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Das Boot

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17.08.2023
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Das Boot

Ein einsames Boot trieb auf dem endlosen Ozean der Einsamkeit. Es wurde von starken Strömungen und Gezeiten hin und her geworfen, während es verzweifelt nach einem Ankerpunkt suchte. Die Segel waren zerfetzt und der Mast war schwach, aber das Boot kämpfte weiter, als ob es noch einen Funken Hoffnung gab.

Der Kapitän des Bootes war ein einsamer Wanderer, der sich verloren fühlte. Er hatte einst ein fröhliches Dorf verlassen, um das Weite zu suchen und das Unbekannte zu entdecken. Doch stattdessen fand er nur Leere und Stille. Er war wie ein einsamer Vogel, der vergeblich versuchte, einen Schwarm zu finden, nur um zu erkennen, dass er der einzige seiner Art war.

Jeden Tag versuchte der Kapitän des Bootes, sich an vergangene Zeiten zu erinnern, als er auf grünen Feldern mit Freunden lachte und die Sonne auf seiner Haut spürte. Aber die Erinnerungen wurden von den Fluten der Einsamkeit verschluckt, und er konnte keinen Hafen in Sicht finden.

In der Nacht, wenn der Himmel von Sternen durchzogen war, fühlte sich der Kapitän noch einsamer. Die Sterne waren winzige Funken des Glücks, weit entfernt und unerreichbar. Sie erinnerten ihn an die zahllosen Möglichkeiten, die ihm entkommen waren, und sie führten sein einsames Boot weiter in die Dunkelheit.

Einmal, als der Kapitän am Rand seiner Kräfte war, dachte er darüber nach, das Boot zu verlassen und ins Meer zu springen. Er dachte, dass das Dunkle und Unbekannte des Ozeans besser sein würden als die quälende Einsamkeit, die ihn umgab. Aber etwas in ihm sagte ihm, dass er weiter machen sollte, dass es irgendwo da draußen etwas geben musste.

Und so trieb das einsame Boot weiter, durch Stürme und ruhiges Wasser, durch das Unbekannte und das Vertraute. Aber der Kapitän fand nie den Ankerpunkt, nach dem er sich sehnte. Sein einsames Boot wurde zu seinem Gefängnis, und er war gefangen in der Leere seines eigenen Herzens.

 

Hallo @AkifBank,

vielen Dank für das Teilen deiner Story.

Vorweg: Ich finde es sehr gut, dass du schreibst und es gehört eine gute Portion Mut dazu, sich in den Löwenkäfig der Kritik zu begeben. Dazu Hut ab von mir.

Nimm meine Kritik also bitte nicht persönlich, und hänge nicht deine gesamte Karriere als Autor daran. Ich habe das Gefühl bzw. die Intuition, dass du etwas zu erzählen hast, dass du dich zum Schreiben hingezogen fühlst und das solltest du absolut beibehalten.

Auf einer gewissen Art ist die Stimmung der Metapher deines Textes rübergekommen. Ich meine, da etwas Authentisches zu fühlen, etwas Erzählenswertes.

Nun zur Kritik. Ich denke, dass du eben den Bock aufs Erzählen hast, aber das Handwerkliche liegt noch ein wenig in den Kinderschuhen. Soweit meine Einschätzung. Das Bild des Bootes im Ozean ist metaphorisch, aber ich würde mir da mehr wünschen. Was deinem Bild bzw. der Metapher fehlt, ist eine Handlung. Um was für eine Hoffnung handelt es sich? Wie fühlt sich die Einsamkeit an und woher kommt sie? Wie sah es früher aus, als alles besser war?

Mein Ratschlag an Schreibanfänger, der mir selbst einmal gegeben wurde, ist: Versuche dich zu erinnern, was dir selbst einmal passiert ist, was dich berührt, weitergebracht oder imponiert hat. Und versuche, das zu erzählen. Beim Text hier finde ich vielmehr ein Stillleben als eine Erzählung, und das ist schade - ich würde gerne mehr erfahren, wissen, weswegen der Kapitän so down ist und welch Hoffnung das Schiff über Wasser hält.

Beste Grüße
zigga

 

Mahlzeit @AkifBank,

ein Hallo und Willkommen in den heiligen Hallen der Internet-Literatur. Ja, @zigga hat es ja schon erwähnt: nichts hiervon geht gegen eine uns allen unbekannte Person. Es ist der Text, um den es sich dreht. Ich hab spaßeshalber ne Kurzgeschichte von, äh, anno dazumal rausgesucht und siehe da, ähnlicher Stil. Über das 'Warum' müssen wir kein Wort verlieren. Das Leben eben. Und wenn das für dich funktioniert mit deinem momentanen Stil, dann ist das völlig in Ordnung. Aber es gibt eine Menge anfängliche Elemente, die habe ich verwendet, die verwendest du und viele andere taten das ebenfalls. An irgendeinem Punkt meiner hobbymäßigen Schreiberei fragte ich mich, warum ich nicht so wie jene oder der schrieb, was ich tun müsste, um das hinzubekommen. Mit anderen Worten: Ich wollte aus meinem Rahmen im Kopf ausbrechen. Da gab es noch kein Internet, kein Forum. Ein mühevoller Weg. Aber für mich persönlich hat er sich gelohnt.

Fangen wir mal an:

Ein einsames Boot trieb auf dem endlosen Ozean der Einsamkeit.
Der Einstiegssatz (oder Sätze) sind durchaus entscheidend. Vor allem für Leser*Innen. Zweimal 'einsam'. Adjektiv und Hauptwort. Und dem Boot an sich ist die Einsamkeit egal. Aber bspw. 'In der Weite des Ozeans trieb ein Boot mit zerrissenen Segeln und morschem Mast', was quasi erklärt, warum es einsam um das Boot herum ist und in einem Einstiegssatz auch gleich die Lage klärt.

Es wurde von starken Strömungen und Gezeiten hin und her geworfen
Als Metapher, hm, nicht so wirklich gut, denn wenn es Tiefenwasser ist, werfen dich Strömungen und Gezeiten nicht hin und her. An wenigen Stellen merkt man deutlich, wie eine Strömung zieht, etwa durch die Meerenge von Gibraltar. Viel deutlicher ist es, wenn das Boot von einer mehr oder weniger starken Dünung hin und her bewegt wird. Vor allem Strömungen und Gezeiten gehen immer in eine Richtung, was dich nicht hin und her wirft.

Die Segel waren zerfetzt und der Mast war schwach, aber das Boot kämpfte weiter
Siehe Einstiegssatz.

ein einsamer Wanderer, der sich verloren fühlte
... ein einsamer Wanderer ... okay, wandern lass ich mir noch gefallen. Eine einsame Seele oder eben ganz anders. Vor allem aber, muss ich dir glauben, dass er einsam ist. Wenn ich von einem Menschen sage, dass er einsam ist, ist das deine Meinung über ihn, die alle anderen glauben sollen, aber fühlbar ist es nicht. Erfahrbar ist es nicht. Wenn ein Kapitän vom Bug zum Heck geht, 20 mal in der Stunde, auf die Uhr sieht, mit dem Schott redet, ans Funkgerät geht und niemand antwortet, dann wird allmählich klar, dass die Einsamkeit wie ein Berg auf ihn drückt. Ehrlich gesagt, ich bin auch einsam, aber ich fühle mich nicht verloren. Eher gut.

ein einsamer Vogel, der vergeblich versuchte, einen Schwarm zu finden, nur um zu erkennen, dass er der einzige seiner Art war
Ein einsamer Kapitän, ein einsamer Vogel ... er wird nicht einsamer, auch wenn du es noch so oft wiederholst.

Kapitän des Bootes
Auch das genügt ein einziges Mal. Ab dann wissen es die Leser*Innen.

Jeden Tag versuchte der Kapitän des Bootes
Siehe oben. Gib ihm einen Namen. Mach ihn persönlich(er). Unpersönlich hält Leser*Innen ab, sich gefühlsmäßig einzulassen. Er soll Sachen tun, die wir alle tun, eine Tasse Kaffee einschenken, eine Banane schälen, die Schale über Bord werfen wollen, aber dann innehalten.

als er auf grünen Feldern mit Freunden lachte
Felder sind meist nur kurz grün. Dann werden sie gelb. Das poetische auf 'Wiesen und Auen' ist eher angesagt. '... als er auf grünen Sommerwiesen ...'.

die Sonne auf seiner Haut spürte
Du lässt es ihn spüren, die Sonne. Erzählst von ihm. Dann ist 'seine' völlig überflüssig. 'Die Sonne auf der Haut spürte' ist korrekt. Kürzen und eindampfen wo es nötig und möglich ist.

fühlte sich der Kapitän noch einsamer
Geht noch einsamer? Also wenn Leser sich ihm nicht nähern können, weil er zu unpersönlich dargestellt wird, dann können sie sich 'noch einsamer' noch weniger vorstellen oder nachempfinden.

Die Sterne waren winzige Funken des Glücks
In der Tat sind Sterne 'Glücksfunken' für Kapitäne (aber auch für andere Orientierungsenthusiasten). Ein Onkel von mir war Kapitän bei der Handelsmarine und die Sterne fand er prachtvoll. Dem Kompass hat er nur bedingt vertraut. Vor allem, wenn der Smutje wieder mit dem Induktionskochfeld auf der Brücke Tee gekocht hat. Mit den Sternen findet ein Kapitän auch Ankerpunkte. Auch wenn es hier eine Metapher ist. Vielleicht gibst du den Sternen eine andere Rolle.

die zahllosen Möglichkeiten, die ihm entkommen waren
Das ist auch eine Behauptung, die wir glauben müssen, und auch das fällt uns wieder schwer. Und dann noch zahllos. Was ist für dich zahllos? Was ist für mich zahllos? Lass ihn doch Tagebuch schreiben, da kann er von einigen Möglichkeiten erzählen. Eine Geschichte erzählen, darum geht es. Nicht einfach fertig hinlegen.

führten sein einsames Boot weiter in die Dunkelheit
Das einsame Boot. Es war oben schon einsam. Mit Adjektiven ist es wie mit der Muskatnuss. Am Anfang der Lehre bekommt man eine und nach drei Jahren ist sie leer. Also sparsam einsetzen. Sie verlieren die Wirkung.

Aber etwas in ihm sagte ihm
2 x ihm. Aber etwas sagte ihm, das genügt, denn er ist ja alleine. Sonst ist da niemand, der es ihm sagen kann.

Und so trieb das einsame Boot weiter, durch Stürme und ruhiges Wasser
Das einsame Boot ...

Sein einsames Boot wurde zu seinem Gefängnis
Das einsame Boot ...

Okay, also ich habe jetzt einiges zitiert und es hätte noch mehr werden können. Das Wichtige ist: die Geschichte. Wenn du das Bild 'Kapitän, Schiff, alleine, Meer' nehmen möchtest für eine erlebte Erfahrung, dann solltest du dieser erlebten Erfahrung auch Raum geben. Eine Geschichte baut einen kompletten Raum auf, mit Tür und Fenster, Boden, Decke. In diesen Raum lädst du die Leser*Innen ein; und sie sollen sich darin aufgehoben fühlen, hinsetzen, zuhören, nacherleben und nachempfinden, was du sagen möchtest. Auch wenn es kryptisch ist, auch wenn es stark komprimiert oder auch ausladend ist, wir Leser*Innen sind trotzdem neugierig. Ich empfehle Texte von @jimmysalaryman und @Carlo Zwei und @Katla als Beispiel. Wie bauen Sie den Raum der Geschichte auf?

Nun, frisch ans Werk.
Grüße
Morphin

 

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