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Das Schwein

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22.11.2005
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Das Schwein

Dieser ging den Weg, seinen Weg, wie er ihn nannte; durch Linden, die einen Tunnel formten, über Kreuzungen, an denen er lange nach links und rechts blickte und pfeifend weiterschritt. Sein Wandersack barg einen Stift und einen Block, mehrere Bücher von toten Schriftstellern, Gedichte an eine Freundin, die es noch nicht gab, und, neben der Zahnpflegeausrüstung, etwas Tabak.

Seinen Ausweis hatte er vor Zeiten in die See geworfen, seinen Namen trug er schon lange nicht mehr auf der Zunge, und er blieb nirgends länger, als ihn ein Schlaf zwang, ein Anblick begeisterte oder ein Steinchen aus den Latschen geschüttelt werden wollte. Hier einen Apfel, dort einen Maiskolben genommen, da beschwerte sich kein Bauer, und die Schafe, Kühe und Pferde, über deren Weiden er bei Gelegenheit schlich, kannten die Wasserstellen, die auch ihn stärkten.

Es war an einem Tag, an dem die Äpfel zu hoch zum pflücken oder erklettern hingen und die Bäume zu kräftig, um durch Schütteln Erfolg zu haben, die Maiskolben noch nicht reif genug, und keine Wasserstellen abzusehen waren. Seine Wasserflasche, ich vergaß, sie zu erwähnen, hatte er auf dem letzten Berg geleert.

Ihm war schon schwindelig, als vor ihm auf dem Pfad ein Schwein in der starken Sonne stand. In respektvollen Abstand blieb er stehen, denn es handelte sich um ein mächtiges Vieh, welches den ganzen Pfad einnahm, mit monströsen Zähnen, die aus der Schnauze herausragten, und kräftigen Hufen, die demonstrativ in den trockenen Boden traten.

Er tat einen Schritt, da stampfte es erneut auf. Der Wegewanderer schreckte zurück, wie es nur natürlich war, und sah in tiefe Feueraugen.

So verhielt es sich einige Minuten; der Weg war verbarrikadiert und das Schwein ließ auch kein Ausweichen zu, hatte die Bewegungen des Gesellschaftslosen genau erwidert, bis dieser bemerkte, dass sich das Tier nicht in seine Richtung bewegte, keinen Angriff zu starten schien, eher ein Gehege oder sonst etwas verteidigte, und entschied, sich niederzusetzen.
Im Schneidersitz angelangt beruhigte sich auch sein Gegenüber und schnaufte triumphal, so dass der Wanderer beschloss, den Tabak auszukramen um dessen Zweck zu nutzen.

Mehrere Zigaretten lang geschah nichts; unser Protagonist hatte angefangen, die Situation einzusehen und, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass das Schwein den Weg zum Trog suchen würde, was auch ihm wiederum von großen, gar lebensnotwendigen Nutzen sein könnte, verweilte er ohne weitere Versuche das geschickt agierende Tier auszutaktieren, zu überlisten, schneller oder, ich vermag kaum zu erzählen, so wie er nicht einmal daran dachte, stärker als dieses Monster zu sein.
Und immer mehr hoffte der Hungrige auf eine solche Handlung, denn die Weite der Straße erschien ihm zunehmend bedrohlicher, die Situation auswegloser und seine Kraft ließ arg nach, was er im ständigen Kontakt mit diesen Feueraugen natürlich niemals eingeräumt hätte, aber was doch Tatsache war und seine gesamte Existenz bedrohte.

Auch ein Rückweg, wie der aufmerksame Leser vielleicht schon spekuliert haben könnte, war unnütz, da der Namenlose schon einige Stunden landeinwärts gegangen war.

Es mag auch erwähnt sein, dass er, verzweifelt wie er war, versucht hatte einen Dialog mit dem Schwein aufzubauen, sei es in ihm gewohnt zivilisierten Worten, in Tiergeräuschen oder in Gebärdensprache gewesen.

Als er schließlich vor Schwäche schielte und einen letzten und entscheidenden Angriff, vielmehr einen Durchbruch, welcher, wenn sie mich fragen, ausweglos und eventuell sogar tödlich geendet hätte, wagen wollte, da bewegte sich das Vieh.
Mit wackelndem Hinterteil und ab und an an der Grasnarbe schnüffelnd, zog es zur Seite und machte sich gemächlich auf, wahrscheinlich zum Trog.

Im würdigen Abstand folgte er dem Schwein, welches bewusst langsam fortschritt und den Verfolger nur selten mit einem Schulterblick würdigte.

Zur Freude dessen erreichten sie nach einer Weile einen durch Gestrüpp getarnten Trog, eine Gusswanne, bis oben hin gefüllt mit Futter.

Überlegend sah der Verschmachtende die glitzernde Pampe. Als hätte man eine Woche lang Erbrochenes gesammelt. Er blickte sich um: Keine anderen Schweine weit und breit, keine Wasserstelle, kein Bauernhof.

Dann, es mögen einige Momente vergangen sein, kniete er sich vor den Trog und schöpfte mit geöffneten Mund das erbärmlich stinkende Essbare in seinen Rachen, schluckte, wobei er sich fast hatte übergeben müssen, und wiederholte den Vorgang mehrere Male, wurde immer hastiger, tunkte schließlich sein ganzes Gesicht in die Wanne und schmatzte.

So hatten sie den ganzen Trog geleert und er zog sich das Hemd aus, um sich damit das Gesicht abzuwischen.
Das Schwein lag längst auf der Seite und schnaufte stark.

Es vergingen Tage, Wochen, Monate. Sicherlich versuchte der Wanderer, seinen Weg fortzusetzen, doch jedes Mal kam er nicht weiter als dass er bloß abermals endlose Weiten erblickte und der Rückweg, zurück zur Futterstelle, sinniger erschien, als dem Weg idiotisch zu folgen. Denn alle drei Tage gurgelte der Trog und Futter wurde hineingepumpt.

Mit den Jahren schließlich verlor der ehemalige Wanderer die Zuversicht es könne eines schönen Tages ein Bauer, ein Besitzer, ein weitere Wanderer, oder sonst irgendjemand hier vorbeischauen, hatte bereits aus purer Bequemlichkeit begonnen, auf allen Vieren zu laufen, und bald schliefen Schwein und Wanderer aneinandergeschmiegt, suhlten sich gemeinsam im Schlamm und wagten immer öfter Ausflüge, fanden jedoch pünktlich alle drei Tage den Weg zurück zum Trog.

Mit der Zeit bekam der ehemalige Wanderer zart rosafarbene Haut, seine Oberschenkel verschwanden fast komplett in seiner Hüfte, starke Beißzähne wuchsen aus seiner spitz geformten Schnauze, seine Hände und Füße verwandelten sich in Hufe, und er grunzte nur noch.

Das ehemalige Schwein hingegen wurde zunehmend menschlicher: Erst begann es, auf den Hinterbeinen zu laufen, so dass es mit der Zeit starke und lange Schenkel bekam, auf denen es sich problemlos aufrecht halten konnte, Hände und Füße formten sich ... den Rest der Verwandlung möge sich der Leser selbst ausmalen.
Jedenfalls lernte das Schwein anhand der Bücher und Gedichte die menschliche Sprache, kleidete sich mit den Lumpen des Wanderers, verstand die Verwendung der Zahnputzausrüstung, und aufgrund der neu gewonnenen Fähigkeiten bekam es auf einmal Lust, die Welt zu erkunden.

Und als es gerade bereit war, hielt ein Wagen am Weg.

„Was hat Sie denn in diese gottlose Gegend verschlagen, werter Wandersmann? Haben Sie denn keine Karte bei Hand?“, sagte einer der zwei Bauern, die aus dem Wagen stiegen, ein Gewehr in der Hand und sie mussten sich das Lachen verkneifen; das war eine Thekengeschichte, die so schnell nicht zu überbieten war.
„Sie haben ja das Sprechen gar verloren, sind abgemagert, junger Bursche. Haben Sie sich in der Tat vom Schweinefutter genährt?“
Doch der Wanderer schämte sich nicht wegen der Häme und lachte den Bauern ins zerarbeitete Gesicht.
„So lass ihn, Friedrich! Er ist froh des Lebens. Wie lange hätte er noch ausgehalten mit dieser Pampe? Sieh ihn dir an, Friedrich! Er muss schon tagelang hier sein. Da wirst du ja selbst zum Schwein.“ Alle drei lachten kräftigst.
„Und dass der alte Gunnar hier überhaupt mit Ihnen seinen Trog teilt ... Sie müssen sich ja richtig mit ihm angefreundet haben.
Wissen Sie: Nachdem wir die Weide hier aufgelöst hatten, zu weit, können Sie sich ja denken, war uns ein Schwein durch die Lappen gegangen und wir bekamen es nicht gepackt. Das war vor fünf, sechs ... Friedrich?!“
„Sieben, Albert, ganze sieben Jahre ist das her.“
„Was die Zeit vergeht. Jedenfalls hatten wir die Zäune schon eingezogen und ich weiß es noch wie heute, dass der alte Gunnar dem Rainer immer wieder entwischt ist. Das war ein Bursche. Wirklich: Wir mussten es aufgeben und beschlossen, das Schwein hier zu lassen und alle drei Tage weiterhin Futter in den Trog zu befördern. Kost ja nix. Und sonst wäre uns das Schwein hier krepiert. Hier gibt’s ja weit und breit nix zu Fressen. Früher bin ich hier öfter hingefahren, habe versucht das Schwein zu erwischen. Aber vergebens. Dieses verteufelte Vieh hat mich schon von weitem erhorcht und das Weite gesucht.
Mit der Zeit hab ich es dann ganz vergessen, bis letzte Woche, da hat mich der Friedrich gefragt, was eigentlich mit Gunnar sei, und da sind wir losgefahren. Zu Ihrem Glück!
Und jetzt sehen Sie sich Gunnar an: Wohlgenährt, bereit zur Schlachtung. Schnapp ihn dir, Friedrich!
Und wohin können wir Sie mitnehmen?“

„Lassen Sie mich nur in Nähe der nächsten Stadt raus, ich setze dann meinen Weg fort.“


Und so ging dieser den Weg, seinen Weg, wie er ihn nannte; durch Linden, die einen Tunnel formten, über Kreuzungen, an denen er lange nach links und rechts blickte und pfeifend weiterschritt. Sein Wandersack barg einen Stift und einen Block, mehrere Bücher von toten Schriftstellern, Gedichte an eine Freundin, die es noch nicht gab, und, neben der Zahnpflegeausrüstung, etwas Tabak.

 

Hallo Aris,

wie fast bei allen meinen Kritiken muss ich schreiben: Hat mir gefallen! Sonst hätte ich die Geschichte nämlich nicht zu Ende gelesen. ;)

Die Verwandlung von Mensch und Schwein erinnert mich an Lamarck (ein Vorläufer von Darwin). Die beiden stehen vielleicht nicht für Individuen, sondern für Arten oder etwas ganz anderes. Es war jedenfalls sehr reizvoll, das zu lesen. Auf unsere Gesellschaft übertragen, wird die Geschichte zu einer sehr zutreffenden Metapher: Die Umstände formen die Rolle, die wir spielen müssen. Der eine wird zum romantischen Intellektuellen, der andere zum Schwein.

Beginn und Ausdrucksweise haben mich an Joseph von Eichendorff erinnert. Sehr hübsch!

Noch ein paar Anmerkungen:

Seine Wasserflasche, ich vergaß, sie zu erwähnen, hatte er auf dem letzten Berg geleert.
Der Einschub muss nicht sein und wirkt eher störend.

...mit monströsen Zähnen, die aus der Schnauze herausstachen, und kräftigen Hufen, die demonstrativ in den trockenen Boden traten.
Schweinezähne ragen doch nicht heraus, oder? Außer die Hauer von Wildschweinen.

So verhielt es sich einige Minuten;
"Verhalten" ist eher an ein Subjekt als an eine Situation gebunden. ;)

an der Grasnabe schnüffelnd
Heißt es nicht "Grasnarbe"? Der Ausdruck kommt eher in der Landwirtschaft als in der Alltagssprache vor.

Am Ende sollte ich mir vielleicht noch über die Aussage des Textes Gedanken machen. Sie scheint mir, wie gesagt, darin zu bestehen, dass Umstände Rollenbilder formen. Stecken noch mehr tiefsinnige Gedanken in der Geschichte?

Ich bin mir sicher, andere werden mit ihren kräftigen Schnauzen so lange in dem Text wühlen, bis sie zutage treten. :)

Lieben Gruß,

Fritz

 

Hallo Aris,

das ist ja wie auf KG.de: Mancher edle Wanderer, der hier vorbeikommt, bleibt, schaufelt das Schweinefutter in sich, bis er selbst zum Schwein wird. Und manches hier ansässige Schwein wird dadurch plötzlich zum Literaten, zieht in die Welt. Wenn sie den neuen Gunnar nicht geschlachtet hätten, hätte sich die Geschichte noch weiter wiederholen können.

Insgesamt hat mir die Geschichte vom Inhalt und der Sprache gut gefallen.

Notizen:

ehemalige Wanderer zärtlich rosafarbene Haut
Muss "zart" heißen: "zärtlich" ist ein Modus z.B. einer Berührung, wogegen "zart" das allgemeinere Adjektiv ist.
dass er bloß abermals endlose Weiten
Sicher waren die Weiten auch "entlos", aber um Ents geht es hier ja nicht. ;)
den Rest der Symbiose möge sich der Leser
"Symbiose" ist das falsche Wort: Es bezeichnet das Zusammenleben zweier durch Ko-Evolution entstandener Arten, z.B. Baum und Mycel. Was Du hier meinst ist vermutlich "Transformation" oder schlicht "Verwandlung".
Er blickte sich um: Kein Schwein weit und breit, keine Wasserstelle, kein Bauernhof.
[...]
Das Schwein lag längst auf der Seite und schnaufte stark.
Das hat mich verwirrt: Erst ist weit und breit kein Schwein, dann liegt es plötzlich schnaufend neben ihm.

Beste Grüße,
Naut

 

hallo Berg

schön, dass es dir gefällt. danke für die Kritik. die angesprochenen Punkte sind verbessert.

Eichendorf ist sicherlich mit drin, stimmt schon. ist ja auch ein kompliment. dankeschön. lamarck kenne ich leider nicht. aber dann weiß ich ja schon, mit was ich mich bald beschäftigen werde.

Ich bin mir sicher, andere werden mit ihren kräftigen Schnauzen so lange in dem Text wühlen, bis sie zutage treten.
das denke und hoffe ich auch mal, und daher will ich meine Intentionen noch nicht offenlegen, da ich ja wissen will, wie die geschichte verstanden wird und inwieweit mein Gedankengut rüberkommt.

deinen Interpretation trifft auch schon gut ins schwarze. das ist der ansatz.

Umstände formen Rollen: sehr schön gesagt. und stimmt.

Es geht ums WAndern, um die Suche nach der endlosen Freiheit.

der TRog ist ein Symbol für die Mütterlichkeit, oder deren primären Funktionen.

auch ist es ein Kreislauf, der hier beschrieben wird.

Wag dich nur rann, du bist auf genau dem richtigen WEg!

danke nochmal.

hallo naut

(Ddorf rules!)

Du hast mit deinen Ausführungen so was von Recht, ich bin verblüfft!

Die Idee entstand vor einigen Tagen, und ich führte einem Nueuser diese Geschichte in komprimierter, dichterischer Form vor, um ihm zu erzählen, wie es hier so läuft. meiner meinung nach.

und der WAnderer, Sucht entweder die Freiheit oder geht seinen literarischen WEg.

Die Hauptaussage, wenn man es auf kg,de bezieht, ist dann sicherlich folgende: folge dem schwein, denn es kennt vielleicht den Weg zum Trog!

ich wollte ursprünglich auch, dass sich die Geschichte wiederholt. doch ein solches ende war dann leider in sich nicht logisch genug. daher musste ich die bauern auftauchen lassen, um die nötige logik zu erhalten. so kann ich den neuen WAnderer nicht einfach weiterlaufen lassen, da er dann ja genauso sterben würde, wie der wanderer zuvor.

hast du beim schreibprozess eigendlich neben mir gesessen?

hier nochmal mein Kommentar zu einem neuuser:

Ach schade: Es wurde schon gelöscht, da es sich um keine wirkliche geschichte handelte. sehr schade. naja.

danke dir jedenfalls. auch deinen fachkundigen hinweise habe ich umgesetzt.

besten Gruß

 

Hallo, Aris

Ich gebe meinen Vorretiern Recht. Nebenbei erwähnt ist es doch wirklich eine Schande, dass man nicht immer der Erste sein kann, der eine Geschichte kommentiert.
Um es kurz zu machen.
Ein schönes Bild, das du da erzeugst.
Der Inhalt bietet die Möglichkeit vieler Interpretationsansätze, doch im Grißen und Ganzen hat Berg schon auf den Punkt gebracht, würde ich sagen. Doch, dass du und Naut seelisch verbunden seid, steht nicht zur Debatte, oder? :)

Auf wiedersehen!

 

hallo zangan

Man kann immer der erste sein, wenn man schnell genug ist. Aber dazu bestünde ja auch keine Notwendigkeit.
Das Naut und ich sehlenverwandt sind, ist mir auch neu. Ich glaube ja immer noch, dass er der Typ am Fenster gegenüber ist, der mit dem Fernglas.

Denoch gibt es hier eine Menge zu philosophieren, und ich hoffe, dass sich da bald mal jemand rannwagt. viel falsches gibt es nicht. mich würde nur schon interessieren, wie ihr diese HAlbfabel deuten würdet, damit ich dann weiß, ob meine Intentionen angekommen sind.

Aber dir besten dank fürs lesen und kommentieren und schön, dass es dir gefällt. Du hast ja die ganze philosophische Palette durchkommentiert, habe ich gesehen. Respekt.

Berg hat schon viel richtiges (richtig im Sinne von so war es gedacht) interpretiert und schön wiedergegeben. Mir geht es noch etwas mehr um den Aspekt "Das Empfinden von Freiheit und die Suche danach".

danke

und besten Gruß

 

Hallo Aris Rosentrehter.

und die Schafe, Kühe und Pferde, über deren Weiden er bei Gelegenheit schlich
den Tabak auszukramen und dessen Verwendung zu nutzen
mM wäre Zweck richtiger als Verwendung
wahrscheinlich zum Trog, wie schon Gebete des Verzweifelten in den Himmel gedrungen waren
verstehe ich nicht, was du mit dem wie ausdrücken willst (logischer Bezug zum Trog)
Von irgendwo, aus einer unterirdischen Leitung, wie später herausgefunden wurde
Dieser Satz passt gar nicht in die bisherige Erzählung. Bisher wird nichts erklärt und jetzt kommt so eine banale technische Erklärung verknüpft mit der Ankündigung, dass es später eine Untersuchung geben werde.
Und dass der alte Gunnar hier überhaupt mit Ihnen seinen Trog teilt

er blieb nirgends länger, als ihn ein Schlaf zwang, ein Anblick begeisterte
Der Weg ist das Ziel, sagen ja manche. Aber was ist, wenn alle Ziele verloren gegangen sind und der Weg gar kein Ziel mehr hat? Das Schwein verdeutlicht dem Wanderer, dass er gar kein Ziel hat, als das, seinen Hunger zu stillen und in der Sonne zu liegen. Alles, was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist ihm verloren gegangen und so wird er zum instinktgesteuerten Tier. Dass sich das Schwein im Gegenzug in einen Menschen verwandelt, der dann am Ende sogar (überraschend) sprechen kann, interpretiere ich mir jetzt aus der Vorgeschichte: Gunnar wollte nicht mehr als Schwein leben, sondern war ein Suchender geworden. Und so lange er weitersucht und weiterwandert, wird auch keine neue Umdrehung des Rades ausgelöst. Und wenn ihm dann ein Schwein im Wege steht, wird er sich nicht mehr erinnern, was einmal egschehen war und wird auch äußerlich wieder zum Schwein.
Interessante Geschichte.

LG

Jo

 

Hi Aris,

eine wahrlich gekonnt formulierte fabel(da es ja wohl eine ist).
ich hätte den vergleich zu kg.de nie im leben herausgelesen, da mussten mich erst die anderen kommentare drauf bringen. nicht schlecht!
wie auch schon bei "die pianistin" kann ich nur sagen, dass es wenig daran auszusetzen gibt und ich auch schon ähnliches in deuschbüchern gelesen habe, wo ich keinen qualitativen unterschied bemerken könnte. (soll heißen, absolut konkurrenzfähig) meine welt ist das, wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, nicht. aber das ist ja, da es eindeutig sehr gut gemacht ist, nicht von belang.

beste grüße werter Aris
le Bolderson

 

hallo jobär

danke fürs lesen und kommentieren.

deine Hinweise werde ich alle beachten. besten dank auch hier. den logik fehler hab ich schon gestern mal erblickt, schade, dass ich ihn noch nicht verbessert hatte.

Zu deiner Interpretation: ich merke, die geschichte funktioniert. der wanderer kehrt in seine Ursprünge zurück: denn als Schwein lebt er wieder an einem Ort, geht nur so weit weg wie es ihm die Sicherheit erlaubt und lebt vom mütterlichen Trog, der ihm sein Essen zusichert. Er ist zurück in der Einfachheit und Bequemlichkeit.

Das Schwein steht stellverstretend für einen Gefährten, einen Freund, eine Freundin vielleicht sogar, wenn man das sexuelle beseite lässt. jemand, mit dem man gemeinsamkeit erfahren kann, mit dem man diese drei Tages Reisen (Wochenendausflüge) machen kann, um dann gemeinsam zum TRog zurückzukehren. Der Trog kann auch eine Arbeit sein, dass tägliche Leben eben. Eben das, womit man sich seine Ernährung finanziert. auf Reisen muss man um diese Bequemlichkeit von Tag zu Tag bangen, wenn man von der Hand in den Mund lebt.

Diese Gefährten drängen sich manchmal in den Weg, mehr durch einen Zufall (so denkt das Schwein hier ja auch, es müsse den Trog vor dem Eindringling verteidigen) und so lebt man oft zusammen, für eine zeitlang. bis den nächsten das Reisefieber packt und er einen Weg gehen muss, bis auch er wieder an einem Trog enden wird.

Nun wird der Reisende am Ende aber als Gunnar erschossen und geschlachtet. Das Leben ist ein Hund: mal schwarz, mal weiß, mal kunterbunt.

hallo krilliam

huch! Lobesgesänge! danke danke, krilliam. es freut mich natürlcih sehr. das ist ja auch das Interessante an uns beiden: deine Trashcomik Welt ist auch nicht die meine, trotzdem lese ich deine geschichten sehr gerne. Da sie Qualität haben.

besten Gruß

 

Hallo Aris,

schön, dass du mal so eine Stil probierst, etwas antiquiert, ruhig mit auktorialem Erzähler, passt gut zu der Szene.
Die Geschichte erinnert etwas an den verlorenen Sohn und an Odysseus, ist aber durchaus eigenständig.
Ein anonymer Wanderer, der für Viele(s) stehen mag, erlebt eine Begegnung, die zu einer Verwandlung führt. Der Mann wird eigentlich korrumpiert durch das Essen, obwohl es widerlich ist, gibt er seine Wanderschaft auf. Für mich ergibt sich eine Moral ähnlich einer Fabel, sehe die Geschichte eher unter einem gesellschaftlichen Aspekt, als unter einem philosophischen: Die Umweltbegebenheiten beeinflussen den Protagonisten negativ, das Schwein positiv, die Umwelt urteilt nur nach dem äußeren Sein, ganz gleich ob Mensch oder Schwein.
Übrigens - schön, die Wiederholung des Anfangs am Schluss!

„und aufgrund der neu gewonnenen Fähigkeiten bekam es auf einmal Lust, die Welt zu erkunden.“

- Erinnert an den Taugenichts.

Offensichtlich machen die Fähigkeiten (und ihre Nutzung) den Menschen aus.

„Sein Wandersack beutelte“

- „beutelte“ ist doppelsinnig (einfach, stilgerecht: barg)


„weitab der Zivilisation“

- inmitten von kultivierten Feldern und Apfelbäumen, auf einer Straße, mit einem Hausschwein?


„in tiefe Feueraugen“

- Das klingt so, als ob sich das Schwein in Zukunft als irgendetwas (unnatürliches) dämonisches entpuppen würde (siehe Fantasy). Schweine haben eher sanfte Augen.


„schneller oder, ich mag es kaum zu erwähnen, so wie er nicht einmal daran dachte, stärker als dieses Monster zu sein.“

- unnötig komplizierte Satzstellung: „schneller oder, ich mag es kaum erwähnen, stärker als dieses Monster zu sein.“ (vermag es kaum - wenn du zu erwähnen sagen willst)


„Und immer mehr hoffte der Hungrige auf eine solche Handlung“

- das ist nicht recht schlüssig, da er die Handlungen (die eigentlich Eigenschaften sind) eben ausgeschlossen hat.


„Auch ein Rückweg, wie der aufmerksame Leser vielleicht schon spekuliert haben könnte, war unnütz, da der Namenlose schon einige Stunden landeinwärts gegangen war.“

- Da er ziellos geht, ist das kein Argument. (Eher die Angst, dem Tier den Rücken zu kehren)

„Hände und Füße formten sich“

- `formte´ hattest du schon.

Doch der Wanderer schämte sich nicht der Höhne

- wegen der Häme

Das Bild eines suchenden Wanderers ist auch wegen dem oberflächlichen `der Weg ist das Ziel´ immer ein wenig gefährlich, aber durch den ungewohnten Schweineansatz ;) umschiffst du dieses Problem recht gut.

L G,

tschüß Woltochinon

 

Ich glaube ja immer noch, dass er der Typ am Fenster gegenüber ist, der mit dem Fernglas.
Hab kein Fernglas, und wenn ich eines hätte, reichte es nicht bis nach Düsseldorf. :)

Zur Interpretation: Ich denke, dass der Trog auch mit Konsum zu tun hat. Man ist, was man isst, und hierbei ist "essen" auch im Übertragenen Sinne zu verstehen. Wir konsumieren Junk-Food genauso wie Medieninhalte, und mehr noch als die physikalische Nahrung bestimmen diese unser sein.
Im Speziellen: Jemand, der KG.de findet, bekommt Essensempfehlungen, und diese haben auch den Zweck, ihn "zum Schwein zu machen". Sicher ist er, nachdem er seine Portion der bequemen Futterlektüre konsumiert hat, ein geratenes Schwein, aber was ist mit der Vision, die ihn eigentlich zum Trog führte? Nur, wenn er sich aufraffen kann, den Trog zu verlassen, kann er seinem ursprünglichen Gesicht wieder folgen, sein ursprüngliches Gesicht wieder erlangen: Mensch sein heißt streben, nach Wanderschaft, nicht nur den bequemen Trog im Blick zu haben.

Sagt der Naut, vom Trog zurückgekehrt.
*grunz*

 

haha. da sammeln sich die Schweine ja um meinen Trog. dann mach ich mich wohl denn mal auf, weiter Gefilde zu erkunden!

freut mich, dass die KG hier doch noch kommentiert wird.

@naut: tschuldigung, ich hatte es mal so verstanden, dass du auch in Ddorf wohnen würdest. dann muss ich wohl mal schauen, wer dieser typ mit dem Fernglas ist. bei dir erlangt mein Text schon fast telepathische Fähigkeiten!

Auch ist die geschichte vielseitig zu interpretieren. alles bisher gesagt kann ich in der Geschichte wiedererkennen, auch wenn es neu für mich ist.

@ wolto da biste ja. schön. deine Verbesserungsvorschläge werde ich umsetzen. auch so nimmt die geschichte immer mehr Form an.

das gerade du alter philosoph jetzt den gesellschaftlichen aspekt durchleuchtest, ist lustig, aber Philosophie und Soziologie haben ja eh viel gemein.

Es ist eine Geschichte ohne feste Moral, weit zu interpretieren. Interessant zu erwähnen wäre von meiner Seite aus vielleicht noch die Schwankungen vom Realen ins Surreale, von Logik zu Unmöglichkeiten.
man kann dann hier gar ins abnormale philosophieren: das der gegenwärtige Geisteszustand die Ralität entscheidet. Denn ich bin der mittelpunkt meines Universums und kann eventuell die Umwelt bestimmen, vorausgesetzt, ich ilusioniere sie mir nur. eine Theorie, die sämtlicher Physik widerspräche. Wenn sich der Wanderer in den Jahren als Schwein fühlt und agiert, wird er bald eins sein und auch von seiner umwelt als solches erkannt werden. genauso andersherum. Die Veränderung vollzieht sich im Geiste des Seins des supjektes und ändert die optik für andere.

Aber das wird jetzt zu abgefahren! Auch ich halte mich eher an eine HAlbfabel mit stehender Symbolik, wie oben erläutert.

danke für die Verbesserungen, interpretationen und das Lob.

besten Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Aris,

Spitzenidee! Bin begeistert. Und gute Umsetzung.
Sehr gelungen fand ich z.B. den Dialog der Bauern (der im Prinzip ein Monolog ist) gegen Ende.

Damit ich hier nicht nur weichspüle auch was kritisches:

Mehrere Zigaretten lang geschah nichts; unser Protagonist hatte angefangen, die Situation einzusehen und, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass das Schwein den Weg zum Trog suchen würde, was auch ihm wiederum von großen, gar lebensnotwendigen Nutzen sein könnte, verweilte er ohne weitere Versuche das geschickt agierende Tier auszutaktieren, zu überlisten, schneller oder, ich vermag kaum zu erzählen, so wie er nicht einmal daran dachte, stärker als dieses Monster zu sein.

Diesen Satz finde ich zu lang. Nichts gegen lange Sätze, aber bei dem Satz konnte ich einfach nicht mehr folgen. Wenn man so einen Relativsatz (ist es einer? Bin nicht so grammatiksicher) wie "was ihm wiederum von großem (nochn kleiner Fehler), usw...Nutzen sein könnte" einfügt, sollte der Rest des Satzes nicht auch noch all zu lang sein.

Aber wirklich eine der coolsten Geschichten die ich hier gelesen habe.

 

Die Geschichte hast mir auch sehr gut gefallen, obwohl ich den Sinn (bin noch nicht so lange hier ;-) ) erst durch die Kommentare begriffen habe. Schöne Geschichte, gut erzählt. Ich habe nur ein paar kleinere Kritikpunkte:

Dieser ging den Weg

Das Wort 'Dieser' an dieser Stelle finde ich etwas merkwürdig. Ich habe erst mal zum Grübeln abngefangen, ob es vielleicht als Name ('Dieser') zu verstehen ist oder als 'dieser eine'. Du willst damit wahrscheinlich darauf hinweisen, daß er keinen Namen (mehr) hat, aber das erwähnst Du ja im zweiten Absatz explizit, deshalb ist ees eigentlich überflüssig und verwirrend.

unser Protagonist hatte angefangen, die Situation einzusehen

Klar ist es nicht ganz einfach, für einen Handelnden ohne Namen eine passende Bezeichnung zu finden. Aber 'Protagonist' ist eigentlich ein Fachwort und hat meiner Meinung nach in der Geschichte selbst nichts verloren. Wie wäres es mit 'Wanderer'?

Außerdem solltest Du meiner Meinung nach noch ein wenig an der 'fabelhaften' Sprache arbeiten, der Du Dich hier befleißigst. Größtenteilsliest sich das richtig gut, aber an einigen Stellen kommen die altertümlichen Ausdrücke und verschachtelten Nebensätze etwas zu geballt - das wirkt manchmal ein bißchen künstlich. Etwas weniger wäre hier vielleicht mehr.

Aber wie gesagt, das sind nmur Schönheitsfehler - ansonsten finde ich sie Klasse!

 

Hallo BacardiFrieser und Dawn

Freut mich ja sehr, dass es euch gefällt.

Über die Schönheitsfehler werd ich noch mal nachdenken. Mal sehen, was sich da machen lässt.

besten Gruß an beide

 

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