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Als der kleine Bär wissen wollte, wie es ist zu sterben

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28.01.2010
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Als der kleine Bär wissen wollte, wie es ist zu sterben

Als der kleine Bär wissen wollte, wie es ist zu sterben

Es war an einem sonnigen Septembermorgen, als der kleine Bär zu seiner Mutter kam und sagte:
„Ich weiß nicht, wie ich sterben soll.“ Sie sah ihn bestürzt an.
„Aber das musst du doch auch nicht! Du musst nicht sterben. Ich werde dich beschützen.“
„Doch! Jeder muss sterben! Du, Papabär, Großmutterbär und auch ich.“
„Ja… schon… aber doch erst irgendwann. Nicht jetzt! Jetzt sind wir alle hier!“
„Aber nicht für immer, oder? Sonst wären ja auch noch alle Alten da…“
„Eben, sie waren alt! Du bist jung. Du musst dich damit nicht beschäftigen. Schau was für ein schöner Tag heute ist! Keiner muss heute sterben.“
„Aber wenn wir doch wissen, dass wir es müssen, dann sollten wir doch auch wissen wie das geht, oder? Ich muss doch sonst auch die Dinge lernen, die ich später tun muss. Ich musste lernen auf Bäume zu klettern und wie man den Bienen den Honig stielt und wie man sich die Zecken aus dem Fell zupft.“ Die Bärenmutter rang verzweifelt ihre Pranken. „Ja… schon aber…. Wie kommst du nur jetzt darauf? Geht es dir nicht gut?“
„Nein. Ich will nur wissen, wie man stirbt.“
„Ach kleiner Bär… das geht von ganz allein, darüber musst du dir keine Gedanken machen“, sagte sie und ging eilig davon. Der kleine Bär schüttelte den Kopf. Von ganz allein – pah! Von ganz allein passierte gar nichts. Aber das Sterben – das Sterben war ein endgültiger Übergang und der Tod danach so rätselhaft, dass der kleine Bär mehr darüber wissen wollte. Die Vorstellung, eines plötzlichen Todes zu sterben zu müssen, ohne zu wissen, wie, war ihm unbehaglich. Also ging er tiefer in den Wald, weg von der Höhle seiner Mutter. Vielleicht wussten die Tiere des Waldes mehr darüber.

In einem Holzverschlag, am Rande eines Eichenhains sah er einen Jäger, der sich auf die Lauer gelegt hatte. Der Bär ging geradewegs auf ihn zu und fragte:
„He Jäger, weißt Du, wie man stirbt? Ich wüsste gerne, wie das geht!“ Der Jäger starrte den kleinen Bären mit kalten Augen an und sagte:
„Das geht schneller als du denkst, kleiner Bär. Ich muss nur feuern und schon bist du tot!“ Der kleine Bär überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf.
„Nein, das meine ich nicht. Wenn du mich erschießt, dann tötest du mich ja! Das gilt nicht! Dann bin ich ja schon tot bevor ich es überhaupt merke! Ich will wissen, wie man stirbt!“
Der Jäger legte die Flinte beiseite und schien einen Augenblick zu überlegen, dann fragte er unwirsch:
„Was ist denn überhaupt dein Problem, kleiner Bär?“
„Ich weiß nicht, wie man stirbt!“ sagte der Bär noch einmal.
„Geh und frag den Hasen. Der weiß das!“, sagte der Jäger schließlich. Der Bär dankte brav für die Auskunft und ging tiefer in den Wald.

Auf einer Lichtung sah er eine Schlange, die sich auf einem Stein sonnte. Also ging er zu ihr und frage:
„Hallo, Schlange, kannst du mir sagen, wie man stirbt?“ Die Schlange zischte verärgert, denn der Bär warf seinen Schatten auf sie.
„Wie man stirbt, möchtest du wissen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Man kann erfrieren oder verhungern oder es kommt eine Eule... Warum willst du das wissen? Das wirst du schon noch früh genug erfahren.“
„Ich will es doch nur vorher wissen, damit ich alles richtig machen kann“, sagte der Bär. „Richtig? Da mach dir mal keine Sorgen, Kleiner. Das hat noch jeder von uns geschafft. Aber wenn du einen Experten auf dem Gebiet sprechen willst, dann frag den Hasen, der weiß das.“ Der Bär bedankte sich und ging tiefer in den Wald.

Nach einer Weile sah er eine Eule, die auf einem Ast ein Nickerchen hielt. Der kleine Bär reckte den Kopf nach oben und rief:
„He Eule, wach auf! Ich habe eine Frage!“ Die Eule öffnete ein Auge nach dem anderen, drehte ihren Kopf in alle Richtungen und äugte schließlich nach unten zu dem kleinen Bären.
„Ach sieh an, ein kleiner Bär”, sagte sie verschlafen.
„Was willst Du von mir?“
„Ich will wissen, wie man stirbt”, sagte der kleine Bär.
„Das ist ganz einfach: man hört auf zu leben Bei den einen geht es schnell, bei den anderen langsam, aber am Ende ist es immer das Gleiche”, sagte die Eule verträumt und zupfte sich das Gefieder zurecht.
„Aber wie macht man das? Könnte man es auch absichtlich tun?“, fragte der Bär.
„Kleiner Bär, was stellst du nur für Fragen? Es ist so als fragtest du, wie man atmen soll oder wie man hören soll. Man tut es eben und man kann es nicht absichtlich sein lassen. Es ist wie bei einem Stein, der einen Abhang hinunterrollt. Er rollt so lange, bis etwas dazwischen kommt. Er kann sich nicht entschließen, still zu stehen. Aber wenn der Abhang eines Tages flacher wird und der Stein langsamer und langsamer wird, dann weiß niemand, ob der Stein noch rollt, oder ob er schon still steht, oder ob ihm jemand einen neuen Stoß versetzt. All das ist ungewiss. Aber wenn du wissen willst, wie es ist, zu sterben, dann frag den Hasen, denn der weiß bescheid!“ Und als sei damit alles erledigt, schloss die Eule ihre Augen wieder und vergrub den Kopf unter ihrem Gefieder. „Danke!“, sagte der kleine Bär ehrfürchtig und lief tiefer in den Wald.

Nicht lange, da fand er den Hasen. Der hatte sich in einem Gebüsch versteckt und duckte sich noch tiefer ins Gestrüpp, als der Bär auf ihn zu kam.
„Hallo, Hase”, sagte der kleine Bär. Der Hase sagte nichts.
„Hallo, Hase, ich sehe dich.“ Die Augen des Hasen weiten sich vor Angst.
„Hase, ich tue dir nichts! Ich habe nur eine Frage.“
„Was für eine Frage?“ flüsterte der Hase.
„Ich wüsste gerne, wie man stirbt. Der Jäger hat gesagt, du wüsstest bescheid – und auch die Schlange hat dich mir empfohlen und die Eule ebenfalls!“ Der Hase seufzte tief und fiel ohnmächtig zu Boden.
„Hase?”, flüsterte der kleine Bär erschrocken. Er ging auf den Hasen zu und stupste ihn mit der Pranke an, aber der Hase schlief wie ein Stein. Da setzte sich der kleine Bär neben den Hasen und beschloss zu warten, bis dieser wieder zu sich kam. Es war ihm äußerst unangenehm, den Hasen derart erschreckt zu haben.
Doch der Hase schlief tief und fest, als wolle er sich standhaft weigern, die Frage des Bären zu beantworten. Und der Nachmittag senkte sich seinem Ende zu. Der kleine Bär wartete und wartete und da wurde es dunkel und dem kleinen Bären fielen die Augen zu.

Als der kleine Bär erwachte, hörte er Stimmen um sich herum. Er blinzelte und sah eine Gruppe von Igeln, die ihn aus wenigen Metern Entfernung anstarrten. Zwei Rehe standen daneben und eine Horde Wildschweine hatte sich ebenfalls eingefunden. Und vor ihnen lief der Hase auf und hab und schlug wild in die Luft und trat mit seinen Füßen nach einem unsichtbaren Gegner. „Und so“, rief der Hase, „so habe ich ihn niedergestreckt! Er hat um Gnade gefleht aber ich habe ihm – ZACK - eine auf die Nase gegeben und dann ist er umgefallen und war tot!“
„Ich bin nicht tot!“ sagt der kleine Bär und setzte sich auf. Ein bestürztes Raunen ging durch die Menge. Der Hase drehte sich um und starrte den Bären an.
„Ein Geist!“, rief der Hase. „Du musst ein Geist sein.“ Er rannte zum Bären, beschnupperte ihn und lief drei Mal um ihn herum. Dann streckte er die Pfote aus. Die umstehenden Tiere hielten den Atem an. Der Hase berührte das Fell des Bären und sprang mit einem Schrei zurück.
„Ein Geist! Er ist ein Geist. Habe ich es nicht gesagt? Seht! Ich habe ihn berührt, aber meine Pfote ist durch ihn durch gegangen! Habt ihr das gesehen?“ seine Stimme überschlug sich.
„Habt ihr das gesehen?“
„Ja“, flüsterten die Tiere. „Wir haben es gesehen. Er ist ein Geist!“ Sie wichen einen Schritt zurück und starrten ehrfürchtig vom Hasen auf den Bären und wieder zurück.
„Ich bin kein Geist. Ich bin ganz normal“, sagte der kleine Bär und ging auf die Gruppe der Tiere zu.
„Seht her, ich kann euch berühren!“ Aber die Tiere wichen immer weiter vor ihm zurück. „Komm uns nicht zu nahe!“ sagte ein besonders mutiges Wildschwein. „Wir wollen keinen Geist in unserem Wald!“
„Aber ich bin doch gar kein Geist. Ich bin ein Bär!“, sagte der Bär verzweifelt. Wie sollte er ihnen nur beweisen, dass er noch am Leben war? Aber das Fell der anderen Tiere sträubte sich. Sie schnaubten voller Angst und schließlich, als hätte jemand das Kommando gegeben, stoben sie in alle Richtungen davon und ließen den Hasen und den Bären allein auf der Lichtung stehen. Kein Laut war mehr zu hören. Nicht einmal die Vögel wagten sich in die Nähe des Geistes.
„Warum hast du das getan?“, fragte der Bär den Hasen.
„Du wolltest doch wissen, wie man stirbt. Jetzt weißt du es“, sagte der Hase und lief tiefer in den Wald.

 

Hi studienschaft,

die Story ist recht nett zu lesen und flüssig geschrieben. Ich denke nur, dass sie in der Rubrik Kinder besser aufgehoben ist. Zumindest was die Art angeht, wie sie geschrieben ist, auch wenn nicht alle die Pointe verstehenwerden.

Der Text ist schwer zu lesen, weil er etwas wenige Absätze hat. Du solltest unbedingt eine neue Zeile beginnen, wenn der Sprecher in den Dialogen wechselt.

Geh und frag den Hasen. Der weiß das!“ sagte der Jäger schließlich unwirsch. Mit solchen Fragen wollte er nichts zu tun haben

Du schreibst aus der Sicht des Bären. Hier und auch an anderen Stellen schreibst Du was der Jäger denkt. Das kann der Bär aber nicht wissen. Du hast also einen Fehler in der Perspektive.

Viele Grüße
Jörg

 

Hallo Jörg,
vielen Dank für das Feedback! Da werde ich wohl an einigen Stellen noch etwas nachbessern !
Schöne Grüße,
Studienschaft

 

Hej studienschaft,

also, ich habe die Pointe nicht verstanden. Wer ist zum Schluss gestorben, Hase oder Bär?

Ich glaube auch, dass die Geschichte eher etwas für die Rubrik Kinder wäre, allerdings nicht so, wie sie da jetzt steht. Da wird der kleine Bär für seine vielen Fragen über den Tod letztendlich "bestraft" und sitzt hilflos im Nirgendwo.

Viele Grüße
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Studienschaft,

finde den Text sehr angenehm zu lesen. Dein Stil spiegelt den Witz und zugleich die Tragödie der Fragestellung wieder. Ich würde es eher als Fabel verstehen, was mich besonders daran reizt.

LG Babunk

 

Hey Ane,

niemand ist gestorben, der Bär weiß jetzt aber, wie es wäre, das ist ja die Pointe.

Klar wird der kleine Bär bestraft, weil der Hase eben ein fieser Sack ist :D
So ist das Leben.

Grüße
Jörg

 

@ Jörg

Danke für Deinen Hinweis, da hab ich echt auf dem Schlauch gestanden. Ich dachte, der Bär wird tatsächlich etwas über das Sterben lernen.

der Bär weiß jetzt aber, wie es wäre
Der Bär weiß jetzt, wie es sich anfühlt, von anderen ignoriert zu werden.
Über das Sterben hat er - wie der Leser auch - nichts gelernt.

 

Hallo Ane,
danke für Dein Feedback. Wie Du siehst, ist die Geschickte ins Korrekturcenter verschoben worden, also muss ich wohl noch ein bisschen daran feilen.
Was die Pointe betrifft: Die Frage des Bären wird von den drei "Jägern" aufgegriffen, aber nicht wirklich beantwortet. Die Eule schließlich sagt, dass es keine Antwort geben kann und alles ungewiss bleibt.
Alle drei verweisen jedoch auf den Hasen, der als Beutetier am besten wissen muss, wie es ist, zu sterben. Aber der Hase dreht den Spieß um!
Viele Grüße,
Studienschaft

 

So, jetzt ist alles nochmal überarbeitet. Ich hoffe, die Geschichte liest sich jetzt besser. Danke für Euer Feedback!

 

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