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Der Brief
Als ich zu hause ankam, sah ich auf meinem Schreibtisch einen Brief. Er war von Adam. Er war an mich adressiert. Mit zittrigen Händen öffnete ich den Brief. Langsam las ich Zeile für Zeile.
Hallo mein lieber kleiner Bruder,
bitte, wenn du das hier liest, weine nicht. Ich weiß, dass du von mir immer dachtest ich wäre der große, starke Bruder. Aber dem war nicht so. Ich dachte auch immer ich wäre es, aber da habe ich mich in mir selber getäuscht. Ich wollte nie in diese Rolle hineingezogen werden. Aber Mama wollte es so. Nachdem unser Vater vor 3 Jahren an Lungenkrebs starb, hatte sie gesagt, ich soll auf dich aufpassen. Das tat ich dann auch. Du bist mir richtig ans Herz gewachsen, deshalb begreife ich auch nicht, warum ich dir diesen Abschiedsbrief schreibe.
Ich habe mir sehr viel Zeit gelassen, und habe auch sehr darüber nachgedacht. Als unser Vater gestorben ist, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Er war der, der ich für dich bin. Er war mehr als nur mein Vater. Er war mein bester Freund.
Und als er so plötzlich starb, hatte ich niemanden mehr. Klar, hast du mich auch einmal an Wochenenden mit ein paar Kumpels gesehen. Du selber dachtest doch, es wären meine besten Freunde. Als du mich einmal darauf angesprochen hast, habe ich es nicht verneint. Aber für mich waren es keine Freunde. Sie waren nicht so wie mein Vater. Deshalb konnte ich es immer kaum abwarten nach hause zu gehen, um die Rest der Zeit in meinem Zimmer zu verbringen. Dann habe ich immer geweint. Schließlich habe ich mich ganz von der Außenwelt abgekapselt. Ich hatte alle meine Kontakte abgebrochen. Ich war zu deprimiert ja ich fühlte mich gar unwürdig, noch mit irgendeinem Menschen in Kontakt zu treten. Ich wollte für mich sein. Ich wollte weiter um meinen verlorenen Vater trauern.
Dann wachte ich eines Morgens auf und hatte meinen Entschluss gefasst. Ich wollte aber noch damit warten. Ich wollte nicht, dass du dich alleine fühlst, weil du doch damals so eine schwere Zeit hattest. Also habe ich gewartet. 2 Jahre lang.
Vielleicht ist es auch besser so, dass ich jetzt fort bin. Ich wüsste nicht, wie ich es dir und Mama sonst beibringen soll. Ach, und bitte sage Mama, dass es nicht ihre Schuld war. Und sag ihr, dass ich sie gern habe. Ich habe euch beide lieb. Ich danke euch beiden, für die guten Momente, die ihr mir gegeben habt. Dafür danke ich euch vom Herzen.
Seid mir nicht böse, dass ich gegangen bin. Es war meine Entscheidung, und ich weiß es gibt bessere, aber für mich nicht. Es tut mir leid.
Adam
Warum heulte ich plötzlich? Würde ich Adam je wieder sehen? Oder war dieser Entschluss von ihm endgültig? Ich wusste es nicht.
Plötzlich klingelte es an der Haustür. Ich machte auf. Es war meine Mutter. Ich wusste nicht, wie ich es ihr beibringen sollte, sie war doch so glücklich.
„Mama…ich muss dir etwas zeigen...“