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Das Welpenfoto
Es war in den 70ern, als ich versuchte, den neuen Hund meiner Schwester zu fotografieren. An sich kein großer Akt. Doch der Kleine war noch ein Welpe und erst einige Wochen alt.
Sie werden sagen: das ist doch ein besonders putziges Alter. Stimmt! Es war auch der einzige Grund, weshalb ich mich zu dieser Aktion breitschlagen ließ. Und so kam es, dass ich eines Sonntags, bewaffnet mit Kamera und Leckerbissen (für den Hund, nicht für die Schwester) bei ihr klingelte...
Nach einer herzlichen Begrüßung (mein Gott, schleimte die wieder...), ging es ins Wohnzimmer. Da saß auch schon der kleine Racker und schaute mich freudig schwanzwedelnd an. Besser der Hund, als ihr Freund, dachte ich so bei mir. Ich bin tierlieb, müssen sie wissen. Habe selber eine Perserkatze und jede Menge Fische. So betrat ich siegessicher den Schauplatz. Liebevoll auf ihn einredend (den Hund, nicht den Freund), zog ich meine Jacke aus und nahm die Kamera aus der Tasche.
Aber schöne, natürliche, putzige und ganz drollige Aufnahmen müssten es sein. Meine Schwester war ganz aufgeregt. Ja, ja, wird schon gemacht. Reg bloß den Hund nicht auf. Dann können wir das heute vergessen. In Gedanken bereute ich schon meine Zusage. Erst schleimen, jetzt nerven. Doch dann ging es los:
Ich nahm einen neuen Film aus der Schachtel und lud ihn in die Kamera. Dann nahm ich die Filmschachtel aus dem Maul des Welpen und warf sie in den Abfalleimer. Anschließend holte ich den Welpen aus dem Abfalleimer und bürstete ihm den Kaffeesatz aus der Schnauze.
Sofort ging ich daran, einen passenden Hintergrund zu suchen. Ich montierte die Kamera aufs Stativ und machte sie aufnahmebereit. Danach nur noch den Welpen auf den vorbereiteten Platz vor die Kamera setzen.
Ich kann nur sagen: vergessen Sie den Platz und kriechen dem Welpen auf allen Vieren nach. Ich stellte die Kamera mit der Hand wieder ein und lockte den Kleinen mit einem der (vorsorglich) mitgebrachten Leckerbissen. Jetzt nah ran mit der Kamera - ganz nah. Als nächstes das Taschentuch raus geholt und das Objektiv vom Nasenabdruck des Rackers gereinigt. Jetzt noch den Blitzwürfel aus dem Maul des Welpen geholt, ihn wegwerfen (den Blitzwürfel natürlich!) und einen neuen einstecken
Als nächstes sperrte ich die Katze aus und behandelte die Kratzer auf der Nase des Welpen mit etwas Gel. Aschenbecher und Zeitungen stellte ich wieder zurück auf den Couchtisch.
Vorletzter Akt: Ich versuchte dem Biest einen interessanten Ausdruck zu entlocken, indem ich ihm ein (vorsorglich mitgebrachtes) Quietschepüppchen über den Kopf hielt. Danach rückte ich meine Brille zurecht und holte die Kamera wieder unter dem Sofa hervor.
Aufspringen, den Köter im Nacken packen und sagen: „Nein – das machst du gefälligst draußen!“ war meine letzte Aktion. Völlig genervt rief ich meine Schwester, sie solle gefälligst mit Ihren Freund wieder aufräumen. Ich ging zur Bar, mixte mir einen doppelten Martini und setzte mich in den bequemsten Sessel.
Und morgen früh, geliebte Schwester, übst du mit dem kleinen Gardinenfresser erst einmal „Sitz“ und „Platz“.