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Aufbruch in die Neue Welt

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31.08.2008
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Aufbruch in die Neue Welt

Wo wären wir heute, wenn man zu Kolumbus gesagt hätte: Christoph, bleiben Sie hier. Warten Sie mit Ihrer Entdeckungsreise, bis unsere wichtigsten Probleme gelöst sind…. Bill Gates

„Sanctissimus Pater, gestatten Sie eine Betrachtung der Historie. Sie wird es uns erlauben, die neuen Entwicklungen richtig zu erfassen. Nur über die Historie gewinnen wir eine richtige Einschätzung…“ Papst Innozenz VIII. hob leicht den Kopf und sah Kardinal Rodrigo mißtrauisch an. Er blickte in die Runde. Die übrigen Kardinäle mochten ihm mit ihren Blicken weder Zustimmung noch Ablehnung signalisieren. Innozenz ergriff das Wort:
„Wir haben nun 500 Jahre gekämpft, um dem Mittelmeerraum und Europa die heilige Botschaft zu überbringen. Noch immer regt sich Widerstand. Wenn jetzt etwas Neues hinzutritt, verlieren wir die Kontrolle. Seit rund eintausend Jahren liquidieren wir jede Nachricht von den Ländern jenseits des großen Meeres. Wir haben die ptolomäischen Karten aus Alexandria sicher unter Verschluß. Die phönizische Literatur und ihre Wissensträger sind ebenso ausgeschaltet wie die kykladischen Abenteurer. Mehrere Jahrhunderte lang haben wir in allen großen Häfen Kundschafter postiert gehalten, die jeden Neuankömmling von den fernen Ländern sofort gemeldet haben. Anfangs haben die Menschen aus Lima und auf den karibischen Inseln Kundschafter nach Cadiz, Alexandria und Naxos entsandt, um nachzufragen, warum der Kontakt ausblieb. Wir haben niemanden zurückkehren lassen; so haben sie ihre Nachforschungen schließlich aufgegeben. Ich sage Euch: Die Welt, unsere Welt, ist sicherer in den Grenzen, die sie heute innehat.“
Einige Kardinäle räusperten sich. Rodrigo erhob sich von seinem Stuhl:
„Sanctissimus Pater, meine lieben Brüder“, er sah beschwörend in die Gesichter der Kardinäle, „wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Zeit. Schon verbreitet sich die Kunde, daß Fischer von den Kanarischen Inseln und von Madeira Handel mit den Völkern dieser fernen Länder treiben. Die Iren wollen auf den Routen des heiligen Mönchs Brendan die Länder erkunden; es heißt, daß sie regelmäßig hinüberfahren. Allerdings suchen sie ganz andere, nördlicher gelegene Länder auf, als die Völker des Mittelmeeres. Auch geht die Kunde, daß es hinter diesen Ländern ein weiteres Meer gibt, dessen Ausmaß noch größer sein soll als das am Ausgang des Mittelmeeres. Die Minoer haben diesen Raum als erste erkundet und siedeln dort seit dreitausend Jahren. Ihre Reiseberichte wurden auch in der Bibliothek von Alexandria gesammelt und liegen heute in unseren Archiven. Meine Empfehlung an Euch ist: ergreift die Gelegenheit, die sich uns bietet, unterstützt den Genueser Kaufmann, den ich Euch gern vorstellen möchte, lasset uns den Schritt nach draußen wagen, bevor es andere tun.“
Einen kurzen Augenblick überlegte Innozenz, dann sagte er: „Wir wollen uns diesen jungen Genueser einmal ansehen. Dann können wir gemeinsam entscheiden, ob eine Unterstützung seines Vorhabens zu unserem Wohle sein wird.“ Mit einem Wink schickte er einen Diener hinaus, den wartenden Gast herein zu holen. Nach einigen Minuten betrat ein spielerisch wirkender Mann den Saal, dessen Kleidung bessere Tage gesehen hatte. Er kniete vor dem Papst nieder und sah dann in die Runde, wobei in seinen Augen ein gewisser Schalk spielte. Die Kardinäle sahen sich ob dieses Mannes erstaunt an. Wie konnte Rodrigo es wagen, ihnen einen derart zwielichtigen, gauklerhaft wirkenden Mann vorzustellen, noch dazu für eine so entscheidende Unternehmung?
„Cristoforo Colombo“, stellte Rodrigo den Besucher vor und übernahm die Rolle dessen, der Colombo befragte und den Kardinälen damit eine Beurteilung seiner Absichten und seiner Eignung ermöglichen sollte. „Warum glauben Sie, sollte eine Expedition über das große Meer unternommen werden?“
Colombo stellte sich stolz hin und sah mit seinen tiefliegenden verschmitzten Augen in die Runde. Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
„Seit langem wissen wir, daß diese reichen und fruchtbaren Länder jenseits des Ozeans existieren. Schon Cicero schrieb, daß die Phönizier ihr Gold aus den fernen Ländern jenseits des großen Meeres holten, deren Lage sie geheim zu halten verstanden. Durch meine eigene große Erfahrung und meine Kenntnisse des Meeres sehe ich mich in der Lage, diese Länder zu finden.“
„Verfügen Sie über weitergehende Kenntnisse als die, die wir alle davon haben?“, fragte Rodrigo nach.
„Ja, ich glaube, so ist es. Durch meine Heirat mit Dona Felipa Perestrelo e Moniz, die Tochter des Gouverneurs von Madeira, des gesegneten Bartolomeu Perestrelo, habe ich Zugang zu den über die Jahrhunderte gewonnenen Kenntnissen der Seefahrer von Madeira. Ich verfüge über genaue Karten der Länder jenseits des Meeres, wie sie in Europa noch niemand zu Gesicht bekommen hat.“
Innozenz hatte schon jetzt genug gehört und gab ein kleines Handzeichen. Der Diener führte Colombo aus dem Saal. Kardinal Rodrigo sah den Papst protestierend an und setzte sich. Innozenz gab das Ergebnis der Kardinalsrunde bekannt: „Meine lieben Brüder! Wir müssen davon ausgehen, daß dieser junge und gewissenlose Abenteurer in der Hand von Dokumenten ist, die die Stellung der Kirche gefährden können. Ich ordne an, diese sicherzustellen und mit Colombo wie üblich zu verfahren. Ich danke Euch.“ Die Kardinäle erhoben sich, verneigten sich vor dem Papst und verließen den Saal.

Der Diener hatte Colombo den bereit stehenden Wachen übergeben. Diese führten ihn durch viele lange Gänge, enger werdende Flure und viele Treppen abwärts in die dunkelsten Keller des Vatikan. Hier gingen sie an hinter Zellentüren jammernden und stöhnenden Menschen vorbei. Angst schlich ihm durch die Glieder. Schließlich gelangten Sie zu einer besonders schummrigen Zelle. Die Wachen bedeuteten ihm, daß er hier zu verbleiben habe. Colombo setzte sich auf deren Geheiß auf die Pritsche. Die Wachen gingen hinaus und verriegelten geräuschvoll die Zellentür. Er hatte schon oft in Zellen gesessen und war sich stets sicher gewesen, daß das nur vorübergehend sein konnte. Jetzt war alles anders. Er war im Zentrum der Macht gefangen, und niemand, schon gar nicht ein Freund mit dem nötigen Einfluß, ihm zu helfen, wußte von seinem Verbleib. Das Schließen der Tür hatte etwas tödlich Endgültiges.

Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah Colombo, daß an der gegenüberliegenden Wand Schädel aufgestapelt waren. Aus dunklen Augenhöhlen schauten die Köpfe ihn an. Neben den Schädeln waren noch einige Orden, Säbel und Gürtel gelagert. Es sah fast so aus, als wären hier die Reste von Seefahrern versammelt. Er brauchte nicht lange, um zu verstehen, was das für ihn bedeutete. Plötzlich, es waren erst einige Minuten vergangen, wurde es laut an der Zellentür. Mit lautem Knarren wurde sie geöffnet; herein trat eine junge, äußerst schöne Frau in edlen, fast verführerischen Kleidern. Sie sah Colombo verschmitzt an:
„Hallo, Fremdling, haben Sie es sich schon gemütlich gemacht? Sie haben hier die feinste Gesellschaft. Sie werden angeschaut von all jenen, die in den vergangenen Jahrhunderten die Idee hatten, über das Meer nach den vergessenen Ländern zu suchen. Was meinen Sie, was Ihre Vorgänger Ihnen alles erzählen könnten!“ Colombo war aufgestanden und hatte schnell eine Verbeugung gemacht, die die Dame überhaupt nicht beachtete. „Kommen Sie!“, forderte ihn die junge Frau auf. Colombo tat, wie ihm geheißen, und folgte ihr. Die Wachen begleiteten die zwei, aber jetzt wirkte es, als seien sie zum Schutz von Colombo bestellt worden. Colombo wurde aufwärts geführt, über viele Treppen und durch verwinkelte Gänge. Es war unmöglich für ihn, die Orientierung zu behalten. Schließlich wurde er in ein großes Zimmer geführt. Die Sonne schien mild und warm durch die großen Fenster herein. Ein großes Himmelbett bestimmte den Raum, getragen von vergoldeten geschnitzten Füßen. Darauf lagen mit Goldbrokat verzierte Decken ausgebreitet, an den Fenstern fesselten seidene Vorhänge seinen Blick. Die Dame neben ihm sah ihn belustigt an und wandte sich ihm zu, so daß er nun Mühe hatte, in ihr Gesicht und nicht auf ihren offenherzig dargebotenen Busen zu schauen. Sie wies ihn an, Platz zu nehmen. Erst jetzt bemerkte er die reichlich gedeckte Tafel und setzte sich; die Dame setzte sich hinzu. Colombo schaute seine Gastgeberin fragend an.
„Mein Name ist Francesca“, beantwortete die Dame eine naheliegende, aber sicher nicht die drängendste Frage ihres Gastes. „Kardinal Rodrigo hat mich beauftragt, Sie hier zu beköstigen und dafür zu sorgen, daß es Ihnen gut ergehe.“
„Wie lange werde ich hier festgehalten?“, fragte Colombo.
„Festgehalten werden Sie gar nicht. Sehen sie Wachen? Na also. Sie sind unser Gast. Und, den Umständen entsprechend, werden Sie so lange unser Gast sein wollen, bis sich Ihre Lage geklärt hat. Sie werden doch verstehen, wie es Ihnen erginge, wenn Sie uns jetzt verließen?“ Das war deutlich.
„Sind Sie in den Diensten des Kardinal Rodrigo?“, fragte Colombo. „Ja, so kann man es nennen“, antwortete sie mit einem schnippischen Grinsen.
„Werde ich Kardinal Rodrigo sprechen können?“, setzte er nach.
„Nein, zunächst nicht. Sie werden verstehen, der Kardinal ist im Augenblick außerordentlich beschäftigt. Wenn seine Dienstgeschäfte erfolgreich sind und sich alles zum Guten wendet, werden Sie sein Gesprächspartner sein. Bis dahin mögen Sie sich gedulden.“

Die folgenden Tage waren wie im Traum vergangen. Colombo hatte kein Gefühl mehr dafür, wie lange er in diesem schönen Gemach verbracht hatte. An gutem Essen und Bediensteten hatte es nicht gefehlt. In einem angrenzenden Raum befand sich eine kleine Bibliothek, so daß er sich die Zeit mit Lesen vertreiben konnte. Er orientierte sich schnell in der interessanten Auswahl hervorragender Bücher. Ein großer Tisch mit Intarsien und kunstvoll geschnitzten Beinen stand an einem Fenster, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Gärten genießen konnte. Gleich waren ihm Stapel von Büchern aufgefallen, die dort lagen, als hätte jemand gerade darin gelesen. Er erkannte mit großem Erstaunen, daß es Werke und Dekrete vergangener Päpste waren. Einige waren von Felix V., andere auf einem zweiten Stapel von Alexander IV. und Alexander V. Als Francesca ihn darin lesen sah, blickte sie ihn belustigt an: „Ja, Kardinal Rodrigo zieht sich manchmal hierher zurück. Er studiert die Werke alter Päpste, um nach einem passenden Namen zu suchen – für sich.“ Colombo war erstaunt über diese frivole Art, mit so schwerwiegenden Geheimnissen umzugehen. Er warf ihr einen verwunderten Blick zu; jedoch mehr verriet Francesca nicht.

Jeden Abend war eine bezaubernde Mätresse in sein Gemach gekommen und hatte gefragt, ob er ihre Gesellschaft wünschte. Meistens hatte er dies bejaht; er lebte immer nach der Devise, daß es ein Morgen vielleicht nicht gäbe und alles Schöne gleich genossen werden wolle. Dann war es soweit: Kardinal Rodrigo bat Colombo zu einer Unterredung. Er wurde in den Saal geführt, in dem auch die Audienz des Papstes stattgefunden hatte. Einige Kardinäle, etwa halb so viele wie bei der Audienz des Papstes, saßen auf Stühlen im Raum, Kardinal Rodrigo saß in seiner Kardinalsrobe auf dem Stuhl des Papstes.
„Wie sie wissen, verehrter Colombo, war der Heilige Stuhl immer den Menschen gegenüber aufgeschlossen und interessiert, die neues wagen und die heilige Botschaft in fremde Länder zu tragen suchen. Seien Sie unserer Unterstützung gewiß“, sagte Rodrigo feierlich. Colombo schaute sich um. Die Gesichter der Kardinäle schienen wie einst; er konnte darin nichts lesen. „Nun, welche Unterstützung haben sich meine Brüder für unseren Gast überlegt?“, fragte Rodrigo in die Runde.
„Sanctissimus Frater, wir könnten ihn ausrüsten und die Expedition bezahlen“, meldete sich ein Kardinal. Kardinal Rodrigo schüttelte mißbilligend das Haupt.
„Seit wann ist der Vatikan dafür da, etwas zu bezahlen?“, fragte er unwirsch zurück. „Laßt das spanische Königshaus die Expedition ausrüsten. Wofür halten wir uns denn dieses Adelsvolk?“ Und, an Colombo gewandt:
„Wir sind sicher, daß Ihnen in Spanien alle erdenkliche Unterstützung gewährt werden wird. Machen Sie einen Vertrag, der Sie zufrieden stellt. Wir werden das Königshaus in der Angelegenheit in diesem Sinne beraten.“- Jetzt hatte Colombo eine Frage:
„Verehrter Kardinal Rodrigo, wenn ich es recht verstehe, darf ich mir Eurer Freundschaft sicher sein. Aber habe ich auch die guten Wünsche der ganzen Kirche mit mir? Was wird sein, wenn ich zurückkomme?“ Rodrigo lächelte verständnisvoll.
„Sie werden einige Monate unterwegs sein, guter Freund. Sollte es, was Ihre Unternehmung angeht, wirklich Unterschiede in den Auffassungen geben, so wird die Zeit sie bis dahin geheilt haben.“ Und, nun wieder an die Kardinäle gewandt: „Habt Ihr Euch weitere Gedanken gemacht, die dem Gast dienlich sein könnten?“ Schließlich stand ein Kardinal auf:
„Sanctissimus Frater, wir haben den Vorschlag, Colombo mit den Karten und Logbüchern der Ägypter, der Minoer und der Phönizier auszustatten, die wir aus Alexandria übernommen haben und die sicher von großem Wert für die Orientierung auf der Reise sein werden.“ Kardinal Rodrigo nickte zustimmend.
„Versorgt ihn für die Fahrt, wie man einen Freund versorgt. Dieser junge Mann wird die Frohe Botschaft und das Wirken des Heiligen Stuhls in neue, große Länder tragen. Eine neue Zeit steht uns bevor. Wir werden nach über eintausend Jahren der Isolation die Freundschaft zu den Völkern jenseits des großen Meers wieder aufleben lassen. Wie hatten doch die letzten unserer Abgesandten den Mayas und den Inkas erklärt, bevor sie heimkehrten? Richtig: ´Wir kommen wieder´, haben sie ihnen versprochen. Wohlan, die Welt wartet auf uns!“

Nachtrag:

Am 17. April 1492 unterzeichnete Colombo in Granada einen Vertrag mit dem spanischen Königshaus, in dem er alle seine Forderungen für die Unterstützung der Expedition, die Rechte an den zu erobernden Kolonien sowie der erbeuteten Edelmetalle durchsetzte.
Am 25. Juli 1492 starb Papst Innozenz VIII.
Am 3. August 1492 brach Colombo zu seiner ersten Reise nach Amerika auf.
Am 11. August 1492 wurde Kardinal Rodrigo Borgia zum Papst Alexander VI. ernannt.

 

"Wo wären wir heute, wenn man zu Kolumbus gesagt hätte: Christoph, bleiben Sie hier. Warten Sie mit Ihrer Entdeckungsreise, bis unsere wichtigsten Probleme gelöst sind…. Bill Gates" kann natürlich nur von unserem heutigen Standpunkt aus gefragt werden, wobei eine Menge möglicher Antworten folgen könnte,

und damit

hallo Setnemides!

Eine lange Geschichte erzählstu uns da mit dem "Aufbruch in die Neue Welt",
der - natürlich - mit unserm heutigen Wissen als ein solcher bezeichnet werden kann. Da ist die Einführung über die Historie durch die Geistlichen der richtige Einstieg -

denn wer Politik treibt, quasi Geschichte schreiben will, und geschichtslos/ohne Wissen über Geschichte handelt, handelt fahrlässig und da wiederholen sich Ereignisse - als Treppenwitz. Aber Deine fiktive Geschichte ist gut erzählt und es hat was, dass bereits Minoer Amerika (das damals - wie könnt es anders sein? - nicht seinen heutigen Namen hatte) erforscht und besiedelt hatten. Das spricht dafür, dass flüchtige Trojaner nicht nur Alba Longa, die Mutter Roms, gegründet haben könnten, Abkömmlinge von Phönizieren und flüchtigen Carthagern in den Anden eine Kultur im Regenwald gründeten, die vom 14. bis 16. Jhdt. dem Ansturm der Inkas standhielt.

Ich meine, die Geschichte umzuinterpretieren, Kolumbus suchte nicht den Seeweg nach Indien, sondern im Auftrag der Kirche nach diesem westlichen Kontinent, ist Dir gelungen!


Kein Wort über die Verwendung von ß und doppel-s, seh ich - wie schon mal gesagt - als Dein gutes Recht an. Deine alten Romane wirstu hoffentlich nicht vergessen ... Gleichwohl meldet sich meine Krämerseele:

"Auch geht die Kunde, daß es hinter diesen Ländern ein weiteres Meer gibt, dessen Ausmaß noch größer sein soll" als was?

"Meine Empfehlung an euch ist: ..." und: "Wenn seine Dienstgeschäfte erfolgreich sind und sich alles zum Guten wendet, werden sie sein Gesprächspartner sein. Bis dahin mögen sie sich gedulden.“
Anrede: "Euch" und "Sie". Weiter unten geht es doch!

"Colombo wurde aufwärts geführt, über viele Treppen und durch viele verwinkelte Gänge." Das zwote "viel" scheint mir eines zu viel zu sein - und in der Tat: es wegzulassen schadet dem Satz nicht.

Mir gefällt's!

Gruß aus'm Internetcafe (behalt den Hut bitte auf)

Friedel

 
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Hallo Friedel,

Du bist ein schwer vorstellbares Wesen; hockst Du 24 Stunden am Tag mit Kaffee und Zigaretten im Internetcafé und liest alles?
Es freut mich, einen Leser erreicht zu haben; das ist unendlich viel mehr, als keinen zu erreichen.

Nachtrag zu meiner Motivation: Bei der Lektüre von René Oth: Bevor Kolumbus kam (ziemlich oberflächlich), und Nors Sigurd Josephson: Eine archaisch-griechische Kultur auf der Osterinsel (wissenschaftliches Buch, sehr sorgfältig) blieb mir nur eine Frage offen: wenn mindestens dreitausend Jahre lang Amerika besucht (und möglicherweise kolonisiert wurde), wenn alle da waren, die Rang und Namen haben, die Mesopotamier, die Ägyper, die Phönizier, die Minoer, die Römer, wie war es möglich, daß dieses Wissen in der Zeit um Christi Geburt so plötzlich verloren gegangen ist?

Darauf habe ich als Laie eine einfache und zugegebenermaßen polemische Antwort versucht. Das fiel mir nicht schwer; die Kiste mit Klischees vom Vatikan ist riesig.

Deine Frage: "Auch geht die Kunde, daß es hinter diesen Ländern ein weiteres Meer gibt, dessen Ausmaß noch größer sein soll" als was?

Antwort: als das Meer davor, der Atlantik. Der Bezug ist nur indirekt, da nur davon gesprochen wird, "hinüberzufahren", aber nicht von dem Atlantik. Wenn Du stolperst, muß ich den Bezug wohl deutlicher machen.


Gruß Set

 

Hallo Set,

mitnichten & -neffen sitz ich hier den ganzen Tag, schon gar nicht bei Kaffee (macht nur abhängig) und Zigaretten (rauch seit 40 und mehr Jahren nicht mehr). Gleichwohl: einem Bierchen (0der anderen Wässerchen) bin ich nicht abgeneigt.

Zwo kleine Anmerkungen noch:

Hab natürlich bei den Daten nachgeschaut (bin nun doch kein Lexikon). Fast alles korrekt, bis auf die Zählweise des Innozenz. Da verstarb nicht der III., sondern der VIII. am 25. Juli 92.

Die Sache mit dem Komparativ sollte nur darauf hinweisen, dass es des Vergleichs bedürfte (natürlich hält man's im wirklichen Leben nicht immer so). Vielleicht geht die Formulierung, dass es ein größeres Meer gebe als die, die man bis dato kannte oder als alle bekannten Meere usw. Da gibt's einiges an Alternativen.

So, das war's dann wieder für heute.

Bis demnächst

Friedel

 

hallo Friedel,

habe mich ein bißchen mit Tipp- und anderen Fehlern beschäftigt, einschließlich des vergessenen "V" vor dem "III." hinter "Innozenz".

Gruß Set

 

Hallo Setnemides,
komme gerade von einem Trip nach Lissabon zurück und habe noch Vasco da Gamas Start von dort gen Indien vor dem geistigen Auge. Da reizte mich der Titel Deiner Aufbruchsstory.
Ja, da kommt inhaltlich viel rüber über die (damalige?) Weltmacht Vatikan. Die Dialoge gefallen mir auch. Ohne beckmessern zu wollen, könnte die physische und psychologische Charakterisierung der Personen hier und da vielleicht noch ein wenig geschärft werden.
Gruß, Dieter

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dieter,

"du mußt alle Orte, Gegenstände und Personen Deiner Geschichte lieben", sagt Prof. Ortheil, der den einzigen Lehrstuhl für Kreatives Schreiben in Deutschland innehat (in Hildesheim), auf einer Veranstaltung im Hamburger Literaturhaus mit dem Titel "Wie Romane entstehen". "Alle Personen müssen emotional besetzt und geklärt sein; wenn zu einer Person die Gefühle des Autors unklar sind, fällt sie aus der Geschichte heraus."

Das gilt nicht nur für Romane, sondern auch für Kurzgeschichten. Ich habe in meiner kurzen Zeit hier im Forum gemerkt, daß neben der stimmigen und der und der für mich nicht nachvollziehbaren Kritik eines immer zutraf: wenn ich eine Person nicht geklärt hatte, keine oder eine schwierige Beziehung zu ihr hatte, nahmen die Leser sie mir nicht ab. Es stimmt also.

Die Personen in dem Vatikan-Krimi sind Skizzen, die ich nicht liebe und die mir wenig wichtig sind. Ich habe sie allesamt aus der Klischeekiste geholt. Der Ablauf der Geschichte, die Faszination der historisch-kriminellen Handlung und die Aufdeckung der bis heute währenden Geschichtsklitterung erschienen mir wichtiger. Inzwischen weiß ich immerhin um diesen Mangel: so komme ich meinem Ziel nicht näher. Und: es gibt Geschichten, bei denen ich die Beziehung zu den Handelnden ansatzweise entwickelt habe und ich spüre, daß diese Geschichten besser sind.

Du hast also ins Schwarze getroffen. Und allen, die meinen, es ließe sich schreibtechnisch lösen, daß die Personen eingeführt, in ihrem Charakter spürbar dargestellt werden, sei nur gesagt: es geht nicht; der Leser spürt mehr von den Gefühlen des Autors, und besonders von seinen fehlenden Gefühlen, als der Autor selber.

Dies anzunehmen bedeutet noch lange nicht, es befolgen zu können.

Gruß Set

 

Hallo ihr zwo,

grüß Dich Dieter & herzlich willkommen hierselbst (nach acht Beiträgen sollte es noch geh'n wie ja auch das "'n gutes Neues" noch am 33. Tag des Jahres gehen sollte, selbst wenn`s eine vom Aussterben bedrohte Floskel sein sollte, selbst Floskeln haben ihre Funktion, wie Böll mal in seiner Poetik-Vorlesung zum Besten gegeben hat - puh, was für`'ne lange Begrüßung und dann zu mBeginn Endreim und als zwotes Stabreim, puh, länger als der Beitrag an sich),

man unterschätze mir die "verbliebene" Macht des Vatikans nicht, insbesondere seines Geheimdienstes, der wesentlich effektiver & präzioser arbeitet als ein weltlicher ...

Gruß

friedel

 

Hallo Du einer, wenn vielleicht auch multifaktorieller,

die Qualität eines Geheimdienstes kann man daran messen, wieviel man über ihn weiß. Denn er soll ja dienen, und das geheim. Wenn man weiß, wem er wie dient, ist er kein Geheimdienst. Also: über die CIA kann man die Bücher in Containern heranfahren, über den BND gibt es vielleicht einen halben Meter Literatur, beim Mossad wird es schon dünner und beim Vatikan? Eben. Das ist Qualität.

Gruß Set

 

Ja, Are-Efen,
aber die Geschichte besagt ja, daß diese neue Welt seit langem gut bekannt ist - es kann also nur Ironie sein.
Über die Geheimdienste läßt sich nett spekulieren, eben weil man nichts weiß. Es ist nur Zeitvertreib.

Ich kann dem Übergang vom Alten Testament zum Neuen einiges positives abgewinnen.
In dem Übergang zwischen dem ersten Kontakt der Europäer mit Amerika, den umfangreichen kulturellen Anstößen besonders in Mittelamerika vor über 3000 Jahren, und dem wiederaufgenommenen, "neuen" Kontakt von Columbus, Cortez, Pizarro und ähnlichen Plünderern kann ich nichts positives sehen.
Kein Fortschritt zum "Neuen".

Gruß Set

 

Hallo Are-efen,


"Liebet eure Feinde!'
Als solche ließen sich an dritter Stelle die Geheimdienste, Intelligenz'dienste' und Gottesdienste ansehen.

Natürlich ist die These nahe am christlichen Gebot, lieben im Sinne von "in das Gefühl einschließen und annehmen, wie es ist", nicht im Sinne von lobhudeln und mit Wollust überschütten.

anfänglich ziemlich heftig über den Namen Innozenz - die heilige Unschuld - stolpernd,

Ich habe darüber nicht nachgedacht; er heißt einfach so. Aber daß ihm in dieser Geschichte die Rolle dessen, der nichts Neues entscheidet, sondern mit einer Tradition einfach fortfährt, zukommt, hat schon eine Ironie. Unschuld durch Unterlassung? So funktioniert es natürlich nicht.

und man schreitet durch alle Türen, die diese Geheimdienstkräfte mit jeder Eröffnung eines Neuen fest hinter sich geschlossen hatten und begreift, dass so ihr Wesen ist und war.

Willkommen im Club!

Von Créer l'événement (frz.). Über das engl. event kommt man beim deutschen - eventuell - an ., das ist aber eine reichliche Wegstrecke. Merkwürdig, welche Probleme die Übersetzung bereitet; wir haben keinen äquivalenten Ausdruck für "Créer l'événement", mit "make a happening" wird es schon flacher, klingt nach Andy Warhol, aber "ein Ereignis schaffen"? Das ist unmöglich. Eine "Sensation hervorrufen"? Bei Gefühlswahrnehmungen flüchtet das (der) Deutsche in die Fremdworte. Es zu einem "Knall kommen lassen"? Sehr interessant, daß wir aus dem "event" ein "eventuell" gemacht haben, fast als hätte für uns jedes "Ereignis" das Attribut "vielleicht". Das alles gilt für die Spekulation in der Geschichte.

Danke,

Gruß Set

 

>"du mußt alle Orte, Gegenstände und Personen Deiner Geschichte lieben", sagt Prof. Ortheil<, muss man eben nicht, wie ich finde. Oder sollte Kafka danach gehandelt haben? Und selbst wenn er etwa Grgor Samsa geliebt hätte, Samsa hat sich nicht geliebt,

lieber Set.

Hier irrt der professorale Dichter sicherlich. Da hätten wir aber mehr als ein erfülltes Liebesleben. M. E. reicht es, den Überblick und die Fäden in Händen zu halten (da kann man dann Ariadne wieder ganz gern haben, aber LIEBEN konnte Theseus sie schon nicht so richtig und erst recht nicht dauerhaft. Vorweggenommene moderne Welt? Nee, die lebenserwartung sorgte auf natürliche Weise, dass Treuegebote ein (kurzes) Leben lang hielt.) Das gilt dann auch für die Gefühle >"Alle Personen müssen emotional besetzt und geklärt sein; wenn zu einer Person die Gefühle des Autors unklar sind, fällt sie aus der Geschichte heraus."< Ich halt's dann mit der romantischen Ironie, deren Meister m. E. Jean Paul war wie dann Heimito v. Doderer in der Nachfolge: Lass das Publikum mitspielen und sich einmischen, das vermag ins traurigste Geschehen Komik einzuführen, denn auch die auftretenden personen sind nicht eindimensional und nur einfach gestrickt. Selbst bei einer bescheidenen Kreatur wie mir wohnen entgegen Goethes Behauptung mehr als zwo Seelen in der Brust, die meisten aber eine Etage höher unterm und auf'm Dachboden. Und diesen Zustand gönn ich auch den Figuren und - um dabei zu bleiben - Kafka auch.

Hallo Are,

>dass der 'Intelligence Service' des Vatikan im besten Falle auf Telepathie beruht< gefällt mir ungemein, besonders unter aktuellen Ereignissen. Nun sind wir Deutschen auf einmal nicht mehr Papst oder weniger!, und da muss sofort eine Verschwörungstheorie her. Dass ein alter Mann auch mal schusselig sein darf, wird ausgeblendet. Nicht "Deutsch" gehört ins Grundgesetz, sondern das Recht auf Schusseligkeit, Faulheit (die ja natürlicher ist als unser fleißiges Lieschen & Getue im Wirtschaftsleben; was daraus wird ...Wer weiß? Das wahrscheinlichste ist eine Neuauflage von vorm Fall von Lehman & Co., fürcht ich - auch, dass der Vatikan nicht nur im metaphysischen. sondern auch im wirtschaftlichen spekuliert haben könnte und Gottes irrdischer Stellvertreter pleite ist, es vielleicht nur noch nicht weiß.).

Auch die Kette Alte(s) Welt - Neue(s) Welt (Testament) macht Sinn und schließt den Kreis. Sowie das NT immer wieder Bezug nimmt aufs AT (Propheten und Psalter vor allem), so bezieht sich die Neue immer auf die Alte Welt: Ob nun sibirische Völker zu einer indigenen "Ur"bevölkerung am Ende der Eiszeiten und Jahrtausende später zu Inuit werden, ob Phönizier/Carthager auf der Flucht vor Rom den Amazonas eher zufällig hinauffahren und eine indigene Kultur formen, die Jahrhunderte später den Inkas trotzt, ob Nordmänner unter Leif Eriksson Vinland finden, aber nicht mit der indigenen Bevökerung wie später ebenso wenig mit den grönländischen Inuit zurechtkommen - die Reihe ließe sich fortführen - immer ist der Bezug zur slten Welt gegeben, und was davon zu seiner Zeit notiert & archiviert wurde bleibt ein Geheimnis. Den Conquistadores fiel halt das zweifelhafte Glück zu, eine Welt in Aufruhr gegen die "alten" Mächte (Azteken hier, Inkas dort) vorzufinden und ohne die mächtige Zahl an illusionierten indigenen Verbündeten wär der handvoll Spaniern trotz Feuerwaffen kein Staatssturz gelungen - denn die Feuerwaffen reichten vielleicht weiter als Pfeil und Bogen, waren aber viel unhandlicher zu bedienen und die indigenen Verbündeten hatten ja auch keine "modernen" Waffen und lebten noch am Ende der Steinzeit, gerade mal in der Kupferzeit.

Auch ich kann dem Übergang vom AT zum NT manches abgewinnen. Vor allem von der Ethik her, wenn das alte Stammes/Volksrecht quasi universell wird, insbesondere das Gebot der Solidarität (Nächstenliebe) - womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären -, aber alles ohne den religiösen Firlefanz und missionatrischen Eifer, für den dann die heilige Unschuld steht, die dann mal eben die Inquisition in die Welt setzen lässt - weil der Geheimdienst - Jesuiten nennen sie sich, sich tarnend, und sind doch nur Christianer*.

Und allein schon, weil die Geschichte so viel - zugegeben - ausufernde Gedanken erzeugt, kann eine Geschichte gut werden, gleichgültig, was der Autor für Intenzionen ursprünglich hatte und ob er die Geschichte incl. Personal selbst überhaupt mag.Und >das gleiche Attribut gebührt dieser Geschichte.<

So, jetzt bin ich aber fusselig ...

Gruß

friedel

 

Hallo Setnemides,
Die Geshichte gefällt mir sehr gut im Bezug auf die Aufdeckung der Historischen Hintergründe.
Nicht so gut gefällt mir, wie sich der Fortgang der Geschichte entwickelt.
Für mich ist klar, dass Kardinal Rodrigo den Papst hintergeht. Erzählt wird aber, wie Christoph Columbus im Gefängnis sitzt und sich bisweilen mit einer Märtresse vergnügt. Da passiert einige Zeit überhaupt nichts (sichtbares)
Und darum kommt auch wenig Spannung auf.
Die Charaktäre finde ich alle sehr gut dargestellt. Wenn noch etwas mehr bewegung in die GEschichte reinkommt, dann hat sie einiges Potential.
LG
Bernhard

 

Hallo Bernhard,

danke, mit der Spannung habe ich es wohl nicht so. Ich schildere die Geschichte aus der Sicht des Prot, für den die schwerwiegenden Ereignisse nur ahnbar sind und im Verborgenen brodeln. Wenn ich hier die Erzählung zu einer anderen Person, etwa dem künftigen Papst und seinen Intrigen wechsele, verliert sie. Ich müßte sie dann auch viel länger machen und würde von dem eigentlichen Thema, der Amkerikafahrt, ablenken. Die Lösung kann nur darin bestehen, daß diese Vorgänge, über die Colombo aus Andeutungen erfährt, spannender dargestellt werden - sein Leben hängt ja davon ab und er weiß es, auch wenn er nicht ständig daran denkt.

Gruß Set

 

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