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Als das Eis zerbrach

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14.12.2003
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Als das Eis zerbrach

Heftiger Wind zerrte an den Wolken. Riss sie auseinander.
Die Sonne drängte ihre heißen Strahlen dazwischen und ließ die letzten Regentropfen schon fast in der Luft verdampfen.

Hilde hatte zu diesem Zeitpunkt nicht viel Sinn für das Schauspiel der Natur.
Sie sah zwar den Kampf zwischen Licht und Schatten. Sah den Dampf, den der feuchte Waldboden zum Himmel schickte, damit er sich dort wieder mit den Wolken vereinen konnte.
Doch sie sah auch das silberfarbene Auto, das sich auf erschreckende Weise, mit einem Baum verbunden hatte.

Um ihr aufgewühltes Inneres zu beruhigen, schloss Hilde für einen Moment die Augen und sog ihren Atem tief in sich hinein.
Nein, es ging nicht um den zertrümmerten Wagen. Sie dankte Gott, dass sie mit ihrem Mann dort lebend herausgekommen war. Erkannte das Glück, in dieser gottverlassenen Gegend, nur einige Schritte vom Unfallplatz entfernt, das kleine Gasthaus gefunden zu haben.

Hilde drückte ihre Fingerspitzen an die Schläfen, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu verbannen.
Wie hatte Karl sich nur so verfahren können? Und dann dieser plötzliche Regen. Als hätten die Bewohner des Himmels, alle auf einmal das Wasser ihrer gefüllten Badewannen über sie ergossen. Nichts hatten sie mehr sehen können. Fast im gleichen Augenblick war es passiert.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie an den Aufprall gegen den Baum und den entsetzlichen Laut, der ihr fast das Trommelfell hatte platzen lassen zurückdachte.
Es grenzte an ein Wunder, dass außer ein paar Prellungen, die ihr Körper ihr später signalisiert hatte, nichts weiter geschehen war. Karl hatte nur eine leichte Verstauchung an der linken Hand. Gott sei Dank.

Doch ... Ein tiefer Seufzer löste sich zitternd aus ihrer Brust ... Doch wie sollten sie jetzt zum Flughafen kommen?
Hildes Züge wurden weich, als sie an ihre Tochter dachte. Zwei Jahre hatten sie sich nicht gesehen. Jetzt kam sie aus Kanada zu Besuch und brachte ihren sechs Monate alten Sohn mit.
“Mein Enkelkind”, dachte Hilde und ein wohliger Schauer rieselte durch ihren Körper.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Abrupt kehrte sie dem Fenster, vor dem sie bisher gestanden hatte, den Rücken zu.
“Wir brauchen einen Leihwagen ... Karl, hast du gehört was ich gesagt habe?”
Karl, der an einem Tisch vor dem Fenster saß, schaute mit einem vielsagendem Blick auf seine Frau.
“Aber ja Schatz, das habe ich mit dem Wirt längst besprochen. Es wird allerdings dauern, der nächste Ort ist einige Kilometer entfernt. Polizei, Abschleppwagen, Leihwagen, alles organisiert. Und nun setz dich endlich mal hin und warte es ab.” Karl führte ein frischgezapftes Bier an seine Lippen und trank mit gierigen Schlucken. Damit war das Gespräch für ihn beendet.
Hilde verdrehte genervt die Augen und zog sich wieder ans Fenster zurück.

Zum erstenmal, seit sie die Gaststätte betreten hatten, schaute sie sich bewusst um.
Schon als sie draußen das Haus zwischen den Bäumen entdeckt hatten, war es ihr alt und verwunschen vorgekommen. Wie ein Hexenhäuschen, hatte sie gedacht. Obwohl, da war noch ein anderes Gefühl in ihr gewesen. Auch jetzt konnte sie es noch nicht in Worte kleiden. Ihr Körper hatte sich geschüttelt, als hätte er sich weigern wollen, das Gasthaus zu betreten.
Nun, als sie in den Raum blickte, spürte sie wieder etwas, das sie nicht erklären konnte.
Große dunkle Balken an der Decke fielen ihr auf, kleine Sprossenfenster, die kaum das Tageslicht durchließen.
Die Wände steinbelassen. Dunkel auch die Möbel und die Theke.
Gedämpftes gelbes Licht, aus altmodischen Lampen, verliehen dem Raum eine unwirkliche, dichte Aura.

Die schwere Atmosphäre legte sich wie ein dicker Brokatmantel um Hilde.
Sie schien plötzlich alles auf einmal wahrzunehmen.
Barhocker, die besetzt waren. Männer und Frauen, die keinen Platz mehr gefunden hatten, standen dahinter, oder drängten sich dazwischen, um an ihre Getränke zu kommen.
Die meisten unterhielten sich, mal leise, mal laut. Eine junge Frau lachte schallend auf. Zwei Männer hatten den Kopf auf die Theke gelegt. Völlig fertig schienen sie ihren Rausch auszuschlafen.
Andere saßen schweigend, mit hochgezogenen Schultern. Sie starrten in ihre Gläser, als gäbe es eine besondere Weisheit darin zu finden.
Jemand murmelte unverständliche Worte, bewegte seine Hand auf und nieder, als würde er einen imaginären Chor dirigieren.

Hilde sog die Bilder in sich auf, was faszinierte sie so?
Ihr Blick glitt zu dem Tisch gegenüber der Theke.
Dort saß eine Gruppe junger Pfadfinder. Sie hatten Rucksäcke umgeschnallt und es schien, als wollten sie gleich aufbrechen. Ein Erwachsener, der Hilde den Rücken kehrte, stand bei ihnen. Er hatte seinen Oberkörper über den Tisch gebeugt und sich mit den Armen darauf abgestützt.
Er redete leise, aber eindringlich zu den Pfadfindern. Hilde erkannte konzentrierte Aufmerksamkeit, aber auch Unverständnis in den jungen Gesichtern.
Vor einer breiten Schiebetür, hinter der Hilde den Festsaal vermutete, hatte sich eine Anzahl von Leuten versammelt, die sich angeregt unterhielten.
Eine dunkelhaarige Schönheit, deren rotes Kleid unter den sonst tristen Kleidungsstücken der anderen Gäste hervorstach, hatte ihr Gesicht an die Brust eines Mannes gelehnt. Ihre Schultern zuckten.
Obwohl der Mann sanft ihren Rücken streichelte, begann ihr Körper zu beben und ihr hemmungsloses Schluchzen drang durch den Raum.
Die umstehenden Gäste warfen einen kurzen Blick auf die Frau und schauten dann betreten zu Boden.
Eine Welle des Mitleids erfasste Hilde. Was mochte die Arme so erschüttert haben?

Doch dann fiel Hildes Blick auf den Wirt, der alle Hände voll zu tun hatte. Ein Südländer, erste graue Strähnen bahnten sich ihren Weg durch dunkles, gewelltes Haar.
“Ein gutaussehender Typ”, stellte Hilde fest.
Als hätte der Mann ihre Gedanken gelesen, blickte er abrupt auf und schaute sie an.
Der warmherzige Ausdruck seiner Augen irritierte Hilde.
Ihr Herz vergaß einen Atemzug lang zu schlagen. Eine Gänsehaut legte sich auf ihren Körper.

“Was für ein merkwürdiges Lokal, was für seltsame Menschen,” dachte Hilde.
Sie hatte das Gefühl, dass die meisten Gäste in diesem Lokal, rein zufällig aufeinander getroffen waren und trotzdem schienen sie etwas gemeinsam zu haben, aber was?
Ein unbestimmter Verdacht, eine vage Ahnung keimte in Hilde.
Noch einmal schaute sie in die Runde.
All ihre Sinne versammelten sich auf einen Punkt in ihrem Gehirn. Gleich, gleich würde sie es wissen ...

“Wir werden es nicht schaffen!”
Karls Worte rissen Hilde aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Als hätte sie eine schmerzhafte Ohrfeige bekommen, zuckte sie zusammen.
Der schwere Mantel fiel von ihr ab.
Karl hatte sich von seinem Platz erhoben und war vor seine Frau getreten.
“He, Schatz, was ist los mit dir? Was stehst du hier wie eine Statue und stierst ins Leere?”
“Was, was tue ich?” Hilde schaute ihren Mann verständnislos an.
“Hör zu”, redete Karl weiter und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf das Telefon, das hinter dem Tresen an der Wand hing.
“Ich werde jetzt den Flughafen anrufen und für Katja eine Nachricht hinterlassen. Sie soll sich ein Taxi nehmen und zu deiner Mutter fahren, denn wer weiß, wann wir hier wegkommen, okay?”
“Ja, tu das!” Hilde hatte sich zum Fenster gedreht. Die Aussicht hatte sich nicht verändert. Keine Polizei, kein Abschleppwagen.
Hilde seufzte, wo blieben sie denn nur? Warum dauerte das so lange?

Doch diese kurze Überlegung huschte nur an ihr vorbei.
Die Worte ihres Mannes drängten sich in ihren Kopf und ließen keinen Platz mehr für andere Gedanken.
“Wer weiß wann wir hier wegkommen?”
Plötzlich kräuselten sich ihre Nackenhaare.
Ihr war, als hätte sich eine schreckliche Präsenz hinter ihr aufgebaut.
Stille, Grabesstille , ließ Hilde ihren eigenen Pulsschlag hören.
Langsam, mit rasendem Herzen, drehte sie sich um.
Wie angewurzelt standen die Gäste im Raum. Manche hatten den Kopf gesenkt, doch die Meisten starrten auf Hilde. Trauer und Mitgefühl strömte ihr entgegen.

Ohne es zu merken, schüttelte Hilde den Kopf.
Ein Lavastrom schien durch ihren Körper zu jagen. Mit weitaufgerissenen Augen, suchte sie ihren Mann. Er stand angelehnt an der Theke, die Hände bedeckten sein Gesicht.
Neiiiiiin ... schrie es in Hilde.
Katja, der Kleine!
Hilde wankte.
Karl kam auf sie zu, Tränen in den Augen.
Und Hilde wusste, sie würde ihre Tochter nie wiedersehen, ihr Enkelkind nie kennen lernen.

“Komm”, sagte Karl und legte seinen Arm um ihre Schulter.
Hilde setzte automatisch einen Schritt vor den Anderen. Eisige Kälte hatte das Feuer in ihrem Körper gelöscht.
Die Menschen im Raum hatten eine Gasse gebildet, durch die Karl seine Frau führte.
Vor der großen Schiebetür stand der Wirt.
Schweigend, mit dem Ausdruck unendlicher Anteilnahme in seinen Augen, öffnete er die Tür.
Hilde fühlte nichts mehr, ihr Herz schien still zu stehen.
Als würde sie das alles nichts angehen, betrat sie den leeren hellen Raum.
Die anderen Gäste folgten ihnen.
Hilde nahm es kaum wahr.

“Ich bin so müde”, nur ein Flüstern verließ ihre Lippen.
Karl zog sie noch fester an sich.
Der Wirt trat an ihre Seite, fixierte Karls Augen.
“Sind Sie bereit?” fragte er.
Karl nickte.
Hilde begriff nicht.
Plötzlich bemerkte sie Lichtreflexe an der vor ihnen liegenden Wand. Ein Szenario entstand. Bilder, deren Tragweite Hilde kaum erfassen konnte. Denn immer noch hielt der Eisblock in ihrem Körper, ihre Sinne gefangen.
Sie sah blinkende Lichter, Polizei und Unfallwagen.

Hilde dachte an ihre Tochter.
Sie erwartete gleich die Trümmer eines abgestürzten Flugzeuges zu sehen.
Doch die Szene veränderte sich.

Wald.
Kurzes, angstvolles Atmen.
Lange dunkle Haare, verfangen in einem Ast.
Ein Mann, nur schemenhaft zu erkennen.
Ein Messer.
Der kalte Schein des Mondes, aufblitzend in der gewaltigen Klinge.
Ein kurzer Schrei, Röcheln.
Rotes Blut auf blasser Haut, rann über den Hals, wurde aufgesogen von rotem Stoff.

Hilde hörte das gequälte Stöhnen hinter sich.
Langsam, ganz langsam, formte sich die Wahrheit in ihrem Kopf.
Neue Bilder auf die sie starrte, ohne die Macht zu haben, sich abzuwenden.
Da waren Ärzte auf einer Straße, die ihre Koffer schlossen. Nur einen Augenblick zu sehen, ohne Bezug, ohne erkennbaren Sinn.
Dann wieder mitten im Wald.
Zelte, Pfadpfinder.
Der ohrenbetäubende Knall einer Explosion.
Lebende Fackeln, strauchelnd, fallend.
Schreie ... Stille.
Fünf zugedeckte Körper.

Hilde hatte nicht die Kraft in die jungen Gesichter zu sehen.
Es war noch nicht vorbei, ohne Gnade führte die flimmernde Wand ihre Offenbarung fort.
Die Ärzte, die sie schon zuvor ihre Koffer hatte schließen sehen, bestiegen jetzt den Unfallwagen.
Ein Polizist winkte jemanden heran.
Sie sah zwei Zinksärge.
Zwei Personen, liegend am Waldrand, bedeckt mit Tüchern.
Ein silberfarbenes Auto, das sich um einen Baum geschlungen hatte.
Hilde begriff, Katja und ihr Enkel lebten.
Und endlich zerbrach das Eis in ihr, lösten sich die Tränen, die solange eingefroren waren.
Doch es war nicht nur Trauer in ihr. Vielmehr weinte sie, glücklich darüber, dass es nicht ihre Tochter und das Baby waren, die das Leben auf dieser Welt verlassen mußten.
Ohne Worte legte Karl ihren Kopf an seine Brust.
Die Rückführung war beendet.
Die Gäste wandten sich ab, um zurück in das Lokal zu gehen.

Karl und Hilde wollten ihnen folgen. Doch der Wirt hielt sie auf.
Hilde sah die Frau in dem roten Kleid, die jungen Pfadfinder, Verbündete im Tod.
Auch sie wurden jeweils von dem Mann aufgehalten, der vorher schon bei ihnen gewesen war.

Hilde wandte sich an den Wirt.
“Was geschieht mit uns?” Es war eine Frage ohne Not. Hilde verspürte keine Angst mehr.
“Ihr werdet jetzt woanders hingehen.”
Zum ersten Mal sah Hilde das Lächeln eines Engels.

Als sie sich mit der kleinen Gruppe, die im Raum zurück geblieben war, auf den Weg in das jenseitige Leben machte, blickte sie noch einmal über ihre Schulter.
Und so nahm nur sie wahr, was geschah, als die übrigen Gäste in das Lokal gingen.

Jeder einzelne verblasste, als er die Schwelle überschritt.
Mit jeder Person, die nur Statist in einem inszenierten Stück gewesen war und sich nun vor Hildes Augen auflöste, verschwand auch ein Teil der Einrichtung.
Bis am Ende nur noch eine verstaubte Theke, kahle Wände und festgenagelte Bretter, die nur spärliches Licht durch die zerschlagenen Fenster gleiten ließen, übrig blieb.

Und Hilde wusste, das Gasthaus im Wald war tot.
Solange, bis der Tod das Leben zurückbringen würde.

 

Hi coleratio,
Wieder volle Gänsehaut, dabei ahnte ich den Ausgang ja.
Durch den verstauchten Knöchel hast du mich zuerst in die Irre geführt, doch dann war mir gleich wieder klar, als so viele Leute dort waren, was passieren würde.
So war die Luft etwas herausen.
Dadurch, dass du die Gefahr, dass es ihre Tochter ist, die tod sein könnte, bringst du ein zweites Thema kurz rein. Das müßtest du entweder als Hauptthema setzen, oder eben die Tatsache, dass sie tod sind und es nicht merken.
Mir gefiele etwas in der Art, dass sie entscheiden müssen, ob ihre Tochter im Flugzeug abgesürzt ist, oder sie beim Autounfall ums leben kamen

L.G.
Bernhard

 

Hi Tamara,

du bist ja wirklich eine fleissige Leserin :)
Danke für das nochmalige Lesen.

Für dich ist immer noch zu wenig Gefühl in Hildes Reaktion.
Hmm, ich denke zu viel Ausdruck der Gefühle, könnte leicht in Gefühlsduselei ausarten. :hmm:
Jeder Leser, glaube ich, kann nachvollziehen, was in einem selber vorgehen würde, wäre man in dieser Situation.

Du schreibst: Mich verwirrt wer wo hingeht, dass die Lebenden ...

Es gibt in meiner Geschichte, ausser in der Rückblende, keine Lebenden.
Meine Prots, die "Rote" und die Pfadpfinder sind "frisch" Verstorbene.
Die Anderen sind Geister, längst Verstorbene, deren Aufgabe es ist, den "Neuankömmlingen" eine möglichst Lebensnahe Szene zu bieten.
Drei Engel sind anwesend.
Die Geister gehen zurück in das Lokal, ihre Aufgabe ist erfüllt. Von da aus verschwinden sie auf ihre Ebene.
Die Engel führen die "Neuen", ebenfals auf ihre Ebenen, die nicht für jeden gleich sein muß.
Wie sie fortgehen, dafür gibt es viele Möglichkeiten.
Da kannst du deiner Fantasie freien Lauf lassen. ;)

@Häferl

Danke Dir!!!

@Bernhard

finde ich Klasse, dass du meine KG gefunden, gelesen und als gruselig empfunden hast. :)

... eine Entscheidung treffen, Tod der Tochter, oder eigener Tod?

Jaaha, keine schlechte Idee. :shy:
Obwohl, wäre ja klar wie die Entscheidung ausfallen würde, oder???

Auch dir vielen Dank,
man liest sich allerseits!!!

liebe Grüße, coleratio

 

Ach Noel,

du bist ja richtig süß. :kuss:
So war das mit meinem posting aber nicht gemeint ;)

Aber es freut mich sehr, dass du meine KG gelesen hast :)

lieben Gruß, coleratio

 

hi hallöchen coleratio,

ja, ich weiß, ein bisschen spät bin ich dran. Und für diesen Challenge wird mein Kommentar nicht mehr viel nützen, aber was solls, ich tu's trotzdem.


holterdiepolter:

Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie an den Aufprall gegen den Baum und den entsetzlichen Laut, der ihr fast das Trommelfell hatte platzen lassen zurückdachte.
lassen, zurückdachte.

Stille, Grabesstille , ließ Hilde ihren eigenen Pulsschlag hören
.
ein leerzeichen zuviel

da schon soviel zu deiner Geschichte gesagt wurde, erspar ich mir interpretationen, etc. Es wäre nur eine Wiederholung einer Wiederholung.

Also, ganz kurz: Dein Stil hat mir (wie immer) gut gefallen. Ruhig, wie eine gerade Linie, ohne auf und ab, wenn du verstehst.
Das Thema: Da ich ja weiß, dass du dich mit diesen Dingen beschäftigst, muss ich zugeben, dass ich nicht "überrascht" war.
Was aber nicht schlimm ist, da es eine schöne, tragisch "romantische" (die "s, weil mir kein treffenderes Wort einfällt) Geschichte ist, die mir sehr gut gefallen hat.

Das wars von mir: war kurz und schmerzlos, hat wahrscheinlich nicht geholfen, kam aber trotzdem. ;)


Liebe Grüße
Tama

 

Hi Tama,

eine KG von mir, ohne deinen Kommentar, würde mich traurig machen.
Darum ganz lieben Dank, dass du sie noch gelesen hast. :kuss:

Ja, wenn man immer den gleichen Stil schreibt, dann ist man darauf gefasst.
Es würde mich aber große Überwindung kosten, nicht myst. zu schreiben.
Obwohl, mein kleiner Krimi, wars ja auch nicht. :hmm:
Werde es wohl doch noch mal versuchen.
Aber vielleicht seid ihr dann enteuscht? :hmm:

Mal sehen.

Freue mich, dass sie dir gefallen hat :)

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hallo coleratio,

du hast schon länger nichts veröffentlicht, deshalb mal eine Aktivierung einer etwas älteren Geschichte.

Gelungen, wie du mit dem Naturschauspiel die Bühne für das Geschehen bereitest, die Analogie zwischen Himmels- und Unfalldramatik.

„Zum erstenmal, seit sie die Gaststätte betreten hatten, schaute sie sich bewusst um.
Schon als sie draußen das Haus zwischen den Bäumen entdeckt hatten, war es ihr alt und verwunschen vorgekommen. Wie ein Hexenhäuschen, hatte sie gedacht. Obwohl, da war noch ein anderes Gefühl in ihr gewesen. Auch jetzt konnte sie es noch nicht in Worte kleiden. Ihr Körper hatte sich geschüttelt, als hätte er sich weigern wollen, das Gasthaus zu betreten.“

(Zum ersten Mal)
Schön, dieser Wechsel in die Rückschau, die Beschreibung der unguten Gefühle, die Spannung aufbauen.

Interessant ist die doppelte Realitätsverkehrung, wenn im Laufe der Geschichte das vormals Reale verschwindet, außerdem der Fokus von dem Enkelkind auf die besorgte Hilde und ihren Mann wechselt. Da du das alles sehr überzeugend beschreibst, wird das Unglaubliche nachvollziehbar und für den Leser ansprechend.-

„Der ohrenbetäubende Knall einer Explosion.
Lebende Fackeln, strauchelnd, fallend.“

Hier meinst du wohl, das Auto explodiert? Das gibt es (dank Pyrotechnik) nur im Film.

Einige Änderungsvorschläge:

„Heftiger Wind zerrte an den Wolken. Riss sie auseinander.“

- Würde ich mit Komma schreiben, da die Vorgänge direkt zusammenhängen und der zweite Satz nicht vollständig ist.

„Doch sie sah auch das silberfarbene Auto, das sich auf erschreckende Weise, mit einem Baum verbunden hatte“

- nach „Weise“ kein Komma.


„Als hätten die Bewohner des Himmels, alle auf einmal das Wasser ihrer gefüllten Badewannen über sie ergossen.“

- Himmels alle oder: Himmels, alle auf einmal, das

„Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie an den Aufprall gegen den Baum und den entsetzlichen Laut, der ihr fast das Trommelfell hatte platzen lassen zurückdachte.“

- platzen lassen, zurückdachte. (Das Nachgestellte „zurückdachte“ klingt ungünstig)

„Gedämpftes gelbes Licht, aus altmodischen Lampen, verliehen dem Raum eine unwirkliche, dichte Aura.“

- verlieh


„Völlig fertig schienen sie ihren Rausch auszuschlafen.“

- Ist „fertig“ nicht Umgangssprache?


„Hilde hatte sich zum Fenster gedreht. Die Aussicht hatte sich nicht verändert. Keine Polizei, kein Abschleppwagen.“

- unter Veränderung der Aussicht würde ich verstehen, wenn z.B. der Wald abgeholzt wurde, ein Kran dort für länger steht, aber keine vorübergehend parkenden Autos. Vielleicht ist das auch nur ein momentaner Eindruck 

„Stille, Grabesstille , ließ“

- Grabesstille, ließ

„Hilde fühlte nichts mehr, ihr Herz schien still zu stehen.“

- Das Stillstehen hattest du schon einmal. („Ihr Herz vergaß einen Atemzug lang zu schlagen“) – na gut, ist vielleicht zu pingelig 


“Was für ein merkwürdiges Lokal, was für seltsame Menschen,” dachte Hilde.

- gerade bei den „Menschen“ gefällt mir „was für“ nicht, diesen Ausdruck hört man aber leider oft (`Was für Schuhe hast du gekauft?` Eigentlich: Welche …).
- Menschen“,

„Bis am Ende nur noch eine verstaubte Theke, kahle Wände und festgenagelte Bretter, die nur spärliches Licht durch die zerschlagenen Fenster gleiten ließen, übrig blieb.“

- übrig blieben.


Dein Stil ist mir manchmal etwas zu abgehackt, vor allem am Schluss:

„Jeder einzelne verblasste, als er die Schwelle überschritt.
Mit jeder Person, die nur Statist in einem inszenierten Stück gewesen war und sich nun vor Hildes Augen auflöste, verschwand auch ein Teil der Einrichtung.
Bis am Ende nur noch eine verstaubte Theke, kahle Wände und festgenagelte Bretter, die nur spärliches Licht durch die zerschlagenen Fenster gleiten ließen, übrig blieb.“

- Jeder einzelne verblasste, als er die Schwelle überschritt. Mit jeder Person, die nur Statist in einem inszenierten Stück gewesen war und sich nun vor Hildes Augen auflöste, verschwand auch ein Teil der Einrichtung. Am Ende bliebennur noch eine verstaubte Theke, kahle Wände und festgenagelte Bretter, die (nur) spärliches Licht durch die zerschlagenen Fenster gleiten ließen.


So viel für heute,

l G,

Woltochinon

 

Hi Woltochinon,

es freut mich wirklich sehr, dass du diese KG gelesen hast, dass sie dir gefällt und ich bedanke mich für deinen ausführlichen Kommentar.:)
Ich habe vor, in der nächsten Zeit mit der Überarbeitung meiner KGs zu beginnen. Da kommt mir jeder Hinweis zu gute.

Leider bin ich z.Zt. nur selten online, (darum die späte Antwort, habe deinen Komm. erst eben gesehen.) Meine Zeit ist wesentlich knapper geworden, seit ich Omi geworden bin. Trotzdem werde ich nicht von KGde lassen. Alles im Leben geschieht zu seiner Zeit.

Der ohrenbetäubende Knall einer Explosion.
Lebende Fackeln, strauchelnd, fallend.“

Hier meinst du wohl, das Auto explodiert? Das gibt es (dank Pyrotechnik) nur im Film.


Nein, hier beschreibe ich den Tod der Pfadfinder, der durch (irgendeine) Explosion hervorgerufen wurde.
Vielleicht muss ich das noch deutlicher machen:hmm:

Dein Stil ist mir manchmal etwas zu abgehackt, vor allem am Schluss:
Ja, da magst du recht haben. Doch gerade zu dieser Zeit, fand ich den Stil so gut, dass ich ihn auch mal benutzen wollte:shy:

Ich danke dir nochmals

ganz liebe Grüsse, coleratio

 

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