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Demokratie

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06.09.2007
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Demokratie

Es war alles anders. Wolken hatten sich in Windeseile aufgetürmt und Elia wusste, dass irgendwas, irgendwas, geschehen war.
Es waren nicht bloss die grauen Himmelsburgen, sondern die ganze Stimmung hatte sich gewandelt.
Elia wurde von einer Ahnung gepackt, die er weder beschreiben oder zuordnen konnte.
Was zum Teufel war geschehen?
Plötzlich hörte er eine dunkle, rabenschwarze Stimme, absolut und endgültig:
‚Verzeihung?’
Elia blickte um sich. Niemand. Nach einer Weile kam er zum Schluss, dass er alleine war. Nervös ging er weiter.
Da meldete sich die Stimme erneut: ‚Verzeihung?’
‚Wer da?’, rief Elia sofort.
‚Hinter dem Haus’, kam die etwas zögerliche Antwort.
‚Er lief um das Haus herum und da stand ein kleines Männlein, in einen schwarzen Kapuzenmantel gehüllt, das sich auf die es weit überragende Sense stützte, die gerade mal einen knappen Meter messen musste.
‚Verzeihung.’ Sagte der Fremde vorsorglich.
‚Schon gut’, antwortete Elia etwas, ach was: sehr verwirrt.
Sie schwiegen beide eine Weile und Elia wurde aus den Ereignissen immer noch nicht schlau.
Der Fremde räusperte sich.
‚Wer bist du?’, wagte sich Elia endlich zu fragen.
‚Nenne mich Tod’, sagte das Männlein und schob dabei die Kapuze nach hinten. Ein weisser Schädel wurde sichtbar.
‚Oh’, bemerkte Elia.
Dann wurde er unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Er hatte die Dachschindeln ersetzen wollen, die sich beim letzten Sturm gelöst hatten. Und dann hat sich alles verändert.
‚Ich bin vom Dach gestürzt. Ich bin… tot.’
‚Du bist gestorben.’
Elia schluckte. Er hatte immer geglaubt, dass er noch Zeit für so viele Dinge hätte.
‚Weshalb?’, fragte er.
Tod schwieg.
‚Bitte schlag mich nicht’, sagte Tod plötzlich. Er klang verunsichert.
‚Weshalb sollte ich dich schlagen wollen?’, fragte Elia überrascht.
‚Die meisten Menschen geben mir die Schuld für ihr Versterben. Sie schreien mich an, ich solle sie zurückbringen und dreschen auf mich ein.’
Tod schaffte es, selbst ohne Augäpfel, den Blick eines getretenen Pudels aufzusetzen.
‚Kannst du dich nicht wehren?’
Tod schob die Ärmel seines Umhangs nach hinten.
‚Has du dich schon mal ohne Muskeln geprügelt?’, fragte er bitter.
‚Nein.’
Tod seufzte. ‚Das war eine rhetorische Frage.’
Von weit her hörte Elia das Krächzen eines Raben.
‚Was geschieht jetzt?’, fragte er schliesslich.
‚Jetzt kommt der unangenehme Teil: ich muss dich umbringen.’
‚Ich dachte ich wäre schon tot.’ Elia begriff gar nichts mehr.
‚Jein. Du bist zwar gestorben, aber noch nicht tot, verstehst du?’
‚Nein.’
Tod atmete hörbar aus. Einige Knochen rieben aufeinander und klapperten.
‚Das versteht keiner heutzutage. Du bist in einem Zwischenreich, das ich brauche, um Tod, aber nicht tot zu sein. Klar?’
Elia schüttelte nur den Kopf.
‚Bist nicht gerade helle, was?’ Tod holte eine Sanduhr hervor – vielleicht nicht so praktisch wie eine Armbanduhr, aber eben – todschick. ‚Oh mein Gott, schon so spät?’
Elia blinzelte überrascht. ‚Du kennst Gott?’
‚Natürlich’, bemerkte Tod. ‚Du etwa nicht?’ Er wirkte erstaunt.
‚Den kennt niemand!’
‚Wirklich? Die meisten Menschen verlangen, auf der Stelle zum Allmächtigen gebracht zu werden.’
Elia war viel zu aufgeregt, um darauf einzugehen. Es gab ihn wirklich! Dann war das Sterben doch nicht so schlimm.
‚Wie ist er?’
‚Na ja. Er ist nicht so allmächtig, wie man eigentlich dem Namen nach vermuten könnte. Er ist halt wie du und ich… wie ich ein Wesen aus Wünschen und Vorstellungen.’
Elia öffnete verwirrt den Mund, aber Tod kam ihm zuvor.
‚Nicht kapiert, was? Ich erklär’s dir. Die Wünsche und Vorstellungen der Menschen geben uns Gestalt. Ich bin hier, weil ihr Menschen euch wünscht, dass ich existiere, Gott ist immer überall, weil ihr das herbeisehnt.’
‚Weshalb sollten Menschen wünschen, zu sterben?’
‚Noch nie Liebeskummer gehabt, was?’
Elia schüttelte bloss den Kopf.
Tod schielte wieder zum Stundenglas.
‚Tut mir Leid’, sagte er vorsorglich.
‚Mir auch.’ Elia seufzte.
‚Also: es wird dunkel und du läufst auf das Licht am Ende des Tunnels zu.’
‚Und dann?’
‚Dann kommt – Verzeihung – das Urteil.’
Tod griff in eine Tasche, die vor kurzem noch gar nicht existiert hatte, und holte einen Revolver hervor.
‚Weshalb eine Pistole?’, fragte Elia.
Tod schnaubte.
‚Frag alle Menschen, die Western gucken.’
‚Aber das ist ja wohl kaum eine Vorstellung der Mehrheit.’
Tod lächelte.
‚Bravo, Einstein. An was hast du denn gedacht?’
Elia dachte kurz nach.
‚Nichts.’
‚Genau. Und weil der Revolver die Vorstellung der meisten Leute ist, die über eine verfügen, trifft das auch zu. Im 19. Jahrhundert durfte ich die Leute noch mit Katanas köpfen. Das war eine schöne Zeit.’
Elia empfand es als unanständig, Tod beim Erinnern zu unterbrechen. Aber eine Frage lastete ihm noch auf dem Herzen.
‚Weshalb bist du eigentlich so klein?’
Tods Gesicht wurde finster.
‚Kinder! Diese Pestblagen wünschen sich, von jemandem mit ihrer Körpergrösse abgeholt zu werden.’ Tod spuckte verächtlich aus, was bemerkenswert war, denn er verfügte über keinerlei Körperflüssigkeiten.
‚Also, mach’s gut, Elia’ Tod hob den Revolver.
‚Du auch.’
Der Schuss fiel und Tod löste sich auf. Sein nächster Kunde wartete.

 

Dieser Text ist im Rahmen einer Projektwoche meiner Schule entstanden.
Ich finde ihn, vor allem wegen der Wortspiele recht gelungen.

Ich habe lange in Betracht gezogen, diesen Text unter Philosophisches zu posten, habe mich dann jedoch aufgrund des Schreibstils und der z.T. fehlenden Logik umentschieden.

Der Text sollte nicht an sich philosophisch sein, sondern eher lustig und im Nachhinein zum Denken anregen.

Hoffe ihr habt ihn gerne gelesen

freundlichst

janovar

PS: Ich bin Schweizer und kenne Sz (oder wie ihr das nennt bzw. schreibt) nicht bzw. benutze es nicht. Macht euch deshalb nicht die Arbeit diese 'Fehler' alle rauszuschreiben. Danke.

 

Hallo Janovar,

keine Angst ich werde sicher keine Fehler rausschreiben (ich mache lieber welche *ggg*)

Deine Geschichte hat mir richtig gut gefallen. Tolle Idee und schön flüssig geschrieben! Würde mich noch interessieren welche Note du dafür bekommen hast - von mir würde es jedenfalls die Note: "fühlte mich sehr gut Unterhalten" geben.

Also weitermachen! Damit die alte Murphy was zu lesen hat.

Schöne Grüße
Mrs Murphy

 

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