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Das letzte Mal
Bedrohlich wirkt der nächtliche Schleier, der das Dorf umhüllte. Nebel trübt das Licht der spärlichen Beleuchtung und ein Schatten stiehlt sich den Hauptweg entlang. Schwach auf den Beinen keucht der Mann bei jedem Schritt, dennoch hetzt er sich, als flöhe er von seinem eigenem Schattengebilde.
Schließlich biegt er in eine der pechschwarzen Seitengassen ein, bis er vor einem kleinen Reihenhaus zum stehen kommt. Zittrig zieht er seinen Schlüssel hervor und entriegelt die Tür. Mit Furcht erfüllten Augen vergewissert er sich, nicht beobachtet zu werden und springt mit einen Satz in sein Heim. Er sinkt mit dem Geräusch der einschnappenden Tür in sich zusammen. Den Kopf zwischen seine Schenkel gepresst wippt er wie ein Wahnsinnig gewordener vor und zurück, untermalen von einem lang gezogenen und quälenden Laut, der dem Wimmern eines Welpen glich.
„Warum hast du nur?“, flüsterte er.
Er greift nach seinem Kopf. Schleudert den Schädel in alle Himmelsrichtungen, als hätte er mit ihm zu kämpfen.
„WARUM?“, schreit er. „Warum?“, weint er.
In seinem Kopf läuft die Szene wieder und wieder ab. Ein endloser Film, dem er sich nicht zu entziehen vermag.
Er sieht, wie sie auf ihn zu kam, nach einer Zigarette fragte.
„Sie ist selbst Schuld, ja“, zischte er, „sie war eine Schlampe. Sie wollte es.“
Er sieht, wie er sie zum Wagen zerrte. Das Mädchen versuchte zu schreien, doch der Mann schnürte ihr die Kehle ab. Fest hatte er sie im Griff. Bald würde sie das Bewusstsein verlieren, das wusste er.
Er war ein guter Mensch. Und das Mädchen?
„Sie hat es nicht anders verdient.“ ,schreit er dem langen und dunklen Hausflur entlang. Keiner wird ihn hören. Das Haus ist leer, schluckt seine Schreie. Seine Frau verließ ihn schon vor Jahren. Ließ ihn im Stich, stahl ihr gemeinsames Kind. Aber was hat er auch anders erwartet. Frauen sind eben so. Sein Vater hatte Recht gehabt. Nur wollte er es nicht wahrhaben. Bis sie ihn verließ. Das Haus erinnert ihn daran. Tag für Tag. Er kann es nicht vergessen.
Erneut entlädt sich sein Zorn. Lauter als zuvor, denn er war sich sicher. Keiner würde ihn hören. Keiner!
Auch die Schreie des Mädchen blieben ungehört. Sie verhalten im Wald, in den er sie gebracht hatte. Sie stießen auf Bäume, kaltem Fels oder rauschendem Nass, ohne je ein anderes Ohr, als das ihres Peinigers zu erreichen.
Der Mann schließt seine Augen.
Das Mädchen kroch vor ihm auf dem Boden. Sie wollte fliehen, gefesselt wie sie war.
Auf seinen Mundwinkeln breitet sich ein flüchtiges Lächeln, auf seinem Gesicht kurzweilig Zufriedenheit aus.
Sie konnte nicht fliehen. Sie konnte ihn nicht im Stich lassen. Keiner von ihnen kann es. Keiner von ihnen wird es je können. Sie bleiben, bis er mit ihnen fertig ist. Und dann ist er derjenige, der geht. Sie im dunklen Wald zurück lässt. Nichts als Einsamkeit und das Gefühl ausgenutzt worden zu sein bleibt ihnen dann. Das ist es was sie verdienen. Ganz sicher!
„Aber jetzt ist alles aus. Alles!“
Er drehte sie auf ihren Bauch. Drückte ihr Gesicht in das von Laub verdeckte Unterholz. So machte er das mit ihnen. Von der Lust getrieben zerrte er dem schreienden Mädchen die Hose von den langen, festen Beinen und ihren Slip bei Seite. Er hielt sich nicht lange auf ihren beharrten Intimbereich zu betrachten, führt sein Glied in sie ein und nahm sie, wie er es für Richtig erachtete. Sie blutete stark aus der Scheide. Eine so junge hatte er noch nie gehabt. Viellicht kam er auch deshalb früher als er gedacht hatte. Er hielt inne und genoss den Augenblick, dann hemmte er den Druck seiner Hand, welche den Kopf des Mädchen ins Unterholz drückte. Er beugte sich vor und kam mit seinem Mund ganz dicht an ihr Ohr: „Na, das hat dir doch Spaß gemacht, oder?!“
Das Mädchen antwortete nicht. Er ließ von ihrem Kopf ab und sah, dass Blut seiner Hand herab ran. Ungläubig starrte er darauf, warf das Mädchen auf ihren Rücken und blickte in ihre weit geöffneten und leblosen Augen. Ein Ast steckte in ihrem Linken. Blut quoll aus der Wunde und ergoss sich auf den Waldboden. Panik ergriff den Mann. Er stürmte zum Auto zurück und floh, als wäre es möglich für ihn zu fliehen
„Das wollte ich nicht, nein. Nichts von alledem wollte ich.“
Er hievt sich auf die die Beine und schleppt sich im Dunkeln zum Arbeitszimmer, bis hin zum Schreibtisch. Mondlicht fällt durchs Fenster ins Zimmer. Sein Sohn, umrahmt von Mahagoni lacht ihn an. Er hat ihn schon seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Doch träumt er jede Nacht von ihm. Wie ein alter und gebrechlicher Mann stützt er sich auf den Schreibtisch ab. Er öffnet die kleine Schublade, holt seine 9mm heraus.
„So soll es also zu Ende gehen?!“
Er ladet die Waffe wie in Zeitlupe. Nimmt sie in beide Hände und beginnt zu weinen.
„Sie war bestimmt keine sechzehn gewesen.“ ,flüstert er.
Er verwirft den Gedanken zugleich. Mitgefühl passt nicht zu ihm.
Mit zittriger Hand führt er den Lauf zu seiner schweißgebadeten Schläfe.
„Ein letztes Wort?“ ,fragt er sich, „ein letzter Gedanke?“
Er blickt zum Abbild seines Sohnes und schließt die Augen. Sein Traum kommt ihn in den Sinn. Der Traum, den er Nacht für Nacht träumt. Und keine Nacht wird ihm mehr bleiben um den Traum erneut zu träumen, kein Tag, damit der Traum sich erfüllen könnte. Nur dieser eine Augenblick. So kurz vor dem Ende.
Sein Sohn kommt auf ihn zu. Immer schneller werden seine Schritte, immer deutlicher das Lächeln auf seinem Gesicht. Er breitet seine Arme aus. Freudig nimmt der Mann sein Kind in Empfang. Licht und Wärme durchströmen ihn. Alles um ihn herum ist vergessen.
Wie in Trance betätigt er den Abzug. Noch im selben Moment verlässt ihn der Mut. Er zieht die Waffe zurück. Die Kugel durchschlägt seine Stirn, verfehlt die Schläfe und er geht zu Boden. Kein Laut kommt über seine Lippen. Zu groß ist der Schock. Zu groß ist der hereinbrechende Schmerz. Er liegt mit dem Gesicht auf dem Teppich seines Arbeitszimmers. Langsam beginnt er den Schmerz zu erfassen. Spürt wie unfähig er ist sich zu bewegen. Spürt, wie das Leben aus ihm entweicht. Tröpfchen für Tröpfchen. Ihm steigt der Geruch von Morschem Holz in die Nase. Eine Sanfte Brise erfasst sein Haar. Und Blätter fallen auf ihn herab. Er spürt es deutlich auf seiner Haut.
Immer mehr Blut tränkt den Teppich, sammelt sich ihm Hohlraum seiner linken Elle und seinem Kopf, welcher dicht vor seinem Arm liegt. Es steigt. Höher und Höher. Füllt seinen Mund und verklebt seine Nasenlöcher. Verzweifelt ringt er nach Luft. Sein Körper zuckt für den Bruchteil einer Sekunde. Dann wieder. Zu mehr ist er nicht mehr in der Lage.
Er sieht das Mädchen, wie sie vor ihm auf dem Boden kriecht. Er sieht seinen Jungen, wie er ihm entgegen rennt, die Arme weit ausgebreitet. Licht und Wärme durchströmen ihn. Dann bleibt sein Kind abrupt stehen. Es starrt in die weit geöffneten, leblosen Augen des Mädchen. Angst erfüllt des Kindes Gesicht. Ein Blick zum Vater. Dieser versucht etwas zu sagen. Alles zu erklären. Doch es bleibt still. Rückwerts stolpert der Junge und fällt. Er rappelt sich auf, wendet sich von seinem Vater ab und rennt so schnell ihn seine Beine tragen. So schnell, als wäre es möglich für ihn zu fliehen. Ein kaum hörbarer und Schmerzerfüllter Schrei hallt durch den Traum. In der Ferne verschwindet das Kind. Dann Stille und Dunkelheit. Und dann?
Nichts mehr.