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Baumblut

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25.02.2010
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Baumblut

Es war einmal ein uralter, prachtvoller Baum, dessen unzählige Äste sich in alle Himmelsrichtungen erstreckten. Ein Baum, wie er in jeder guten Geschichte eine Rolle spielt. Erhobenen Hauptes regierte er über seine Umgebung.

Seine alte Rinde war erfüllt mit Glück, Erhabenheit und Wärme. Im Frühjahr sah er den Blumen beim Wachsen zu, hieß seine neuen Blätter willkommen und wiegte sich zu den Stimmen der spielenden Kinder. Im Sommer trug er die süßesten Früchte und wand sich lachend unter den Händen und Füßen der Jungen und Mädchen, die ihm die Äste kitzelten, wenn sie auf ihm herumkletterten. Im Herbst ließ er seine Blätter mit den bunten Papierdrachen der Kinder fliegen und sprach flüsternd mit den Vögeln, die sich auf seinen Ästen sammelten, um gemeinsam in den Süden zu fliegen. Und in jedem Winter spielte er mit den Kindern, indem er vorsichtig kleine Mengen Schnee nach ihnen warf und ihre Schlitten über seine Wurzeln springen ließ. So war der Baum niemals einsam, immer glücklich und sogar ein klein wenig stolz auf seine vielen Freunde, die sogar noch Jahre später zu ihm kamen, um in seinem Schatten auszuruhen. In all den glücklichen Jahren kam er nie auf den Gedanken, dass sich an seiner Lage etwas ändern könnte und so war seine Verzweiflung groß, als sich das Blatt schließlich wendete.

Erst waren die Veränderungen kaum bemerkbar. Die älteren Kinder und die Erwachsenen schienen besorgter, die Spiele der Kleinen wurden erst wilder, dann ernst. Mit wachsender Unruhe beobachtete der Baum, wie die Frauen des Dorfes, deren blass gewordene Gesichter er immer seltener zu sehen bekam, sich oft nur zu seinen Wurzeln niederließen, um ungesehen vom Rest der Welt ihren Kummer herauszuweinen.

Machtlos gegen all die Traurigkeit, wiegte der Baum seine Zweige und ließ sanft seine Blätter über die kraftlos gesenkten Häupter streichen, doch seine Bemühungen blieben unbemerkt und wirkungslos. Nie zuvor tranken seine Wurzeln so viele bittere Tränen und niemals vorher wirkte das gesunde Grün seiner Blätter so fehl am Platze zwischen all dem Leid und den düsteren Kriegsspielen der hungrigen Kinder.

Die Männer waren inzwischen fast alle verschwunden, die Frauen schienen krank und verbissen und die Kinder verbrachten immer weniger ihrer Zeit mit ausgelassenen Spielen. Darum kam es bald vor, dass er Tage lang keinen Menschen in seiner Nähe spürte. Angespannt und zum ersten Mal in seinem Leben seiner Bewegungsunfähigkeit bewusst, versuchte er sich noch höher hinaus zu strecken, um wenigstens aus der Ferne einen Blick auf das Dorf werfen zu können.

Eines Tages - der Baum hatte den ganzen Morgen unruhig den Erzählungen des Windes gelauscht - lief ein Junge den Hügel herauf auf ihn zu. Still umrundete er den Baum und bald konnte man sehen, wie sich die Spannung, die sich eben noch in jeder seiner Bewegungen zeigte, zu lösen begann. Er suchte am Stamm einen sicheren Halt für Hände und Füße und begann in das dichte Astwerk des Baumes hinaufzusteigen. Der Baum vibrierte vor Freude. Jede Berührung der kleinen Hand schickte einen Strom des Glücks durch die raue Rinde bis in sein Herz. Nie zuvor und auch niemals mehr danach schmeckte er so intensiv und deutlich die Gefühle eines Menschen.

Seine Äste hielten den Jungen, hoben ihn weiter empor, trugen ihn durch die Lüfte und streichelten sein Haar. Den ganzen Tag hindurch verloren sich Beide in kindlichen Träumereien von Piratenschiffen, gischtdurchpeitschten Stürmen und unentdeckten Inseln. Als das Licht sich langsam blau färbte und der Wind kühler wurde, machte sich der Junge an den Abstieg.
Das traf den Baum hart und unerwartet. Etwas in ihm schrie auf und wehrte sich dagegen den Jungen gehen zu lassen. Irritiert hielt dieser inne. Er lauschte, blickte bedauernd zur Baumkrone hinauf und strich zärtlich über die glatte Oberfläche eines noch jungen Zweiges, bevor er den Kopf schüttelte und seinen linken Fuß weiter tastend nach unten schob. Die Panik im Inneren des Baumes verlangte dringend nach einer Handlung. Es war keine Zeit mehr nachzudenken. Der Junge durfte nicht gehen. Wenn er am nächsten Ast angekommen war, konnte er von dort in die Wiese hinab springen und dann war er weg. Wer weiß, wann sich das nächste Kind aus dem Dorf den Hügel hinauf verirrte.

Impulsiv fasste der Alte nach einem Knöchel des Jungen. Dieser stockte in seinem Sprung und verlagerte sein Gewicht, in der Hoffnung wieder Halt zu finden. Doch hatte er sich bereits zu weit nach vorn gelehnt, so dass sein Fuß von der Rinde abglitt, er sich hart den Ellbogen stieß und stürzte. Der Kleine drehte sich im Fall so unglücklich, dass er mit seinem gesamten Gewicht auf dem rechten Knöchel landete. Mit einem kurzen Schmerzensschrei blieb er am Boden liegen - das Gesicht im Gras.

Im ersten Moment durchzuckte den Baum ein glühendes Triumphgefühl, das jedoch mit jeder Sekunde, in der sich der Junge nicht bewegte, der Sorge wich. Bald hoffte der Baum, mit angehaltenem Atem, auf eine Bewegung des Jungen und lauschte dabei angespannt auf dessen leises Wimmern. Der Kleine hatte sein Bein zu sich herangezogen und hielt seinen verletzten Knöchel. Der Baum begann bereits darüber nachzudenken eine seiner Wurzeln nach dem Verletzten auszustrecken, da zog der Junge die Nase hoch, wischte mit dem Handrücken die Tränen aus seinem Gesicht und setze sich auf. Nach mehreren erfolglosen Versuchen seinen Fuß zu belasten, rutschte er näher an den Stamm, um sich daran auszuruhen.

Der Baum hatte inzwischen längst seine übereilte Tat bereut und hoffte, dass der Junge bald aufstehen und nach Hause gehen würde. Als der kleine, nun so zerbrechlich wirkende Körper sich an seinen Stamm lehnte, durchlief der Schmerz und die Angst des Jungen die Rinde des Baumes und er schämte sich so sehr, dass sich seine sonst so stolze Krone reumütig bückte. Während der Junge dasaß und hinunter zum Dorf sah, erholte er sich langsam von seinem Schrecken. Nach einiger Zeit begann er sich Mut zuzusprechen. Dann übte er, wie er der Mutter sein Ausbleiben erklären könnte und probierte dazu in regelmäßigen Abständen seinen Fuß wieder zu belasten. Dem Baum wurde, mit zunehmender Dunkelheit, immer schwerer ums Herz. Was hatte er nur getan? Besorgt blickte er zur Sonne, die sich schon bald hinter den Baumwipfeln im Westen verstecken würde. Seine Unruhe übertrug sich auf den Jungen, der inzwischen aufgestanden war, um auf einem Bein hüpfend ins Dorf zu gelangen. Das gab er jedoch schnell wieder auf, da der Boden zu uneben war und jede Landung in seinem verletzten Bein schmerzte. Er rief um Hilfe, doch die Rufe blieben ungehört.

Dem Baum gelang es schließlich den Jungen zu beruhigen, indem er sich langsam hin und her wiegte und mit seinen Blättern ein leises Lied summte. Es gelang ihm seinen Schützling in einen flachen Schlaf fallen zu lassen. Es dauerte nicht lange, als vom Dorf her Rufe zu ihm drangen und Laternen zwischen den Häusern ausschwärmten. Aufgeregt ließ der Baum seine Äste zittern und Blätter fliegen, um auf sich aufmerksam zu machen. Wie groß war seine Erleichterung, als ein paar der älteren Kinder und eine Frau zu ihm herüber kamen und den schlafenden Jungen im Gras liegen sahen. Eines der Mädchen nahm den Kleinen in die Arme und trug ihn gemeinsam mit den Anderen den Hügel hinab.

Seine Erleichterung ließ ihn die Einsamkeit der folgenden Tage etwas weniger hart erscheinen. Doch bald dachte er wieder oft an die Freuden vergangener Tage und stöhnte schwermütig mit dem Wind um die Wette. Irgendwann gegen Mittag nahm er eine Gruppe von Menschen wahr, die das Dorf Hügel aufwärts verließen. Sie schienen langsam größer zu werden, während sie näher kamen. Seine Neugierde wich Angst, als er sah, dass die Männer, die eine wütende Entschlossenheit ausstrahlten, mit Werkzeugen bewaffnet waren, die sehr gefährlich aussahen. Und tatsächlich sollte dieser Tag böse enden.

Als die Meute bei ihm ankam, warfen Sie die Werkzeuge in die Wiese und luden dicke Holzpflöcke von einem alten Wagen. Anschließend begannen sie die Pfosten nacheinander mit starken Hammerschlägen in den Boden zu rammen. Verwirrt und erschreckt spannte der Baum seine Wurzeln und versuchte den angespitzten Pfosten auszuweichen. Was hatte das zu bedeuten? Was trieben diese Männer, die er doch alle von klein auf kannte und liebte? Warum verletzten und demütigten sie ihn? Erst schimpfte er, dann entschuldigte und erklärte er sich, doch niemand hörte ihm zu. Niemand beachtete seine wilden Gesten, bis er seine Mühen aufgab und schweigend beobachtete, wie die Männer Drähte um jeden Pflock wickelten, an Nägeln sicherten und so die Pfosten miteinander zu einem massiven Zaun verbanden.

Von diesen Tagen an begann der Baum langsam zu sterben. Er sprach weder mit den Vögeln, die sich auf seinen Ästen niederließen, noch mit dem Wind. Wenn dieser ungeduldig durch seine Blätter fuhr und ihn aufforderte zu antworten, ließ der Baum stattdessen die Blätter los und schickte sie mit ihm fort. Wenn er Kinderstimmen aus dem Dorf hörte, sprang sein Herz nicht mehr vor Freude, sondern zog sich vor Gram zusammen und verfluchte die Menschen. Tiere, die zufällig in seine Nähe kamen verscheuchte er und die Tage kamen ihm vor wie die Nächte.

Als nach dem Winter der Frühling kam, hatte der Baum weder Kraft noch Lust seine Blätter sprießen zu lassen, geschweige denn Früchte zu tragen. Er war grau, unfreundlich und griesgrämig und wollte dies bis zu seinem Ende bleiben. Jahr für Jahr wurde seine Rinde spröder und ungepflegter. Bald waren seine Äste mit Moos und Baumpilzen bewachsen und nur die Raben setzten sich noch darauf. Er hatte schon lange nicht einmal mehr Lust diese dunklen Zeugen seines Unglücks zu verscheuchen.

Nach genau elf Jahren konnte sich der Baum schon kaum noch an seine glücklichen Jahre erinnern, da stand plötzlich ein junger Mann am Rande seines Schattens und betrachtete ihn ausgiebig. Der Mann entfernte sich dann zwar wieder, kam jedoch am darauffolgenden Tag zurück. An einer Hand hielt er ein kleines, blondes Mädchen von etwa vier Jahren und in der anderen Hand hielt er eine große Zange. Mit schnellen Bewegungen zwickte er den verrosteten Draht zwischen zwei der Pflocken durch und schob seine Tochter liebevoll auf das Gras, das seit elf Jahren kein menschlicher Fuß mehr betreten hatte. Der Baum sah mit einem Auge zu. Er empfand weder Überraschung, noch Freude oder Widerwillen. Er sah einfach zu und wartete ab, bis die Hände des Menschleins über seine borkige Rinde fuhren. Tief in seinem Inneren rief diese Berührung ein Echo hervor, das durch das klare Lachen des Kindes weiter nach oben getragen wurde. Wie durch eine Zentimeter dicke Schicht aus Moos spürte er die Wärme der Haut und so auch die Güte und Reinheit der kleinen Persönlichkeit, die mit Hilfe des Vaters einen der unteren Äste erklomm. Auch die Hände des Mannes - kräftiger und erfahrener - griffen nach Zweigen, die schon so gefühllos waren, dass sie der ungewohnte Kontakt wie ein schwacher Stromstoß durchfuhr. Kaum kroch des Baumes Bewusstsein bis zur Oberfläche, als diese lange nicht mehr erfahrene Freude schon vorbei war und die beiden ihn verließen. Doch der Zaun blieb zerstört. Der Weg zum Baum blieb frei.

Er musste nicht lange warten, bis die Beiden erneut zu ihm kamen. So erwachte der alte Baum mit den Wochen aus seiner Lethargie und in seinem Inneren keimte eine erste, schwache Hoffnung auf bessere Zeiten.

Eines Tages, er wartete schon ungeduldig auf seinen samstäglichen Besuch, kamen die beiden ersehnten Besucher nicht alleine. Eine aufgedrehte Gruppe von fünf Kindern begleitete diesmal den Mann. Als die Gruppe näher kam, erkannte der Baum auch den Leiterwagen, den sie mit sich zogen und der mit Seilen und Werkzeugen beladen war. Entsetzt erinnerte sich der Baum an das letzte Mal, als er von so vielen Menschen besucht wurde und das kleine bisschen Zuversicht zog sich ängstlich in einen entlegenen Winkel seiner Zweige zurück.
Doch die Stimmung der kleinen Mannschaft unterschied sich deutlich von der der letzten Truppe. Sie sprangen fröhlich lachend auf ihn zu und umrundeten ihn mit glänzenden Augen und strahlenden Gesichtern. Der Baum stand ganz still und wartete - nicht ein einziges Blatt bewegte sich im Wind. Nach einer knappen halben Stunde schaukelten zwei der Kinder an seinen beiden kräftigsten Ästen und hätten sie einander nicht so laut zugeschrien, hätten sie den Baum vor Glück lachen und weinen hören.

So war der Bann gebrochen und die Zeit der Buße überstanden. Die Reste des Zaunes waren bald weggeräumt und die Welt war wieder bunt und froh. Für die Kinder, deren Väter wieder zurückgekehrt waren und für den Baum, dessen Leben wieder Sinn und Abwechslung brachte.

Nach langer Zeit, als die Urenkel der Kinder von damals zu seinen Füßen spielten, hörte der Baum ein kleines Mädchen zu ihrem jüngeren Bruder sagen: ‚‚Du brauchst keine Angst haben, Rouvin, von diesem Baum ist noch nie ein Kind heruntergefallen.‘‘ Der Baum lächelte wehmütig, erinnerte sich an seinen Fehler, den die Menschen inzwischen alle schon vergessen hatten und bewegte dabei, wie automatisch, einen seiner Äste, um ein Kind festzuhalten, das sonst sein Gleichgewicht verloren hätte.

 

Hallo,

ich hab die Geschichte gelesen.

Wie soll ichs erklären, mich persönlich reisst die

die Geschichte nicht mit und ich musste mich ein wenig

quälen, um bis zum Ende durchzuhalten.

Das Problem ist das nicht genügend Spannung erzeugt wird - zumindest für die Länge der Geschichte:

Ein Baum, wie er in jeder guten Geschichte eine Rolle spielt.

Genau das ist das Problem, es soll eine gute Geschichte sein, eine von vielen, der Leser wird jedoch nicht gefesselt.

Und gerade das muss man hinkriegen, wenn es um so was aufregendes wie einen Baum geht.

Gruss Hanqw

 

Hallo elisabeth, nachträglich herzlich willkommen auf kg.de. :)
Ich fand die Geschichte im Gegensatz zu meinem Vorposter nicht langweilig. Okay, sie war auch nicht der Ultra-Spannungs-Thriller, aber das hast du ja auch nicht beabsichtigt, oder?
Ich dachte zuerst, es geht darum, dass sie den Baum jetzt umhauen. Aber das Ende, wie es dann war, hat mir gefallen. Ein schöner Text für zwischendurch, fand ich. Schön, ruhig, baumig halt. Ich denke, das hast du ja auch beabsichtigt.

gern gelesen
gruß

 

Hej elisabeth,

langweilig fand ich die Geschichte nicht, aber ein bisschen Schmerzen verursacht es mir doch, wenn ein Baum so abhängig von Menschen (-Besuch) dargestellt wird.
Umgekehrt wird für mich ein Schuh draus.

Ansonsten eine schöne Geschichte.

Herzlich willkommen hier!

Ane

 

Hallo elisabeth,

ein wenig bin ich hin- und hergerissen bei Deiner Geschichte.
Einerseits mag ich die Erzählung aus der Sicht des Baumes, eine Perspektive, die man selten liest und die ich deshalb sehr interessant finde. Ich finde auch, dass Du viele sehr nette Details in der Geschichte hast, die ich gerne gelesen habe.

Andererseits ist mir die Geschichte zu lang erschienen, ich hatte streckenweise Mühe durchzuhalten, weiterzulesen. Vieles ist aus meiner Sicht überflüssig. Ich finde, Du solltest die Geschichte straffen. Ich könnte mir vorstellen, dass man gut ein Drittel streichen könnte, dann wäre der Text auch nicht so berichtend. Das würde etwas mehr Tempo bringen, denn phasenweise dachte ich, naja, wann passiert jetzt was? Wozu erzählt sie das alles? Schließlich erstreckt sich die Geschichte über einen sehr langen Zeitraum, über Jahrzehnte mindestens.

der durch jede Berührung seiner alten, grauen Rinde mit der warmen und weichen Haut der Frauen und Kinder bis in sein Innerstes drang.

Ich würde jeweils auf eines der beiden Adjektive verzichten. Zuviele Adjektive tun einer Geschichte nicht gut. Da könntest Du den Text noch durchschauen, ob Du nicht noch mehr eliminieren kannst.

Was mir ansonsten sehr positiv aufgefallen ist, ist die beinahe Fehlerfreiheit. Ich bin fast gar nicht über Rechtschreib- oder andere Fehler gestolpert. Dafür schon mal ein großes Lob, auch für die Idee, die mir gut gefallen hat. Das erwärmt mir als Naturliebhaberin natürlich das Herz, da ich sowieso glaube, Bäume haben eine Seele ;).

Viel Spaß noch auf KG.de und liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo zusammen,

es freut mich, dass es doch Einige gibt, denen meine Geschichte gefallen hat, dass sich meine Korrekturläufe gelohnt haben (wenn doch noch Fehler auffallen, bitte Bescheid sagen) und vor allem dieser Satz freut mich sehr:

Ich finde auch, dass Du viele sehr nette Details in der Geschichte hast, die ich gerne gelesen habe.

Wie schwierig es ist diese Detail von Überflüssigem zu unterscheiden, wisst Ihr, denke ich, alle nur zu gut. Ich werde mich aber demnächst noch einmal bemühen das angesprochene "Drittel" herauszukürzen, um der Geschichte mehr Schwung zu verleihen. Danke auch für den Hinweis mit den Adjektiven.

Damit, dass die Geschichte einigen von Grund auf zu langweilig ist, habe ich gerechnet. Aber es soll eben wirklich keine Action-Fantasy sein, sondern eher ein ruhiges Märchen, mit dem dafür typischen, leicht erhobenen Zeigefinger.

Natürlich ist auch keine Baum derart abhängig von Menschen (möchte ich jetzt einfach einmal behaupten), aber andersherum - Schuh hin oder her ;o) - funktioniert die Geschichte leider nicht.

Danke vielmals für Eure Kommentare - ich würde mich freuen, wenn Ihr die überarbeitete Version dann auch kommentieren würdet.

Ein schönes Wochenende

elisabeth

 

Hallo Elisabeth!

Ich habe deine Geschichte gestern schon gelesen, konnte mich aber noch nicht so richtig entscheiden, wie ich sie nun finde. Nach einiger Überlegung bin ich zum Schluss gekommen, dass es wohl an der Form liegt. Der Inhalt hat mir gut gefallen, es muss nicht immer actiongeladen sein, da stimme ich dir völlig zu.

Das Problem an der Geschichte ist, dass es halt ein Baum ist. Bäume bewegen sich nicht grossartig, vollbringen keine Heldentaten – einen spannenden Text daraus zu machen ist also nicht einfach. Ausserdem erzählst du die Geschichte mehr oder weniger aus der Sicht des Baumes, von der Aussenwelt kriegt der Leser also nicht viel mit. Das ist genau der Punkt, wo du ein bisschen straffen kannst. Eben weil der Baum sehr einfache Gedanken hat, denke ich, könntest du die Sprache ein wenig reduzieren, um dem Ganzen noch was "baumiges" zu geben. :)

Stellenweise waren mir da zu viele Adjektive, ich finde, die braucht der Text gar nicht. Was ich damit sagen will: Form und Inhalt beissen sich ein bisschen. Es muss nicht immer alles majestätisch geschrieben sein, auch wenn der Baum äusserlich so ist. Du könntest also noch konsequenter sein und mehr aus der Perspektive des Baums erzählen.
Ist aber nur als Anregung gedacht, deine Geschichte habe ich ansonsten gerne gelesen.

Wünsche dir noch weiterhin viel Spass auf kg.de!

Liebe Grüsse,
sirwen

 

Hallo Sirwen,

ich weiß leider nicht genau was Du meinst mit "baumiger". Könntest Du mir hierzu ein kleines Beispiel geben?

Danke Dir

elisabeth

 

Hallo elisabeth,

Ich hab ein paar Stellen rausgepickt :).

Der Baum hatte inzwischen längst seine übereilte Tat bereut und hoffte nun mit banger Erwartung, dass der Junge bald aufstehen und herumlaufen würde. Als der kleine, nun so zerbrechlich wirkende Körper sich an seinen Stamm lehnte, durchlief der Schmerz und die Angst des Jungen die Rinde des Baumes und er schämte sich für seine Selbstsucht und Dummheit so sehr, dass sich seine sonst so stolze Krone schamhaft bückte.
Wortwiederholung. Dann: Selbstsucht. Ich glaube, die Leser merken, dass der Baum selbstsüchtig war. Da musst du nicht noch einmal mit dem Zeigefinger drauf hinweisen. Meiner Meinung nach wirkt das nicht glaubwürdig, dass ein Baum konkret bemerkt, was Selbstsucht ist.

Der Baum hatte von da an sehr viel Zeit das Werk seiner Dummheit zu betrachten und die Konsequenzen daraus verstehen zu lernen. Auch Bäume sehen das was sie nicht sehen wollen erst, wenn sie es nicht mehr leugnen können.

Hier zum Beispiel. Bäume, Konsequenzen ... das finde ich ein bisschen zu komplex und philosophisch für einen Baum. Ich denke, das kannst du auch einfacher ausdrücken.

Seine Erleichterung ließ ihn die Einsamkeit am folgenden Tag etwas weniger hart erscheinen, doch schnell vermischten sich diese beiden Emotionen zu einer pittoresken Melancholie.
Ich will jetzt nicht behaupten, dass Bäume keine Melancholie empfinden können, doch mit dem zusätzlichen Adjektiv „pittoresk“ wirkt das dick aufgetragen.

“Nein!”, schrie etwas in ihm mit einer Verzweiflung, die körperlich spürbar war. “Geh nicht! Lass mich nicht wieder alleine!”
“Nein”, dachte er matt, “das darf nicht sein. Nicht noch einmal..”
Du schilderst meistens die Gefühle des Baums, hier hast du plötzlich direkte Rede. Ich würde vorschlagen das wegzulassen.

Übrigens hast du falsche Anführungszeichen verwendet, fällt mir gerade auf. Im deutschen Satz (Deutschland und Österreich) werden „...“ oder »…« verwendet, in der Schweiz und in Liechtenstein sind «...» gängig (französische Guillemets). Bei Word wird es automatisch umgewandelt, wenn du Deutsch als Sprache eingestellt hast, glaube ich, ansonsten kannst du in der Arbeitsgruppe Autoren gucken, da war gerade ein Thema mit einem Plugin für die Tastatur oder so.

Na denn, ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.

Liebe Grüsse,
sirwen

 

Hallo zusammen,

ich habe die Geschichte nun um knapp 400 Worte gekürzt.
Vielen Dank für Eure Anregungen und Eure Kritik. Ich hoffe damit einen gewaltigen Schritt weiter gekommen zu sein.

Danke, Sirwen, ich habe nun verstanden was Du meinst und das hoffentlich eingearbeitet.

Auf zur nächsten Runde :o)

Liebe Grüße

elisabeth

 

Den Anfang finde ich jetzt besser, da kann ich den Baum klarer sehen, weil er weniger agiert wie ein Mensch.
Hier und da könnte immer noch das eine oder andere Adjektiv weg, z.B.:

So war der Baum niemals einsam, immer glücklich und sogar ein klein wenig stolz auf seine vielen Freunde, die sogar noch Jahre später zu ihm kamen, um in seinem Schatten auszuruhen. In all den glücklichen Jahren

Die Szene mit dem Jungen kommt mir jetzt aber unverhältnismäßig lang vor, war die schon vorher so? Ich glaube, sie nimmt fast ein Drittel des Textes ein, dabei sind die Vorgänge - der Junge will wieder gehen, der Baum möchte das nicht, es gibt einen Unfall - nicht unbedingt kompliziert.

Ich frage mich gerade, ob der Baum überhaupt eingreifen und ein schlechtes Gewissen haben muss. Der Junge könnte einfach abrutschen, der Baum könnte das traurig finden und ganz unschuldig umzäunt werden ( Du merkst, es geht mir gegen den Strich, dass der ein Baum seine Unschuld verliert, außerdem finde ich so wie es jetzt da steht die Moral der Geschichte ein bisschen wackelig, und noch eins: Wäre es nicht auch viel dramatischer, wenn ein unschuldiger Baum eingezäunt und gemieden wird? Würden nicht alle Leserherzen viel mehr mitfühlen und -leiden, wenn der Baum ohne Fehl und Tadel einfach nur Baum war? :) )

Viele Grüße und toll, dass Du Dich noch mal drangesetzt hast.
Ane

 

Hallo Ane,

haha ich sehe schon, Du willst des Baumes Äste in Unschuld waschen (löblich) und ihn schuldlos leiden lassen (tstststs wie verwerflich)..
Aber so sehr ich für Kritik auch offen bin, mein Antrieb war die kleine Fehlentscheidung, die hinterher bereut und hart bestraft wird. Daran gibt es also nichts zu rütteln.

Die Szene mit dem Jungen war vorher auf keinen Fall länger. Ich habe nichts dazu geschrieben, sondern wirklich nur gekürzt. Aber vielleicht ist so die Gewichtung etwas verrutscht..

Allerdings habe ich den Text in den letzten Tagen so oft gelesen, dass ich jetzt wohl alles nur noch schlimmer statt besser machen würde. Ich lass das wohl mal eine Zeit so stehen und schaue es mir dann mit etwas Abstand noch einmal an.

Der Satz, den Du ausgewählt hast, hat mir übrigens auch schon Kopfzerbrechen bereitet. Ich habe ihn vor der letzten Veröffentlichung x-mal gelesen und habe mich letztlich dazu entschieden ihn doch so zu lassen.

Mal schaun wie das alles klingt, wenn ich die Geschichte in ein paar Wochen noch einmal lese.

Danke Dir aber erst einmal.. bis bald

elisabeth

 

Hi Elisabeth,

ich fand Deine Geschichte wunderschön. Ein zeitloses Märchen.

Den Wert der Menschen für den Baum hast du schön beschrieben.
Den Wert des Baumes für die Menschen habe ich etwas vermisst.
Der Baum findet seinen Frieden und seine Bestimmung im Einklang mit den Menschen. Ist es umgekehrt nicht genau so?
Aber du denkst sicher gleich, sonst hättest du diese Geschichte nicht geschrieben. Vielleicht hat ja auch nur die Kürzung der Geschichte ein paar Opfer gefordert, die ich gerne gelesen hätte.

Aber noch einmal: eine wunderschöne Geschichte, die viel Raum für eigene Interpretationen lässt.

So nebenbei: In Absatz 10, in den letzten drei Zeilen hast du zweimal "Beim" statt "Bein" geschrieben

Danke für diese Geschichte

lg
Mark

 

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