Beste Freunde
Ihr Name: spielt keine Rolle, aber er ist genau richtig. Ihre Größe: nicht zu klein nicht zu groß, genau richtig. Ihr Haar: nicht zu kurz, nicht zu lang, genau richtig. Ihre Augen: strahlend grün, wie ein von der Sonne durchstoßener Smaragd. Richtiger geht’s nicht für ihn, wie er da so liegt, sie anschaut und keinen Satz findet der nicht lächerlich klingt.
„Was hast du?“ fragt sie ihn sanft, mit diesem typischen Gesichtsausdruck, der soviel Wärme und Geborgenheit ausstrahlt. Er hat schon öfter jeden Ärger, jeden Hass und jede Träne vergessen wenn er dieses Gesicht sah, doch diesmal ist es anders. Es geht nicht.
„Nichts. Es ist nichts! Ich hab nur grad nachgedacht.“ erwidert er mit Augen, die versuchen Schmerz zu verstecken.
„Sag schon!“
„Nein. Lass nur. Es war nichts von Bedeutung“ sagt er und es ist ihm diesmal unmöglich ihr in die Augen zu schauen, wählt deshalb einen kalten weiten Punkt in der Ferne.
„Mir kannst du doch sagen wenn dich etwas bedrückt. Ich bin doch deine beste Freundin, oder etwa nicht?“
„Ja. Schon, das bist du…“
Die Worte „ beste“ und „Freundin“ stoßen tief in sein Herz, wie Klingen aus glühendem Feuer. Er denkt daran wie es wäre ihr es jetzt einfach zu gestehen. Einfach so. Innerhalb eines Wimpernschlags alles gestehen, gestehen dass er sie liebt.
Wie oft hat er diesen Film schon in seinem Kopf ablaufen lassen, unzählbar oft in den letzten Jahren. Immer der gleiche Ort: ein Strand, menschenleer, orange rot gefärbt von der untergehenden Sonne. Immer liegen sie dicht zusammen, so dass er ihre zarte Haut fast spüren kann. Immer beobachten sie das Aufblitzen der ersten Sterne. Immer wünscht er sich, sie würde den ersten Schritt machen und ihn erlösen. Das Ende ist auch immer gleich: „Ich mag dich sehr, aber mehr als Freundschaft wird für mich niemals sein können“ und taucht mit diesen Worten alles ins dunkelste schwarz was er sich vorstellen kann. Aber das sind nur Bilder in seinem Kopf, nicht mehr und nicht weniger.
„Du kannst mir aber doch alles sagen. Schau, es ist auch niemand mehr da. Wir sind die letzen am Strand, schau dich nur um! Sogar die Sonne verabschiedet sich von uns“ und streichelt kurz und lieb über seinen Arm.
„Ich kann nicht! Du wirst es nicht hören wollen! Glaub mir!“
„Das kann ich ja dann immer noch entscheiden“.
Sein Blick schweift über den leeren Strand. Die Sonne geht unter und am Himmel blitzen die ersten Sterne auf.
„Gut, ich sage es dir“.
Ein tiefer Atemzug. Noch einer, und noch einer. Jeder Luftzug saugt Ungewissheit in seinen Körper. Sein Herz scheint fast zu explodieren und er schwitzt obwohl es nicht heiß ist, eher etwas kühl.
Zittern. Hoffen. Wünschen. Verzweifeln.
„Ich liebe dich. Ich tue das schon seit langer Zeit, länger als du dir vorstellen kannst und willst. Ich wollte es dir eigentlich niemals sagen.“
Ewigkeiten vergehen…
Stille…
Die Wellen schlagen den Strand mit ungeheurer Härte…
Seine Augen wandern langsam vom Meer zu ihrem Körper. Immer höher. Er sucht das Gesicht und findet eine fremde Person. Wer ist sie? Das ist nicht das Lächeln was er so mag. Das ist nicht die weiche Haut, die wie Samt lockt. Das sind auch nicht die Augen die einst grün strahlten und nun schwarz blicken.
„Ich mag dich sehr. Aber mehr als Freundschaft wird für mich niemals sein können.“
Die Sonne geht unter mit dem letzten Strahl. Es wird dunkel. Es wird schwarz, ein schwarz dass er sich nicht dunkler vorstellen kann.
…Die Klinge der Ehrlichkeit stößt tief ins naive Herz, lässt tropfen schwarzes Blut auf den weißen Boden…