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Das glänzende Glück

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22.08.2009
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Das glänzende Glück

„Söhne und Töchter, Neffen und Nichten, Enkel und Urenkel, die ihr nicht meine seid, und doch gekommen, um dem Sprechen meiner grauen Zunge beizuwohnen; so setzet euch, damit ich beginnen kann, denn die Erzählung ist lang, so lang, wie die Nacht die Sterne zu tragen vermag. So wahr die Geschichte auch ist, erzählen kann ich sie euch nur dies eine Mal, denn nur der Herr selbst vermag zu sagen, ob ich mich an dem nächsten Tage noch daran entsinnen werde, denn hoch ist mein Alter und unendlich seine Tücke. So mögt ihr mir verzeihen, falls ich in der Erzählung stehen bleibe, die doch meine ist, die eines alten Mannes, der viel durchlebt und noch mehr gesehen, viel gehört und noch mehr erzählt; die eines alten Burschen, dessen Alter ihr an den Stoppeln seines Bartes zu zählen vermögt. Und bereit bin ich, mich für den Wahrheitswert der Worte, die meinem Munde entspringen mögen, zu verbürgen, und wenn doch mein Alter mir eine Falle stelle, und meine Lippen falsche Worte formen ließe, so möge der Herr selbst richten und mich auf der Stelle verstummen lassen. So lasset mich nun anfangen, da alle Unstimmigkeiten, die auftreten mögen, geklärt sind.

Meine Geschichte beginnt im Norden, in dem hohen und mächtigen Gebirge des Atesei, dort wo die Quellen und Ursprünge des Roten Flusses sind, der noch heute seine Strömungen über die Ufer der Hinterlande laufen lässt, wenn die Gletscher zu schmelzen anfangen. Dort, in den hohen und eisigen Weiten wurde ich, der Sohn eines Bauern, geboren, als der Mond hoch oben stand und mein Vater die Sterne verschwunden zu sein glaubte. Und mit meiner Geburt kam auch das Unglück, das uns nie mehr verlassen sollte, über unser Haus, denn die Frau meines Vaters, die meine Mutter gewesen war, verschied noch in der Nacht als ich ihren Leib verlassen hatte. So ist es gekommen, dass ich nie viel über meine Mutter erfahren durfte, außer, dass sie stämmiger großer Natur gewesen war, wie es den Frauen des Nordens gehört. Und so wuchs ich alleine mit meinem Vater auf, der mir alles beigebracht und mich die schlichte Lebensweise eines Bauern gelehrt hatte.

Wovon ein Bauer in den eisigen Höhen der Atesei-Berge leben konnte, werdet ihr mich fragen. Nun, die Frage ist berechtigt, doch ihr wäret erstaunt, wenn ihr sehen könntet, was das kalte, schneebedeckte Land für einen fruchtbaren Boden zu verbergen wusste. Unten auf dem Plateau, wo im Sommer der Schnee taute, war unser Land. Ein gutes Stück Erde, das jeder Bohne und jedem Getreidehalm seine Reife gewährte, noch bevor die schneeweiße Decke sich wieder darüber legen konnte. Und jeden Tag im Sommer stand mein Vater noch vor dem Sonnenaufgang auf und ging hinunter auf das Plateau und pflügte und schaufelte und pachtete den Boden, um die Früchte der schweren Arbeit tragen zu können, die uns das Leben ermöglichten. Und als er spät abends mit verschmutzten Händen und Füßen in unsere schlichte aber große Hütte, die uns von unseren Vorfahren verblieben war und die wir um Nichts auf der Welt verlassen würden, wiederkehrte, wartete das Abendessen auf ihn, das ich zubereitet hatte, da ich für die Feldarbeit noch nicht alt und stark genug war. Wenn mein Vater in dem Dorf unten im Tal Ziegen und Schafe kaufte, so schlachtete ich sie, wie er es mir zeigte, und ich warf Unmengen von Salz auf das Fleisch und versteckte es dort, wohin die Lichtstrahlen nicht durchzudringen vermochten, damit sie den Winter überstehen würden und wir nicht zu verhungern brauchten.

Obwohl uns das Land nicht im Stich ließ und wir nie an Hunger litten, und mein Vater sogar einzelne Kupfermünzen, die er nicht auszugeben brauchte, in einigen der dunklen Schlupfwinkel der Hütte versteckte, so sorgte er sich trotzdem; und in den kalten Wintermonaten, in denen die Hirsche und Steinböcke sich nicht zeigten und uns die Jagd verwehrt blieb, ging mein Vater hinunter in das Tal, wo die anderen Männer in den tiefen Minen und Schächten nach Schätzen gruben und machte es ihnen nach. Und es gab Tage, da kam er mit vielen Kupfermünzen zurück, die er gegen die kleinen Silberbrocken eintauschte, die die kalten riesigen Gesteine des Berges ihm zu gewinnen gewährten.

Doch eines Tages sollte uns das Unglück wieder heimsuchen. Es war ein Sommer, in dem mein Vater mich für alt genug erklärte, an den Feldern zu arbeiten. Doch in diesem Sommer gedachte der Schnee nicht, von dem Plateau abzuziehen. So verbrachte ich weiter meine Zeit in der Hütte, während mein Vater die Mine unten im Tal zur Haupteinkommensquelle beförderte. Die Leute erzählten von großem Silber und Gold und sogar von Edelsteinen, die sich in den Tiefen des Berges befinden mochten, nur darauf wartend, von einem Schürfer entdeckt zu werden. Doch während all dieser Zeit, in der mein Vater jeden dritten Tag regelmäßig aus der Mine kam, brachte er nicht mehr Kupfermünzen nach Hause, als in den Wintermonaten, in denen er die Mine gelegentlich zu besuchen geneigt war. Und so verlief der Sommer und der Winter und der nächste Sommer brach an aber von dem schmelzenden Schnee auf unserem Lande war wieder nichts zu erkennen. So spielte die allmächtige Mutter Natur gegen uns; mein Vater schürfte weiter in der Mine und ich wartete nur auf den Tag, an dem er mich für alt genug erklärte, in die Mine zu gehen. Und obwohl ich weder die nötige Ausdauer noch die muskelbespannten Gelenke meines Vaters besaß, die sich von der schweren Arbeit auf den Feldern herausgebildet hatten, so war ich trotzdem bereit, in die Stapfen meines Vaters zu treten, so wie ich bereit gewesen bin, die Arbeit auf dem Feld aufzunehmen.

Doch dieser Tag sollte nicht kommen, denn das ewige Unglück war seit dem Tage meiner Geburt mir und allen, die mir nahe standen, aufgebürgt worden. So kehrte mein Vater eines Abends, als er von der Mine zurück sein müsste, nicht wieder. Ich wartete einige Tage, denn mir vorzustellen, dass meinem Vater, der doch so stark und mutig und unbeugsam in seinem Willen gewesen war, etwas zugestoßen sein könnte, fiel mir schwer. Als schließlich eine Woche verging, seitdem ich ihn zum letzten Male gesehen hatte, wurden meine Gedanken trübe und Besorgnis breitete sich aus, sodass ich sein plötzliches Verschwinden aufklären musste. So stieg ich denn hinunter ins Tal und dann hinunter zur Mine, in der er als Schürfer in den letzten Jahren tätig gewesen war. Vor der großen Höhle, die in die unendlichen Tiefen des Berges führte, trat ein alter Mann, der sich als Besitzer ausgab, mir in den Weg, und verlangte von mir das Tagesgeld von zwei Groschen, falls ich vorhatte, in die Mine hinunterzusteigen. Da erklärte ich dem alten Mann, der nur mit einem Ohr hatte hören können und sich kaum auf den Beinen ohne seinen Stock zu halten vermochte, dass ich lediglich auf der Suche nach meinem Vater gewesen sei, den ich bereits eine Woche habe vermissen müssen. Und der alte Mann erkannte dann in meinen Gesichtszügen die Züge meines Vaters, und da sprach er zu mir respektvoll und ebenbürtig; und ich fühlte, dass er genauso mit meinem Vater gesprochen hatte, bevor dieser sich der Armee des Königs anzuschließen gezwungen worden war. Der alte Mann erzählte mir, wie heftig mein Vater sich gewehrt hatte, als die Soldaten in die Mine gekommen waren, um neue Rekruten anzuheuern; wie er gestrampelt und sich verteidigt und zwei von den Soldaten zu Boden zwang, bevor sie ihn überwältigen und in die Kaserne schleifen konnten. Und als der Mann mit seinem halben Gebiss so zu mir sprach, da erkannte ich, dass es nun an mir lag, für mein Überleben zu sorgen.

So kam der Tag, an dem ich schließlich in die Stapfen meines Vaters treten durfte. Ich durchsuchte die Hütte erfolgreich nach den versteckten Kupfermünzen und schritt, nicht ohne Stolz, mit dem Pickel und dem Hammer in der Hand in die tiefen dunklen Schächte des Berges. Die Beleuchtung war in den engen Gängen der Mine mager; ich stolperte nach jeden fünf Schritten an der unebenen Oberfläche, dessen Erhebungen und Fallen ich nicht zu sehen vermochte und bereute schon an meinem ersten Tage als Schürfer, eine Kerze in der Glasfassung aus unserer Hütte nicht mitgenommen zu haben, obwohl ich nie selbst gesehen hatte, wie mein Vater sich der Glasfassung aus unserer Hütte bediente, bevor er in die Mine aufbrach. Und so besuchte ich regelmäßig die Mine, beobachtete die Bewegungen anderer Schürfer, die mit misstrauischen Blicken den neugierigen meinen erwiderten, als würde ich ihr Silber stehlen, indem ich mir einen Platz in der Nähe aussuchte. Ich lernte mit der Zeit, den Pickel zu führen, ihn in die tröpfelnden Wände des Berges mit entsprechender Intensität zu hauen, die erforderlich gewesen war und die Gesteinsblöcke, die sich der Felswand entledigten, mit dem Hammer und dem Bergeisen weiter zu zerkleinern. Die Arbeit war hart, schon nach wenigen Schwüngen mit der Spitzhacke fehlte mir oft die Kraft, und in den ewigen Tiefen des Berges, wo ich dem nächsten Augenpaar oft lange Gänge und dicke Wände entfernt war, setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich gegen die feuchte Wand, um mir wenigstens für einen weiteren Schwung neue Kräfte zu verschaffen. Und als ich anderthalb Tage bereits im Dunkel verbracht zu haben glaubte, verließ ich die Schächte mit vollen Hosentaschen, doch der alte Mann mit seinem halben Gebiss musterte meine Schätze, die ich an die Oberfläche brachte, und warf einen Steinchen nach dem anderen auf die große Kippe hinter ihm; und nur selten entdeckte er kleine Erzstücke, für die er mir jeweils eine Kupfermünze zu geben bereit war.

So brach auch ein neuer Winter über das Atesei-Gebirge. Ich lernte den Wert des Gesteins langsam kennen und die Fülle meiner Taschen nahm langsam ab, sodass die Tendenz, meinen Steinen, die ich aus dem Dunkel der Schächte hervorbrachte, Wert abzugewinnen, stieg. Trotz der harten Arbeit, und auch der Kräfte, die ich in mir mit jedem Male steigen zu fühlen glaubte, habe ich während des halben Jahres nur einmal einen Silberklumpen entdecken können, der trotz seiner Größe, dem alten Mann, der Besitzer war, nur sieben kleine Kupfermünzen zu entlocken vermochte. So arbeitete ich bis in die graue Kälte des Winters weiter, und nur manchmal konnte ich ein paar freie Stunden erübrigen, um in der alten Hütte für Ordnung zu sorgen, um sie nicht vollkommen vernachlässigt dazulassen. Die Ersparnisse an Fleisch und die restlichen Säckchen mit Kupfer, die mein Vater in den Ecken und Kanten der Holzwände gut versteckt zu wissen glaubte, erhielten mich weiter am Leben, denn die Tagesgelder, die ich für das Arbeiten in der Mine ausgab, vermochten kaum durch die paar Kupfergroschen, die ich dem Berg abgewinnen konnte, ausgeglichen werden.

Der Winter neigte sich seinem Ende zu, und der Schnee, der zwei volle Jahre unermüdlich die fruchtbaren Felder des Plateaus bedeckte, schien tatsächlich zu schmelzen. Ihr werdet nun denken, dass ich mich der Feldarbeit auf dem Lande zuwandte, nachdem die Schneeschicht auf dem Plateau vollkommen verschwunden war. Doch nein! Diesen Augenblick habe ich nicht abwarten sollen, denn etwas anderes war geschehen. Als ich mich den letzten Tag in der Mine zu befinden gedachte, bevor ich auf das Land hatte gehen wollen, war es passiert. In meinen Taschen befanden sich wenige kleine Erzklumpen, denen ich einen kleinen Wert zuzuschreiben erhoffte, als ich mich auf den Weg aus der Mine befand. Da entdeckte ich plötzlich Etwas, das das Licht meiner Leuchte widerspiegelte. Es war ein kleines Glänzen in einer der unteren Schichten des Schachtes, wohin sich vermutlich nur wenige Menschen je herunterbeugten. Doch ich tat es augenblicklich, nachdem ich das Glänzen, wie ich es nie zuvor in dieser rauen Höhle je gesehen hatte, erhaschte. Ich stellte sofort das Glasgestell neben das unbekannte leuchtende Metall in der Felswand zu Boden und setzte das Bergeisen auf das Gestein darüber. So unermüdlich hämmerte ich auf das Gestein, wie die nackten Felswände dieser grausigen Höhle mir in all der Zeit als Schürfer die letzten Kräfte geraubt hatten. Zusammengebückt und niedergeschlagen versuchte ich diesem Berg das zu nehmen, was er mir genommen hatte, all das Unglück, das meiner Familie beschieden worden war, glaubte ich durch dieses weiße Glänzen in der schwarzen Finsternis wiedergutmachen zu können. Und als ich den Stein endlich von dem bösen Einfluss des Berges befreien konnte, konnte ich es kaum glauben. Unebene, unrechtmäßige Seiten und drei spitze Ecken beschrieben die Gestalt des Edelsteins, der meine halbe Faust einnahm. Eine Form, die ich nie wieder vergessen sollte, hielt ich in den Händen und bestaunte, wie das Licht der Kerze durch die reine, wunderschöne Fülle des Steines glitt und an der anderen Seite wieder heraustritt. Ohne meine Freude und die neu entfachte Hoffnung verbergen zu können, verstaute ich den Stein schnell unter meinem zerrissenen Hemd, doch da ich nicht glauben konnte, dass der weiße, beschmutzte Stoff das ewige Glänzen meines Fundes zu verbergen wusste, hielt ich meine Laterne vor der Brust, um notfalls die gierigen Blicke der Fremden abzuwenden. So rannte ich beinahe nach draußen, voller Erwartung, dem Alten, der den Wert des Gesteins mehr als jeder andere zu kennen wusste, zu zeigen. Mit großen Augen und eifrigem Nicken bestätigte der Besitzer mir den Wert meines Fundes und ließ anmerken, wäre er nicht alt und hätte er noch alle Zähne, so würde er mir jeden Knochen durchbeißen, bis ich den Stein herausgerückt hätte. So ging ich denn mit diesem Rat des Alten und der Richtung, wo der Alte die große Stadt zu wissen glaubte, und verbarg das Glänzende Glück, das mir endlich beschieden worden war, unter all meinen Kleidern und Häuten, die ich in diesen Zeiten zu erübrigen vermochte.

So wisset denn, dass ich nur der Sohn eines armen Bauern gewesen bin, und mir das Glück, jemals in der großen Stadt verweilen zu dürfen, niemals zuvor beschert worden war, sodass ich mich mit den Bräuchen und Sitten des Stadtlebens nicht auskannte, und auch nicht zu sagen vermochte, wo ich denn einen ehrlichen Händler auftreiben konnte, der mir mein Glänzendes Glück in bare Münze hätte umwandeln können. Und so streifte ich durch die Gassen in meinen Bauernlumpen; Menschen und Karren liefen und drängten aneinander vorbei und ich tastete andauernd nach meinem Knie, wo ich den Schatz versteckt hatte, in ständiger Angst, ihn zu verlieren. Sowohl vor dem Ansprechen durch Fremde, die mir Ihre Ware haben anbieten wollen, als auch der Gedanke an das Ansprechen der Fremde, um einen Schmuckhändler oder einen Edelsteinspezialisten in der schier unendlichen Weite des Marktes, wo ich nur durch Zufall angelangt war, zu finden, erfüllte mich mit Schrecken und verwarf mich zurück in meine eigene kleine Welt. Ich vermochte nicht einen Menschen anzureden, denn bei dem Gedanken, er könne in meiner Stimme meine Absicht erkennen und mich meines Glückes entledigen, wurde mir bang ums Herz. So streifte ich weiter durch die dichten Gassen, wurde gestoßen und getreten, gepiesackt und an der Kleidung gezogen, bis ich in eine ruhigere Marktstraße einbog, wo die Händler ihre Ware unter einer Glasvitrine zu verstecken wussten und lauter großer Schirme über den Handelsständern und Wagen aufgestellt worden waren. Und da wurde ich fündig, unter dem blauen Schirm, bei dem einsamen Händler mit einem Schnurrbart und einem kleinen braunen Hut, der Steinchen von roter bis blauer Farbe unter der Glasoberfläche seiner Vitrine auf rotem Seidentuch versteckt hielt.

So ging ich denn zu dem Händler, der doch einen so geschäftlichen und sauberen Eindruck machte, und fragte ihn, den Stein hervorholend, wie viel er denn wert sei. Und da das Unglück, sobald es hereinbricht, einen nie wieder verlässt, sollte es auch ein letztes Mal sein, dass ich dem ewigen Glänzen meines Heil gepriesenen Fundes in den Händen des Mannes zuschauen durfte. Er überreichte mir neun Kupfermünzen, und in meiner Empörung, der Stein sei doch das Tausendfache wert, lachte er nur auf und zeigte auf einen grauschwarzen Stein, laut rufend, dass ich ein Narr sei und den kleinen grauschwarzen Klumpen für zehn Kupfermünzen zurückkaufen könne. Dass ich mich entschied, die Stadtwache in den Betrug einzubeziehen, dem ich erlegen war, vermochte meinen Standpunkt nicht zu festigen; stattdessen wurde ich noch mehr verspottet und zum Narren gehalten. Und so ging ich als Opfer in der größten Verschwörung hervor, die sich mein Verstand vorzustellen gewagt hätte.

Nun, Kinder, ihr werdet denken, dass ich mich nach dieser Niederlage zurück in die Berge aufmachte, um dort das Land, das mir vermacht worden war, zu pachten und zu säen. Doch haltet ein mit eurem Urteil und hört zu! Denn auch in den jungen Jahren bin ich ein Mann der Tat gewesen, der alles zu verwirklichen vermochte, was er sich in den Kopf zu setzen gedachte. Der Gedanke an das glänzende Glück wollte meinen Dickschädel nicht verlassen; ich dachte darüber nach, wie ich mein Recht beweisen, wie ich dem Mann mit dem Schnurrbart meinen Stein, den er mir geraubt hatte, wieder entreißen konnte. Doch es wollte mir, der ich doch nur der Sohn eines einfachen Bauern war, keine Möglichkeit einfallen, meinen rechtmäßigen Besitz auf rechtem Wege zu erlangen. So wartete ich einfach auf die Gelegenheit, den Mann außerhalb der Stadttore zu überfallen, da die Wache, die ich um Hilfe ersucht hatte, erwähnt hatte, dass dies ein fahrender Händler gewesen sei, der mich bestohlen haben solle.

Ich verbrachte die Nächte in der Stadt und lernte allmählich das teure Stadtleben kennen. Eines Morgens, als ich nur noch wenige Kupfergroschen in meiner Hosentasche vorfand, sah ich den Mann mit dem grauen Hut und dem Schnurrbart und seinen Esel, der den Karren, in dem die Güter des alten Mannes verstaut waren, durch das Südtor hinaus schob. So erhob ich mich augenblicklich aus meinem Bett, das aus einer Decke bestand, die ich vor der Stadtmauer ausgebreitet hatte, warf die Decke mir über die Schulter und folgte unauffällig dem Manne, der mich beraubt und mich meines Glückes entehrt hatte. Viele fremde Gestalten bestritten zusammen mit ihm den Weg aus der Stadt, einige sprachen ihn an, andere überholten ihn, viele gingen ihm entgegen und grüßten ihn, als ob er ein ehrenwerter angesehener Bürger gewesen war. Und so folgte ich ihm mehrere Nächte und Tage durch dichte Wälder und nackte Felder und tiefe Sümpfe, doch eine Gelegenheit, ihn zu überfallen, erbot sich nur selten, denn die Straße, die durch viele Dörfer führte, war stark bewandert und wenn sich doch eine Gelegenheit erbot, so versäumte ich sie. Und manchmal schaute er auch nach hinten in meine Richtung als habe er mich zwischen dem Gestrüpp, hinter welchem ich mich die meiste Zeit meiner Verfolgung aufzuhalten versuchte, entdecken können.

Wir verließen das grüne Land von Sang und die Menschenmengen, die wir antrafen, verringerten sich. So erbot sich mir endlich die Möglichkeit, inmitten dieser öden Wildnis über den Dieb zu richten, der sich an mir beraubt hatte. Ich beschleunigte meinen Gang, sodass er meine Schritte mit Sicherheit zu vernehmen vermochte. Als ich nah genug an ihn herangetreten war, stürmte ich auf seinen Leib zu, und zwang ihn zu Boden. Ich schrie ihn an, wo er denn meinen glänzenden Stein, den er mir geraubt hatte, versteckt hielte, und stieß seinen Oberkörper immer wieder gegen die Erde, bis er zu sprechen anfing. Ich vernahm seiner Zunge, die sich zu oft an seinem Gaumen durch die vielen Stöße des Kopfes gegen die harte Erde verfing, dass ihm selbst der Stein gestohlen wurde, nachdem ich gegangen sei, doch ich glaubte ihm nicht, denn er war ein Dieb und Lügner, der sich an mir bereichert hatte. Und so durchsuchte ich seine Taschen und die Taschen in seinem Karren, der von dem Esel geschoben wurde, doch ich fand meinen Stein, der das Glänzen der Sonne innehatte, nicht inmitten seines Gutes. So musste ich mich auf die Erde neben diesen Dieb setzen und ihm in die Augen schauen, und ich musste mir eingestehen, dass er die Wahrheit gesprochen haben musste.

Entweder seine Schuld oder der Anblick von mir in meinen zerrissenen alten Gewändern, die seit Wochen nicht gewaschen worden waren, schienen ihm Leid zu tun, denn so wie er neben mir saß, hilflos und unfähig, mit großen Augen, in denen ich seine Reue zu erkennen glaubte, machte er mir ein Angebot, als sein Gehilfe und Schüler durch die Lande zu ziehen. Ich, dem alles Wichtige aus dem Leben verschieden worden war, außer dem Land, das ich zurück ließ und bereits vergessen hatte, sah diesen Akt des Mannes, der mich bestohlen hatte, als eine Opferungsgabe an und konnte den Versuch, seine Schuld an mir wiedergutzumachen, nicht abweisen. So streiften wir von nun an gemeinsam durch die Lande und ich lernte viel von ihm über das Schleifen der Rohsteine und ich lernte, die Edelsteine nach ihrer Seltenheit und Transparenz zu unterscheiden und ich lernte, die Herkunft des Steines bei seinem Anblick zu erraten. Doch nie erwähnte oder lehrte er mich gar, die Kunden, denen er die Edelsteine verkaufte, zu berauben oder ihnen falsche Beträge für ihr Gut abzuverlangen, und ich mit meinem gebrochenem Herzen, dessen Brüche langsam zu heilen anfingen, schien zufrieden.

So gedachte ich von dem Augenblick an nur noch selten an den mystischen Stein, dessen Glanz mir nicht vergönnt gewesen war, denn ich war mit vielen anderen Steinen beschäftigt, auch wenn keiner von denen jemals an das glänzende Glück heranzukommen vermochte. So vergingen viele Monde und Winter und wir reisten hinunter bis über den roten Fluss und die unendlichen Weiten der Tiefroebenen bis die ersten Spuren des Alters sich in meinen Adern einzunisten begannen. Es kam der Augenblick, an dem sich unsere Wege trennen sollten, denn meine Ausbildung war abgeschlossen und es gab nichts, was mein Lehrer mir hätte noch beibringen können. Mit dem Geld, das ich während der langen Reisen aufgespart hatte, kaufte ich mir ein Stück Land, denn der Gedanke, zurück zu unserem alten Land in Atesei zu wandern, erschien mir fremd und sehr gewagt. So gab es in diesen flachen Wäldern und Tälern genug Wasser, genug Wild und das ganze Jahr über keinen Schnee, der das Land für Ewigkeiten einzuhüllen gedrohte. Und in dem Dorf, in dem ich mich niederließ, ging ich meiner Berufung nach. Als niedergelassener Edelsteinhändler ließ sich kaum was verdienen, denn die Kundschaft in einem Dorf ist weder reich noch wechselvoll und so verkümmerte mein Geschäft, während mein neues Land erblühte.

Ich lernte zu pachten, den Pflug zu spannen, die Erde richtig zu schaufeln, bevor die Samen in den Boden kamen. Immer mehr Zeit investierte ich in das fruchtbare Land, von Bohnen über Getreide und Gemüse ließ sich in der grünen Ebene alles anbauen, und so war ich nach vielen Wintern der Niederlassung ein stolzer Besitzer von vier Apfelbäumen, einem Pfirsichbaum, zweihundert Pfund Getreide- und achthundert Pfund Gemüseernte; außerdem besaß ich zwei Schweine, fünf Schafe und eine Handvoll Hühner, über die mir mein Freund und Nachbar zu hüten verhalf. So lebte ich in den friedlichen Ebenen; alles Gut, was mein Magen bedurfte, und nicht meinem Lande zu entspringen vermochte, kaufte ich in dem Dorf, und mein Edelsteingeschäft verlagerte ich in mein Haus, sodass die Reisenden, die über das Land trieben, mich in meinem Haus aufsuchen konnten, falls sie einen der seltenen Steine, die ich all die Jahre ansammelte, mir abzukaufen gedachten. Viele weitere Winter vergingen, während ich meinen Frieden gefunden zu haben glaubte und die Gedanken an das glänzende Glück, das meinen Händen einst entsprungen war, besuchten mich nie, bis ich meinen alten Lehrer, der fahrender Händler war, sich wieder in der grünen Ebene aufhalten hörte.

Da sich solche Nachrichten in einem Dorfe und seiner Umgebung rasch ausbreiten, erreichte ich meinen alten Lehrer noch bevor dieser abzureisen gedachte. Er schien überrascht, mich so wohl und gutmütig in dieser Gegend anzutreffen und als ich in sein Gesicht schaute, merkte ich, dass er zu dem Schnurrbart, den er all die Jahre zu tragen gewohnt war, sich einen dichten grauen Bart hatte wachsen lassen, der die untere Seite seines ganzen Gesichtes versteckte. So wechselten wir allerhand fröhliche und gut gemeinte Worte, und erinnerten uns an die alte Zeiten, in denen wir zusammen durch die Lande gezogen waren. Dann ließ ich meinen Blick über sein Sortiment schweifen, in der Absicht, einen oder zwei seiner Steinchen ihm für meine Sammlung abzukaufen. Meine Augen blieben auf einem schwarzen großen Brocken hängen, den ich entgegen dem Großteil seiner Edelsteine, die auf der offenen Vitrine ausgebreitet waren, noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Und so nahm ich den Stein, und betrachtete seine unregelmäßigen Ecken und Kanten und die finstere Fülle und die Schwärze des Edelsteins. Und ich fragte meinen Lehrer, woher er den Stein habe, und meinen Blick entgegnete er mit dem gleichen reuevollen Ausdruck, wie ich ihn sah, als ich ihn vor langer Zeit auf der offenen Straße überfallen habe, die gleichen großen schuldvollen Augen und der offene Mund, der keine Silbe zu formen vermochte, schauten mir entgegen, und da wusste ich, dass dieser Erzbrocken einst mein glänzendes Glück gewesen war, und der gerissene Dieb und Lügner ihn die ganze Zeit über besessen hatte, versteckt in seinen Gewändern, tief verborgen bis das ewig geglaubte Leuchten durch seine Gier und Habsucht erloschen ist.

Es wäre einfacher für den Gauner, wenn ich ihn zur Rede gestellt und ihm einige seiner verbliebenen Zähne ausgeschlagen hätte, womit ein Teil seiner Schuld versühnt worden wäre. Doch er sollte sein Leben, das ein einziger Betrug gewesen war, überdenken und vor dem Herr selbst seiner vollen gerechten Strafe unterzogen werden, die in einem Fegefeuer der Finsternis ihren Ursprung und ihr Ende hätte. Und somit ließ ich ihn alleine mit seiner Schuld, die er sich selbst vermacht hatte, und die ihn von innen zerfressen und zerkauen vermöge, bis der Herr sich über ihn zu richten erhebe. Den schwarzen Stein nahm ich mit, und seitdem führe ich ihn immer bei mir, in der Hoffnung, die schwarze böse Seele des Betrügers, die ihn schwärzen und die ewige Leuchtkraft rauben ließ, zu vertreiben, und das glänzende Glück von neuem zu entfachen.

Ihr werdet mich nun fragen, ob es mir denn gelungen sei, den von Habgier und Wollust entweihten Glanz wiederherzustellen. Nun, vieles habe ich versucht. Ich habe den Stein vor das reine Licht der Sonne in meinen Händen gehalten, ich habe ihn in dem Wasser des Roten Flusses gewaschen und ich habe ihn die fruchtbare Erde der grünen Ebene spüren lassen. Aber nun Kinder, nun sollt ihr sehen, falls ihr noch Zweifel an meinen Worten zu hegen vermögt, dass dies eine wahre Geschichte gewesen ist.“

Und der alte Mann entnahm seinem Jackenärmel einen dunklen Erzklumpen und hielt ihn gegen das Licht der Kerze, und über dem schwachen Lächeln sah man salzige Tränen seine alten Wangen hinunterlaufen.

 
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Hallo M Elane, willkommen auf kg.de.

Ich habe deine Geschichte erst einmal ins Korrekturcenter geschoben, damit du in Ruhe Zeit hast, die Fehler zu sammeln und zu entfernen, davon hast du nämlich einige drin, hauptsächlich wegen kreativer Groß- und Kleinschreibung. Am besten, du besorgst dir ein herkömmliches Textverarbeitungsprogramm (OpenOffice ist zum Beispiel Freeware, dh umsonst) und guckst damit nochmal drüber, ansonsten findest du Hilfe auch im Allgemeinen Infothread oder in deinem Duden.

Beispiele:

die Ihr nicht Meine seid

die ihr nicht meine seid, ihr schreibt man nur groß, wenn man es als respektvolle Anrede (einem König oder so gegenüber) gebraucht. "Meine" wird auch klein geschrieben.

so Setzet Euch

setzet ist in dem Fall ein Verb, muss also auch klein geschrieben werden, genau wie das euch

erzählen kann ich sie Euch nur dies Eine mal,

beim einen Mal hast du es genau verkehrt herum gemacht

und so zieht es sich durch den ganzen Text. Ich bin sicher, du findest die Fehler schnell, wenn du danach suchst.
Füge bitte auch augenfreundlichere Satzzeichen ein. Die "" findest du auf der großen 2, die französischen Satzzeichen auf Alt+ 0171 und Alt+ 0187.
Wenn du fertig bist oder Hilfe brauchst, kontaktiere bitte die Moderatoren des Korrekturcenters per PM.

gruß

 

Hear ye, hear ye!

Daro selbst erblicket wir ein Geschichtleyn vieler Worte, rumvoller Taten und manch Schelmerey. Itso ists ein Moritat ob Boshaftigkeit und verloren Glück.
Des alten Mannes Schicksal vermag vielleycht ein Menschen´Herz zu rühren, ach doch ist die Moralität dero selbiger Geschicht´ eine hölzerne, will meinen, mit hölzernem Hammer vorgetragene.
Auch ihre Läng´ und Breite ist ihrer Wirkung abträglich und tut die Sprach´als solche der Wirkung zusätzlich Abbruch.
So ist ein nett´Ideleyn leyder eingekerkert in mannigfaltig Wortenmauern.
Ein Streichen manchen Wortes tät´der Geschichte gut.

Auch eine andere Sprache würde die Geschichte, zumindest für mich, lesenswerter machen. Nicht das wir uns falsch verstehen, ich habe Respekt davor, eine so lange Geschichte in diesem Stil zu schreiben, aber als Stilmittel überstrapazierst du es etwas.

Fazit: Nette Idee, Kürzung der Geschichte und Überarbeitung der Sprache täten wohl.

lieben Gruß
Dave

 

Hi.

Der Umfang war natürlich nicht geplant. Habe zuerst gedacht, zwei Seiten würden für die Idee reichen, dann wurden es doch ganze sechs.

Ob ich jetzt ein paar Sätze streiche, wird an der Leseranziehung doch kaum was ändern; obs sechs oder vier Seiten sind - großer Unterschied? Viel mehr kann ich da kaum machen, sonst leidet der Inhalt drunter.

Ist es wirklich die Sprache, die aufs fröhliche Lesergemüt schlägt? Wollte mich in den schwafeligen, langgezogenen alten Sitten versuchen. Ist wohl nicht so gut angekommen.

Aber Danke fürs Lesen!
Bis dann.

 

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