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Alleine

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24.08.2008
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Alleine

Alleine….

Die Einsamkeit ist der wohl schlimmste Feind, den ein empfindsames Wesen haben kann. Gnadenlos zerfrisst sie Seele und Verstand, wie Geschwüre den Körper eines an Pest erkrankten Mannes schänden. Solange bis Gefühle und Hoffnungen der Verzweifelung und dem Wahnsinn gewichen sind.

Seit ich denken kann, bin ich alleine. Ich hatte einen Beruf, eine Wohnung und einige Bekannte. Auf den ersten Blick war ich für lange Zeit ein ganz normaler Junge, doch es gibt mehr, als das Auge zu sehen vermag. Ich lebe unter den Menschen, doch bin ich nicht wie sie. Ich denke nicht wie sie, ich empfinde nicht wie sie. Ich bin nicht in der Lage, zwischenmenschliche Signale zu deuten, noch kann ich angemessen auf sie reagieren oder gar selbst verständliche Signale senden.

Meine Emotionen funktionieren nach seltsamen Prinzipien. Sie reagieren sehr empfindlich auf menschliches Verhalten. Dinge, die für andere selbstverständlich sind, können mich zutiefst verletzen. Umgekehrt geschieht es ebenso, oft tue ich Menschen ungewollt weh. Ich wünschte, ich könnte lernen mich anzupassen, doch diese Hoffnung scheint nach all den Jahren langsam zu schwinden.

Und dann wäre da noch etwas…ich bin fähig, meine Umgebung zu spüren. Meine Sinne erkennen jedes Staubkorn, jedes Molekül, jedes Atom…. Und ich kann sie kontrollieren. Meine Gedanken scheinen den Teilchen Befehle zu erteilen. Ich kann Dinge formen und zerfallen lassen, einfach so, nur durch meinen Willen. Es gibt keine rationale Erklärung dafür, niemals wird mir jemand sagen könne, woher diese Gabe kommt. Oder woher ich komme….

Ich bin nun seit 43 Jahren auf dieser Welt. Meine ersten Erinnerungen zeichnen das verschwommene Bild eines Waisenhauses vor mein geistiges Auge. Ich war ein ängstlicher, zierlicher Junge. Schon damals merkte ich, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich konnte kleine Insekten nur durch Gedanken verjagen, oder zu bestimmten Bewegungen bringen. Und wenn ich malte, sah ich jede noch so kleine Unebenheit an meinen Stiften. Ich fragte meine Betreuerinnen sehr oft nach Dingen die ich wahrnahm, doch die Antwort war immer die gleiche: Schläge. Kaum ein Tag verging ohne Standpauke oder Züchtigung, nicht selten blutete ich danach heftig. Und ich weinte, ich heulte bitterlich und flehte den Himmel um Hilfe an. Doch ich bekam keine, ich war allein.

Mit 18 verlies ich das Waisenhaus. Inzwischen war meine Gabe zu einer verschwommen Kindheitserinnerung geworden. Schon früh hatte ich den Entschluss gefasst, der Welt um mich herum auf den Grund zu gehen. Also musste ich ein Studium beginnen. Zunächst fehlte mir allerdings die Qualifikation für die Universität. Ich suchte mir in der Stadt ein Zimmer, fing an zu arbeiten und besuchte eine Oberstufe. Meine Mitschüler erkannten schnell, dass ich nicht wie sie war. Ich wurde vom ersten Schultag an das Ziel aller möglichen Späße und gelegentlich wurde ich auch verprügelt. Selbst die Aussenseiter hänselten mich und lachten mich aus. Ich habe bis heute nicht verstanden, was Menschen zu solchen Taten bewegt. Da mir Gewalt und Diskriminierung zuwider waren, liess ich alles ohne Gegenwehr über mich ergehen.

Schliesslich gingen die 3 Jahre vorbei und ich kam an eine Universität. Da hier eine Menge ungewöhnlicher Menschen unterwegs waren, fiel ich nicht weiter auf. Ich freundete mich sogar mit einem Mädchen an, ihr Name war Sarah. Wir kamen während eines Praktikums ins Gespräch und hingen von da an jeden Tag zusammen. Die Jahre vergingen und mir wurde mehr und mehr klar, dass ich für dieses Mädchen mehr empfand als nur eine Freundschaft. Doch ich kannte dieses Gefühl damals nicht und konnte so natürlich auch nicht damit umgehen. Also behielt ich es für mich. Wir machten unser Diplom und sogar den Doktor. Dann war es an der Zeit, Abschied von ihr zu nehmen.

Einige Jahre später trafen wir uns auf einer Konferenz wieder. Sie hatte inzwischen einen Partner und erwartete ein Kind. Ich hingegen war immernoch alleine. Keine Freunde, keine Partnerin…. Unser Kontakt lebte wieder auf und ihr Partner wurde mein bester Freund.

Irgendwann, inzwischen waren wieder einige Jahreszyklen vergangen, beobachtete ich, wie er nach einigen Gläsern hochprozentigen Alkohols mit einer fremden Frau mitging. Sarah war auf dieser Feier nicht anwesend, sodass sie davon nichts mitbekam. Ich beschloss, mich zunächst einmal nicht einzumischen. Doch derartige Vorfälle häuften sich in den darauffolgenden Wochen und Monaten immer mehr, bis ich ihn schliesslich darauf ansprach. Er reagierte äusserst gereizt und drohte mir mit Lügengeschichten, sollte ich seine Machenschaften bekannt machen. Nichtsdestotrotz konfrontierte ich Sarah mit dem Treiben ihres Mannes. Doch er hatte gute Arbeit geleistet, sie glaubte mir kein Wort und sagte, dass sie mich nie wieder sehen wolle.

Da ich ihm nicht traute, blieb ich noch für eine Weile in der Nähe der Familie, nur um im Notfall eingreifen zu können. Und ich behielt Recht, eines Abends, er hatte wieder getrunken, eskalierten die Dinge und dieser Mensch schlug auf Sarah ein. Ich kann nicht erklären wie oder warum, aber ich fühlte es. Obwohl es keinerlei Anhaltspunkte gab, fühlte ich, dass Sarah Leid zugefügt wurde. Sofort fuhr ich zu ihrer Wohnung, stürmte durch die offene Tür hinein und hielt den Unhold in letzter Sekunde davon ab, seiner Frau ein Brotmesser in die Brust zu rammen. Doch er riss sich schliesslich aus meinem Griff los, stiess mich gegen eine Wand und liess das Messer in meinen Bauch schnellen. Meine Gefühle überschlugen sich, ich spürte das kalte Metall in meinem Fleisch, aber auch etwas anderes. Ich spürte die Herzschläge meines Widersachers und die elektrischen Potentiale in seinen Nerven. Ich sah es vor meinen Augen und konnte es mit meinem Geist umfassen. Im Affekt brachte ich seine Vitalfunktionen zum Schweigen, er fiel zu Boden und blieb regungslos liegen. Ein herbeigerufener Notarzt konnte nur den Tod feststellen.

Ich hatte schreckliche Angst vor den Konsequenzen meiner Tat und floh. Innerhalb weniger Stunden war meine Wunde vollständig verheilt. Doch dies war im Moment mein geringstes Problem. Nach einigen Wochen kehrte ich schliesslich zurück, um das Geschehene mit Sarah zu besprechen. Doch sie liess mich nicht zu Wort kommen. Vorwürfe flogen mir um die Ohren. Sie beschimpfte mich auf jede erdenkliche Weise und schliesslich griff sie meine Gefühle an. Sie hätte ja schon immer gewusst, dass ich scharf auf sie sei und ich bräuchte mir keine Hoffnungen zu machen. Ich wäre für den Tod ihrer grossen Liebe verantwortlich und das würde sie mir niemals verzeihen. Die Bekanntschaft mit mir wäre eine Schande in ihrem Leben und ich solle mich in dem Loch aus dem ich gekommen war verkriechen und umbringen sagte sie.

Dies war der Tag, an dem ich begann nachzudenken. Ich verlor meinen Job, hörte auf zu essen und vor die Tür zu gehen und saß nur noch alleine in meiner kleinen Wohnung. Tage vergingen und dann wurden es Wochen…. Ich dachte über mein bisheriges Leben nach und über das, was ich getan hatte. Mein Schluss war einfach: Nicht ich war das Problem, sondern die Menschen. Mir wurde klar, dass ich seither nur Opfer ihrer Belustigungen und Probleme war. Ich war mein ganzes Leben lang alleine, nie konnte ich mich jemandem anvertrauen, nie lernte ich, über persönliche Dinge und Gefühle zu sprechen. Nichts hatte ich dieser Welt jemals getan und doch zeigte sie mir immer wieder, dass ich für sie nichts wert war. Bald kannte ich nur noch ein einziges Wort: Einsamkeit. Ich ärgerte mich Tag um Tag über meine Situation und über Sarah. Und meine Wut schärfte meine Sinne mehr als je zuvor. Ich entdeckte meine alte Gabe wieder und lernte, damit umzugehen. Spielend leicht verbog ich Metall, liess Gegenstände schweben und riss sie auseinander, nur um sie danach neu zusammenzusetzen.

Eines Abends beschloss ich, wieder hinaus zu gehen und den Menschen eine letzte Chance zu geben. Ich ging in eine Bar in der Innenstadt. Bereits nach wenigen Minuten kam ich mit einer nett aussehenden Frau ins Gespräch. Wir unterhielten uns dann noch einige Stunden und sie bat mich, mit zu ihr nachhause zu gehen. Ich willigte ein und wir machten uns auf den Weg, doch schon nach wenigen Minuten wurden wir von 3 Männern angegriffen. Sie schlugen wild auf mich ein und die Frau stand nur daneben und lachte über meine Dummheit. Meine Brieftasche wollten sie, doch in diesem Moment starb etwas in mir und ich verlor mich in Gedanken. Die fortwährenden Schläge und Tritte spürte ich nicht mehr. Ich liess mich treiben in dem Ozean von Teilchen der mich umgab. Ich ergriff einige, und spielte mit ihnen. Plötzlich wurde mir wieder klar vor Augen und ich sah, wie die Männer und ihre Komplizin vor mir in der Luft hingen und um Freilassung bettelten.

Mein ganzes Leben lang liess ich Menschen auf mir herumtrampeln und mich benutzen, doch jetzt war die Grenze überschritten. Ich zerriss ihre Körper in einem gewaltigen Feuerstoss. Diese Wesen, die mir solange das Leben zur Hölle machten sollten für ihr Fehlverhalten endlich bezahlen. Immer deutlicher sah ich nun meine Umgebung, immer tiefer konnte ich in die Materie eintauchen und mit ihr spielen. Gebäude zerbarsten, Menschen wurden zu Staub und Asche . Ich erhob mich in die Lüfte, um das Schauspiel besser beobachten zu können. Die Stadt unter mir versank in Explosionen und Feuer. Lavaströme ergossen sich zwischen den zerstörten Gebäuden. Ich genoss dieses Gefühl der totalen Kontrolle. Immer höher stieg ich in den Himmel und immer weiter breitete sich die Welle der Vernichtung über die Erde aus, bis schliesslich der ganze Planet in einem fahlen Grau versank.

Erschöpft und verwirrt sank ich zu Boden. Mein Kopf glühte, ich spürte jede Faser meines Körpers. Dies waren die stärksten Schmerzen die ich jemals in meinem Leben hatte. Doch sie sie gingen vorüber. Als mir klar wurde, was ich angerichtet hatte wurde ich nur noch wütender. Die wenigen verängstigten Menschen, die hilfesuchend auf mich zu hinkten beschimpfte ich und tötete sie auf jede nur erdenkliche Weise. Irgendwann bemerkte ich eine Frau, die verletzt unter Resten eines Autos lag. Sofort packte ich sie und liess sie vor mir schweben. Entsetzt stellte ich fest, dass es Sarah war. Ich liess sie weich zu Boden sinken und fiel neben ihr auf die Knie. Wir sahen uns eine Weile an, dann fragte sie mich stotternd, was geschehen sei. Ich war es, antwortete ich. Sie verstand nicht und starrte mich nur verzweifelt an. Dann erhebe ich mich und wende mich ab.

Dies ist nun der Punkt, an den ich gelangt bin. Der Wahnsinn, der mich vollends ergriffen hatte weicht langsam zurück. Ich sehe die Welt brennen, der einzige Mensch, den ich jemals liebte liegt vor mir und stirbt langsam. Was habe ich getan? Warum konnte ich es nicht kontrollieren? Warum konnte ich nicht einfach sein, wie all diese Menschen, die unbeschwert und glücklich durch ihr einfaches Leben gehen? Soviele Fragen schiessen in meinen schmerzenden Kopf. Und dann meldet sich mein Gewissen zu Wort. Ich versuche garnicht erst, mich für meine Taten zu rechtfertigen. Es kann nur eine Antwort auf dieses Problem geben und ich weiss, wie ich diese finde.

Doch vorher möchte ich, wenigstens für einen kurzen Moment, dieses Gefühl erleben, dass andere „Glück“ nennen. Ich stelle mir vor wie es wäre, wieder Kind zu sein. Ich laufe spielend über grüne Wiesen, von einer Familie und von vielen Freunden umgeben. Ich komme in die Schule, gehe an die Universität, verliebe mich. Ich heirate, gründe eine Familie und werde alt. Dann sterbe ich. In diesem Moment sinkt leise ein erschlaffter Körper auf die verbrannte Erde. Nach einigen Augenblicken zerfällt er zu Staub und wird von einer kräftigen Windböe zerstreut.

Dies ist die wahre Natur der Einsamkeit.

 

Konsul schrieb:
So, dass ist meiner Meinung nach eine Mischung aus Tragödie und Fantasy. Ich weiss, dass es sehr weit hergeholt ist, aber ich hab meiner Fantasie einfach mal freien Lauf gelassen. Wobei auch einige eigene Erfahrung mit drin sind. Freue mich über Meinungen.

Hallo Konsul,

damit die Geschichten hier für sich stehen, bitte solche Kommentare immer in einem gesonderten Beitrag unter der Geschichte.

Vielen Dank und lieben Gruß
sim

 

Deine geschichte finde ich spannend, aber ich verstehe sie nicht so ganz...
Auf alle Fälle super geschrieben!

 

Hey Konsul,
den Anfang deiner Geschichte finde ich richtig schön gewählt.
Dann wird es aber nur zu einer trockenen Nacherzählung, was ich schade finde.

Ich bin nicht in der Lage, zwischenmenschliche Signale zu deuten, noch kann ich angemessen auf sie reagieren oder gar selbst verständliche Signale senden.
wie wäre es mit einem "weder"? Also: Ich bin weder in der Lage...

Ich fragte meine Betreuerinnen sehr oft nach Dingen die ich wahrnahm, doch die Antwort war immer die gleiche: Schläge
wieso gibt es Schläge?

Er reagierte äusserst gereizt und drohte mir mit Lügengeschichten, sollte ich seine Machenschaften bekannt machen. Nichtsdestotrotz konfrontierte ich Sarah mit dem Treiben ihres Mannes. Doch er hatte gute Arbeit geleistet, sie glaubte mir kein Wort und sagte, dass sie mich nie wieder sehen wolle.
Also hat Sarah's Mann, bzw sein bester Freund, die Lügengeschichte, mit der er drohte schon davor erzählt?

stürmte durch die offene Tür hinein
Wieso steht die Tür offen?

Irgendwann bemerkte ich eine Frau, die verletzt unter Resten eines Autos lag...
Darauf gehst du danach gar nicht ein. ist sie so leicht verletzt, dass er keine Angst um sie haben muss oder einen Krankwagen ruft?

Wörter wie ließ, schließlich, außer usw. musst du noch einmal heraussuchen aus deinem Text. die werden nämlich mit "ß", nicht mit "ss" geschrieben und sonst finden sich auch noch ein paar weitere Rechschreibfehler in deinem Text.

und ich finde, die Geschichte passt eher zu Seltsam.

LG
Frenchy

 

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