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Cecstasy

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26.10.2017
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Cecstasy

Eine Symbiose aus Angst und Unsterblichkeit elektrisierte jede Pore in Ecos Körper.
„Geil.“
So kommentierte er dieses besondere Gefühl, das er noch nie zuvor gespürt hatte. Sein Weg bis an die Spitze war mühsam gewesen. Eco blickte in den Himmel. Das gleißende Licht der Sonne blendete seine weit geöffneten Pupillen.
Zögerlich trat er mit dem rechten Fuß nach vorne. Er atmete tief ein, ehe er sich traute, den linken nachzuziehen.
Nun stand er an der Stelle, an der sich keiner vor ihm hin getraut hatte. Vorsichtig blickte er nach unten.
Staub. Dreck. Angst. Endlichkeit. Erkenntnisse. All das lag direkt unter ihm.
Für einen langen Moment verloren Ecos Augen sich in der Tiefe des Abgrundes. Sein Herz feuerte so stark, dass die Salven im Hintergrund gänzlich in seiner Wahrnehmung verstummten.

Er spürte den frischen Wind, der seine Haare zum Wehen brachte. Dabei hatte er sich vor einer Woche den Kopf kahl geschoren. Doch diesen Fehler ignorierte Eco gekonnt. Er versuchte, den besonderen Moment zu genießen und atmete tief ein.
Kein Basejump und kein Kunstflug konnten damit konkurrieren. Eco erinnerte sich, wie er eine Woche zuvor in einer noch größeren Höhe auf den Burj Khalifa geklettert war und wie er auf dessen Spitze aus dem Stand einen Salto gemacht hatte. Beinahe hätte er das Gleichgewicht verloren und wäre in die Tiefe gestürzt.

Er war der Erste. Keinem anderen zuvor war dieses Kunststück gelungen. Alle bewunderten Eco dafür. Das war sein Antrieb. Fame. Dieses Gefühl etwas in dieser Welt darzustellen; eine Bedeutung zu haben. Doch diese Anerkennung war schnell wieder verbraucht. Eco brauchte den nächsten Kick. Es musste mehr sein. Es muss immer mehr sein. Aber das hier, das war noch gewaltiger. Die eine Stufe, die über allem stand.
Als Eco seinen Selfie-Stick zückte und sich selbst sowie das Panorama des völlig zerbombten Homs im Hintergrund filmte, detonierte etwas unmittelbar unterhalb des zerstörten Hochhauses, auf dem er sich befand.
Eco schrie.

Der Lärm war ohrenbetäubend. Plötzlich merkte Eco, wie der Boden unter seinen Füßen Stück für Stück bröckelte. Er blickte sich um. Verschwommen hörte er die Schreie der letzten Zivilisten der Stadt.
Sein Herz raste immer mehr. Der Grund auf dem er stand, krachte zusammen. Mit letzter Kraft hielt er sich an einem abgerissenen Stromkabel fest. Er blickte nach unten. Menschen schrien um Hilfe. Kinder suchten ihre Eltern. Soldaten starben.

***

Für Eco aber war alles nur ein Spiel, nicht real. Schlimme Konsequenzen befürchtete er nicht. Gerade als er sich nach oben ziehen konnte, schlug eine Tomahawk-Rakete in das unterste Stockwerk des Hochhauses ein.
„Mist. Game over. Aber krasse Grafik… Das ist also Krieg“, dachte sich Eco.
„Nochmal!“, rief er während er mit einem Lächeln in seinem Gesicht in die Tiefe stürzte.

***

Nervös zog Hauptkommissar Legrand an seiner E-Zigarre, während eine kleine schwarze Entertainmentbox der Firma Mississippi die Erlebnisse sowie das verschriftlichte Gefühlsprotokoll von Eco1994 aus dem Kriegssimulationsspiel an die Beamerwand projizierte.
Legrand hatte erst vor zwei Tagen seinen neuen Job im Pariser Kommissariat begonnen und schien mit der Situation leicht überfordert.
„Ok. Das reicht. Wir müssen dich leider mitnehmen, Alessia. Du bist unsere Blackbox. Schließlich warst du mit dem Opfer online verbunden“, sagte Legrands Assistent Ben Ahmid zu der weiblichen Computerstimme, die sich unmittelbar nach dieser Aussage sofort selbst deaktivierte und herunterfuhr.
„Hallo? Alessia? Hallo?!“ Ben Ahmid brüllte vor Wut. „Verdammter Mist!“
„Leute, die nehmen wir mit ins technische Labor. Wir müssen wissen, was mit dem Teilnehmer hier passiert ist und wer ihm das Spiel verkauft…“, sagte Legrand.
Der anwesende Gerichtsmediziner unterbrach ihn plötzlich.
„Herr Legrand, schauen Sie hier. Ich kenne die Ursache: Exitus durch unumkehrbaren Hirnfunktionsausfall. Schuld ist nicht das illegale Spiel mit dem Namen Homs, sondern eher dieser primitiv verarbeitete Plagiatschip hier. Made in China, wie ich es vermutet hatte. Dieses Teil hatte einen Kurzschluss und hat die Synapsen von unserem Spieler Eco1994 im wahrsten Sinne des Wortes durchbrennen lassen.“ Der Gerichtsmediziner betrachtete den Chip in seinen Händen näher. „Das ist schon das dritte Todesopfer durch Cecstasy in diesem Monat“, sagte er.
„Cecstasy?“, fragte Legrand.

„Das ist die Kurzform von Cyber Ecstasy. So heißt dieser neue illegale Chip. Die Konsumenten suchen den ultimativen virtuellen Nervenkitzel. Und durch effektive Hirnstimuli können sie durch das Programm in jede Welt hinein transportiert werden. Es fühlt sich an, als erlebten sie ihre Abenteuer in der Realität. Das ist der neueste Kick. Bunte Pillchen braucht man dafür nicht mehr, nur eine VR-Brille. Und die Chips werden direkt in das Gehirn eingepflanzt. Bei gut gemachten Produkten kann man im Spiel auch problemlos sterben. Aber wehe der Chip ist dilettantisch konstruiert wie der hier…“, erklärte Ben Ahmid.

„Und wie lange ist Cecstasy schon im Umlauf?“, fragte Legrand.

„Erst seit wenigen Monaten. Es hat harmlos angefangen. Bungee-Sprünge, die ersten aufregenden Sexerlebnisse, eine exzessive Koksnacht. Jede Form von Ektase konnte von den Usern heruntergeladen werden, solange sie sich schon einen Chip einpflanzen haben lassen. Aber mittlerweile werden durch Cecstasy auch verbotene Kriegsspiele detailecht simuliert. Das Opfer letzte Woche wurde von einem SS-Soldaten per Kopfschuss niedergestreckt. Auch da ist wieder ein Chip durchgebrannt. Fast das identische Muster; nur war das Opfer dort gerade mal 14 Jahre alt“, erklärte Ben Ahmid.

„Echt pervers und geschmacklos…“, kommentierte Legrand. „Und Eco stand wohl auf modernere Kriegsware.“
„So sieht’s aus. Und er passt genau ins Kundenschema“, ergänzte Ben Ahmid.
„Ich sehe es“, sagte Kommissar Legrand, während er sich den leblosen Körper des jungen Mannes mit den kahlgeschorenen Haaren anschaute. Eine VR-Brille verdeckte sein Gesicht.
„Stark übergewichtig, unsportlich, alleinlebend und eigentlich bemitleidenswert“, ergänzte er.
„Leider konnte er sich wohl nur dieses Billigzeug und die OP leisten... Dabei gehörte er online zu den besten Spielern mit vielen realen Fans, auch wenn durch seinen Spielavatar wohl keiner wusste, wie unser Antoine Ecolet in Wirklichkeit aussah“, erwiderte Ben Ahmid.
Danach zeigte Ben Ahmid ein Foto des 14-jährigen Jungen, der eine Woche zuvor verstorben war. Angewidert nahm Legrand einen Zug von seiner E-Zigarre.

„Wie teuer ist eigentlich so ein Chip? Wenn ich das hier alles sehe, könnte ich auch einen gebrauchen, um mir eine schönere Welt vorzustellen.“

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Epiphany,

Ein interessanter aber nicht ausgereifter Ansatz. Die Charakteren sind blass, der Ablauf ist zu stark komprimiert um der Geschichte Tiefe zu geben. Du willst zuviel.

Der Einstieg ist kompliziert und langatmig. Da verlierst du schon viele Leser.

Eine Symbiose aus Angst und Unsterblichkeit elektrisierte jede Pore in Ecos Körper.
„Geil.“
So kommentierte er dieses besondere Gefühl, das er noch nie zuvor gespürt hatte.

Angst und Unsterblichkeit versteht man erst, wenn man die Geschichte gelesen hat. Dann ist es aber zu spät. Statt zu "zeigen" kommentierst bzw. beschreibst du das Gefühl. Damit verkompliziert du den Einstieg und machst es langatmig.

Was ist die Symbiose aus Angst und Unsterblichkeit? Symbiose ist hier vermutlich der falsche Begriff.

Ohne viel zu überlegen:

"Geil!", Eco1994 spürte jede Pore.

Sein Weg bis an die Spitze war mühsam gewesen.

Der Leser kennt den Gesamtrahmen deiner Geschichte noch nicht. Die letzte Zitierung kann daher unterschiedlich interprediert werden. Ich dachte, er steht auf dem Gipfel eines Berges, nach einer langen beschwerlichen Wanderung.

Das gleißende Licht der Sonne blendete seine weit geöffneten Pupillen.

Warum weit geöffnete Pupillen? Er hat ja keine chemischen Drogen genommen. Daher sollten die Pupillen hier ganz klein werden.

Nun stand er an der Stelle, an der sich keiner vor ihm hin getraut hatte.

Die Stelle und das warum sich keiner bisher dort hin getraucht hat, kennt nur dein Kopf, aber nicht der Leser. Erst im Nachhinein wird alles verständlicher. Der Leser muss immer überlegen, was den Einstieg in die Geschichte erschwert.

Vorsichtig blickte er nach unten.
Staub. Dreck. Angst. Endlichkeit. Erkenntnisse. All das lag direkt unter ihm.

Wieder lässt du uns im Unklaren.

Für einen langen Moment verloren Ecos Augen sich in der Tiefe des Abgrundes.

Ecos Augen verloren sich im Abgrund.

Tönt noch nicht schön, ist aber nicht doppelt gemoppelt: lange Moment - verloren & Tiefe - Abgrund.

Mein Vorschlag: überabeite deine Geschichte, konzentriere dich auf einen Punkt, den du rüberbringen willst, gib den Charakteren eine Persönlichkeit.

Bleib dran, dann wird es bestimmt eine tolle Geschichte :).

Beste Grüße
Kroko

 

Hallo Epiphany,

das Thema der Geschichte ist interessant, an Deinen Stil ist wenig auszusetzen.

Allerdings muss ich bemängeln, dass für den Leser lange Zeit unklar bleibt, in welcher Situation sich Eco befindet. Die Andeutungen reichen meiner Ansicht nach nicht aus, um zu zeigen, dass die erste Szene in einer VR-Umgebung spielt. Deshalb habe ich viele Hinweise beim ersten Lesen gar nicht verstanden. Es ist natürlich frustrierend, wenn man nicht versteht, worum es in der Geschichte überhaupt geht. Und als ich es endlich verstanden habe, war die Geschichte auch schon zu Ende.

Das mit den Explosionen kommt mir auch ein wenig verworren vor. Eine Explosion "unterhalb" des Hochhauses (im Keller?), die ganz oben den Boden bröckeln lässt, aber er kann sich an einem Stromkabel festhalten? Wie geht das? Und dann schlägt zufällig auch noch eine Marschflugkörper im Erdgeschoss ein, und das Hochhaus stürzt ein. Raketen und andere Flugkörper treffen ein Gebäude wohl eher selten im Erdgeschoss ...

Auch die zweiten Szene ist recht verworren. Ist der Gerichtsmediziner mit Ben Ahmid identisch? Es ist nicht immer ganz klar, wer gerade spricht. Und Details wie Legrands Überforderung und seine Vorliebe für E-Zigarren sind eigentlich überflüssig. Was hat es mit Alessia auf sich? Was ist so wichtig an ihr, dass Ben Ahmid derart in Rage gerät? Im Folgenden spielt Alessia ja gar keine Rolle mehr.

Alles in allem: Es bleiben zahlreiche Unklarheiten. Aber auch ich möchte Dich ermuntern, die Geschichte zu überarbeiten. Es lässt sich mit Sicherheit viel mehr daraus machen.

Gruß
Notker

 

Hallo Epiphany!

Eigentlich hasse ich Texte, die in einem Traum, einem Film oder einem Computerspiel beginnen, wie die Pest. Weil ich mir bei der Auflösung vom Autor veralbert vorkomme.

Deinen Textanfang hingegen fand ich sehr gut gemacht. Am Anfang des zweiten Absatzes ("Er spürte den frischen Wind, der seine Haare zum Wehen brachte. Dabei hatte er sich vor einer Woche den Kopf kahl geschoren. Doch diesen Fehler ignorierte Eco gekonnt.") war alles klar. Ich Leserin habe einen Aha-Moment. Prima.

So, und nun komme ich zu meiner Kritik:

Nach dem guten Anfang wechselst du (logischerweise) das Szenario, aber dann kommt nicht mehr viel. Der Text läuft eher irgendwie aus, als ob du Autor nicht mehr weiter wusstest.
Die Geschichte ist nicht rund, denn was ist die Handlung? Eco ist tot und die Polizisten, die den Fall untersuchen, scheinen nur mit den Schultern zu zucken. Die ermitteln ja nicht. Die sagen bloß: ein illegaler Chip wars. Hat Eco halt Pech gehabt.
=> Und das ist unbefriedigend.

In deinem Profil schreibst du, du möchtest deine Schreibtechnik verbessern. Dann empfehle ich dir, erstmal zu überlegen, was du in deiner Geschichte eigentlich erzählen willst. Wenn es ein Krimi werden soll, dann brauchst du eine Krimihandlung, also Ermittlungen der Polizisten.
Soll es Gesellschaftskritik sein? Dann müsstest du dich vielleicht mehr auf den Suchtaspekt konzentrieren. Die Chip-Erklärungen und die Polizisten sollten dann weniger Raum einnehmen.
SF? Größere Konzentration auf die Zukunftsaspekte; da wäre sicher interessant, wenn Alessia mehr Raum bekommen würde.

Noch ein Tipp: Du bekämst sicher mehr Kommentare, wenn du auf eingegangene Kommentare auch antwortest (zeitnah) und wenn du dich auch mal zu Texten anderer äußern würdest. Geben und Nehmen, du weißt schon.

Grüße,
Chris

 

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