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Blaue Stunde

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09.06.2015
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Blaue Stunde

Er ging am Ufer des Flusses entlang, die Sonne stand tief und malte lange Schatten auf den Weg. Seevögel ließen sich auf den Wellen treiben, er hörte das Rauschen des Wassers und seine Blicke schweiften über die weite Landschaft. Am Ende des Weges erreichte der junge Mann die Brücke, bog in eine kleine Straße ein und wenige Meter weiter stand er vor einem hohen Zaun, hinter dem sich eine weiße Villa verbarg.

Er war siebenundzwanzig, Pianist und lebte erst seit kurzer Zeit in München. Auf einem Empfang war er Martha begegnet, auf einer dieser langweiligen Einladungen, die man versuchte, schnell wieder zu verlassen. Doch plötzlich erschallte ein Lachen, dem sich alle Köpfe im Raum zuwandten. Eine Frau betrat den Raum, begleitet von einigen jungen Herren, die sich um sie herum bewegten, als wollte ihr jeder als erster zu Füßen liegen. Sie war groß, rothaarig und ihre wogenden Formen steckten in einem unglaublichen Kleid, das mehr preisgab als verhüllte.
Gregor konnte den Blick nicht von ihr wenden. Da war etwas an dieser Frau, das nicht real zu sein schien. Sie verströmte eine sexuelle Energie, die geradezu beängstigend war. Er versuchte sich dichter an sie heran zu schieben und als er es endlich geschafft hatte, fuhr ein heißer Strom der Erregung durch ihn hindurch. Sie hatte ihn entdeckt, ihre Augen begegneten sich für Sekunden, hielten einander fest, ein Taumel erfasste ihn und drohte, ihn davon zu tragen. Von diesem Augenblick an wusste Gregor, dass er sie haben musste.
Einem glücklichen Umstand war es zu verdanken, dass Gregor auf einen Freund stieß, der die Frau kannte und ihn vorstellte.
„Sieh Martha, wen ich mitgebracht habe. Den berühmten Pianisten Gregor Iwanow.“
Es kostete ihn einige Überwindung, ihr seine zitternde Hand zu reichen. „Sagen Sie Martha zu mir“, sagte sie und schenkte ihm einen tiefgründigen Blick. Später flüsterte sie ihm zu, er solle sie doch einmal in ihrer Villa besuchen. „Kommen Sie am Mittwoch zur Blauen Stunde.“ Als er sie fragend anschaute meinte sie: „Mein Mann ist dann in der Oper. Bei den Proben.“ Und sie lachte.

Nur wenige Tage später lief Gregor am späten Nachmittag durch den fremden Garten, an duftenden Blumen und Sträuchern vorbei, die im Glanz der untergehenden Sonne purpurn leuchteten, und schellte an Marthas Tür. Der silberne Klang der Türglocke schickte elektrische Stöße durch sein Rückgrat. Er hörte Schritte, die Tür öffnete sich. Martha! Sein Pulsschlag beschleunigte sich, die Brust wurde ihm eng.
Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und sah bezaubernd aus. Als sie ihm zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange hauchte, fühlte er sich von schweren Düften benebelt, die aus der Tiefe ihres wogenden Busens zu kommen schienen. Der Salon erstrahlte im Licht unzähliger brennender Kerzen, die Drinks waren vorbereitet. Gregor war beeindruckt und auch sprachlos.
„Nun?“, fragte sie.
„Nun?“, erwiderte er mit einem Schulterzucken.
Marthas rot geschminkte Lippen schimmerten aufreizend und tanzten im Kerzenlicht. Sie zögerte nicht lange, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu einem Sofa aus grünem Samt, in dessen verlockend weichen Kissen sie beide versanken. Gregor fasste ihre Hand und ihre Finger verstrickten sich ineinander. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, dicht genug, dass er ihre üppigen Körperformen spüren konnte, was seinen Herzschlag beschleunigte und seinen Leib vor Ungeduld, vor Verlangen und Lust erschauern ließ.
Den langen Reißverschluss, der Marthas Kleid am Rücken zusammen hielt, entdeckte Gregor rein zufällig. Einige Male fuhr er mit den Fingerspitzen hinauf und hinunter, schließlich nahm er sich ein Herz und zog daran. Das Kleid ging auf. Zu seiner Verblüffung trug Martha nichts darunter, außer den halterlosen Strümpfen. Ihr prächtiger Busen sprang ihm entgegen. Scheu und andächtig berührte er die weiße Haut, die sich warm und weich anfühlte. Martha lachte, schob sich schwungvoll auf seinen Schoß und betastete mit flinker Hand seinen Leib. Sie gab ihm Küsse aufs Gesicht, auf den Mund und auf die Augen. Geschickt streifte sie ihm die Kleider ab und als er nackt war, ließ sie sich mit ihm zusammen auf den weichen Teppich gleiten. Plötzlich empfand Gregor ein Gefühl von großer Zärtlichkeit. „Mein Liebling“, murmelte er und schmiegte seinen Körper eng an ihren. Marthas Augen glänzten, ihre Lippen bebten, wortlos gab sie sich ihm hin.

Einige Zeit lagen sie eng verschlungen und lauschten dem Klopfen ihrer Herzen.
„Kommst du wieder, mein Engel?“, fragte Martha mit rauer Stimme.
„Möchtest du das denn?“, antwortete er zögerlich und wusste doch genau, dass er sich für dieses Abenteuer bereits entschieden hatte.

 
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Hola AmelieS,

ich weiß nicht, ob ich richtig liege mit meiner Vermutung, dass Du diesen Text vor vielen Jahren, Jahrzehnten geschrieben hast. Jedenfalls hab ich als Bub in den Silberromanen meiner Mutter geblättert und erinnere mich noch an unsägliche Passagen:

... K fühlte er sich von schweren Düften benebelt, die aus der Tiefe ihres wogenden Busens zu kommen schienen.
Ja, dort drinnen und drunten riecht’s am schwersten.

... ein Taumel erfasste ihn und drohte, ihn davon zu tragen.
Wohin auch immer.

... was seinen Herzschlag beschleunigte und seinen Leib vor Ungeduld, vor Verlangen und Lust erschauern ließ.
Heiliger Bimbam!
Ich schaue nochmals nach den tags, aber ‚Satire’ ist nicht dabei. Demnach muss das ernst gemeint sein. Dann schaue ich auf den Kalender: tatsächlich 2015!

... ihre Lippen bebten, wortlos gab sie sich ihm hin.
Ein starkes Stück, was Du uns hier servierst! Leider liegt alles so weit zurück – es kann auch ein Bastei-Roman gewesen sein.

Den langen Reißverschluss, der Marthas Kleid am Rücken zusammen hielt, entdeckte Gregor rein zufällig.
So etwas passiert, meist dann, wenn man es gar nicht will.

Amelie – wir sind spät dran. Schluss für heute. Ab in die Koje. Schlafen.
Vielleicht stellt sich morgen Dein Text ganz anders dar – und dann würde ich es bereuen, wenn ich jetzt sagte, was ich mir verkneife.

José

 
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Guten Morgen AmelieS,

ein erotischer Text zum Morgenkaffee, was bringt einen besser auf Touren? Nun, dein Text ist es leider nicht. Ich muss mich josefelipe in seiner Kritik weitestgehend anschließen. Das ist nicht gut. Du schreibst hier sehr pathetisch und blumig, und plötzlich knallst du dann sowas raus:

Sie verströmte eine sexuelle Energie, die geradezu beängstigend war.

Ugh. Das ist wie ein Schlag in die Magengrube nach der ganzen Rosamunde Pilcher-Ästhetik. Klingt wie ein plumper terminus technicus.

Generell finde ich, dass du es hier übertrieben hast mit dem Schwulst. Das hast du in deiner etwas märchenhaften Reise durch die Nacht vie viel besser getroffen. Da passte die Sprache zum mystischen Element, da konntest du mit satten Farben malen. Das hier ist halt wirklich eher Hausfrauenroman.

Aber lass dich nicht entmutigen, wir greifen alle mal daneben!

Exilfranke :)

 

Hallo AmelieS,

ich habe nach dem ersten Absatz inngehalten, denn irgendwie passt es nicht zusammen: Er geht an einem Fluss entlang, der Wellen schlägt, auf dem Seevögel treiben und das Wasser rauscht. Abgesehen vom rauschenden Wasser tippe ich auf Cuxhaven - Elbemündung. Da könnte das Bild stimmen. Aber im zweiten Absatz steht, dass er in München lebt. Das hat mich beinahe vom Hocker gehauen. Ich war noch nicht an der Isar, aber passt dieses Bild?

Und dann die weiße Villa, die sich hinter einem hohen Zaun verbirgt. Ein Zaun ist kein Blickfang, man kann durch ihn hindurchsehen. Die Villa kann sich hinter einer hohen Hecke verbergen, aber dann sieht der Prot sie eben gar nicht.

ihre wogenden Formen steckten in einem unglaublichen Kleid, das mehr preisgab als verhüllte.
Ja, unglaublich. Wenn die wogenden Formen kaum verhüllt werden, schwant mir eine Katastrophe, denn auch wogende Wellen treten gerne über das Ufer.

Sie verströmte eine sexuelle Energie,
In den Romanen, die in diesem Stil geschrieben wurden, war das Wort Sexualität noch ein Tabuwort.

Der silberne Klang der Türglocke schickte elektrische Stöße durch sein Rückgrat.
elektrische klingt unpassend, ich würde ein anderes Wort suchen, das mehr das Empfinden beschreibt.

die Tür öffnete sich. Martha!
In diesem Ambiente habe ich einen Butler oder wenigstens ein Hausmädchen erwartet, die die Tür öffnen und den Prot zu Martha führen.

die Drinks waren vorbereitet.
die würde ich streichen. Klingt so, als ob die Drinks eine besondere Aufgabe erfüllen sollen.

entdeckte Gregor rein zufällig.
Sehr unwahrscheinlich. Irgendwie hat sich seine Hand doch in diese Gegend verirrt und bei dieser Erkundung entdeckt er den Reißverschluss.*Warum nicht: entdeckte Gregor, als er seine Hand ... legte

Zu seiner Verblüffung trug Martha nichts darunter, außer den halterlosen Strümpfen.
Da Du vorher sagst, dass die beiden im Sofa versanken, muss ein Stellungswechsel stattgefunden haben. Sonst hätte das Kleid gar nicht so weit kommen können.

betastete mit flinker Hand seinen Leib.
Leib klingt mir fehl am Platze. Ich würde einfach nur sagen betastete ihn mit flinker Hand.

Sie gab ihm Küsse aufs Gesicht, auf den Mund und auf die Augen.
Da Mund und Augen Teil des gesichts sind, könnte z.B. Wangen besser passen als Gesicht.

Mal abgesehen davon, dass Exilfranke nicht mich meinte, sondern josefelipe, dieser eine Satz passt wirklich nicht. Hatte ich ja auch schon geschrieben.Aber wer ist Dein Zielpublikum? Einschlaflektüre für romantisch verspielte (einsame) Damen (dann auch jeden Alters) würde ich sagen. Ich würde aber dem Prot noch mehr Konturen verpassen. Das ist einfach nötig, um besser träumen zu können.

Also ich fand die Geschichte gut geschrieben, so als kleinen Appetithappen (nicht unbedingt schon zum Frühbstück).

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo liebe Freunde, erst einmal sage ich Danke! Der Hund muss spazieren gehen und wenn ich zurück bin, schreibe ich mehr zu dieser wundersamen Erotik Geschichte. Doch gefreut hat es mich, dass der Text gelesen wurde, dass er kitschig ist weiß ich selbst. Vielleicht zu viel des Guten? Rosamunde Pilcher klingt gut. Genau diese Leser, Fernsehschauer, sind meine Zielgruppe.

Bis später!
Amelie

 
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Liebe Amelie,

deine Art zu schreiben ist sehr weich und flüssig, das gefällt mir. Nichts Abgehacktes, sondern etwas Fließendes. Deine Geschichte kommt mir so vor, als wäre sie vor vielen Jahrzehnten passiert, vielleicht sogar Jahrhunderten. Die ganze Erzählweise, vor allem aber der erotische Teil, hat mich irgendwie an "Gefährliche Liebschaften" erinnert. Alles ist schön umschrieben, du benutzt keine derben Worte, es hat fast schon etwas Vornehmes. Und irgendwie fand ich das schön.

Ein kleiner Kommafehler ist mir aufgefallen:

Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und sah bezaubernd aus. Als sie ihm zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange hauchte[KOMMA] fühlte er sich von schweren Düften benebelt, die aus der Tiefe ihres wogenden Busens zu kommen schienen.

Ansonsten sprachlich sehr gut.
Gerne gelesen! Der wogende Busen bleibt mir wohl noch eine Weile vor Augen :shy:
RinaWu

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Nachtrag: jobär -

Ich war noch nicht an der Isar, aber passt dieses Bild?

Ja. Ich lebe in München und die Isar hat, gerade wenn man sich ein wenig aus der Innenstadt hinausbewegt, ein wilderes Gesicht.

Liebe Grüße

 
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Hallo José, der Text hat dich arg getroffen und ich bin bereit mich für die Schmerzen, die ich dir zugefügt habe, zu entschuldigen. :)

Danke auch dir, Exilfranke, für deinen Mut, den Text zu lesen. Und natürlich für deine Bereitschaft, der Autorin den Griff in die Kloschüssel zu verzeihen. ;) Immerhin: "Hausfrauenroman." Nennt sich auch Trivialliteratur.

Hallo Jobär, du hast dir viel Mühe mit meinem Text gegeben. Herzlichen Dank! Wenn ich jeden deiner angemerkten Sätze korrigieren würde, müsste ich die ganze Geschichte umschreiben. Trotzdem:
"Also ich fand die Geschichte gut geschrieben, so als kleinen Appetithappen".
Das ist doch mal eine Aussage!

Liebe RinaWu, eine Münchnerin! Jahrelang habe ich in München gelebt, bin auch dort geboren. Was für eine wunderschöne Stadt!
Nun zu meiner Erotik Geschichte und zu deinem Kommentar. Dass ich mir deine lobenden Worte auf der Zunge zergehen ließ, kannst du dir sicher vorstellen. Du bist mit mir den Weg gegangen, leichtfüßig und schwebend. Mehr sollte es ja auch nicht sein, als eine kleine Erotik Phantasie. Ich habe mich gefreut! Das fehlende Komma habe ich zur passenden Stelle getragen.
Herzlichen Dank !


Einen schönen Tag wünsche ich allen, die hier vorbeikommen!
Amelie

 

Liebe Amelie,

tatsächlich bin ich nur eine Zugereiste, eine Preußin sogar :Pfeif: Aber du hast recht, wenn man von den Miesepetern absieht, die hier ab und zu in Scharen auftreten, ist es eine tolle Stadt.

Ja richtig, ich bin mit dir den Weg gegangen. Ich empfand es auch nicht als Hausfrauen-Text (ich bin selbst keine besonders gute), sondern eher eben als einen Text, der in ein anderes Jahrhundert passen würde. Da ich mir selbst vorgenommen habe, von den großen Schriftstellern mindestens ein Buch in meinem Leben gelesen zu haben, habe ich mich also schon durch diverse ältere Romane gekämpft. Und auch wenn die Sprache eine ganz andere ist, als die, die heute fast nur noch benutzt wird, finde ich es ab und zu schön, in einen Text einzutauchen, der für andere kitschig und zu viel des Guten ist.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo José, der Text hat dich arg getroffen und ich bin bereit Kmich für die Schmerzen, die ich dir zugefügt habe, zu entschuldigen.

Das genügt mir nicht. Ich will Schmerzensgeld. Aber keine Klimpermünzen!

 

Vom Traum in Grün nun zur blauen Stunde,

kein Grund, Dich nicht noch mal zu besuchen,

liebe Amelie,
und handwerklich durchaus gut, denn wer nicht nur einfach schreiben will, der muss alle Stile beherrschen, incl. Gartenlaube. Allein die Seevögel in München stören ein wenig den durchaus poetischen Beginn.

Seevögel ließen sich auf den Wellen treiben, […] und lebte erst seit kurzer Zeit in München.
Selbst wenn Kormorane bis tief ins Binnenland verbreiten und den Fischern das Leben schwer machen, wäre „Wasservögel“ sicherlich keine schlechte Wahl.

Was mich dann als zwotes stolpern lässt, ist der aufkommende Besitzanspruch, der sich in der Substantivierung des Verbes „haben“ als „Habe“ zeigt

Von diesem Augenblick an wusste Gregor, dass er sie haben musste
Wie heute der Neureiche seine Jacht, die Villa, seine Kinder, das Pferd und sein Weib auf Fotos (und sei’s im mobilen Telefon) mit sich trägt, um sie allen, die’s vielleicht gar nicht sehen und wissen wollen, zu zeigen.

Angemessener innerhalb des Stiles wäre „begehren“, „verlangen“

Gleichwohl bleibt noch ein Komma nachzutragen

Er versuchte[,] sich dichter an sie heran zu schieben und als er es endlich geschafft hatte
Gern gelesen vom

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Friedel, herzlichen Dank für deine professionelle Einschätzung meines Textes. Wie ich feststellen durfte, hast du dich nicht von persönlichen Geschmäckern leiten lassen. Erfreulich!

Dass er sie haben musste? Denken nicht fast alle Männer so? Vielleicht irre ich, doch im Sprachgebraucht sagt man doch, ich will etwas haben. Und in diesem Fall will mein Prot die Frau verführen, er will sie für nur einen Augenblick, oder zwei, ;) besitzen. Von Gefühlen reden wir später, in diesem Moment denkt der Mann ausschließlich an Sex.

Die Seevögel werden den Wasservögeln weichen müssen und das Komma wird an Ort und Stelle platziert.

Friedel, ich danke dir und wünsche dir einen schönen Tag!
Amelie

 

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