liege ist hier eingeführt.
Der Teich ist jetzt konstant ein See.
Die Flicken sind nur noch rot.

Trotz der pigmentfreien Haut ist es ein Urlaubsresort? Da stimmt was nicht.
Es gibt auf diesem Planeten kein UV-Licht. "Trotzdem" ist rausgeflogen.
Die Farben sind weitestgehend draussen.

Dank Deiner Anmerkungen bin ich jetzt nochmal über den Text gegangen. Nein, er landet nicht mehr im Müll, wird sich aber vom Bild entfernen.
Herzlichen Dank für Deine intensive Beschäftigung mit der Geschichte.

Hallo TeddyMaria, Kanji, Notker, Chris Stone, linktofink,
dank Euch allen habe ich mich entschieden, die Geschichte zu überarbeiten. Eine neue Version ist eingestellt. Der erste Abschitt ist jetzt ebenfalls aus Janos Perspektive.


Viele Grüsse euch allen und einen schönen Restsonntag
Fugu

 

Hej Fugusan,

und herzlichen Dank für deine Information und den Hinweis auf die entwickelte Geschichte der Chimären und dem armen Jano.

Die Latte prallte ab, denn die Chimären besitzen eine Metallhaut ähnlich dem Chitinpanzer des Außenskeletts der Insekten.

Die doppelte Erklärung liest sich für mich leicht stockend und ... leicht belehrend. Vielleicht vereinfacht wie ähnlich wie der Chitinpanzer von Insekten ? Mich stört es nicht, nicht zu erfahren ob es sich um Außenhaut oder Metallhandelt. Das Bild von und die Information von Insekten reicht mir völlig.

Vor zwei Monaten hat Jano einer alten, rostroten Chimäre mit der Messlatte auf den Kopf geschlagen, als diese ihn nicht aus der Fabrik lassen wollte. Die Latte prallte ab, denn die Chimären besitzen eine Metallhaut ähnlich dem Chitinpanzer des Außenskeletts der Insekten. Der Übersetzer, den die Chimäre auf der Stirn trug, zersprang unter dem Schlag in mehrere Teile. Neun Tage sperrte man Jano in die schweigende Dunkelkammer.

Die Aktion und die Konsequenz für Jan ist ungemein belebend und notwendig, damit ich ihn erlebe.

Es riecht nach organischen Lösungsmitteln. Jano fällt um.

Wunderbar.

„Was zeigt die Analyse?“, fragt die Chimäre mit dem grünlichen Kopf.
„Unterbelichtung, Stress, … Er braucht eine Pause in der Station auf Fraudo.“
Roboter verpacken Jano. Vor der Fabrik steht eine Rakete.

Unterbelichtung schon auch lustig, oder? Jedenfalls gefällt mir der Stil, so zackzack sowohl am Inhalt als auch in der Sprache richtig gut.

ano erwacht im Schatten einer Fischschwanzpalme und sieht über sich eine kuppelartige Konstruktion mit Glasscheiben in dünnen Verstrebungen

Du mit deiner Fischschwanzpalme Ich kenne die nicht und vermute eben auch eine spezielle Form, klar weiß ich wie so mancher Fischschwanz aussieht, aber warum ist das relevant?

Dort erfährt Jano von einem fröhlich erscheinenden Mann bei einem Longdrink aus Dattel- und Palmölsaft, dass er sich in der psychiatrischen Klinik auf dem Planeten Fraudo befände.

Wäre das nicht eine gute Gelegenheit für einen kleinen Dialog und die Bemerkung seines Erstaunens, auch über seine eigene Unkenntnis?

Dort erfährt Jano von einem fröhlich erscheinenden Mann bei einem Longdrink aus Dattel- und Palmölsaft, dass er sich in der psychiatrischen Klinik auf dem Planeten Fraudo befände.

Ja, denke ich so bei mir. Und was macht das jetzt mit Jan? Dreht er jetzt sofort durch, oder will weg oder lieber tot sein oder beneidet er die Chimären ...

Na ja, lieber Fugusan, deine Entscheidung. Zumindest ist mir Jano nähergekommen.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,
freut mich sehr, dass Du nochmal reingeschaut hast und ich bin erleichtert, dass Dir diese Version besser zusagt. Das Aussenskelett ist verschwunden. Die Fischschwanzpalme hatte ich schon verdrängt. Die ist jetzt zu einer unbestimmten Palme geworden. Die Fischform (der Blätter) kam nur vom Bild, an das ich mich jetzt nicht mehr halte, um eine unabhängig funktionierende Geschichte zu schreiben. Das mit dem Dialog am Ende ist ein guter Vorschlag und ich denke darüber nach.
Ja, Unterbelichtung (wegen der Haft in der Dunkelkammer) ist zweideutig. Das eine ist hier wohl die Ursache vom anderen. Dazu ist es für die Menschen nachteilig, dass sie in der Fabrik fast nur Blaulicht ins Auge bekommen. Vielleicht helfen da gelbe Gewächshauserbsen mit Tomatensaft.
Also, nochmals Danke für Deinen Eindruck.
Viele Grüsse und bis bald wieder
Fugu

 

Hallo, Fugusan

Also, mir gefällt es jetzt schon besser. Der Anfang wirkt schon mehr nach Geschichte, weil Du jetzt (nicht ganz von Anfang an, aber fast von Anfang an) bei Deinem Prot bist. Das finde ich super.

Dadurch, dass er die Chimäre niederschlägt und so weiter, bekommt er auch schon ein Motiv. Er will da weg. Ich finde aber, man merkt, dass Du eher am Anfang der Geschichte geschraubt hast. Denn eigentlich müsste sein Aufenthalt im Paradies doch angesichts seiner Motivation einiges mit ihm machen. Erst müsste er sich tierisch freuen, danach müsste er entsetzt sein darüber, dass der Aufenthalt nur von kurzer Dauer ist. Aber alles, was ich bekomme, ist das leise Plätschern von Wasser. Keine Emotionen, nichts, keine richtigen Szenen. Eine große Landschaftsbeschreibung eben. Und das ist doch immer noch ziemlich langweilig und ungeschichtenhaft.

Jano bekommt einen Brechreiz, wie wenn er sich seines gesamten Verdauungssystems entledigen müsste. Er will nur noch fort von dieser Fabrik.

Das hier finde ich auch krass. Das klingt so, als würde etwas extrem Heftiges in ihm vorgehen, aber weil Du das so analytisch betrachtest und am Ende gleich nachschiebst, was das bedeutet, wirkt das auf mich extrem nüchtern, steril. Die Form, wie Du es präsentierst, steht in einem krassen Widerspruch zu dem, was passiert. Und das würde ich nur dann gut finden, wenn ich das Gefühl hätte, dass es intentional wäre. Aber da Du eine solche heftige Widersprüchlichkeit zwischen Gestaltung und Inhalt nur hier hast, nehme ich an, das war eher Zufall. So finde ich es dann doch eher nicht so super, denn auch das wäre eine gute Stelle, um Emotionen zu vermitteln, aber Du stellst sofort wieder Distanz her, bevor wir hier nicht mehr unterkühlt genug sind.

Ich gehe nochmal kurz auf den Anfang ein. Das ist für mich jetzt schon viel, viel besser, aber ich finde, er wirkt immer noch sehr erklärend.

Jano kennt diese Menschen nicht und redet kaum mit ihnen, weil Roboter die Fabrik und die Kommunikation steuern. Der Kontakt mit den Robotern läuft über Chimären, die als Lebensformen aus Maschinenteilen und menschlichen Organen mit den beiden anderen Formen kommunizieren können.

Das ist alles nur Tell. Das brauchen wir für die Geschichte gar nicht, kann in meinen Augen ersatzlos gestrichen werden. Wenn Du aber willst, dass wir das wissen, könntest Du eine starke Atmosphäre vermitteln, wenn Du das nicht tellst, sondern es zeigst. Eine Szene anlegst, in dem Jano mit so einem Roboter kommuniziert. Ich weiß nämlich momentan nicht einmal, wie das aussieht. Denn, ich kommuniziere an der Mensch-Maschine-Schnittstelle problemlos ohne die Hilfe eines Cyborgs mit meinem Computer. So, wie Du das hier schreibst, kann ich mir gar nichts darunter vorstellen. Was Du ja aber zeigen willst, ist Atmosphäre, rußverschmierte Gesichter, erschöpfte Stimmen, gnadenlose Maschinen. (Ich nehme an, dass das so ist, aber das habe ich da reingegeben, nachdem ich den Anfang viermal gelesen habe. Es wäre cool, Du könntest mir das zeigen. Szenisch.)

So wie Du den Anfang abhandelst, frage ich mich, wie viel Platz Du hast. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass Du mir ganz schnell erklären musst, was da abgeht, gar keine Zeit hast, es zu zeigen, und es mir deshalb so erklärend vor den Latz knallst. Wie gesagt, dann würde ich es einfach streichen. Besser gar nicht als halb.

Die Latte prallte ab, denn die Chimären besitzen eine Metallhaut ähnlich dem Chitinpanzer der Insekten.

Hinter dem „denn“ muss natürlich ein Erklärbarsatz folgen. Viel lebendiger wäre es, wenn Du schreiben würdest: „Die Latte prallte an dem insektenhaften Chitinpanzer der Chimäre ab.“ So komme ich mir als Leserin nicht so bevormundet vor. Dann müsstest Du im Sinne des Nomen-Verb-Verhältnisses zwar entweder auf „Chitinpanzer“ oder auf „Metallhaut“ verzichten, aber ich finde, ohne die Metallhaut zeichnet es ein wirklich schönes Bild.

Es riecht nach organischen Lösungsmitteln. Jano fällt um.
„Schon wieder ein Rückschlag. Diesmal ist es Jano. Der arbeitet schon längere Zeit zu langsam“, sagt der Analysator, eine Chimäre mit grünlichem Kopf. „Er braucht eine Auffrischung. Bringt ihn weg.“
Ein Roboter kommt hinzu, klebt Jano ein Pflaster auf den kleinen Finger und streicht ihm mit einem Stäbchen über das Zahnfleisch. Auf dem Bildschirm des Tablets betrachten zwei Chimären Zahlen und Kurven.
„Was zeigt die Analyse?“, fragt die Chimäre mit dem grünlichen Kopf.
„Unterbelichtung, Stress, … Er braucht eine Pause in der Station auf Fraudo.“
Roboter verpacken Jano. Vor der Fabrik steht eine Rakete.

Guck mal, eine richtige Szene. Und schon habe ich nichts mehr zu meckern. Liest sich wunderbar. Versuch mal, von Anfang an in der Szene zu sein. Dann fühle ich mich am Anfang nicht so belehrt, kann direkt miterleben, was passiert.

Auch alles, was auf Fraudo passiert, rate ich Dir, szenisch zu gestalten. Offenbar kannst Du es. Du machst es einfach nicht. Ist schade, denn die Szene, die ich oben rausgesucht habe, die ist wirklich schön. Sie ist immer noch nüchtern-glatt, aber ich kann das trotzdem miterleben, eben weil endlich etwas passiert, was ich vor meinem inneren Auge sehen kann. Man muss nicht groß emotional werden, um anschaulich zu schreiben. So, wie Du das in dieser Szene machst, geht das wunderbar. Wenn Du das auf die anderen Teile der Geschichte übertragen bekommst, dann kann ich viel mehr miterleben.

Also: Make it work!

Nüchterne Grüße,
Maria

 

Hallo TeddyMaria,
freut mich sehr, dass Du dich nochmal um die Geschichte gekümmert hast und, dass sie Dir jetzt besser gefällt. Ich habe den Text komplett überarbeitet. Alle Deine Anmerkungen sind eingeflossen. Den ersten Abschnitt habe ich weiter verkürzt. Der letzte Teil sollte jetzt komplett ohne das Bild funktionieren. Die Interaktion zwischen Jano und dem Fremden ist gezeigt. Die Szene, die Dir gefallen hat, liess ich unverändert.
Viele Grüsse und einen schönen Abend
Fugu

 

Hey, Fugusan

Na, da bin ich mal gespannt.

Er will nur noch fort von dieser Fabrik.

Das klingt zwar radikal, aber den Satz würde ich streichen. Er ist sehr tellig, und ich glaube, ich fange die Vibes, die Du übrigens jetzt viel, viel besser einbringst, auch so auf.

Auch fehlen die Geräusche der Drucker und Roboter.

Hier sagst Du nur, was man nicht hört. Später schreibst Du das hier:

Das ferne Plätschern der Badenden ist das einzige Geräusch.

Das würde ich vielleicht vorziehen. Denn dieses: „Das und das hört man nicht“, wirft für mich sofort die Frage auf, was man denn stattdessen hört.

Jano beruhigt sich, als das Surren in seinem Kopf abnimmt und dreht sich zu Seite.

Komma vor „und“.

Lieber irgendwo in einem simulierten Paradies, als in einer Fabrik auf der Erde, denkt er.

Komma weg vor „als“.

Er versucht jemanden zu erkennen, erhebt sich und wandert zum Strand.

Komma vor „jemanden“.

Ich würde die ersten beiden Szenen auf Fraudo (1) Jano wacht auf und sieht sich um und 2) Jano sieht seinen Nachbarn) zu einer zusammenfassen. Es gibt für mich keinen erkennbaren Grund, aus dem dazwischen ein Tag vergehen müsste. Dann kannst Du diese beiden Absätze auch noch ein bisschen straffen – das würde ihnen in meinen Augen sehr gut tun.

„Schön Sie hier zu sehen“, sagt ein fröhlicher Mann, der Jano einen Longdrink aus Dattel- und Palmölsaft anbietet.

Komma vor „Sie“. Und schön, noch einmal eine richtige Szene zwischen zwei Menschen zu lesen. ;)

Fern von der Erde, erfreuen wir uns und suchen Vergnügungen
.

Komma weg.

„Herzlichen Dank. Können Sie mir sagen, wo wir hier sind?“, fragt Jano.
„In der psychiatrischen Klinik auf dem Planeten Fraudo“, antwortet der Fremde.
Jano schluckt. Ist er krank?
„Alle schwierigen Fälle landen hier. Doch ich fühle mich wohl. Man sorgt für ein angenehmes Leben“, lächelt der Mann und fügt hinzu: „Fern von der Erde, erfreuen wir uns und suchen Vergnügungen. Tun Sie das auch.“

So sehr ich mich jedoch über diesen Dialog freue, ich finde ihn ziemlich hölzern. Jetzt wird offensichtlich, was mir wahrscheinlich schon in den Versionen ohne Dialog hätte auffallen können: Dass es diese Szene nur gibt, um zu erklären, wo Dein Prot sich befindet. Ich überlege gerade, wie man das lösen könnte, und ich glaube, ich drehe mich mal zurück zu meinem allerersten Post:

Mir fehlt immer noch die zentrale Motivation Deines Prots. Er arbeitet, weil er muss. Er liegt rum, weil alle das machen. Er geht zum Empfang, weil ein Schild sagt, dass er dorthin gehen soll. Bis auf in dem Moment, in dem er der Chimäre in der Rückblende eins überzieht, was sehr erfrischend ist, ergreift er niemals die Initiative. Ich glaube, Du könntest diesen Dialog (und den Rest) lebendiger gestalten, wenn Dein Prot sich z.B. an die Detektivarbeit macht, herauszufinden, warum er wo ist. Er könnte dann diesen Mann irgendwo treffen und ihn ausfragen. Dann klingt das gleich viel weniger hölzern und Dein Prot wird aktiver.

Denn szenisch ist das jetzt, und ich finde, die Geschichte entwickelt sich gut. Aber Dein Prot bleibt passiv und unmotiviert. Er tut nichts von sich aus, nur einmal etwas in einer Rückblende. Das sorgt dafür, dass ich den Eindruck gewinne, dass Du Dinge passieren lässt, weil ich als Leserin das wissen muss. Lass Deinen Prot Dinge passieren lassen. Das wirkt dann gleich viel natürlicher.

Ich überlege auch, ob es irgendeinen Grund gibt, aus dem man das nicht machen wollen sollte an Deiner Stelle. Mir fällt keiner ein. Ich lese deshalb nochmal Deine Reaktionen auf die Kommentare hier:

Es gibt irgendwie kein Ziel der Figuren. Wie bei vielen Typen im Leben. Der hier will Leben und nichts tun, weil er nichts tun kann, da andere für ihn entscheiden.

Aber das heißt ja, dass der Prot auf jeden Fall nicht in der Fabrik abhängen will. In meinen Augen ist das eine ausreichende Motivation, um mal so ein bisschen initiativ zu „ermitteln“, wo er sich plötzlich stattdessen befindet. Wie gesagt, solange er sich einfach nur von der Geschichte treiben lässt, gewinne ich den Eindruck, dass die Geschichte konstruiert wurde, um den Prot zu treiben. Und das ist nicht gut.

Und falls das irgendeine Überzeugung von Dir ist, dass es im RL Leute gibt, die nichts wollen: Ich glaube das nicht. Ich glaube, selbst Leute, die eigentlich was wollen aber nie was erreichen können, immer nur gegen Wände rennen und irgendwann aufgeben, wollen eigentlich was.

In der Ausschreibung lese ich, dass man sich auf Geschichten freue, die eben keine Bildbeschreibungen sind. Von der reinen Bildbeschreibung, finde ich, hast Du Dich schon gelöst. Und wie man verhindert, dass ich den Eindruck habe, dass Du Dinge geschehen lässt, damit ich was erfahre, denke ich, da hast Du jetzt eine Anregung. Wenn Du Eigeninitiative Deines Prots aus irgendeinem Grunde partout ablehnst, bin ich übrigens sehr gespannt auf diesen Grund. :p

Make it work!

Initiative Grüße,
Maria

 

Hallo Fugusan!

Du bist (wie viele andere Wortkrieger) irre schnell mit dem Überarbeiten und nach weiteren Komms-bekommen wieder Überarbeiten, dass ich da gar nicht hinterher komme. (Glaubt denn niemand außer mir mehr an: "In der Ruhe liegt die Kraft"?)

Zu deinem Text:

Ich wollte TeddyMarias Komm vom 4.6. zustimmen (Stichworte Anfang und Emotionen), dabei habe ich die schon wieder überarbeitete Version vom 6.6. gelesen. Hm.
Du sagst, du hast den Anfang weiter gekürzt. Ich denke aber, dass die Länge da nicht das Problem ist. Es sind immer noch die fehlenden Emotionen (die ich wohl bei allen deinen Texten, die ich kommentierte habe, angemerkt habe).

=> Jetzt möchte ich dir erstmal eine grundsätzliche Frage stellen. Das soll kein Angriff werden, ich möchte nur herausfinden, wie ich deine Texte am besten kommentieren kann.
Also, die Frage: Möchtest du (aus irgendeinem Grund) keine Emotionen erzeugen, oder möchtest du schon, weißt aber nicht wie?
Falls du bewusst unterkühlt schreiben willst, bin ich als Leser und Kritiker fehl am Platz.
Falls dir bloß die Technik fehlt, könnte ich einiges anmerken.

Was das Ziel deines Prots angeht:
Wenn er kein Ziel hat, dann kann da keine Geschichte entstehen. Wenn er nichts will, warum sollte mich Leser das interessieren? Dann erzähle doch lieber von einer der Chimären. Die haben ein Ziel, die Menschen zu knechten. :)
Aber ich denke, in deiner Geschichte ist klar, was Jano will: Ruhe, ein lebenswertes Leben, kein Sklave sein ... so was in der Art. So, und wenn er was will, dann muss er irgendwas dafür tun. Im Rahmen seiner Möglichkeiten natürlich. Und schwupps, wird die Geschichte konfliktreich und interessant.

Bis dann.

Grüße,
Chris

 

Hallo TeddyMaria und Chris Stone,
herzlichen Dank für Eure ausführlichen Kritiken und Vorschläge. Entschuldigt bitte die späte Antwort. Ich habe gerade andere Prioritäten gesetzt, werde diesen Text erst mal liegenlassen und in 'Muse' später überarbeiten oder löschen. Ein paar, von Maria gefundene Ausrutscher habe ich schnell korrigiert.
Eigentlich sollten ja in jedem Satz Emotionen liegen. Bei einem Roboter können fehlende Emotionen eine tatsächliche Emotion beim Leser hervorrufen. Eine nicht direkt gezeigte Emotion kann trotzdem im Kontext Empfindungen in einem anderen auslösen. Zum Beispiel das Schweigen eines logisch denkenen Ausserirdischen induziert Hass oder Neid. Die emotionslos gezeigte Nutte kann trotzdem Gefühle verursachen. Ich denke, man kann keinen Text als generell emotionslos bezeichnen. Zu sagen, dass eine Geschichte in einem selbst kein Gefühl auslöst, ist natürlich möglich. Es gibt auch genügend Beispiele wissenschaftlicher Texte, die zu Hass geführt haben, weil der Autor die Hypthese eines Kollegen zerstörte. Das findet dann auf einer zweiten Ebene statt.
Soviel jetz und später mehr.
Dass der Prot hier kein klares, eigenes Ziel hat, ist richtig. Er lässt sich treiben. Er ist ein Getriebener. Er will wenigstens weiterleben. Wahrscheinlich werde ich eine neue Geschichte mit Elementen aus dieser schreiben.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo Fugusan!

Mir geht es immer nur um die Emotionen, die beim Leser ankommen, die er selbst fühlen kann. Das ist ja auch oft der Knackpunkt, wenn "Show, don't tell" angesprochen wird. Weil man, wenn man z.B. liest: "sie fürchtet sich", die Furcht halt nicht spüren kann.

Es gibt viel Möglichkeiten, Emotionen zu erzeugen (also beim Leser auszulösen). Falls du Englisch kannst, empfehle ich dir "The Emotional Craft of Fiction - How to write the Story Beneath the Surface" von Donald Maass.

"Bei einem Roboter können fehlende Emotionen eine tatsächliche Emotion beim Leser hervorrufen."
=> Ja, klar. Nur wie? Vom theoretischen Wissen zur praktischen (erfolgreichen) Anwendung zu kommen, darin liegt die (oder eine) Meisterschaft des Schreibens.

Okay, so viel von mir. Ich will dich ja nicht nerven.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chris Stone,
danke für den Tipp. Werde bei Gelegenheit mal reinschauen. Ich schaue gerne unter Oberflächen.
Beste Grüsse
Fugu

 

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