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Alltag einer Kindergärtnerin

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11.07.2001
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Alltag einer Kindergärtnerin

Tja, Kindergärtnerin müßte man sein! Den ganzen Tag da rumsitzen, einen Kaffee trinken, mit der Kollegin plaudern, ganz einfach, was für ein Beruf! Leichter kann man nun wirklich kein Geld verdienen: Das denken wirklich viele! Zuerst einmal muß man wissen: Kindergärtnerinnen gibt es gar nicht! Sie heißen Erzieherinnen, haben 4 Jahre harter Ausbildung hinter sich für die sie noch nicht mal einen Pfennig bekommen haben. Sylvia ist Erzieherin; im Kindergarten. Wie jeden Morgen, wenn sie zur Arbeit fährt, denkt sie schon mal nach, was getan werden muß. Angekommen, deckt sie den Frühstückstisch, stellt die Stühle runter usw. usw. Die ersten Kinder kommen. Guten Morgen, Guten Morgen. Auch Maik kommt nun herein, mit einem lauten: "peng, peng, peng, peng". Seine durchsichtige Pistole hält er fest in seinen Händen. Komm, dag Mutti noch tschüß, sülzt die Mutter. "Peng, peng, peng". Frau Schmieder kommt durch die Gruppentür geschossen. "Sag mal, könnt Ihr nicht mal drauf achten, das Karlchen auch sein Brot aufißt? Gestern hat er schon wieder die Hälfte mit nach Hause gebracht. Und ihr müßt drauf achtn, das Karlchen auch immer seine Mütze aufsetzt, wenn er rausgeht, er ist so erkältet"! Ja...wollte Sylvia gerade sagen, aber schon ist Frau Schmieder auch schon wieder weg. Karlchen ist nicht gerade unterernährt, eher etwas das Gegenteil. Kein Wunder, wenn Muttern ihm immer alles reinstopft. Und die Mütze pflückt Karlchen sich immer heimlich vom Kopf und versteckt sie, weil er genau weiß, dass er Mama damit ärgern kann. "Peng, peng, peng, peng..." Tom kommt in die Gruppe, in den Händen hält er einen riesigen Roboter. "Guck mal, den habe ich von Mama geschenkt bekommen, weil ich eine Nacht durchgeschlafen habe" erzählt er Sylvia. Warum, reden wir eigentlich schon solange mit der Mutter, dass sie etwas verändern muß, wenn sie nicht möchte, dass Tom irgendwann in der Schule für verhaltensauffällige Kinder landet?! Sylvia will gerade darüber nachdenken, da kommt auch schon Ramona mit der Mutter im Schlepptau in die Gruppe. Die Mutter spricht Sylvia an: "Könnt ihr nicht mal drauf achten, das Ramona sich die Zähne putzt? Sie traut sich nicht nach Zahnpasta zu fragen." Dabei gestikuliert die Mutter wild mit den Händen und tritt unruhig von einem Bein auf das andere.Ihre Augen wirken dunkel und verquollen. Ob sie wohl schon wieder auf Droge ist, überlegt Sylvia. Peng, peng, peng......Nora kommt mit Mama in die Gruppe. Mama sagt:"Nora möchte, dass ich euch sage, sie braucht nicht zu frühstücken, wenn sie nicht will". Sylvia überlegt: Der frühstücken, der nicht frühstücken, der alles frühstücken, was er mit hat... Peng, peng, peng, peng, peng... Sylvia schaut zum Maltisch rüber und sieht gerade noch, wie Jana gerade versucht, eine Schere in die Augen von Lucas zu schleudern..... schnell ist sie da, schimpft und beschlagnahmt die Schere. Peng, peng, peng, peng, peng......... Der Lärmpegel steigt. Geschrei, lautes Geschrei! Sylvia, der hat mir mein Gebautes kaputt gemacht......ich will zu meiner Mama! Sylvia schlichtet. Peng, peng, peng, peng..... Alle Kinder sind nun da, 25 Stück und Sylvia ist heute auch noch alleine, weil ihre Kollegin krank ist. Robert scheint es nicht gutzugehen, er sitzt in der Ecke und weint. Sylvia geht hin. "Robert, was hast Du"? Als Sylvia neben ihm sitzt, riecht sie es schon. Er hat die Hosen von oben bis unten voll, es quillt schon hintern aus der Hose, ganz dünnflüssig. Okay, Sylvia fragt eine Kollegin, ob sie kurz in ihre Gruppe gehen kann, sie muß das Kind abduschen und versuchen, die Eltern zu erreichen. Die Eltern erreicht sie natürlich nicht. Eine Kollegin kommt herein. "Sylvia, kannst Du heute Mittag meinen Dienst auf dem Spielplatz übernehmen? Ich habe noch ein wichtiges Elterngespräch". Ja....... Peng, peng, peng, peng, peng.......Die Leiterin öffnet die Tür einen Spalt und schiebt ihren Kopf hinein. Sylvia, ich brauche die Anmeldezahlen für die Statistik, am besten sofort. Ja...... Während Sylvia über ihren Büchern sitzt, um diese blöde Statistik zu schreiben, wird sie etwa 10 mal angesprochen. "Kannst Du mir mal die Hose aufmachen? Du, weißt Du, was wir gestern gemacht haben? Wir sind.... Sylvia, kann ich rausgehen?" Ja.......und denkt ihr bitte ans frühstücken? Peng, peng, peng, peng, peng.........Endlich, 10 Uhr, eine Kollegin ist auf dem Spielplatz und sie kann alle Kinder nach draußen schicken. Das heißt, 25 mal Schuhe zumachen, Jacke zumachen. Es ist 10.30 Uhr, bis alle Kinder auch wirklich draußen sind. Sylvia räumt schnell den Frühstückstisch ab und baut den Stuhlkreis auf. Ach ja, und Küchendienst hat sie heute auch noch, also schnell ab in die Küche. Den Gottesdienst muß sie noch vorbereiten....ach, es ist schon 11.00 Uhr, die Kinder kommen schon wieder rein. Also, machen wir Stuhlkreis. Sylvia führt zuerst dei Anwesenheitsliste, welche Kinder sind heute eigentlich alle da? Sie liest eine Geschichte vor und singt mit den Kindern ein Lied. Nun wieder alle anziehen und rausgehen. Sylvia muß auch raus. Die ersten Eltern kommen, um ihre Kinder abzuholen. Frau Steiner kommt. Ob Sylvia wisse, wo das Spielzeug von Maren ist? Sylvia zuckt mit den Schultern.... Um 12.00 Uhr geht Sylvia rein, um den Gruppenraum aufzuräumen. Stühle hochstellen, ausfegen..... Else, die Putzfrau wischt heute. Nun geht Sylvia raus. Sie hat Dienst auf dem Spielplatz. Zusammen mit einer Kollegin. Es sind noch 68 Kinder aus dem gesamten Kindergarten da. Mit dem Gefühl, 10 Konflikte auf einmal schlichten zu müssen, rennt sie über den Spielplatz, Eltern sprechen sie noch an, ein Kind hat eine nasse Hose, sie muß mit ihm reingehen und es umziehen, 2 Mal muß sie einen Eisbeutel verteilen, weil Gerd schon wieder die anderen Kinder mit der Schippe schlägt. Ein Kind kann sie gerade noch davon abhalten, nicht über den Zaun zu klettern. Es ist nun 13.00 Uhr. Jetzt sind noch 24 Kinder aus dem gesamten Kindergarten da. Sylvia hat zusammen mit einer Kollegin Mittagsdienst. Sie essen in 2 Gruppenräumen, da es sonst zu laut wird. 12 mal getränke eingießen, 12 mal Kartoffeln verteile, 12 mal Gemüse verteilen, 12 mal Fleisch verteilen, 12 mal kleinschneiden. Als dies erledigt ist, setzt Sylvia sich und gibt sich selbst was auf den Teller. Sie will gerade Essen, da kommt schon das erste Kind und möchte Nachschlag haben. Sylvia ißt eine Gabel voll, da kommt das nächste. Thomas kotzt auf den Tisch. Hmm, so schlecht ist das Essen aber nun auch nicht. Sylvia macht es suber. Und ißt weiter. Muß sie der Mutter sagen, wenn sie kommt. Nach dem Essen, Tisch abräumen, abwischen. Die Kinder sind heute mal wieder sehr unruhig, können sich kaum an Regeln halten, springen ständig beim Essen auf. Nachtisch verteilen. Dieselbe Prozedur. Jetzt wieder alle Kinder anziehen, mit ihnen nach draußen gehen. Thomas Mutter kommt. Sylvia sagt ihr das Thomas beim Mittag gebrochen hat. Haha, lacht die Mutter, "ja, hat er heute Nacht auch schon und auch Durchfall hatte er, aber ich mußte ja arbeiten". Aha, denkt sich Sylvia, hatte er heute Nacht auch schon. Sind wir hier eigentlich ein Sanatorium? Das letzte Kind wird abgeholt. Sylvia schließt die Türen ab und geht. Sie sitzt in ihrem Auto, auf dem Weg nach Hause. Dort warten auch noch 2 Kinder auf sie, ihre eigenen. Abends liegt Sylvia im Bett. Sie träumt. "Könnt ihr nicht mal drauf achten......peng, peng, peng.....

 

Ist die Geschichte autobiografisch? In die Kategorie Horror hätte sie bestimmt auch gut hineingepasst...

 

Hey, das stimmt! Die Geschichte hätte auch in HORROR reingepaßt... hihi... :D Wirklich - sie ist super-gut geschrieben... Die ganze Hektik einer Kindergärtnerin ist richtig toll rübergekommen... Ich hab ja sowieso vor lauter Berufen Respekt, die mit MENSCHEN zutun haben... Aber Kinder... Kinder sind extrem... Das könnte ich echt nicht aushalten - ich würde ihnen einem nach dem anderen eins in die Fresse hauen... höhöhöhö <--- Scherzle! :D

Ach ja; anfangs dachte ich, jetzt würde das super Leben einer Kindergärtnerin inklusive Gebrauchsanweisung beschrieben werden... Aber ZUM GLÜCK war das ja nicht der Fall... :D

Griasle
stephy

 

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