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Auszug aus Micrographica

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19.06.2001
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Auszug aus Micrographica

Es gab einmal ein Land, das hieß Micrographica. Wo es lag, weiß keiner mehr so genau. Denn es ist zerfallen zu Staub im Laufe der Zeit, wie alles einmal vergehen wird. So war es immer und so wird es immer sein bis diese Welt auch einmal daran zerbricht.
Seine Bewohner sind schon lange zu ihren Ahnen gegangen und ihre Kinder erinnern sich nicht mehr ihrer Herkunft. Doch ab und zu, wenn der Name Micrographica erwähnt wird oder der Wind ihn leise zwischen den Bäumen singt, ist hier und da einem Menschen so, als erinnere er sich an etwas. Eine weit entfernte Melodie von sanften Hügeln, grünen Wäldern und malerischen Dörfchen klingt dann in ihren Seelen wider. Dann wundern sie sich ob dieser seltsamen Erinnerung und vergisst sie schon einige Augenblicke danach wieder. Dann zerfällt Micrgraphica erneut zu Staub, der im Wind der Zeit verweht.
Doch davon wollte ich nicht erzählen. Ich wollte euch von Micrographica erzählen, wie es wirklich war, von seinen Bewohnern und seiner Geschichte.Wie bereits beschrieben war dieses Land sehr schön. Seine Dörfchen, nicht zu groß und nicht zu klein, gelegen zwischen einigen Hügeln auf deren saftigen Hängen Schafe und Wölfe einträchtig nebeneinander grasten.
Die Menschen waren alle sehr freundlich zueinander. Sie machten sich jeden Tag Geschenke und stritten nie. Eine Regierung gab es nicht und hatte es auch nicht gegeben. Das hielt auch niemand für nötig, da eine Regierung Streit schlichtete und Gesetze machte. Streit gab es nicht und wer brauchte schon gesetze, wenn es auch ohne ging? Doch eines Tages wurde diese Idylle jäh gestört.
Ein Mann kam aufgeregt ins Dorf gelaufen. Er erzählte die ungeheuerliche Geeschichte von einem Löwen, ein ganz großer zottiger, der ein Schaf auf den Hügeln "nicht mehr lebend" gemacht hatte. Dann hatte er es mit sich gezerrt. Große Entrüstung herrschte in ganz Micrographica. Man beschloß einige starke Männer auszusenden, die der Fährte des Löwen folgen sollten. Gespannt erwartete man deren Rückkehr. Diese zog sich aber einige Tage länger hin als erwartet. Doch als sie schließlich zurück kamen erzählten sie wunderliche Dinge von einem Land hinter den Hügeln. Ein anderes Land als das ihre war ja schon seltsam genug, aber die Dinge, die die Männer von diesem land erzählten, waren noch viel wunderlicher. Sie erzählten von Tieren, die sich gegenseitig umbrachten und auffraßen, von Stürmen und Schnee und Hagel. Sie erzählten von Menschen, die stritten und Hand aneinander legten. In dieser Zeit hörte man in Micrographica das erste Mal die Worte "Streit" und "Mord" und "töten".
Bei einer Versammlung, bei der das ganze Volk anwesend war, beschloß man einstimmig diesen armen Wesen zu helfen. So packte ein jeder seine Sachen und machte sich auf den Weg in das Land, dass sie "Welt" getauft hatten.
Das kleine Völckhen stellte mit Verwunderung fest, dass die Welt viel näher war als angenommen. Mit großen staunenden aber auch ängstlichen Augen wanderten sie durch das neue Land. Doch ihre Wanderung fand bald ein wenig ruhmreiches Ende. In einem Waldstück wurden sie überfallen. Alles gute Zureden half nichts. Bald waren die Räuber mit all ihren Sachen und den frisch gezähmten Pferden auf und davon.Ein paar schimpften. Andere stimmten murrend ein. So versuchte man auf dem schnellsten Wege zurück nach Micrographica zu kommen.
Doch schnell ging ihnen der Proviant aus und sie waren gezwungen Tiere zu fangen und zu schlachten. Dann erreichten sie ihre Heimat.
Nach einigen Tagen berief man neuerlich eine Versammlung ein. Man hatte Angst bekommen vor den anderen. Zum ersten Mal fiel das Wort "Krieg". Einstimmig beschlossen sie dem Feind zuvor zu komme. Sie schmiedeten sich Schwerter und Dolche, bauten Bogen, Armbrüste und Morgensterne. Die Frauen schlachteten das Vieh, denn man brauchte ha Vorrat für den krieg. Als letztes fingen sie die Pferde ein und schulten sie zu mutigen Kampfrossen. Nun war alles bereit. Doch man stellte fest, dass man einen Führer brauchte, der die Truppen befehligen sollte. Streit entstand und zwei Parteien bildeten sich. Als der erste Kandidat den zweiten erschlug floß das Blut eines Menschen in Micrographica.
Der Rest ist rasch erzählt.
Sie zogen aus, verloren einige Schlachten aber gewannen auch welche. Ihre Gefangenen erwartete ein schlimmes Schicksal, denn ihre Kreativität, ein Relikt aus den alten Tagen, kannte keine Grenzen. Und dann kam irgendwann der Tag an dem Micrographica überrannt wurde. Schon lange weideten keine Schafe und Wölfe mehr nebeneinander auf den Hügeln. Denn die Wiesen waren zu Geröllhalden und die Wölfe zu Fleischfressern geworden. Bürgerkrieg hatte das Land erschüttert und nichts mehr war übrig geblieben um das es schade gewesen wäre.
Hiermit endet die Geschichte Micrographicas.
Was ist mit dir? Hörst du die Melodie? Micrographica!

 

Moin Sara,

fast glaube ich, du hast diese Geschichte unter Einfluß der vergangenen Tage geschrieben. Der atemraubende Zeitraffer, mit dem du die Einwohner Micrographica´s von friedlicher Idylle in einen mörderischen Albtraum treibst, läßt zumindest daraus schließen...

Wenn nicht: Eine nette kleine Story, nicht der Fantasy/Märchen-Primus, aber auch nicht der Sitzenbleiber dieser Rubrik. Einfach nur gutes Mittelmaß in meinen Augen, und das hat ja schon was, nicht wahr?

Bin gespannt, was "Schatzi"-Stephy dazu meint...

Ich persönlich finde die Geschichte also nicht schlecht, guter Durchschnitt halt...

Öhm... jo, das war´s schon!

Sodele!

Poncher

PS: Micrographica... das hat bestimmt einen Sinn, den ich leider nicht erkennen konnte, vielleicht klärst du mich Blödmann schlicht und einfach auf... hm?

 

Das hat nichts mit den Ereignissen der letzten Tage zu tun. Gar nichts. Abr wenn man es so sieht: Wäre auch möglich.
Die einfache Erklärung dazu gibt mein Biobuch mit Titel Cytologie. Wir hatten als Hausaufgabe die Bearbeitung eines Textes auf. Seite so und so rechter Rand. Ich schlag die Seite auf und denk mir erst mal: Will die mich verarschen? Da steht als Titel "Auszug aus Micrographica". Ich verband das spontan mit einem Auszug, den ich auch in der Geschichte beschrieben habe. In Wirklichkeit hat aber irgendwann ein wahnsinnig schlauer Kerl ein Buch geschrieben mit Titel Micrographica. Und ein Ausschnitt daraus war mit Auszug gemeint.
Mich hat diese Vorstellung aber so fasziniert, dass ich das aufgeschrieben habe, was ich dem Titel nach spontan erwartet hätte :)
Blöd, oder?
Grüße
Sara

 

An sich eine nette Geschichte, die einen Haken hat, den Ponch bereits anführte: Der Übergang von Wesen, die Gewalt nicht mal dem Namen nach kennen, zu gewalttätigen "Menschen" geht stufenlos vor sich und ist genau wie der Schluss der Geschichte hektisch "runter erzählt".

Als Verfechter altmodischer, langatmiger Erzählweise begeistern mich Geschichten, die ihre Aussage präzise und in aller gebotenen Länge oder Kürze ausbreiten.
Und das war leider hier nicht der Fall, wo ein sensibles Thema hastig und verwirrend rasch abgehandelt wird.
Das fand ich schade, weil der Einstieg sehr gut und behutsam gelungen ist.

 

Die Story liest sich wie eine Kreuzrittergeschichte. Erst versucht es dein Volk mit friedlicher Bekehrung, dann schicken sie ihre Kreuzritter los.

Allerdings muss ich auch sagen, dass der Bruch zwischen friedlichen Bekehrungsversuch und extremer Gewaltanwendung zu hart ist.

Vielleicht hätte man hier einen „Dreier“ anwenden können. (1.Versuch – gescheitert, 2.Versuch – auch ohne nennenswerten Erfolg, 3. Versuch – Gewalt) ;)

 

Sorry, Doppelposting
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Ich bin nicht der Meinung, dass man die Geschichte noch hätte weiter ausziehen müssen. Wenn sie länger wäre, müsste man Charaktere einführen, um nicht zu riskieren, das ganze langweilig werden zu lassen.

Gerade der verhältnismäßig drastische Wechsel zwischen der utopischen Friedfertigkeit und der realistischen Gewalt macht den Reiz dieser Geschichte aus.

Eine sehr traurige, aber doch sehr wahre Aussage ist leider, dass man Gewalt manchmal wirklich nur mit Gewalt begegnen kann, obwohl man damit eigentlich auch nichts gewinnt. Krieg hat nunmal keine Gewinner, und jeder, der sich als Siegermacht hinstellt, spottet damit den Gefallenen auf eigener Seite.

Aber die Geschichte finde ich wirklich gut. Schön sozialkritisch wie der Rest Sara's Werke. :)

Übrigens: Wie "grast" eigentlich ein Wolf???

Viele Grüße, Daniel

 

Mit dem "hektisch runtererzählen" habt ihr durchaus recht, wenn ich das jetzt so noch mal durchles. Aber in dem Moment, als ich es geschrieben habe, hatte ich den Kopf so voller Ideen, da kommt bei mir öfters so was "leicht" überstürztes bei raus. ich denke, ich werde die Geschichte noch mal überarbeiten..
Und danke, Visek. Deine Kritik baut mich doch immer wieder auf ;)
Werd mich mal wieder melden bei gelegenheit..

Grüße
Sara

 

Hast du zufällig einmal de Text Utopia von Thomas Morus gelesen? Daran erinnert mich zumindest dein Anfang.

Alles in allem finde ich die Geschichte vor allem Komisch - ich meine, irgendwas fehlt da doch... :( .

Naja, wie auch immer.

Mfg Wanderer

 

Ich habe mal vor Jahren "Wir sind Utopia" gelesen aber meines Wissens war das von Stefan Zweig. Da bin ich mir aber nicht so sicher..
Ich denke auch, dass ich mehr hätte aus dem Thema machen können und habe es deswegen auch noch mal überarbeitet..

Grüße
Sara

 

Nein, das ist nicht der Text den ich meine - der Titel Utopia ist so weit ich weiß sehr beliebt.

In dem Text beschreibt der Autor eine Perfekte Welt, in der alle Menschen freundlich zueinander sind - so wie du sie beschreibst (anfangs). Das ganze ist halt noch etwas genauer gemacht, und der Sinn der Geschichte ist nicht zu zeigen wie schlecht und verderbend Krieg und Hass sind sondern dass es auch ohne sie geht.

Ich dachte halt das deine Geschichte davon abgeleitet sein könnte da auch der Schreibstil sich ähnelt.

Wanderer

 

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