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06.10.2002
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Sehr geehrte Frau Heinrich,

das allererste was Sie jetzt tun müssen, ist lediglich eine Telefonnummer wählen. Nur eine Telefonnummer; die Telefonnummer von Herrn Völker (Tel. 089 – 23 60 80), den Sie ja bereits schon kennen. Sie wissen sicherlich, dass Herr Völker bei der Zeitung „SZ“ für den Stellenanzeigeteil zuständig ist; rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass Sie die Stellenanzeige ab sofort nicht mehr brauchen. Denn Sie haben ja jetzt mich gefunden. Und einen besseren Arbeitnehmer als mich werden Sie niemals finden. Aber es wartet noch mehr Arbeit auf Sie; Sie müssen ihre Sekretärein hereinrufen, ihr bescheid sagen, dass den anderen Bewerbern abgesagt werden muss, da die Stelle vergeben ist. Dann müssen Sie der Firmenleitung das exorbital hohe Gehalt für mich erklären, das Sie an mich zahlen müssen. Nachdem Sie sich dann tapfer geschlagen haben, müssen Sie auch noch die Absagen an meine Mitbewerber, die den Fehler gemacht haben, sich vor mir zu bewerben, durchlesen, die von ihrer Sekretärin aufgesetzt worden ist. Oder Sie verwenden einfach die Vorlage, die ich Ihnen profilaktisch schon einmal mitgeschickt habe, dann sparen Sie Zeit und können mit der Firmenleitung ein noch höheres Gehalt für mich herausschlagen. Als Argumente können Sie der Firmenleitung deutlich machen, dass ich mich natürlich noch stärker angagieren werde, je höher das Gehalt sein wird, und je stärker ich mich angagiere, desto mehr Umsatz wird die Firma erwirtschaften, dann hat die Firma ja mehr Geld und kann mir ein noch höheres Gehalt zahlen. Und das läuft dann solange, bis ich genug Geld habe, um mir die Firma komplett zu kaufen. Mein Lebensstil wird sich dadurch zwar kaum ändern, aber mein Einfluss in der Firma wird größer werden; ich werde dann auch in der Lage sein, Personalentscheidungen zu treffen, die eine deutliche Veränderung in der Firma hervorrufen werden, die sich selbstverständlich nur positiv auf unseren Gewinn auswirken wird. Als erstes wird ein Kosten- Nutzungsplan aufgestellt, mit dessen Hilfe dann systematisch strukturelle Optimierung betrieben wird. Dies wird sich sowohl im Bereich der Produktion, der Produktionsplaung, der Qualitätssicherung, dem Einkauf, der Verwaltung, der Buchhaltung usw. auswirken. Kurzum, die Firma wird das unübertroffene Optimum an Produktivität in der ganzen Umgebung sein. Die Firma wird so produktiv sein, dass man dann nicht mehr von Produktivität im eigentlichen Sinn reden kann, es wird vielmehr eine Gewinnproduktions- und Optimierungsfirma sein, mit dem Ziel, nur noch mehr Gewinn zu erwirtschaften. Diese Erfolgswelle wird natürlich auch nicht negativ an den Mitarbeitern vorrüberschreiten. Im Gegenteil, es wird alles für die Optimierung des Personals getan werden, um einerseits den Gewinn meiner Firma zu steigern, und andererseits den Gewinn der anderen, zwar zu diesem Zeitpunkt nicht mehr relevanten Mitstreiterfirmen, zu reduzieren, indem ich die miserabel ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen, zum Wohl meiner Firma wieder dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen werde. Selbstverständlich werde ich vor der Personalabteilung auch nicht halt machen und ihren Arbeitsplatz ebenfalls wegrationalisieren, indem ich das bisschen Arbeit, mit welcher sie der Firma heute noch vorgaukeln, dass sie so wichtig ist, dass die Firma ihnen auch noch einen Bruchteil ihres bis zu diesem Zeitpunkt mikrigen Gewinns zahlen soll, selbst übernehmen werde, denn da meine Firma bis zu diesem Zeitpunkt bis auf mich, personallos Gewinn erwirtschaftet, werde ich nur noch dazu gebraucht, den Ansturm an Bewerbern mit Hilfe meines Absageformulars klar zu machen, dass sie aus Optimierungsgründen in meiner Firma leider nicht aufgenomen werden können, da sonst der Gewinn ungerecht aufgeteilt werden müsste, und ich dann im Teufelskeis der Arbeitslosigkeit ertrinken würde oder ich an Gewinnoptimierungsautorität verlieren würde, was Entscheidungen zur Optimierung von Gewinnen meiner Firma negativ beeinflussen würde. Sie sehen also, Frau Heinrich, dass sie es sich und meiner Firma überhaupt nicht leisten können, mich nicht einzustellen. Deshalb kommen Sie morgen, na sagen wir um 10:00 Uhr, in mein Büro, damit wir meinen Arbeitsvertrag, und ihre indirekte Kündigung unterschreiben können.


Hochachtungsvoll der neue Firmenbesitzer

 

Hallo Praetor und erstmal willkommen bei kg.de!

Leider hat mir deine Geschichte gar nicht gefallen und ich konnte mich überhaupt nicht über diese "Bewerbung" amüsieren. Vielmehr wirkte der Bewerber auf mich ein wenig größenwahnsinnig, frech und vor allem überheblich. Obwohl natürlich der beißende Spott, der eine Satire ausmacht, schon vorhanden ist.

Die Idee, eine Kurzgeschichte in Form einer Bewerbung zu schreiben, ist aber gar nicht mal schlecht. Aber ich denke, das müsste man dann ein wenig anders anpacken.

Schade, dass ich dir keinen besseren Bescheid geben kann, aber vielleicht sind ja andere Leser anderer Meinung oder es gelingt dir beim nächsten Mal, einen wirklich amüsanten Text zu entwerfen.

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hallo Praetor,

die Grundidee finde ich auch nicht schlecht. Ich erwarte von einer Satire auch nicht unbedingt Humor. Mir kam die Geschichte etwas zu wenig strukturiert vor, auch einige Absätze wären hilfreich.

Tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Michael und Woltochinon!

Dass der Bewerber ein aggressives Auftreten hat, ist von mir ganz geziehlt so gewollt. Denn in einer Bewerbung kann man so etwas nicht schreiben.

Dass es der Geschichte an "Strukturierung" fehlt, könnte daran liegen, dass dieser Text entstanden ist, weil ein Freund mich gebeten hat, ihm bei seiner "realen" Bewerbung zu helfen und ich ihm eine kleine Freude machen wollte. Und da von da an auch noch viele andere über die Bewerbung gelacht haben, hielt ich eine Verbesserung nicht nötig. Und dass die Geschichte keine Absätze enthält liegt daran, dass sie sonst beim ausdrucken nicht auf eine Seite gepasst hätte. Ich werde aber bei weiteren Geschichten in Zukunft darauf achten.

Gruß Praetor

 

Hi Praetor, ich muss den anderen mal wieder widersprechen. Ich halte deine Geschichte für sehr gelungen. Du schafts es gekonnt mit witz und ironie die heutige Wirtschaftswelt mit samt ihrem Optimierungsquak durch den Kakao zu ziehen.
Der Text als Bewerbung ist erfrischend neu und der anmassende Ton des Protagonisten einfach köstlich.
Weiter so.

 

Hi Praetor,
mir hat deine Satire, die ich für eine Satire halte, sehr gut gefallen.
Es gibt solche Leute, wie dein Bewerber einer ist: Sie denken von morgens bis abends solche Sachen und handeln danach. Solche Leute holen mehr Luft als sie ausatmen können und es gibt für sie kein Innehalten, Reflektieren oder ähnliches komisches Zeug. Deshalb passen Absätze nicht zu diesem Text - der Leser muss es halt schlucken.
Und. Deine Geschichte ist nicht zum Lachen und ich habe mich trotzdem amüsiert.
Grüße von Emma

 

Hallo Praetor,

vom Ansatz her hat mir deine Satire gut gefallen, die Idee ist gut, jedoch die Umsetzung könnte noch besser gelungen sein.
Im einzelnen ist mir aufgefallen, dass du anfänglich recht prägnant an die Sache heran gehst, du ziehst den Leser flott durch die ersten Bewerbungssätze, aber in dem Teil mit der sog. Firmenübernahme wirst du zu weitschweifig und ich hab mich als Leser dabei ertappt, dass ich Lust verspürte schneller über Alles hinweg zu lesen.
Genau wenn solche Momente beim Leser entstehen, liegt es entweder am ignoranten Leser oder an der Geschichte.

Gehen wir mal davon aus, dass es nicht am Leser liegt, denn sonst müßte ich meine Kritik hier ja infolge Inkompetenz beenden, so fällt auf, dass du im sog. zweiten Teil deines Textes es an Prägnanz fehlen läßt.
Das läßt sich unter Umständen dadurch ändern, indem du den Text nochmals gehörig daraufhin durchschaust, was an Sätzen wegfallen kann, ohne die Geschichte inhaltlich zu entstellen.
Ich denke auch, dass das Setzen von Absätzen hier durchaus Sinn macht und zwar weniger, um mir als Leser eine kleine Verschnaufpause zu gönnen, sondern, um die Forderungen des Protagonisten zu unterstreichen, also eher als Stilmittel, um zielgerichteter zu werden.
So geht es allzu sehr in einem Forderungbrei des Protagonisten unter und man kann es dann nicht mehr so Ernst nehmen.
Aber deine Satire besteht ja gerade darin, dass du einen völlig untypischen Bewerber darstellst.

An drei Stellen habe ich gestutzt, weil mir nicht ganz klar gewesen ist, ob du dort ganz bewußt grammatikalisch falsch geschrieben hast, quasi um damit die Selbstherrlichkeit deines Protagonisten, der unendlich von sich überzeugt ist, zu unterstreichen, so frei nach dem Motto: der ist so blöd, der merkt es noch nicht mal.
Da wäre einmal

"exorbital" das Wort gibt es nicht, es gibt nur exorbitant

"angagieren" muß engagieren werden, obgleich man es tatsächlich so mit a ausspricht

"profilaktisch" hier ist dir meines Erachtens die köstlichste Wortschöpfung gelungen, denn es heißt nach wie vor noch höchst umständlich prophylaktisch, du hast daraus passend zur Bewerbungsthematik etwas mit Profil gemacht.

Aber wie gesagt, ich hatte diese Grammatikschnitzer bereits als mögliche Stilmittel einsortiert, weil es just in diesem Text passen könnte.
Entscheiden mußt du.

Insgesamt bin ich der Auffassung, dass dein Text durchaus satirisch ist, er es noch intensiver sein könnte, wenn du ihn nochmals gründlichst überarbeitest und er absolut das Zeugs zu einer guten Satire hat.
Laß dich nicht entmutigen.

LG
Lakita

 

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