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Aus freien Stücken

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06.10.2001
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Aus freien Stücken

Als ich an jenem Tage zu relativ früher Stunde erwachte, wunderte es mich nicht, dass der Wasserhahn wie gewöhnlich tropfte und der Lärm der Straße in das geöffnete Fenster meiner spärlich eingerichteten Zwei-Zimmerwohnung drang. Die Sonne sendete ihre ersten Strahlen, die ich durch die geöffneten Jalousien wahrnahm und ich blinzelte müde, während irgendwo im ersten Stock die Vermieterin hysterisch kreischte und sich das Fauchen einer Katze durch die papierdünnen Wände wie das Brüllen eines Löwen oder einem Tier in vergleichbarer Größe anhörte. Glücklicherweise war es draußen recht warm und angenehm, so dass die seit Monaten beschädigte Heizung, die bereits im Frühjahr ihren Geist aufgegeben hatte und für die sich niemand verantwortlich zeigte, jetzt nicht unbedingt benötigt wurde.
Auf dem Fenstersims hatten es sich einige Tauben gemütlich gemacht und hockten beharrlich beieinander, um abwechselnd ihre Exkremente auf die Straße unter ihnen zu verteilen. Vorbeilaufende Passanten kümmerten sich nicht um die beinahe schon zur Fassade des Hauses gehörenden Tiere. Eines reckte den Hals in die Luft und gurrte zufrieden als ein Yuppie mit Aktentasche bemerkte, dass er ein Opfer der Taubendarmabfälle geworden war, die nun in Form einer flüssigen, weißen Masse langsam aber sicher über den grauen Trenchcoat in die Tiefe zu laufen begannen. Letztendlich bot sich nur die Möglichkeit, ein paar Meter weiter zu versuchen mit ein paar Tüchern den Schmutz abzuwischen und anschließend seinen Weg fortzusetzen. Einige Leute blieben auch stehen und beschimpften die völlig verdutzten Tauben, bevor sie drohend mit dem Finger auf sie zeigend hinter der nächsten Abbiegung verschwanden. Logischerweise müsste man diese Menschen auf die fehlenden Konsequenzen einer solch unüberlegten Handlung aufmerksam machen, indem man ihnen wie einem Kind beibringt, dass diese Vögel der menschlichen Sprache nicht mächtig sind. Vermutlich dachten sich jene Menschen, dass durch die vermeintliche Einschüchterung des Federviehs beim nächsten Mal eine derartige fäkale Attacke ausbleiben würde – die Realität sah jedoch anders aus und wich meilenweit von dieser Wunschvorstellung ab. Oft wechselten die Passanten am nächsten Tag schlicht und einfach die Straßenseite, um so der Gefahr einer erneuten Rektalbombe der Tauben zu entgehen, jedoch nicht ohne noch einmal mit dem Finger auf die Schädlinge zu zeigen und andere Bürger vor ihnen zu warnen. Nach fehlenden Reaktionen beließen sie es jedoch meistens dabei und setzten ihren Weg fort.
Simpler erschien da die Lösung mit dem Wagen zur Arbeit zu fahren. Den konnte man dann alle paar Wochen reinigen lassen und ärgerte sich nicht sonderlich über ein wenig Taubendreck. Man musste sein Auto ja auch nicht in der Mittagssonne unter den Nistplatz solcher Vögel stellen, da man nun nach zahlreichen Erfahrungen wusste, dass dies keine gute Idee war. Ich zog die zweite Möglichkeit vor und verachtete die Fußgänger zu beiden Seiten mit einem zynischen Lächeln, das in so manch urkomischer Situation auch in ein höhnisches Lachen umschlagen konnte. Ich wagte es sogar mehrere Male etwas hinauszurufen, um die verdutzten Gesichter der bis auf die Schuhe durch und durch mit Taubendreck beschmutzten Leute zu sehen. Ihre unglaublich dumme Gestik erhielt dann normalerweise meine gute Laune bis ich in der EDV Abteilung des Syncware Konzerns meinem Arbeitgeber begegnete, der mich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Mit einem schnippischen Blick wanderte ich dann für gewöhnlich durch die Gänge und schenkte den Kollegen keine Aufmerksamkeit. Sobald es zur Mittagspause läutete, war ich der erste in der Cafeteria unten neben den Labors im zweiten Stock, wo ich mich ausruhte und ordentlich frühstückte. Dies blieb zuweilen meine einzige Mahlzeit am Tag, da ich immer bis zum Hals in Arbeit steckte und nur mit Überstunden die hohen Anforderungen der Chefetage erfüllen konnte. Sobald ich wieder zu Hause war, dachte ich nur noch ans Schlafen und hatte keine Zeit für andere Dinge. Deshalb besaß ich auch keinen Fernseher, kein Radio oder was man sonst für eine gelungene Freizeitaktivität braucht. Ich bevorzugte das passive Genießen meiner Freizeit, indem ich mich von meinem Job erholte und ausspannte. Ich bekam oft vorgeworfen ein 08/15 Leben zu führen, eben ein seriöses und spießerhaftes Leben wie es im Buche steht. Ich wusste derartige Kommentare zu schätzen, obwohl sie oft in meiner Rubrik für nutzlose Kritik und wertloses Geschwätz landeten, die ich sauber und in Einbetracht meiner fehlenden Hobbies aufschrieb, sortierte und ordnete. Natürlich tat ich das nicht wirklich, aber es wäre doch schön, wenn es so gewesen wäre. Zumindest nicht derart trist wie es die derzeitige Situation verhieß.
An jenem Morgen also wankte ich verschlafen zu einem der Pappkartons im hinteren Teil des Zimmers – ich war kürzlich umgezogen und hatte noch keine Zeit gefunden die notwendigen Möbel aufzutreiben – um meine Kleidung für diesen Tag auszuwählen. Ich zog alles an, was ich innerhalb einer Minute zusammensuchen konnte und beschloss an diesem so unwichtigen Tag keine Krawatte zu tragen, da sie meinen Hals nur unnötig einschürte und mich zudem wie einen Vollidioten aussehen ließ.
Viertel vor sieben, zeigte der Wecker. Ich griff die Aktentasche auf dem tischähnlichen Gebilde neben mir und öffnete die Tür, die den Weg in den Gang freigab, auf dem ich die noch immer fluchende Vermieterin hörte. Ich beschloss sie nicht wieder auf die defekte Heizungsanlage anzusprechen, da ich ohnehin nicht besonders gut gelaunt war und meine Nerven vor einem unkontrollierten Anflug agressiven Zorns schützen wollte. Am liebsten hätte ich sie wohl auf einen Tee eingeladen, nett mir ihr geplaudert und die alte Hexe anschließend mit dem aus der Heizung triefenden Öl übergossen und angezündet. So wäre es wenigstens im Winter schön warm gewesen. Zu dumm, dass solche Einfälle immer zu spät kommen mussten.
Was solls, dachte ich mir und zwängte mich an der schnatternden Furie im Treppenhaus vorbei, die sich in einer hitzigen Diskussion mit einem der Mieter aus dem Parterre befand.
Wortfetzen und Satzteile flogen mir entgegen und ich eilte hinaus, um mein bis zu diesem Zeitpunkt ruhiges Gemüt nicht mit dem sinnlosen Geplänkel zweier mir völlig gleichgültigen Menschen zu belasten. Draußen angekommen sah ich mich erst einmal um, jedoch ohne mich zu weit vorzuwagen und so dem verdauten Mageninhalt meiner Freunde auf dem Fenstersims ausgesetzt zu sein. Wir arbeiteten zwar zusammen – ich fütterte sie und die Tauben setzten dafür ihre ganz persönliche Note auf vorbeilaufende Fußgänger – doch waren diese Biester oft zu unberechenbar, um sicherzugehen nicht von ihrem Dung erwischt zu werden.
Ich schaute nach oben und ging schnellen Schrittes auf meinen Wagen zu, der auf der anderen Straßenseite geparkt war und mit etwas Glück keine Dreckspuren aufwies, so schien es mir zumindest. Um einen genaueren Blick zu riskieren und mich ins Innere des Chevrolets zu begeben sprintete ich über die menschenleere Straße ohne mich dabei umzusehen. Der Lärm um mich herum war grässlich laut und ich konnte es kaum noch erwarten mich endlich in die bequemen Polster des PKWs zu werfen und das Autoradio einzuschalten. Da geschah es.
Ein gigantischer Schatten erfasste die schemenhafte Gestalt meines Alter Ego und ich vernahm die energische Hupe eines nahenden Fahrzeugs, das immer schneller zu werden schien, obwohl ich es nur aus den Augenwinkeln erkennen konnte. Ich spürte plötzlich die nahende Gefahr, war hin und hergerissen von Angst und grenzenlosem Entsetzen. Sekunden, die mir wie Stunden vorkamen, verstrichen vor mir als wäre die Zeit mit einem Mal bedeutungslos geworden. Was mich selbst überraschte war die Fähigkeit in jenem Moment ohne Zweifel völlig klar denken zu können. Ich wusste, da preschte ein vermutlich mehrere Tonnen schweres Vehikel mit rasender Geschwindigkeit auf meinen immer noch wie angewurzelt stehenden Körper zu und es würde mir alle Knochen brechen, wenn ich nicht binnen eines Sekundenbruchteils zur Seite wich. Doch ich tat es nicht. Ich wusste, da hatte mich jemand vor die Wahl gestellt. Und ich sagte ja. Ja, ich möchte mein Leben ändern. Ja, ich möchte nicht mehr der Mensch sein, der ich einmal gewesen bin. Ja, ich möchte sterben.
Und dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Um es kurz zu fassen: Seit nunmehr einer Woche bin ich tot. Es gibt noch eine Menge zu erzählen – Geschichten, ja so viele unzählige Geschichten aus meinem früheren Leben, die ich euch berichten könnte. Doch ich schweige. Und sitze neben den Tauben auf dem Dach, neben denen auf dem Fenstersims, und fliege mit ihnen auf die andere Seite der Straße ...

 

Es gibt noch eine Menge zu erzählen – Geschichten, ja so viele unzählige Geschichten aus meinem früheren Leben, die ich euch berichten könnte. Doch ich schweige.

Ein weiser Entschluß, denn ich glaube kaum, daß ich mir noch eine weitere Geschichte dieses Taubenanbeters anhören würde.

Die Geschichte ist langweilig, langatmig beschrieben, da konnte auch der Schluß nichts mehr retten. <IMG SRC="smilies/cwm33.gif" border="0">

Und sie ist grauenvoll zu lesen am Bildschirm. Wo sind Die Absätze????? :mad:
Wenn man nur einmal kurz mit den Augen blinzelt, hat man die Stelle verloren, an der man sich gerade gelangweilt hat. Normalerweise hätte ich in so einem Fall gesagt: Gott sei dank, kann ich ja auch gleich ganz aufhören zu lesen, lohnt sich nicht. Da ich hier aber schon zwei andere, echt gute Geschichten von dir genossen habe, wollte ich es einfach nicht glauben, daß hier nichts mehr kommt und habe mich weiter durchgequält. Leider. :rolleyes:
Naja, niemand, oder fast niemand schreibt nur perfekte Geschichten. Ich denke, ein Flop spornt nur an, es nächstesmal wieder besser zu machen.
Dies ist meine ganz persönliche Meinung, andere mögen für sich selbst sprechen.

Gruß.....Ingrid

 

Jo, dann sprech ich mal für mich selbst... :D

Also ich fand den Protagonisten unsympathisch, ganz ehrlich. Das liegt an der Art, wie er redet - so hochgestochen, irgendwie... :( Und dann eben noch an den Tauben. Ich weiß nicht, was alle Welt gegen die Tauben hat - ich mag sie wirklich. :p :D

Richtig direkt langweilig fand ich die Geschichte nicht, aber ich war gemein dem Protagonisten gegenüber, weil ich den halt nicht leiden kann/konnte... hihi.

Griasle
stephy

 

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