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Serie Alltag - Der traurige Mann

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05.04.2016
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Alltag - Der traurige Mann

Alltag - Der traurige Mann

„Mama, ich geh kurz Kippen holen“, brüllt der traurige Mann zu seiner schon fast tauben Mutter und geht, sein versifftes Unterhemd tragend aus seiner heruntergekommenen Wohnung. Vorbei an ein paar dreckigen Wänden und Hundescheiße hinaus ins Freie.

Vor dem tristen Plattenbau liegt ein junges Mädchen: kreidebleich, farbenfrohe moderne Frisur und zerfetzte Klamotten. „Na? Gestern wieder ordentlich Party gemacht?“ – Keine Reaktion – „Du schaust noch ziemlich jung aus, um so zu feiern“, sagt der traurige Mann. Wieder keine Reaktion. Sein Puls steigt, die Ader auf seiner Stirn beginnt zu pochen. „Du scheiß Göre! Da will man EINMAL nett sein und du kriegst nicht mal deine scheiß Fresse auf“, schreit und spuckt der inzwischen knallrote Mann.

Er geht weiter, als er das Mädchen leise lachen hört: „Loser“. Sie lacht, genauso wie sie überall über ihn lachen: Muttersöhnchen, Loser, Norman Junior… Er hat so viele Spitznamen und normalerweise ist es ihm schon egal was andere sagen, aber dieses Mal war irgendetwas anders. Selbst dieser abgefuckte Teenager, der am Boden lag, Kotze auf der Hose hat, halbtot aussieht und auch so riecht, kann noch über ihn lachen. „Warum?“ fragt sich der traurige Mann: „Warum kann ich nicht einfach darüber lachen, wie alle anderen?“ Fragen über Fragen auf die er keine Antworten parat hat.

„Eine Schachtel Marlboro“, sagt er zum Angestellten der Trafik. „Sonst noch was?“ fragt dieser. „Ne, passt schon“ sagt der Mann und geht hinaus. „Obwohl“, sagt er und kommt zurück. „Ich gönn mir heute mal was. Ich nehme mir das Zippo da, mit dem Smiley.“ Das erste Fläschchen Benzin gibt’s gratis dazu.

Wieder zurück zum Plattenbau. Das Mädchen liegt immer noch da. Sie war inzwischen eingeschlafen. Der Mann fängt an, völlig unbeschwert das Lied aus seiner Lieblingswerbung zu summen und öffnet gemütlich das Fläschchen Benzin. „Immer schön den Kopf waschen“ flüstert er ihr zu und übergießt ihren Kopf. Seelenruhig nimmt er sein Feuerzeug und zündet sie an.

Noch während er zu seiner Wohnung geht, fängt sie an zu schreien. Er öffnet die Wohnungstür setzt sich neben seine Mutter, die die Schreie sowieso nicht hören kann. „Warst du schon Zigaretten holen?“ fragt sie ihn.

„Alles erledigt, Mama“ sagt er und beginnt aus vollem Herzen zu lachen.

 

Hallo Jan,

ich habe das jetzt zweimal gelesen und eines will in meinem Kopf einfach nicht zueinander finden:
Der traurige Mann ist für mich verbittert, unglücklich ... und am End auch aggressiv, was sich auch schon in deiner Wortwohl zeigt. Aber wo ist die Traurigkeit, die der Titel verheißt?

Magst du mir deine Definition sagen? Interessiert mich. Wirklich.

Gruß
Schattenspringer

 

Hallo JanT,

deine G. hat in mir gemischte Eindrücke erzeugt. Einerseits ist sie direkt, fresch und einfach, was mir gefällt. Andererseits zu einfach, so als ob DU es dir zu einfach gemacht hast.

Du könntest z. B. deinen Anti-Helden ausführlicher beschreiben und etwas über seinen Hintergrund erzählen. Auch das Mädchen liegt rum... Meines Erachtens fehlt hier Information, um dem Leser eine volleres Bild bereitzustellen.

Das Ende finde ich auch, in der hier präsentierten Fassung, unglaubwürdig. Vllt. ist sowas Möglich, kommt aber bei mir irgendwie noch nicht richtig in Geltung.

Hier noch ein Fehler: "Seelenruhig nimmt er sein Feuerzeug und zündet(e) sie an."

Ich denke aus deiner G. kannst du mehr rausholen!

LG

 

Hallo Schattenspringer,

danke für die Rückmeldung. Die Traurigkeit die er fühlt, entsteht aus seiner Erfolgslosigkeit, bzw. daraus, dass er von den Menschen als erfolglos (wohnt noch bei seiner Mutter, etc.) angesehen wird.

Hoffe das hilft.

LG
Jan

 

Hallo Retali,

danke fürs Feedback. Freut mich, dass dir etwas daran gefällt.

Bin im Nachhinein ähnlicher Meinung was den Mann angeht. Ich war mir beim Schreiben unsicher, ob ich etwas mehr von seiner Story & seiner Geschichte mit dem Mädchen preisgeben oder es sehr vage halten soll. Letzteres wäre wohl die bessere Variante gewesen. Naja, gibt ja ein nächstes mal :)

LG

 

Und wieso ist das hier eine Serie? Was für eine Fortsetzung soll es da noch geben?

Das Thema hatten wir gerade erst.
Bevor hier jetzt noch "Fortsetzungen" kommen sollten: Jeder Teil einer Serie muss eine eigenständige Kurzgeschichte sein.

Das schon mal zur Info. :)


LG, GoMusic

 

Hallo Maria,

auch ein großes Dankeschön an dich. Freue mich über jeder Form von Kritik. Wie gesagt, bin eigentlich im Nachhinein mit der Geschichte relativ unzufrieden. Werde bei der nächsten Geschichte versuchen, die Tipps umzusetzen & mich mehr bemühen :)

LG
Jan

 

Hallo JanT,

Deine zweite Geschichte also. Der erste Teil gefiel mir etwas besser. Es kam hier ja schon zur Sprache, dass das Ende etwas abrupt wirkt. So einfach ist es wahrscheinlich nicht, jemanden anstecken (mir fehlt da allerdings auch die Erfahrung). Zudem ist das schon eine sehr krasse Affekttat, die für mich noch nicht glaubwürdig genug herüberkommt. Da steckt ja schon ein erheblicher Verletzungs-, vielleicht sogar Tötungswille dahinter. Diese Hemmschwelle überwindet der durchschnittliche Mensch nicht so leicht, auch wenn sich fast jeder Mensch in Wut schon einmal vergleichbare Situationen bildlich ausgemalt hat.

Vorbei an ein paar dreckigen Wänden und Hundescheiße hinaus ins Freie.

Der Satz klingt etwas umständlich für mich.

farbenfrohe (,) moderne Frisur

– Keine Reaktion –

Das Thema hatten wir schon ;-)

schon egal (,) was andere sagen

„Warum?“(,) fragt sich der traurige Mann(: )(,) „Warum kann ich nicht einfach darüber lachen, wie alle anderen?“

Fragen über Fragen(,) auf die er keine Antworten parat hat.

„Sonst noch was?“(,) fragt dieser. „Ne, passt schon“(,) sagt der Mann und geht hinaus.

„Obwohl“, sagt er und kommt zurück(.) (,)„Ich

„Warst du schon Zigaretten holen?“(,) fragt sie ihn.

„Alles erledigt, Mama“ (,) sagt er und beginnt aus vollem Herzen zu lachen.


Liebe Grüße
Maedy

 

Hallo Ronnie,

danke für die Rückmeldung. Freut mich, dass es dir gefallen hat :)

LG
Jan

 

Hallo Jan,

dass die Traurigkeit des Mannes nicht näher erklärt oder beschrieben wird, finde ich hingegen gut. Mir gefällt es, wenn in Erzählungen viel Raum für eigene Gedanken gelassen wird, wobei ich aber die Einleitung mit den Wohnverhältnisse schon als ziemlich aussagekräftig erachte. Vermittelt mir direkt erfolglos, einsam und bedürftig und wenn diese Eigenschaften auf einen Erwachsenen zutreffen, machen sie wohl jeden mehr oder weniger traurig. Ich verstehe diesen Mann so, dass sich seine überwiegende Traurigkeit halt mit der Zeit und durch andauernden Kränkungen auch in Wut angesammelt hat und sich nun wie in einem Showdown entlädt. Die Wut hat die Trauer übertroffen. Überraschend für mich ist das Ende, mit dem Lachen. Diese Hysterie leuchtet im Nachhinein ein, aber er hätte ja auch geschockt und ängstlich auf seine Aktion reagieren können. Ich finde es bemerkenswert, dass du in einer so kurzen Geschichte den Charakter des Mannes so klar darlegen konntest ohne rührselig zu werden.

 

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