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Bilanz eines verschütteten Lebens

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02.04.2016
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Bilanz eines verschütteten Lebens

Wir sind zusammen rausgefahren, auf der Suche nach Ästhetik und Philosophie.
Wir ließen den Tag am Abend beginnen und liebten uns in der Nacht.
Weiterentwicklung war unser Standpunkt und völlige Abschottung die Resonanz.
Auf Autodächern liegend, in eisiger Landschaft, mit Whisky und Zigaretten genossen wir unser Leben. Wir brauchten keinen Strom, da der Mond genug Licht bot.
Ich fragte dich oft nach deinen Gedanken, doch du gabst mir nie eine Antwort.
Wir kamen meist tagelang ohne Essen aus, und unsere Knochen rieben beim Ficken aneinander. Ich begann mich intensiver der Kunst zu widmen, schrieb die ganze Nacht und bat dich darum mir deine Meinung anzuvertrauen.
An deinem Lächeln, sah ich das du es mochtest, und an deinen Küssen spürte ich es.
Wir verbrachten Stunden damit über diverse Metaebenen in den Werken Hemingways zu diskutieren und pausierten nur, um uns zu lieben.
Ich fand eine Gitarre und schrieb dir aus Amoll, C, F, G ein Lied.
Du fandest Pinsel und maltest mich nackt.
Oft saßen wir nur da, tranken, rauchten und schwiegen, konnten die Zeit aber dennoch intensiver genießen, als je ein Erlebnis zuvor.
Viellicht war eine gewisse Melancholie, die unsere Stimmung dauerhaft beherrschte, vielleicht aber auch eine Rationalität in unserem Denkwesen, die andere Menschen nicht verstanden.
Doch wir konnten damit gut leben.
Du nanntest es oft unsere eigene Anarchie. Dafür liebte ich dich.

Von Zeit zu Zeit wurden wir dünner.
Unter unseren Augen lagen Schatten, doch wir sahen nur die Ästhetik des Verfalls darin.
Wir hielten unsere Gedanken in Büchern fest. Wir füllten einige hundert Seiten mit Theorien, unseren eigenen Lebensphilosophien und Gedichten.
Ich glaube innerlich war uns bewusst, dass wir nicht alt werden würden, doch wir waren rational genug, dass uns das egal war.
Wir waren gefangen in der Scheinvorstellung der Kunst.
Unsere Lebensorientierung war zurückzuführen auf Genies ihrer Zeit.
Doch Darling, wir hätten beide wissen müssen, dass wir keine Genies sind.
Irgendwann küsste ich dich. Doch du warst nicht mehr da.

So sollen auch meine Aufzeichnungen enden.
Der letzte Brief und die Bilanz eines Lebens.
Was jetzt sehr negativ klingt, ist keineswegs so gemeint.
Wer sich rational mit der Existenz auseinandersetzt, der sieht die Sinnlosigkeit von allem. Wir haben sie früh gesehen, uns geliebt und damit unser Schicksal besiegelt.

 

Hallo blendednoah

Also ich sehe da viele Anspielungen auf Geschehnisse in schönen Worten, zum Teil passend, zum Teil aber auch hahnebüchen formuliert:

Wir kamen meist tagelang ohne [E]essen aus, und unsere Knochen rieben beim Ficken aneinander.
Aber erst mussten sie noch die Haut wegschrubben. :D

Viell[e]icht war eine gewisse Melancholie, die unsere Stimmung dauerhaft beherrschte, vielleicht aber auch eine Rationalität in unserem Denkwesen, die andere Menschen nicht verstanden.
Hä? Ich verstehe es leider auch nicht.

Was mir aber eindeutig fehlt, ist ein roter Faden, an dem sich eine unterhaltende Geschichte festmachen liesse. Der Leser muss sich viel selber zusammenreimen,
Also für mich war das nix, aber wer weiss, vielleicht entdeckt ja jemand anderes für sich mehr hinter der poetisch klingenden Wortfassade.

Nix für ungut und wilkommen bei den Wortkriegern,
Gruss dotslash

 

Lieber blendednoah,

Wer sich rational mit der Existenz auseinandersetzt, merkt, dass sie nicht existiert.
Und was ist mit demjenigen, der sich da rational auseinandersetzt? Existiert der nicht? Merkst du das Paradoxon?
Wir sind zusammen rausgefahren, auf der Suche nach Ästhetik und Philosophie.
Ich sage jetzt etwas, was nicht dich alleine betrifft:
Einmal, wirklich nur einmal möchte ich erleben, dass Geschichten, die den Tag 'Philosophisches' haben, auch wirklich Philosophisches ansprechen und nicht nur pseudo-philosophische Floskeln verkaufen. Klingt jetzt vielleicht etwas hart, aber es fällt mir auf, dass dieses Stichwort sehr gerne genommen wird, wenn man nur irgendwie schwurbelt.
Denn, auch wenn ich von Ästhetik und Philosophie rede, so entsteht da nicht automatisch etwas Philosophisches. Und auch nicht, wenn da zwei Menschen nach den diversen! Metaebenen bei Hemingway suchen. (Meistens begnügen wir uns ja mit der Suche nach der einen.)
Und auch der gesellschaftliche Aspekt deines Textes bleibt mir, so, wie du ihn abfasst, verborgen.

Übrig bleibt auch für mich leider nur Wortgeklingel, aber kein Text, der sich dem Leser erschließt, und auch keine Geschichte.

Lieber blendednoah: Ich glaube, die große Kunst besteht nicht darin, mit großen Worten pseudo-philosophische Aussagen zu formulieren. Wir sollten vielleicht anstelle dessen versuchen, das, was wir mitteilen wollen, in einfache, klare Sätze und Aussagen zu fassen. Das tut der Tiefe des Empfundenen keinen Abbruch, macht es aber erfahrbarer. Und darum geht es ja auch, wenn wir einen Text verfassen: Wir möchten verstanden werden.

Viellicht war es eine gewisse Melancholie, die unsere Stimmung dauerhaft beherrschte, vielleicht aber auch eine Rationalität in unserem Denkwesen, die andere Menschen nicht verstanden.
Versuch doch einmal, das von dir Gemeinte in einer klaren und weniger auf Effekt getrimmten Sprache auszudrücken. Dann werden wir dich sicher auch besser verstehen. Denn, dass du dich gut ausdrücken und mit Sprache umgehen kannst, ist nicht die Frage.

In diesem Sinne begrüße ich dich bei den Wortkriegern.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo blendednoah,

ich kann die Einwände der Blogger nachvollziehen und schliesse mich ihnen - unter Umständen - auch an. Denn: (a) der Inhalt ist beliebig, (b) die Formulierungen teilweise klischeehaft und (c) die Argumentation pseudo-philosophisch.

ABER

es gibt Rahmenbedingungen welche a, b und c rechtfertigen. Diese sind meines Erachtens hier gegeben, da dein Text keine G. ist und auch keine sein will (nehme ich mal so an), sondern eher ... "prosaistische Dichtung?".

So zum Beispiel bei c: Was ist streng genommen nicht pseudo-philosophisch, wenn es um Gedanken, Ideen, Verstand, Bewusstsein, ja, sogar Wissenschaft geht? Ist es nicht schliesslich eine Frage der Perspektive, der Relation, der Selbstsuggestion auch dann, wenn Inhalte, Erscheinungen und Tatsachen auf der Basis von Messungen allgemein akzeptiert werden? Einziger Unterschied: deine Aussagen tragen keinen universal anerkannten "Siegel".

Demnach hat mir dein Text, in der hier presentierten "lasziven" Form, gut gefallen. Auch Stellen wie:
"Viellicht war es eine gewisse Melancholie...", "...dass wir nicht alt werden würden, doch wir waren rational genug, dass uns das egal war..." und "Wer sich rational mit der Existenz auseinandersetzt...", "verstecken" für mich eine gewisse Schlüssigkeit, die ja zum Teil versteckt sein soll.

Also,

Pseudo-Küsse aus Athen!

 

Irgendwann küsste ich dich. Doch du warst nicht mehr da.

„Je est un autre“ heißt es entgegen der zu erwartenden grammatisch korrekten Konstruktion „je suis un autre“ in Rimbauds „Aufenthalt in der Hölle“, an den ich denken musste, als ich diese Schülerpoesie las. Als Rimbaud in die literarische Welt eintrat, war er gerade 17, um sie mit 19 wieder zu verlassen, ein abenteuerliches Leben zu führen und Waffenhändler zu werden. Nun will ich Dich bei dem Versuch hier,

lieber blendednoah -

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts! -

nicht weiter mit Rimbaud quälen, aber schon der erste Satz

Wir sind zusammen rausgefahren, auf der Suche nach Ästhetik und Philosophie
stellt einen sehr hohen Anspruch und lässt ahnen, dass das Gesuchte nicht gefunden wurde und hier auch nicht zu finden ist und wenn „lieben“ aufs „Ficken“ reduziert wird kann auch da was nicht stimmen. Aber
Weiterentwicklung war unser Standpunkt
lässt hoffen, doch ach!, selbst so was popelig einfaches wie die Rechtschreibung klappt nicht unbedingt! Lässt sich hier noch streiten, ob das Komma zwischen Hauptsätzen nicht ganz gut durch die Konjunktion ersetzt werde oder die „Knochen … beim Ficken“ besonders betont werden sollten
Wir kamen meist tagelang ohne Essen aus, und unsere Knochen rieben beim Ficken aneinander.
so hapert's offensichtlich beim Infinitivsatz grundsätzlich
Ich begann[,] mich intensiver der Kunst zu widmen, schrieb die ganze Nacht und bat dich darum[,] mir deine Meinung anzuvertrauen.
Und es folgt ein Problem, das auch durch keine noch so gut gemeinte Rechtschreibreform sich vermeiden lässt: Die Verwechselung von „das“ (Artikel, Pronomen) und der Konjunktion „dass“
An deinem Lächeln[...] sah ich[,] das du es mochtest[...] und an deinen Küssen spürte ich es.
(zudem ist das erste Komma zu verschieben – der Nebensatz beginnt mit besagter Konjunktion und das „und“ vertritt … aber das hatten wir schon oben, wenn auch zwischen Hauptsätzen, die ja auch nix anderes sind als „gleichartige/-rangige“ Wörter/Wortgruppen ...

Wir verbrachten Stunden damit[,] über diverse Metaebenen in den Werken Hemingways zu diskutieren [,] und pausierten nur, um uns zu lieben
was ich, ausgenommen des Appendix, gern gehört hätte ...

Du fandest Pinsel und maltest mich nackt.

Und da sind wir dann dort angekommen, weshalb „ich ein anderer ist“, statt dass ich ein anderer sei: Der/die/das Andere (ursprünglich ist „ander/s“ identisch mit dem Zahlwort zwei, insofern die zwei „anders“ ist als die eins. So liebt man sich korrekt „einander“, womit eine kleine Abhandlung über Sprachphilosophie und -geschichte auf schnellstmögliche Art formuliert ist).

Doch die Frage ist, wie malt man farblos? Eine andere: Wer malt da wen und wer ist nackt? "Du" kann so nackt sein wie "ich" nicht bekleidet. Man geht doch zumindest - wenn schon nicht auf, so doch - mit dem Strich. Der Pinsel findet sich in der Hand des Icherzählers und äußert sich im Erguss, wobei in einer Lesung sicherlich die Gefahr besteht nach diesen zwo Sätzen

Von Zeit zu Zeit wurden wir dünner
Unter unseren Augen lagen Schatten, doch wir sahen nur die Ästhetik des Verfalls darin.
einen nahezu gleich klingenden Komparativ, aber doch eines gänzlich anderen als dem gemeinten, niedergeschriebenen Adjektivs herauszuhören.

Mein Schlusswort?

Was jetzt sehr negativ klingt, ist ... so gemeint.

Friedel

 

Hallo blendednoah

Der erste Abschnitt der Geschichte gefällt mir sehr gut, auch wenn ich nicht alles verstehe und manche Formulierungen hinter anderen zurückliegen. Trotzdem, sehr poetisch, sehr bildhaft. Das gefällt mir.
Auch das Charakteren-Paar das sich da langsam herausschält und doch nicht ganz ergründet wird, gefällt mir gut.

Lg Deybon Crow

 

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