Abends im Park
Abends im Park
Stille lag über dem kleinen Park, am Rande der Großstadt. Wie jeden Abend wanderte er unter den blühenden Bäumen hindurch und sog den zarten Duft ein, der in der Luft lag.
Die letzten Strahlen der Sonne fielen auf die Blumenwiesen, die am Wegesrand lagen.
Verträumt schlenderte er den schmalen Kiesweg entlang und hielt auf den kleines See zu, der inmitten der Parkanlage lag. Am Ufer blieb er stehen und beobachtete, wie ein sanfter Windhauch die Oberfläche kräuselte.
Plötzlich hörte er ein Geräusch und schreckte aus seinen Tagträumen auf. In ungefähr 50 Metern Entfernung sah er eine Gestalt den Kiesweg entlang kommen. Die warmen Strahlen der Sonne beleuchteten das Mädchen, das eine verwaschene Bluejeans trug. Ihre braunen Haare fielen ihr offen über die Schultern und betonten das zarte Batikmuster auf ihrem blauen kurzärmeligen Oberteil.
Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, begann sie zu lächeln.
Galt dieses bezaubernde Lächeln etwa ihm?
Sie kam näher und stellte sich ohne ein Wort zu sagen neben ihn.
Er sah sie fasziniert an. Wer war diese junge Frau? Kannte sie ihn?
„Ein schöner Abend, nicht war?“ fragte er, um mit ihr ins Gespräch zu kommen.
„Ja, dieser Abend ist schön, aber er kann noch schöner werden.“
Erstaunt über diese Antwort, sah er ihr in die Augen und glaubte zu versinken.
Es waren die schönsten und unschuldigsten braunen Augen, die er je gesehen hatte.
Und sie strahlten!
Sie strahlten einfach in einem Braunton, der schon fast magisch war.
Er spürte, wie sein Herz für ein paar Takte aussetzte. So etwas hatte er noch nie zuvor gespürt.
Gab es eine Liebe auf den ersten Blick? Er wusste es nicht. Doch das, was er in diesem Augenblick verspürte, konnte er nur mit einem Wort umschreiben:
Liebe.
Er wusste nicht, wie lange er sie so angesehen hatte, doch zu seiner Verwunderung sagte sie nichts. Sie sah ihn einfach nur mit ihren braunen Augen an und ihm war, als reiche dieser Blick bis tief in seine Seele hinein.
Und plötzlich spürte er noch etwas anderes.
Er sah Bilder in seinem geistigen Auge. Bilder von der jungen Frau. Doch es war nicht das Mädchen, wie er es vor sich sah, nein, es waren Bilder aus ihrer Vergangenheit. Und mit diesen Bildern strömte eine Vielzahl von Emotionen auf ihn ein, die er nicht erfassen konnte.
Verwundert riss er sich von ihren Augen los. Einen kurzen Augenblick schien ein Hauch von Enttäuschung über ihr Gesicht zu ziehen, doch der Moment war so schnell verflogen, wie er gekommen war. Jetzt lächelte sie und dieses Lächeln ließ seine Knie erzittern.
Dann ging das Mädchen einen Schritt auf ihn zu und überbrückte so die letzte räumliche Barriere zwischen ihnen. Jetzt stand sie direkt vor ihm und hob ihre Hand, um sie auf seine Wange zu legen. Ihre zarten Finger strichen wie Seide über seine Haut.
Wieder sah er ihr tief in die leuchtenden Augen. Und wieder brach diese Bilderflut über ihm zusammen. Diesmal schreckte er jedoch nicht zurück, sondern ergab sich ganz dem wunderschönen Gefühl. Es war, als könne er in ihre Seele blicken. Er fühlte ihre Gefühle, dachte ihre Gedanken und sah sie, wie er noch keinen Menschen zuvor gesehen hatte.
Nur langsam fand er den Weg in die Wirklichkeit zurück. Die junge Frau stand immer noch vor ihm und lächelte. Als er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, stieg in ihm eine einfache Frage auf:
Warum?
Warum verursachte diese junge Frau solche Gefühlsstürme in ihm?
Warum war es ihm möglich in ihre Seele zu blicken?
Doch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, um diese Fragen zu stellen sagte sie mit engelsgleicher Stimme:
„Sag jetzt nichts. Zerstöre nicht diesen vollkommenen Augenblick. Wisse nur dies: Ich wurde geboren, um dich zu lieben, so wie du geboren wurdest, mich zu lieben. Wir sind für einander bestimmt.“
Mit diesen Worten näherte sich ihr Gesicht mehr und mehr dem seinen, bis sich ihre Lippen berührten.
Während sie sich küssten, spürte er, wie die Kraft der Liebe ihn durchströmte.
Solch eine Macht hatte er noch nie zuvor erlebt. Sie schwemmte alle Zweifel hinfort und er wusste, er würde für dieses Mädchen selbst durch Feuer gehen...
