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Anna und Andrej

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13.07.2017
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Anna und Andrej

„Was soll daran falsch sein, Futter für die Karnickel zu suchen, Anna?“ Großmutter Njura rafft mit ihren knochigen Fingern das von uns gesammelte Gras zusammen und teilt es zwischen den Ställen auf. „Andrej macht es nichts aus“, fügt sie hinzu, als wir zu dritt hintereinander den schmalen Gang zwischen Karnickelstall und Gewächshaus in Richtung Wohnhaus laufen. Ich verdrehe hinter ihrem Rücken die Augen und boxe Andrej gegen das Schulterblatt, der mich daraufhin finster anschaut.
„Morgen nach der Schule mache ich euch Pelmeni mit heißer Butter.“
Als ob mich das die Demütigung vor den anderen Kindern vergessen ließe. Andrej machen die Blicke nichts aus - mir aber schon. Es hat keinen Sinn, mit Großmutter zu diskutieren oder ihr zu erklären, wie peinlich es für mich ist. Sie besteht darauf, dass wir nach der Schule auf dem Weg zu ihr das Gras neben den Gehwegsteinen für ihre Karnickel sammeln. Ihr Haus ist nicht weit entfernt, was es schwierig macht, von niemandem aus der Schule beim Grasbüschel rupfen beobachtet zu werden. Auf kleineren Wegen versuche ich, die Routen der nach Hause strömenden Schüler zu umgehen, um mich nicht hinter Bäumen verstecken zu müssen. Andrej meckert, er habe diese Umwege satt und findet, ich solle mich nicht so anstellen. Mit meinem Gehabe mache ich es erst peinlich, auch für ihn. Manchmal schickt er mich vor, um den Rest des Korbs allein zu füllen. Obwohl Andrej der ältere von uns beiden ist, auf diesen Vierminutenvorsprung legt er großen Wert, habe ich früh gelernt, meine Schlachten allein zu schlagen. Kurzum: Gegenüber unserer Großmutter kann ich nicht auf ihn zählen. Das ist mit unseren Eltern nicht anders. Während ich ihre Entscheidungen infrage stelle, akzeptiert er sie fast gleichgültig und gibt sich angepasst. Oft denke ich, dass ihm etwas mehr Rückgrat ganz gut täte. Manchmal hasse ich ihn sogar regelrecht dafür. Grundsätzlich liebe ich meinen Bruder natürlich, auch wenn ich nie die oft beschriebene tiefe Verbundenheit unter Zwillingen gespürt habe, welche die Geschwister über Hunderte von Kilometer hinweg spüren lässt, dass etwas mit dem anderen nicht stimmt. Vielleicht gibt es das nur unter eineiigen Zwillingen.


Sechs Jahre später stehe ich mit einer Kerze in den Händen zwischen meiner Mutter, links neben ihr mein Vater, und meinem Bruder in der Kirche. Etwas Wachs tropft gemeinsam mit meinen Tränen zu Boden und sprenkelt den grauen Stein zwischen meinen Schuhen, mit weißen und schwarzen Punkten. Während der Liturgie schaue ich zu meiner Mutter, die ihr Stofftaschentuch mit Zeigefinger und Daumen bearbeitet. Rechts von mir versucht Andrej, seine Tränen wegzublinzeln. Ich nehme seine Hand und halte sie fest in meiner. Babuschka schaut vom Himmel zu, als wir uns nach der Aussegnung mit einem Kuss auf ihre Stirn verabschieden. Ihre Hände sind auf der Brust zusammengelegt, die rechte Hand über der linken, in ihnen liegt eine Ikone des Erlösers. Diese ganzen Riten sind wichtig, nicht für die Toten, wohl aber für die Lebenden.
Ist das mit Totenruhe gemeint? Auf der Trauerfeier im Wohnzimmer meiner Eltern beobachte ich vom Sessel in der Ecke aus, wie Familie und Freunde betont langsam und so geräuschlos wie möglich durch den Raum schreiten, um meiner Mutter ihr Beileid zu bekunden. Ich zwinkere das Brennen in meinen Augen weg und schaue mich suchend nach Andrej um. Er steht neben der Tür zur Küche und spricht mit einem Nachbarn und unserem Vater. Fasziniert verfolge ich Gestik und Mimik von Andrej und Vater, die sich wie einstudiert gleichen, auch wenn ihre Statur nicht unterschiedlicher sein könnte. Während meine Eltern und ich eher klein und schmal gebaut sind, besitzt Andrej ein breites Kreuz und ist jetzt, kurz nach unserem zwanzigsten Geburtstag, gut zwei Köpfe größer als wir drei, was ihn immer hervorstechen lässt und ihn dazu bringt, etwas gebückt zu gehen. Ich recke dann neben ihm wie zum Trotz das Kinn in die Höhe, in der absurden Hoffnung, dadurch ein zwei Zentimeter an Größe zu gewinnen. Großmutter Njura sagte, Andrej kommt nach Großvater Mischa. Der hätte einen ganz ähnlichen Körperbau gehabt. Sie hatte auf alles eine Antwort parat. Ich vermisse sie schon jetzt schrecklich.

Am Abend, hole ich wieder den Brief aus meiner Schreibtischschublade vor. Ich sollte längst mit meinen Eltern über das Au-pair-Programm gesprochen haben. Aber wie soll ich ihnen beibringen, dass ich so schnell wie möglich raus will aus ihrem geliebten, gottverdammten Scheißkaff, in dem die Stadtgrenzen immer näher zu rücken scheinen und sich wie eine Schlinge um meinen Hals legen? Andrej sagt, er sei glücklich hier, er wolle später im Büro unseres Vaters arbeiten, vielleicht die Firma übernehmen. Als wir klein waren, träumten wir uns gemeinsam fort, mit dem Zug einmal um die Welt, oder wenigstens bis nach Kasan.
Solange die Sache mit dem Auslandsjahr rein hypothetisch war, schien es mir in Ordnung zu sein, dass meine Eltern nichts wissen. Und aus Angst, Andrej würde sich verplappern, sagte ich auch ihm nichts. Einmal war ich kurz davor, es meiner Mutter zu erzählen. Doch dann, als Großmutter Njura starb, vertagte ich dieses Gespräch wieder.
Mit einem Knoten in der Magengegend, gehe ich am nächsten Morgen in die Küche.
„Wie lange planst du das schon hinter unserem Rücken?“, bringt meine Mutter mit übertrieben gebrochener Stimme hervor und wedelt mit dem Brief in der Hand vor meinem Gesicht umher. Der Tadel, der in ihrer Stimme mitschwingt, lässt mich mit den Zähnen knirschen, auch wenn ich ihre Reaktion erwartet habe. Mein Vater neben ihr am Küchentisch bleibt, wie meistens, stumm.
„Du tust gerade so, als ob ich das mache, um euch zu verletzen. Merkst du nicht, dass mich das Leben hier erdrückt?“ Wenn sie denkt, mir damit ein schlechtes Gewissen einzureden oder an meine Gute-Tochter-Pflichten zu appellieren, irrt sie sich, diese Chance, hier wegzukommen werde ich mir bestimmt nicht entgehen lassen. Mit verschränkten Armen schaue ich zu meinem Vater. „Papa, sag ihr, dass sie mich nicht mehr zu bemuttern braucht!“
Statt meiner Bitte zu folgen, hebt er die Hände. „Haltet mich da bitte raus.“ Damit steht er auf und ich sehe ihm nach, wie er mit langsamen Schritten die Küche verlässt. Meine Mutter ignoriert ihn und schüttelt den Kopf. „Du kannst doch nicht so weit weggehen! Was sagt Andrej dazu?“ Ihre Augen gehen hin und her. Die Gedanken in ihrem Kopf scheinen sich zu überschlagen.
„Warum hätte ich Andrej etwas erzählen sollen? Auf Andrejs Unterstützung konnte ich mich doch noch nie verlassen. Und du packst ihn zu gern in Watte!“ Ich merke, wie sehr sie meine Aussage verletzt und schäme mich dafür. Schließlich war Andrej, wenn es hart auf hart kam, immer für mich da.
„Sei ruhig! Du weißt, ich mag es nicht, wenn du schlecht von deinem Bruder redest.“
Eine Weile schweigen wir uns an und ich will schon gehen, als ich höre, wie sie Luft holt, um etwas zu sagen.

„Du weißt, dass ich euch beide gleich liebe. Und ich will dir doch nicht deine Zukunftspläne ausreden. Du sollst tun, was dich glücklich macht. Das wünsche ich euch beiden, auch wenn ihr andere Wege einschlagt, als wir es uns für euch vorgestellt haben. Du musst deinem Herzen folgen. Anna…“ Ihre Augen schimmern feucht und sie schluckt schwer, bevor sie weiterspricht. „Ich denke, ich sollte dir etwas erzählen, was ich schon sehr lang mit mir trage.“ Sie streicht mit ihrer Hand imaginäre Falten aus der Tischdecke. „Vor eurer Geburt habe ich als Lehrerin in der Schule eines Waisenhauses unterrichtet. Dort zu arbeiten hat mich sehr berührt, aber auch unsagbar bedrückt. Alles in diesem Heim wirkte so kalt und funktional: die abwaschbare Ölfarbe an den Wänden, die Bettenreihen in den Schlafsälen. Und die Kinder, sie lachten mir ins Gesicht und spielten zusammen, aber ich merkte, dass sie im Inneren schrecklich einsam sind und sich in ihre eigene Fantasiewelt flüchten.“ Mit der Hand wischt sie sich über den Mund. Ich nutze die Pause, um mich zu ihr zu drehen.
„Als ich schwanger wurde, musste ich aufhören, dort zu arbeiten, weil ich es nicht mehr konnte, auch wenn ich danach oft an die Kinder gedacht habe. Als du geboren wurdest, meine süße Anjuta, gab es einen kleinen Jungen auf derselben Station, dessen Mutter ihn ablehnte und damit zum Waisen machte. Immer wenn ich dich aus dem Schwesternzimmer zu mir holte, sah ich ihn, wie er mit seinen kleinen Augen neugierig aufschaute.“
Es dauerte einige Sekunden, bis ich begriff.
„Und ich traf eine Entscheidung“, fuhr sie fort. „Die Ärztin fragte mehrfach, ob wir uns wirklich sicher seien, bevor sie seine Geburtsbescheinigung zerriss und eine neue mit einer Zwillingsgeburt ausstellte. Es war für die Ärztin nicht ganz ungefährlich, gegen die Gesetze zu verstoßen. Wir sind ihr sehr dankbar, dass sie Andrej und uns geholfen hat.“

Ich starre sie mit offenem Mund an. "Weiß Andrej Bescheid?"
"Nein."
Mit gesenktem Blick atme ich tief durch und reibe die Lippen aneinander. Die Holzdielen knarren, als Andrej die Küche betritt und er stirnrunzelnd, noch mit der Türklinke in der Hand, stehen bleibt.
"Warum schaut ihr zwei wie ein Topf voll Sauerkrautsuppe?"
"Ich hab Mama gerade erzählt, dass ich ein Au-pair-Jahr in Deutschland machen werde“, erwidere ich schnell. „Sobald die letzten Prüfungen vorbei sind, werde ich gehen."
"Echt? Wow." Er schließt die Tür hinter sich und schlüpft aus seiner Jacke, die er an den Garderobenhaken neben der Tür hängt und setzt sich neben mich auf die Sitzbank. "Kleines Schwesterlein, du warst schon immer die Mutigere von uns beiden." Sein breites Grinsen weicht einem stolzen Gesichtsausdruck. "Weißt du, ich wusste, dass du deinen Weg gehen wirst." Andrej legt seinen Arm um meine Schultern, meine Mutter greift nach meiner Hand und drückt sie sanft.


Zwei Wochen, nachdem ich in Deutschland angekommen bin, besuche ich eine Ausstellung mit Aufnahmen von Svetlana Mychkine . Sie fotografierte für ihre Abschlussarbeit in russischen Waisenhäusern. Ich stehe vor den Bildern und starre in lachende Gesichter mit leeren Augen, in Schlafsäle, in denen Bett an Bett steht und lange Korridore mit ölhaltiger Farbe an den Wänden, die an einigen Stellen schon reißt und abblättert und ich spüre über Hunderte von Kilometern hinweg meinen Bruder.

 

Liebe wegen,

das ist eine kleine, flott erzählte Geschichte, die auch ihren Herz-Schmerz-Anteil hat, aber diesen nicht übertreibt und das, was du uns erzählst, sehr lebensnah und sympathisch vermittelt. Es geht in ihr nicht um das große Drama, sondern um ganz normalen Alltag, obwohl das Hintergrundthema auch dafür das Potential gehabt hätte. Was mir wirklich gut gefallen hat, das ist deine Erzählweise. Du beschreibst alles mit einer gewissen Leichtigkeit, so dass ich dir gerne zuhöre, auch wenn das, was du mir da erzählst, unterm Strich über alltägliches Geschehen nicht hinausgeht. Selbst die Urkundenfälschung und die Annahme des kleinen Jungen als eigenes Kind erscheinen im Nachhinein wie ein ganz normaler Vorgang. Möglicherweise ließe sich aus dieser Vorgeschichte allerdings mehr machen.

Was mir etwas weniger gefallen hat, sind die zahlreichen Komma-Fehler (27 !). Damit solltest du dich vielleicht doch einmal beschäftigen. Es sind nur wenige Regeln, die man da lernen muss.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo wegen,

vielen Dank für deine neue Geschichte.

Leider werde ich nicht so ganz warm mit ihr. Zwischendurch frage ich mich: Worum geht es hier? Omaliebe, Geschwisterliebe, Familie, Ausbruch, Sehnsucht, Rebellion, Urkundenfälschung? Irgendwie fehlt mir der rote Faden. Du lieferst viele kurze Einblicke in das Leben und kaum kommt man an – zack – man wird rausgerissen und es geht um was anderes.
Diese kleinen Einblicke lassen sich gut lesen, so ist es nicht. Aber irgendwann wurde ich doch unruhig. Worauf willst du hinaus?

Am Ende erscheint der Knackpunkt der Geschichte ja doch die Geschwisterliebe zu sein. Es entwickelt sich von:

Grundsätzlich liebe ich meinen Bruder natürlich, auch wenn ich nie die oft beschriebene tiefe Verbundenheit unter Zwillingen gespürt habe, welche die Geschwister über hunderte von Kilometer hinweg spüren lässt, dass etwas mit dem anderen nicht stimmt. Vielleicht gibt es das nur unter eineiigen Zwillingen.
Zu
und ich spüre über hunderte von Kilometern hinweg meinen Bruder.
Und das obwohl sie jetzt weiß, dass es nicht ihr Bruder ist. Oder grade deswegen?

Andrej hat nichts dazu beigetragen, dass Anna nun so empfindet. Überhaupt finde ich Andrej sehr blass, auch Anna bleibt mir fremd, auch wenn du von ihr mehr zeigst.

Wenn das Thema die Beziehung zwischen den beiden sein soll, dann sollte es auch mehr darum gehen. Zeig Szenen in denen sie mit einander umgehen. Gibt es auch Ängste und Träume die Andrej beschäftigen? Interessiert sich Anna überhaupt dafür?

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 
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Hallo barnhelm,

lieben dank für deinen netten Kommentar.

das ist eine kleine, flott erzählte Geschichte, die auch ihren Herz-Schmerz-Anteil hat, aber diesen nicht übertreibt und das, was du uns erzählst, sehr lebensnah und sympathisch vermittelt. Es geht in ihr nicht um das große Drama, sondern um ganz normalen Alltag, ...
Dass dir meine Erzählweise gefallen hat, freut mich sehr. Anna ist erst 20 Jahre alt, weswegen sie sich stärker über die alltäglichen Dinge Gedanken macht, als Jemand mit mehr Lebenserfahrung. Im ersten Absatz, in dem sie noch jünger ist, ist sie dann auch deutlich pubertärer.

Was mir etwas weniger gefallen hat, sind die zahlreichen Komma-Fehler (27 !)
Mit Strichliste? :hmm: Ich habe mir tatsächlich vorher die Kommaregeln angesehen und versucht, sie im Text umzusetzen. Mache die Fehler ja nicht, um Kommaprofis wie dich zu ärgern ( :shy: !) Muss und werde ernsthaft daran arbeiten.

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. :)
wegen


Hallo Nichtgeburtstagskind,

schön, dass du meine Geschichte gelesen hast und mir deine Gedanken dazu schreibst.

Zwischendurch frage ich mich: Worum geht es hier? Omaliebe, Geschwisterliebe, Familie, Ausbruch, Sehnsucht, Rebellion, Urkundenfälschung? Irgendwie fehlt mir der rote Faden.
Grundsätzlich muss eine Geschichte natürlich funktionieren, ohne dass der Autor sie und sich erklärt. Weshalb ich deine Kritik dankbar annehme und versuchen werde, den Haupthandlungsstrang weiter auszuarbeiten.


Am Ende erscheint der Knackpunkt der Geschichte ja doch die Geschwisterliebe zu sein. Es entwickelt sich von:
Grundsätzlich liebe ich meinen Bruder natürlich, auch wenn ich nie die oft beschriebene tiefe Verbundenheit unter Zwillingen gespürt habe, welche die Geschwister über hunderte von Kilometer hinweg spüren lässt, dass etwas mit dem anderen nicht stimmt. Vielleicht gibt es das nur unter eineiigen Zwillingen.
Zu
und ich spüre über hunderte von Kilometern hinweg meinen Bruder.
Und das obwohl sie jetzt weiß, dass es nicht ihr Bruder ist. Oder grade deswegen?

Andrej hat nichts dazu beigetragen, dass Anna nun so empfindet.

Ja, das ist er, der Haupthandlungsstrang! :D

Anna und Andrej sind nicht blutsverwandt. Die verschiedenen Alltagsszenen sollen die Unterschiede in Charakter und Aussehen aufzeigen. Während Andrejs Verhalten, Mimik und Gestik durch den (nicht leiblichen) Vater geprägt sind, werden äußerliche Unterschiede einfach mit dem Vergleich zum Großvater erklärt. Am Ende, mit dem Wissen um Andrejs Vergangenheit, fühlt sich Anna ihm näher als zuvor. Die gemeinsame Kindheit zählt mehr als das gleiche Blut.

Aber ich gebe dir Recht, die Stärken ihrer Verbindung müssen mehr rauskommen. Es sollte Situationen geben, in denen Andrej sich brüderlich verhält, um ihr Band zu verdeutlichen. Ich schau mir das an.

Lieben Dank für deinen hilfreichen Kommentar. :)
Viele Grüße
wegen

 
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Hallo wegen,

ich nehme mir deine Geschichte mal Stück für Stück vor.

Was soll daran falsch sein, die Karnickel zu füttern, Anna?“

Ich schätze, falsch ist daran nichts. Sie würden sonst verhungern oder müssten freigelassen werden.
Ich schätze, Anna ist es etwas unangenehm (ich kenne den ganzen Text noch nicht), deshalb wäre etwas anderes passender. Warum ist es dir unangenehm? Warum stört es dich? Und warum das Füttern, geht es nicht um das Rupfen vor anderen Kindern?

Njura rafft mit ihren knochigen Fingern gemächlich das von uns gesammelte Gras zusammen und teilt es zwischen den Ställen auf.

Gemächlich stört mich ein wenig und erscheint wie ein überflüssiges Füllwort. „Teilt es zwischen den Ställen auf“ finde ich auch nicht perfekt. Es ist auch vage. Legt sie es vor die Ställe oder hinein? Jeder Stall bekommt etwas oder bekommen es die Kaninchen? Beispiel: und legt etwas in jedes der Kaninchenställe.

boxe Andrej gegen das Schulterblatt, der mich daraufhin nur finster anschaut.

Dafür muss er sich erst umschauen, denn sie gehen hintereinander. Sie geht aber wohl hinter Großmutter, da sie hinter ihrem Rücken die Augen verdreht. :Pfeif:

Den ersten Absatz finde ich nett. Das Verhältnis zu ihrem Bruder und ihr peinliches Empfinden beim Rupfen gesehen zu werden.

welche die Geschwister über Hunderte von Kilometer hinweg spüren lässt, dass etwas mit dem anderen nicht stimmt

Das halte ich für ein Klischee bzw es ist wissenschaftlich nicht haltbar sondern Aberglaube.

Mit einer Kerze in den Händen stehe ich zwischen meiner Mutter, links neben ihr mein Vater, und meinem Bruder in der Kirche

Der eingefügte Satz wirkt etwas verwirrend. Würde ich zwei Sätze draus machen.

Etwas Wachs tropft hinunter und sprenkelt den Boden zwischen meinen Schuhen

Irgendwie etwas unpräzise. Hinunter? Wohin? Die Erklärung folgt zwar, aber die Abfolge ist für den Leser vielleicht stockend. Wachs fällt von der Kerze auf den hölzernen Fußboden, zerspringt beim Aufprall und hinterläßt ein gesprenkeltes Muster beim Erstarren. Ist zumindest besser verständlich und auch besser nachzuvollziehen. Wenn ich an Szenen arbeite, versuche ich, sie mir sehr detailliert vorzustellen. Ich habe da „Das Schweigen der Lämmer“ vor Augen, das eigentlich aus wenigen, aber atmosphärisch sehr dichten Szenen besteht.

weg zu blinzeln

Ich glaube wegzublinzeln.

Babuschka schaut vom Himmel zu, als wir uns nach der Aussegnung mit einem Kuss auf ihre Stirn verabschieden.

Aussegnung sagt mir jetzt nichts. Großmütterchen ist also jetzt tot, nur wird das dem Leser nicht klar, denn das Wort Babuschka sollte den meisten unbekannt sein. Na, wer hat denn hier rumgezetert, von wegen fremdsprachliche Ausdrücke? :D
Das sollte vielleicht am Anfang des Absatzes schon erwähnt werden mit Großmutter..

Diese ganzen Riten sind wichtig, nicht für die Toten, wohl aber für die Lebenden.

Sagt mir nichts. Warum wichtig? Ich verstehe, worauf du abzielst, aber das ist mir zu dünn.

ihn dazu bringt, etwas gebückt zu gehen. Ich recke wie zum Trotz das Kinn in die Höhe, in der absurden Hoffnung, dadurch ein zwei Zentimeter an Größe zu gewinnen.

Die Motivationen sind mir nicht klar. Auch hier: warum?

Der Brief ist angekommen.

Auch hier, wie im letzten Absatz, ein krasser Schnitt. Beide Absätze könnten eine bessere Überleitung bekommen.

Hier mach ich erst mal Schluss, wird spät. Bisher gibt es drei Themen, einschließlich des Briefinhaltes, die nichts miteinander zu tun haben. Das kommt hoffentlich noch. Das ist süß geschrieben, wirft aber keine Fragen auf, dem der Leser nachgehen könnte. Spannung fehlt leider auch.

Teil zwei kommt demnächst.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo wegen,

deine Geschichte hat mir gefallen. In ruhigem Ton stellst du uns zunächst deine Protagonistin im Verhältnis zu ihrem Bruder und ihrer Oma vor. Es wird ziemlich schnell klar, dass sie das so genannte schwarze Schaf ist, oder sich zumindest so fühlt. Andrej wird ihr (hier von der Oma) als Vorbild unter die Nase gerieben. Er, der meist stillschweigend akzeptiert und sich nicht auflehnt.

Ich als Leserin kann nachvollziehen, warum die Erzählerin sowohl von der Oma, als auch von Andrej genervt ist. Erst als die Oma stirbt und die Prota erfährt, dass ihr Bruder adoptiert ist, wird ihr die starke Bindung an die Familie bewusst, und sie scheint ihre eigene Rolle ein wenig besser zu verstehen.

Die Aussicht ins Ausland zu gehen, hätte es für mich nicht extra gebraucht, das scheint mir ein anderes Thema zu sein. Es hat mir nur noch mal gezeigt, dass die Mutter ihrer Tochter offenbar gerne ein schlechtes Gewissen macht, dazu beiträgt, dass sie (die Erzählerin) sich immer wieder wegen irgendetwas schuldig fühlt. Obwohl die Oma grad gestorben ist, und ich von daher Verständnis für die übersensible Reaktion der Mutter aufbringen sollte, werde ich das Gefühl nicht los, dass der übertrieben leidende Tonfall Teil ihrer Persönlichkeit ist, die übertriebene Aussage " Wie lang planst du das schon hinter unserem Rücken" verstärkt diesen Eindruck noch. Es muss ein gutes Gefühl für die Erzählerin sein, dass die Mutter sich ihr letztendlich zuerst anvertraut und sie von der Adoption eher erfährt als ihr Bruder.

Hier noch ein paar Kleinigkeiten:

1) ..."die ihr Stofftaschentuch mit Zeigefinger und Daumen betrachtet ..." Das klingt so, als würden die Finger das Taschentuch betrachten.

2) ..."Fasziniert betrachte ich Mimik und Gestik von Andrej und Vater ..." und dann kommt eine nähere Beschreibung ihres Aussehens. Mir scheint die faszinierte Betrachtung der beiden unpassend an dieser Stelle. Alle anderen scheinen zu trauern, nur die Prota konzentriert sich auf die Ähnlichkeiten der männlichen Familienmitglieder. Auch die Beschreibung ihres Aussehens bremst an dieser Stelle den Lesefluss für mich aus. Gut, es soll dazu beitragen, dass sie fest daran glaubt, einen leiblichen Bruder zu haben, aber an dieser Stelle hat das für mich nicht gepasst.

Insgesamt aber eine schöne Geschichte.

Liebe Grüße von Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rainer Hohn,

schön, dass du vorbeischaust!
Du kannst doch nicht über Szenensinnhaftigkeit und Spannungsbogen urteilen, wenn du die Geschichte nicht zu Ende gelesen hast. Die Auflösung kommt ja nicht selten am Schluss. ;)

„Was soll daran falsch sein, die Karnickel zu füttern, Anna?“
Ich schätze, falsch ist daran nichts. Sie würden sonst verhungern oder müssten freigelassen werden.
Njura überzieht mit der Aussage absichtlich, um Annas Diskussionsgrundlage zu entkräften. Ich schreibe es ein bisschen um.


Njura rafft mit ihren knochigen Fingern gemächlich das von uns gesammelte Gras zusammen und teilt es zwischen den Ställen auf.
Gemächlich stört mich ein wenig und erscheint wie ein überflüssiges Füllwort.
Stimmt. In ihrem Alter (ist durch die knochigen Finger klar) geht alles gemächlich. Streich ich.


boxe Andrej gegen das Schulterblatt, der mich daraufhin nur finster anschaut.
Dafür muss er sich erst umschauen, denn sie gehen hintereinander. Sie geht aber wohl hinter Großmutter, da sie hinter ihrem Rücken die Augen verdreht. :Pfeif:
1. Oma, 2. Andrej, 3. Anna! ;)


welche die Geschwister über Hunderte von Kilometer hinweg spüren lässt, dass etwas mit dem anderen nicht stimmt
Das halte ich für ein Klischee bzw es ist wissenschaftlich nicht haltbar sondern Aberglaube.
Na eben. Sie zweifelt es auch an. Und am Ende der Geschichte schließt sich der Kreis…


Etwas Wachs tropft hinunter und sprenkelt den Boden zwischen meinen Schuhen
Irgendwie etwas unpräzise. Hinunter? Wohin? Die Erklärung folgt zwar, aber die Abfolge ist für den Leser vielleicht stockend. Wachs fällt von der Kerze auf den hölzernen Fußboden, zerspringt beim Aufprall und hinterläßt ein gesprenkeltes Muster beim Erstarren.
Finde ich nicht so schlimm.
EDIT: Habe es jetzt doch etwas umgeschrieben.


weg zu blinzeln
Ich glaube wegzublinzeln.
Danke.


Babuschka schaut vom Himmel zu, als wir uns nach der Aussegnung mit einem Kuss auf ihre Stirn verabschieden.
Aussegnung sagt mir jetzt nichts. Großmütterchen ist also jetzt tot, nur wird das dem Leser nicht klar, denn das Wort Babuschka sollte den meisten unbekannt sein. Na, wer hat denn hier rumgezetert, von @wegen fremdsprachliche Ausdrücke? :D
Babuschka sollte den Russland-Bezug verstärken und persönlicher/näher wirken. Musstest du Babuschka=Großmutter nachschlagen? Und ICH habe das mit Absicht in Russisch geschrieben, nicht weil ich keine passende Übersetzung parat hatte! :Pfeif:


Diese ganzen Riten sind wichtig, nicht für die Toten, wohl aber für die Lebenden.
Sagt mir nichts. Warum wichtig? Ich verstehe, worauf du abzielst, aber das ist mir zu dünn.
Es gibt in der russisch-orthodoxen Kirche, wie in jeder anderen Glaubensgemeinschaft, Riten, die während der Aussegnung (=Gottesdienst für den Verstorbenen) durchgeführt werden müssen. Und das beruhigt die Hinterbliebenen doch auch irgendwie, zu wissen, dass sie alles für einen sanften Übergang ins Himmelreich getan haben.


Hier mach ich erst mal Schluss, wird spät. Bisher gibt es drei Themen, einschließlich des Briefinhaltes, die nichts miteinander zu tun haben. Das kommt hoffentlich noch. Das ist süß geschrieben, wirft aber keine Fragen auf, dem der Leser nachgehen könnte. Spannung fehlt leider auch.
… da warte mal ab, was da jetzt noch alles passiert, wenn du weiterliest! ;)

Lieben Dank für deinen Kommentar.
Viele Grüße
wegen


Hallo Chai,

danke für deine Gedanken zur Geschichte.

Die Aussicht ins Ausland zu gehen, hätte es für mich nicht extra gebraucht, das scheint mir ein anderes Thema zu sein.
Ich verstehe, was du meinst. Dieser Au-Pair Teil nimmt in der Geschichte zu viel Raum ein. Ich werde das ändern.

1) ..."die ihr Stofftaschentuch mit Zeigefinger und Daumen betrachtet ..." Das klingt so, als würden die Finger das Taschentuch betrachten.
:shy: Da steht doch bearbeitet.

2) ..."Fasziniert betrachte ich Mimik und Gestik von Andrej und Vater ..." und dann kommt eine nähere Beschreibung ihres Aussehens. Mir scheint die faszinierte Betrachtung der beiden unpassend an dieser Stelle. Alle anderen scheinen zu trauern, nur die Prota konzentriert sich auf die Ähnlichkeiten der männlichen Familienmitglieder.
Ich weiß was du meinst. Ich sollte IHRE Trauer in diese Szene einbauen.


Insgesamt aber eine schöne Geschichte.
Lieben Dank! :)

Viele Grüße
wegen

 

Hallo wegen,

Du kannst doch nicht über Szenensinnhaftigkeit und Spannungsbogen urteilen, wenn du die Geschichte nicht zu Ende gelesen hast.

Für wahr. Aber ich hatte nicht genug Zeit für den gesamten Text. Nun habe ich ihn gelesen und finde, das es dasselbe bleibt. Die Großmutter, die Kaninchen, das Rupfen haben für den Text keine Bedeutung.
Störend finde ich hier auch jedesmal den Zeitsprung. Erst ist sie mit Babuschka zusammen, die nächste Szene spielt Wochen später bei der Trauerfeier. Und plötzlich zieht sie einen Brief aus der Schublade. ME fehlt hier ein ein- bzw überleitender Text.

Mir wird als Leser auch nicht klar, warum ihr das Rupfen peinlich ist. Der ein oder ander Leser mag sich denken, sie kommt aus einer armen Familie, was ihr peinlich ist. Allein die Behauptung reicht mE hier nicht aus. In Russland ist Landarbeit etwas ganz Gewöhnliches. In den Sechzigern, wo die Bedingungen hier ähnlich waren wie heute in großen Teilen Russlands, habe ich mit meiner Schwester Eicheln und Kastanien gesammelt, um sie an Bauern zu verkaufen. War uns auch nicht peinlich.
Es gibt ein paar Infos über ihren Bruder in den ersten beiden Absätzen, die auf den Schlusssatz hinarbeiten sollen, die für mich aber nicht überzeugend sind, da ihnen die Hintergründe fehlen.

Obwohl Andrej der ältere von uns beiden ist, auf diesen Vierminutenvorsprung legt er großen Wert, habe ich früh gelernt, meine Schlachten allein zu schlagen.

Das Alter allein kann hier nicht der ausschlaggebende Grund sein, das sie nicht auf ihn zählen kann.

Während ich ihre Entscheidungen infrage stelle, akzeptiert er sie fast gleichgültig und gibt sich angepasst. Oft denke ich, dass ihm etwas mehr Rückgrat ganz gut täte.

Stellt in den Raum, das sie die Weisheit mit großen Löffeln gefressen hat und sich immer im recht wähnt. Es gibt keine Hintergründe. Man könnte genau so gut interpretieren, sie ist eine verwirrte Träumerin und er bodenständig genug, um realistisch mit dem Leben umzugehen.

„Was soll daran falsch sein, Futter für die Karnickel zu suchen, Anna?“

Eine neue Version. Nehmen wir die Alte könnte der einleitende Satz auch heißen: „Was ist falsch daran, das Baby zu füttern?“
Ein Satz, mit dem der Leser nichts anfangen kann. In der neuen Version könnte es heißen: „Was ist falsch daran, Essen für das Baby zuzubereiten?“

1. Oma, 2. Andrej, 3. Anna!

Die Reihenfolge ist schon klar und in deinem Kopf scheint es zu passen. Ich denke, für den Leser nicht. Für ihn geht sie direkt hinter Babuschka.

Ich verdrehe hinter ihrem Rücken die Augen

Das klingt nicht nach zwei Meter Abstand. Es ist wahrscheinlich gemeint, Oma bekommt es nicht mit. Aber wenn ich zehn Meter von jemandem entfernt stehe, schreibe ich nicht: hinter seinem Rücken. Lässt man die drei Worte heraus, stimmt die Passage, mal abgesehen davon, das der Junge immer noch nach hinten blicken muss.

Babuschka musste ich nicht nachschlagen. Ein paar russische Worte kenne ich und habe auch russische Freunde.

Diese ganzen Riten sind wichtig, nicht für die Toten, wohl aber für die Lebenden.

Das es wichtig ist, muss nicht erwähnt werden. Das sollte der Leser selbst wissen, egal für wen die Rituale sind.

Du schreibst flüssig, aber mir fehlen häufig Hintergründe und Zusammenhänge. Das empffand ich ja auch bei den Dialogen deiner ersten Geschichte.

Es gibt auch keinen Anlass für ihre Mutter, von der „Adoption“ zu erzählen. Sie hält es aus guten Gründen geheim. Die Tochter wird hier nun Mitwisserin einer Straftat. Es könnte auch ihr Verhältnis zu ihrem Bruder verändern. Wie denkt der Vater darüber, zu offenbaren, das der Junge nicht sein Sohn ist, er sollte es doch wissen?

Ich sag mal: Der Zweifel ist der Motor des Fortschritts.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo Rainer Hohn,

o.k....einzelne Szenen haben für dich null Bedeutung für die Geschichte, die Zeitsprünge sind störend, du verstehst die Prota nicht, dir fehlen insgesamt Hintergründe und Zusammenhänge, besonders bei den Dialogen, was bei meinen Geschichten für dich immer so ist.

Ja gut, wo soll ich da jetzt ansetzen? :(

Grüße
wegen

 

Hallo wegen,

erst mal stochere ich im Text rum ...

Als ob mich das die Demütigung vor den anderen Kindern vergessen lässt.

„Vergessen ließe“, also Konjunktiv.

Andrej meckert, er ist die Umwege satt

„Er habe die Umwege satt“. Es ist indirekte Rede.

auf diesen Vierminutenvorsprung legt er großen Wert

Besser „auf diese vier Minuten legt er großen Wert“? Hat weniger Silben.

auch wenn ihre Statur nicht unterschiedlicher hätte sein können.

„Auch wenn ihre Statur nicht unterschiedlicher sein könnte“.

Andrej sagt, er ist glücklich hier, er will später im Büro unseres Vaters arbeiten

Der Duden sacht, bei indirekter Rede ohne die Konjunktion ‚dass‘ sei der Konjunktiv Pflicht, also: „er sei glücklich hier, er wolle später ...“

Ich nutze die Pause, um mich mehr zu ihr zu drehen.

Brauchst du das ‚mehr‘?

Ihre Augen werden glasig und sie schluckt schwer

Wenn du das mit den Augen dringend brauchst, ginge vielleicht auch, dass sie feucht schimmern? Bei Osteuropäern mit glasigen Augen denke ich reflexartig an Alkohol. :D

besuche ich eine Ausstellung, in der auch Aufnahmen von Svetlana Mychkine ausgestellt werden

‚Besuche ich eine Ausstellung mit Photographien von Svetlana Mychkine‘ würde mir reichen.

starre in lachende Gesichter mit leeren Augen

Lachen die wirklich? Hast du weiter oben schon mal im Text, dass die Waisenkinder lachen. Wahrscheinlich hast du dir dabei was gedacht. Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen, aber wer weiß.

Das liest sich angenehm. Ich habe an der Durchführung der Geschichte nichts auszusetzen. Ihre Grenzen liegen im Plot begründet, aber rund ist sie.

Mir gefällt es, nicht gleich zu wissen, worauf sie hinausläuft.

Der Kritik von Rainer Hohn kann ich nicht folgen.

Beste Grüße!
Anne

 

Hallo wegen,

ich möchte dich keinesfalls demotivieren. Sprachlich ist die Geschichte schön erzählt. Ich sehe es wie Nichtgeburtstagskind. Du lieferst kurze Szenen und zack wird man rausgerissen und es geht um etwas anderes. Das Eine baut nicht auf dem Anderen auf. Man könnte die Übergänge glätten.

Wieder ganz dämlich, zwischen erstem und zweiten Absatz: „Ein paar Tage später veließ uns Oma. Mit einer Kerze in der Hand stand ich...“

Zwischen zweitem und dritten Absatz: „Wieder zu Hause kramte ich den Brief heraus.“

Zwischen drittem und vierten Absatz: „Als ich Mutter am Frühstückstisch darauf anspreche ...“

Man weiß auch nicht, worum es geht. Zunächst geht es um die Oma, dann um die Geschwister, auf der Trauerfeier um die Familie, dann um den Job im Ausland und die Urkundenfälschung. Geht es um die Beziehung zum Bruder, sollte diese deutlicher gezeigt und mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.

Über den Text verteilt: Sie fühlt keine tiefe Bindung zu ihm, aber mag ihn. Manchmal hasst sie ihn. Er passt vom Körperbau nicht zur Familie und ist dann auch kein Bruder. Doch plötzlich fühlt sie sich doch mit ihm verbunden. Das müsste mE besser ausgearbeitet werden. Und du schreibst es ja selbst:

„Am Ende, mit dem Wissen um Andrejs Vergangenheit, fühlt sich Anna ihm näher als zuvor. Die gemeinsame Kindheit zählt mehr als das gleiche Blut.“

Das könnte in den Text gehören.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo Anne49,

lieben Dank fürs Stochern! :)

Zitat von wegen Beitrag
starre in lachende Gesichter mit leeren Augen
Lachen die wirklich? Hast du weiter oben schon mal im Text, dass die Waisenkinder lachen. Wahrscheinlich hast du dir dabei was gedacht. Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen, aber wer weiß.
Das aufgesetzte Lachen, besonders vor Fremden, steht für ihre Rolle im Kollektivismus. Sie zeigen sich fröhlich, sind innerlich aber vereinsamt, da ihnen eine wirkliche Bezugsperson fehlt.

Das liest sich angenehm. Ich habe an der Durchführung der Geschichte nichts auszusetzen. Ihre Grenzen liegen im Plot begründet, aber rund ist sie.
Ja, ich weiß, was du meinst. Eine richtige Handlungsabfolge hat die Geschichte tatsächlich nicht. Es sind eher Szenenbilder.

Zitat von wegen Beitrag
Ihre Augen werden glasig und sie schluckt schwer
Wenn du das mit den Augen dringend brauchst, ginge vielleicht auch, dass sie feucht schimmern? Bei Osteuropäern mit glasigen Augen denke ich reflexartig an Alkohol. :D
budjem sdorowy! :lol:

Viele Grüße
wegen

Hallo Rainer Hohn,

Du lieferst kurze Szenen und zack wird man rausgerissen und es geht um etwas anderes. Das Eine baut nicht auf dem Anderen auf. Man könnte die Übergänge glätten.
Ja, da gebe ich dir schon Recht. Ich mochte die Idee, dass sich für den Leser zum Schluss alle Puzzleteile zusammensetzen. Aber so, ist es wohl zu abgehackt. Ich schreib dir Übergänge weicher.

Danke für deine Erläuterungen!
Viele Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo wegen,

das geht jetzt schon viel glatter runter. Noch was:

Auf der Trauerfeier im Wohnzimmer meiner Eltern beobachte ich vom Sessel in der Ecke aus

Ich recke wie zum Trotz das Kinn in die Höhe, in der absurden Hoffnung, dadurch ein zwei Zentimeter an Größe zu gewinnen

Ich kann in dem Text dazwischen nicht entdecken, das sie aufgestanden ist und ihrem Bruder gegenübersteht. Im Sitzen macht das nicht viel Sinn.

Noch ein kleiner Fehler: Ärzte stellen Bescheinigungen über eine Geburt aus, soweit sie zugegen waren. Eine Geburtsurkunde wird von Ämtern ausgestellt und ist zumindest in Deutschland innerhalb von 7 Tagen anzeigepflichtig. Die Ärztin müsste die Papiere des Waisenheimes über das Kind verschwinden lassen. Insgesamt macht sie ich der Unterschlagung, der Urkundenfälschung und des Kinderhandels schuldig. In Russland bekäme sie wohl 10 - 20 Jahre. Ob der Leser das schluckt?

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo Rainer Hohn,

Auf der Trauerfeier im Wohnzimmer meiner Eltern beobachte ich vom Sessel in der Ecke aus
Ich recke wie zum Trotz das Kinn in die Höhe, in der absurden Hoffnung, dadurch ein zwei Zentimeter an Größe zu gewinnen
Ich kann in dem Text dazwischen nicht entdecken, das sie aufgestanden ist und ihrem Bruder gegenübersteht. Im Sitzen macht das nicht viel Sinn.
Der (retrospektive) Satz bezieht sich auf das Nebeneinanderlaufen. Ich ändere es, um es zu verdeutlichen.

Ärzte stellen Bescheinigungen über eine Geburt aus, soweit sie zugegen waren. Eine Geburtsurkunde wird von Ämtern ausgestellt.

Du hast Recht. Auch in Russland wird im Krankenhaus eine Geburtsbescheinigung ausgestellt, mit der man innerhalb eines Monats die Geburtsurkunde beantragt. Ich korrigier es.


Die Ärztin...macht sie ich der Unterschlagung, der Urkundenfälschung und des Kinderhandels schuldig.

Naja, wo kein Kläger, da kein Richter.
Die russischen Waisenhäuser platzen aus allen Nähten. Es geht doch hier nicht um ein Katalog-Baby, das über eine Agentur an kinderlose Westeuropäer verkauft wird, sondern um eine gutbürgerliche russische Familie, die einen Jungen aufnimmt, der als Sozialwaise sonst in einem Heim aufwachsen würde.
Der Leser schluckt es, weil es sich für Andrej wünscht. :shy:

Lieben Dank für deine Hilfe!
Viele Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo wegen,

ich möchte deine Geschichte nicht zerlegen, sie ist nett, so wie sie ist. Das Ergebnis daraus sollte sein, bei der nächsten Geschichte mehr auf logische Zusammenhänge zu achten und bei Bedarf zu recherchieren.

An einem Lektor kommt man damit aber nicht vorbei. Praktisch ist es so, das man in der Verwaltung fragen wird, wo ist das Kind geblieben? Das gilt auch für andere Pflegekräfte und Ärzte. Es gibt also eine Reihe von "Mitwissern", von denen sicher einer eine Anzeige erstellen muss.
Zweites Problem: Sie hat für Anna bereits eine Gebursurkunde beantragt und besitzt sie wohl bereits. Hierfür muss man eine Reihe von Papieren vorlegen. Wenn sie nun noch einmal bei der Behörde erscheint, wird man fragen: was, zwei Geburten in zwei Monaten, und dann auch noch Zwillinge? Klasse Leistung.:lol:

Es spielt auch keine Rolle, an wen das Kind weitergegeben wird oder ob man es aus moralischen Gründen oder Profitgründen tut. Nach dem Gesetz ist es Kinderhandel. Das "moralisch" wird sich höchstens auf die Höhe der Strafe auswirken.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Rainer Hohn,

deine Geschichte ... ist nett, so wie sie ist.
Das wird mein neues Mantra. :lol:

Das Ergebnis daraus sollte sein, bei der nächsten Geschichte mehr auf logische Zusammenhänge zu achten und bei Bedarf zu recherchieren.
An einem Lektor kommt man damit aber nicht vorbei.
Häh? :susp:
Siehste, das meinte ich damit, als ich schrieb, dass du deutlich ambitionierter bist. Ich mag da jetzt nicht noch nen Jura-Studium abschließen, bevor ich eine Geschichte erzähle. Und ich glaube, dass dem Leser, wenn er nicht gerade vom Fach ist, diese juristischen Feinheiten nicht die Bohne interessieren, solange die Geschichte rund ist. Ernsthaft, ich glaube das siehst du zu eng.

Zweites Problem: Sie hat für Anna bereits eine Gebursurkunde beantragt und besitzt sie wohl bereits. Hierfür muss man eine Reihe von Papieren vorlegen. Wenn sie nun noch einmal bei der Behörde erscheint, wird man fragen: was, zwei Geburten in zwei Monaten, und dann auch noch Zwillinge? Klasse Leistung.

Kein Problem :D : Sie hatte für Anna noch keine Geburtsurkunde beantragt. Sie treffen sich alle auf der Neugeborenenstation, beide Kinder sind gerade frisch geschlüpft und haben ihre Geburtsbescheinigungen erhalten, welche dann umgeschrieben werden. An welcher Stelle interpretierst du das rein? Dann müsste ich das ändern.


Danke dir.
Viele Grüße
wegen

 

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