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Am letzten Abend

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18.05.2008
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Am letzten Abend

In der Nacht vor dem Ende, meinem Ende, sitze ich auf dem Fahrersitz eines Wagens und tippe mit den Fingern gegen das Lenkrad. Ich bin ein wenig zittrig, ein bisschen müde und unheimlich gelangweilt. Aufgrund der Nähe zum Feind ist mir das Radiohören verboten worden, die Schok-a-cola ist verzehrt und ich kann nur hoffen, dass die Ersatzsoldaten deren Kutscher ich gleich spielen soll, noch weitere übrig haben.
Ich möchte zurück nach Döberitz, oder besser ganz zurück zu meiner Familie. Oder endlich in den Kampf dass ich meinen Teil zum Frieden beitragen kann. Es ist hier zwar schon viel besser als in Russland, aber allmählich strengt es mich an. Ich frage mich, wie es meiner Familie geht. Natürlich habe ich letztens noch Briefe geschrieben, immer als ich die Gelegenheit hatte. Hab Wister noch gesagt, dass ich nicht aus Norditalien wegkomme, das hat sich ja auch geändert. Ich habe „Hamlet“ durchgelesen, eben gerade. Die verdammten , Engländer haben schon große Talente hervorgebracht, damals. Nichts zu lesen...
Sie kommen, endlich, mir kommt das Warten wie eine Ewigkeit vor, mein Gaumen ist trocken, wie als bittere Ironie des heftigen Regens wegen. Sie haben Schoko, könnte also doch noch ein wunderbarer Tag werden. Sie setzen sich nach hinten, hab´s ihnen empfohlen. Meine durchnässten Kleider sind Geruchsträger der übleren Sorte. Ich fahre an, ändere meine Meinung. Das Wetter ist nicht schlecht, es ist schlichtweg scheiße, man verzeihe mir das Fluchen, doch ich kann kaum etwas sehen, geschweige denn hören. Nur das Ziel meiner Fahrt ragt deutlich aus dem nassen Mischmasch der Windschutzscheiben hervor: Der Berg mit dem Kloster, der Monte. Ich konnte das Kloster nicht mehr sehen, als noch die ganzen Schätze zwischen den Mauern standen. So macht es eher einen traurigen Eindruck.
Ich bringe die Soldaten zu den Stellungen, nur für den Fall der Fälle. Die Kämpfe laufen. Ich mag Artillerie nicht besonders, ich bin selber Stellungsbauoffizier und musste während der Errichtung im Norden versauern.
Ich sehe das Empfangssignal: Freie Bahn zu den Stellungen.. Dann sehe ich noch etwas. Es trifft den Wagen...
Dann... .... sehe ich nichts mehr.
Ich bin tot. Ich liege im Lazarett. Ich atme heftig und spucke Blut... aber ich bin tot... längst.
Seit dieser verdammte Krieg begann.

 

Friedrich Knak wurde am 31.12.23 geboren, er starb 28.1.44 vor dem "richtigen" Kampf am Kloster Monte Cassino in Süditalien. Das ist der Versuch gewesen, für andere die mögliche Intensität seiner letzten Momente zu verdeutlichen.

 

Salve defbob,

Mir hat deine Geschichte gefallen. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, etwas abgehackt, stockend zu lesen, etwas desillusioniert zu sein. Ich hatte dadurch das Feeling eine abgeklärte realistische Person zu sein, die nichts mehr erwartet. Das Ziel die letzten Momente in einem Soldatenleben näher zu bringen hast du also definitiv erreicht.

MfG

 

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