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Alles war und ist so einfach

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11.10.2016
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Alles war und ist so einfach

Der ICE raste vorüber, einen Meter von ihm entfernt.
Er rastete vor Schreck aus. Er rastete aus, weil keine Ansage kam, die den Zug anmeldete, jedenfalls keine, die er hörte. Egal, Scheiße, dachte er und schrie dem Zug hinterher.
Unhörbar. Unspürbar. Der ICE blieb ohne Erregung.
Und er? Er war voll der Erregung und warf eine Glasflasche dem Zug hinterher. Die Flasche einer modernen Colamarke, einer Marke, die ihr Produkt mit wässerigen Marketing bewarb und sich des Kniffes bediente, oh welch herrlich dämlicher Lifestyle, Cola mit K, also KOLA zu schreiben, mit einem alten deutschen Namen davor und verschwenderisch hippe Sprüche und mit einer Koffeinmenge, die zappelnd machen konnte, versah, welche aus einer norddeutschen Großstadt kam, oder wenigstens dort mal als Alternativ-Konsum-Produkt entwickelt wurde, und, ACH! eigentlich auch nur zum Wegwerfen geeignet, am besten mit Inhalt, seit dieses kapitalismuskritische Zuckerwasser auf diese angesagte Weise daherkam, sich selbst neu erfand und nun eigens durch die Verführung des Zuckers und des vielen Koffeins und des schlechten aber ansprechenden Marketings und der vielen leeren Leben verbessernden Versprechungen, ein bis zwei oder drei Millionäre schuf, die Flasche flog, die das Geld der Anderen akkumulierten und so die tolle Alternative zum Mainstream machten, also, ab auf die Gleise damit und damit auch gleich den ganzen Hype um eine alternative Lebensführung, die, wenn scheinbar sie in der Nähe sich befindet, doch wieder nur dazu führt, dass das Groß der Menschen diese haben wollen, dass die Alternative in der Alternativlosigkeit zum putativ Einzigen wird. Die Flasche landete auf den geschliffenen Gleisen und zersprang, der klebrige, giftige Saft dieselben süß verschmutzte, tonlos, weil es noch etwas donnerte, donnerte vom ICE. Er stampfte mit den Stiefeln auf den Asphalt des Bahnsteiges, als könne er diesem Untergrund damit etwas anhaben. Als seine Sohle das dritte Mal den Boden berühren sollte, bekam er einen Krampfanfall. Es zog ihm die Beine unter dem Körper weg. Er landete auf der linken Seite. Der Kopf berührte den Boden. Mit allen Gliedern zappelnd, vibrierte er über die Erde. Es tropfte Blut, eine Wunde im Gesichtsbereich, rechts, neben seinem Auge. Das alles fand statt auf dem Gelände eines Stadtteilbahnhofs.

Dieser Krampf wird ihm keinen großen Schaden zufügen, im Gegenteil, er wird Heilung erfahren, dies nur dem Lesenden als Hinweis, damit dieser weiß, dass es nicht unappetitlich wird und sich hier keine kulturellen Abgründe menschlicher Existenzen öffnen. Es bleibt seicht!

Sein Kopf schlug mehrmals auf die grauen Steine. Es tropfte Blut. Menschen beobachteten ihn. Ein Mädchen schrie beim Anblick des horizontalen Mannes und verlor dabei ihr Softeis aus der Waffel und schrie noch höher und noch lauter und noch mehr. Wahrscheinliche Sorte des Softeises: Erdbeere.
Zwei Hood-Training-Watchmen, 16,5 und 18 Jahre, kamen vorbei, gingen zu dem Zuckenden und rieten ihm gutmütig schreiend, er solle diesen Ort verlassen, ihre Hood, und woanders sein behindertes Theater machen, ansonsten würde etwas passieren, was er sicherlich nicht so gut fände, also hophop! Während sie das sagten, dabei klingend wie im Abseits stehende, hilflose Gangster-Rapper auf dem Rasen, die ihre eigenen tausend Fragezeichen über den Köpfen als Anlass nahmen, allem dummen und allem intelligenten Leben verbal oder auch körperlich aufs Maul zu hauen, vollführten sie wenig komplizierte Bewegungsmuster mit den Händen, Finger gespreizt und Beine breit.
Ich schickte den Watchmen liebevolle Gedanken und sie verließen fluchtartig diesen Ort und wurden bessere Menschen.

Wie durch einen dummen Befehlsschalter aktiviert, ein und aus, schlagartig, stand die Motorik des Mannes still. Er lag da, die Augen offen und wusste nicht mehr viel. Sein Körper schmerzte. Muskelkater. Er wusste weder wie er hieß, geschweige denn, wann er geboren wurde oder wie seine Eltern hießen oder sonst etwas hauptsächlich Unbedeutendes aus seiner momentanen progressiven Geschichte. Ich schickte ihm den Gedanken, dass das schon gut so sei. Er lächelte dümmlich angespannt und erhob sich. Für einen tausendsten Teil einer Sekunde, war er eins mit allem im Universum.
Blut an seinen Händen. Es lief über sein Gesicht und tropfte reichlich auf den Boden. Der Vater des Erdbeereis-Mädchens ging zu dem Herrn und bot ihm Taschentücher und einen Krankenwagen an. Der Mann nahm die Taschentücher und knurrte bissig leise, er wolle keinen Krankenwagen. Der Mann stolperte schwankend los. Langsam wurde ihm die Erinnerung deutlicher, die Ahnungslosigkeit löste sich und ihm wurde bewusst, wer er war. Ein Krampf, dachte er, Scheiße, dachte er, wieder ein Krampf, wo ist Jesus, wenn ich ihn brauche und, Mist, Blut, wieder Blut. Er stolperte über die Stahlgerüstbrücke, auf die andere Seite des Bahnsteiges, dorthin, wo die Straßenbahnen abfuhren. Ich folgte ihm, einem Deodorant nicht unähnlich.

Fünfzehn Minuten später hörte die Wunde auf zu bluten. Er saß in der Straßenbahn Nummer 1 und war nun mürrisch hilflos, lächelte nicht mehr dümmlich, in einer Art Opferhaltung. Warum nur, warum ICH, seine Gedanken, der dritte Krampf in dieser Woche und es ist gerade Donnerstag, dachte er. Ewiger Kontrollverlust, ewiger Kontrollverlust, ewiger Kontrollverlust…ich sandte ihm den Gedanken, dass Menschen mit Kontrollzwängen, sich einen unbewussten Gegenpol suchen und dass dieser sich in den schrägsten Verhaltensweisen manifestieren könne, welche auch nicht immer gesundheitsförderlich daherkämen und ich gab ihm ein, dass er von nun an seinen Schmerz los sei und das Leben nicht mehr kontrollieren müsse. Das wirkte und er wurde mit einem Schlag ein anderer Mensch, glücklich bis an sein Lebensende, gut gekleidet und lächelnd, machte er sich und seinen Mitmenschen jeden Tag zum Fest.

Alles war und ist so einfach!

Meine sich langsam langweilende Aufmerksamkeit schwamm… Ich verbrachte zwei Jahre in der gleichen Weise, beobachtete Menschen, gab ihnen Gedanken ein und dann sah ich: dreikommafünf Milliarden Menschen waren dem Licht näher und es gab viel Gutes auf der Erde und das Leid auf der Erde wurde halbiert…Meine sich langsam langweilende Aufmerksamkeit schwamm…

als sie zu ertrinken drohte, wurde ich in der Straßenbahn fündig. Meine Aufmerksamkeit kam an die Oberfläche und atmete ein, aus, ein - aus, ein und aus, langsam und tief.
Ich sah einen Mann mit Downsyndrom. Er saß alleine. Neben ihm ein freier Platz. Basecap auf dem Kopf. FBI. Brille auf der Nase. Enge, sportliche graue Jacke. Blaue, weite Bundfaltenhose und Damenschuhe an den Füßen. Schwarze Lederschuhe mit Klettverschluss. Merkwürdig, doch sein Äußeres war gar nicht von Bedeutung, denn mir fiel auf, was er tat: Er plauderte. Er sprach mit irgendjemanden, der nicht zu sehen war und welcher sich offenbar bewegte, da der 40 jährige Mann, der wohl zu 20% von seinem Betreuer und zu 80% von seiner Mutter eingekleidet wurde, seinen Kopf in verschiedene Richtungen drehte und in diese Richtungen auch seine Worte richtete. Seine Sprache war fürs menschliche Ohr schwer zu verstehen, es war eher ein Grummeln und ein Murmeln. Ich verstand ihn sehr gut. Er wurde von einigen stummen Fahrgästen beobachtet, wohlwollend, unsicher, amüsiert, interessiert, mitleidig etc. Ich war vorher noch nicht in dieser Gegend, noch nicht in diesem Teil der Erde und so gab es an diesem Ort noch viel Schuld und Neid und Angst vor dem Fremden und so Kram, Wettkampf und die Idee, das alles sei schlecht. Die restlichen Passagiere waren mit ihren Smartphones und der ihnen eigenen Glattheit beschäftigt, planten ihr Abendessen, ihr nächstes Geschäft, ihre Trennung vom Partner via SMS, ihre Lottozahlen, ihren abendlichen Alkoholkonsum ihren DVD Abend mit dem geliebten Partner, etc. und übertrugen im Geiste diese Glattheit ihrer Smartphones auf ihr Leben und versuchten, nicht anzuecken und glatte Gedankenmuster zu kultivieren, damit es nicht weh tat. Es tat ihnen trotzdem weh und es lag daran, dass sie versuchten, dass es nicht wehtun sollte. Der Schmerz wurde kultiviert, genau dadurch, ihn nicht haben zu wollen. Ich nahm den Menschen in der Straßenbahn alles Schwere, Schmerzhafte und sie lachten still in sich ruhend. Nur den Mann mit Downsyndrom ließ ich dabei aus und ich konnte folgenden Monolog des Mannes mit Downsyndrom verfolgen:

„…weil meine Seele sich ausruht? Wer hat das entschieden, dass die sich ausruhen soll und warum ruhen sich dann nicht alle Seelen gleichzeitig aus?“
Antwort.
„Ureinwohner Amerikas? Weiß ich nix von. Ich habe das entschieden? Nöö! Weil das langweilig wäre? Vermutlich langweilig, ja. Mir ist fast nie langweilig. Nöö, Malzbier! Ich denke ständig über mein Diabetes nach, warum Diabetes? Warum Downsyndrom, Herzfehler und Diabetes?“
Antwort.
„Weil andere sich um mich kümmern sollten? Ich will aber soviel wie möglich selbst machen, warum? Weil ich wissen wollte, Füüüße!, wie es sich anfühlt, Nöö, Liebe nicht speichern zu können? Vermutlich wollte ich herausfinden, wie es ist, wenn alles irgendwie durch mich hindurch läuft, wie durch einen Eimer, der Löcher hat und das Eimersein dadurch komplett in Frage stellt. Kann sein, ist aber ein blöder Zeitvertreib. Wie lange mache ich das denn schon?“
Antwort.
„Von Eimern verstehst du nichts, aha. Ich bin gerade angefangen, vermutlich?“ Ein Zischen, seine Zunge schnellte heraus, die Augen öffneten sich. Einen Moment Stillstand. Eine Schlange. Dann wieder ein Mann.
„Ich bin also gerade damit angefangen? Mir kommt das schon so lang vor. Die Herzoperation war vor 35 Jahren. Bei 35 Jahren kann man doch vermutlich nicht von gerade damit angefangen sprechen? Nöö, Finngernaaagel! Du meinst also, die Ewigkeit kann nicht in Jahren gemessen werden und die Ewigkeit endet nicht und meine Seele hat auch gar keinen Bedarf, anzukommen? Will die denn nie zur Ruhe kommen, ich denke, die ruht sich jetzt auch gerade aus und ich habe deswegen dieses Leben gewählt? Das passt nicht zusammen, vermutlich nicht, ich glaube das nicht, da ist ein Widerspruch. Nöö, Malzbier!“
Antwort.
„Ich bin also schon längst angekommen, Aussstiieg! doch das Ende des Weges ist noch weit entfernt, aha!? Ich muss raus, vermutlich, wir sprechen nächstes Mal weiter. Ende!“ Er erhob sich und verließ die Straßenbahn. Beim Gehen, neigte er seinen Oberkörper nach vorn. Ein strammer Gang. Ziel gerichtet. Ein Gang, wie für die Ewigkeit gemacht. Diesem Menschen sendete ich keine Impulse. Göttliche Perfektion.

Zwei Jahre später am Hauptbahnhof in einer beliebigen Stadt in Europa. Also gut, es war in München. Mittlerweile hatte ich fünf Milliarden Menschen besucht und beobachtet und ihnen, wenn nötig, die passenden Gedanken und Impulse gesendet. Die Weltwirtschaft lief rund und es gab weniger Hunger und Durst auf dem Planeten. Krankheiten gab es noch ein paar wenige, doch ich wusste, wenn ich noch ein Jahr so weiter machte, dann gäbe es diese nicht mehr. Viele Menschen schienen sich jedoch zu langweilen und wussten mit ihrer Zeit nichts mehr anzufangen. Ich war ambivalent eingestellt, was das Weitermachen betraf. Drei Milliarden Menschen allein verstummten fast komplett, sprachen kein Wort mehr, weil der ihnen eigene Kommunikationsgrund und Inhalt, das Kranksein und der Hunger und das Elend, der innere Schmerz, die Depressionen, welche, nun fast ekdemisch, keine Kommunikationsgrundlage mehr hergaben und ich auch den Fehler beging, die Erinnerung an Krankheiten zu löschen, so konnte auch nicht über die überwundenen Zustände geredet werden. Ein Dilemma!!!

Meine gelangweilte Aufmerksamkeit schwamm…

 

Hallo und Willkommen strandgigant,
dein Text kommt mir reichlich philosphisch vor (oder er ist einfach nur sinnlos) und damit wird er für mich leider unleserlich. Eine Geschichte stellt er jedenfalls für mich nicht dar.
Ist das lit. Ich etwa Gott? Das halte ich dann doch für anmaßend.

Grüße
amf

 

Danke amf.
Das lit. Ich ist, was Du willst! Jedenfalls für mich nicht Gott. Es braucht auch keine Bezeichnung.
Ist es anmaßend? Unbedingt. Besitzt es Arroganz? Ich hoffe. Verhält es sich wie Gott? Nein.
Kein mir bekannter Gott, würde sich derart verhalten. Das würde ja sein Gottsein, an und für sich in Frage stellen.

Deine Sinnfrage gibt mir zu denken, da werde ich mal drüber nachdenken, ob das alles überhaupt Sinn macht.

Gruß

 

Hallo strandgigant,
Mir fehlt in deiner Geschichte auch eine Handlung.
Wenn du dein philosphisches Gedankengut mit einer spannenden Handlung verknüpfen würdest, dann könntest du mehr Leser erreichen. Auf dem ersten Blick sind mir keine sprachlichen Fehler begegnet.
Also bleib dran ;) !

Gruß
Writer

 

Hallo strandgigant,

mir sind deine Sätze teilweise zu lang, sodass man den Anfang vergisst bevor man das Ende erreicht.
Also mangelt es mir etwas am Verständnis. Gerade der Cola-Teil. Irgendwann hab ich dann verstanden, dass jemand das ganze beobachtet und beeinflusst.

Mir wurde halt nicht ganz klar warum. Mittlerweile hab ich mir darüber eine Meinung gebildet, was der Sinn ist, aber ich denke darüber kann man Diskussionen führen.

Also mein Tipp wären kürzere Sätze, dadurch wird es verständlicher. Vor allem bei einem solchen Thema.

LG
Anni

 

Danke Anni

Ich verliere mich manchmal in Texten oder besser, in einzelnen Sätzen und die schlängeln sich dann und schlängeln sich...ich denke in manchen Textpassagen in einigen meiner Geschichten passt es auch als Stilmittel sehr gut und macht auch Spaß, in diesem Text sehe ich allerdings auch, dass passt nicht wirklich. Diese ganze Colateil ist viel zu dick aufgetragen.

Besten Gruß

Strand.

 

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