Was ist neu

Der Brunnen

Mitglied
Beitritt
15.12.2015
Beiträge
2

Der Brunnen

Teil I
Der Mann im braunen Anzug schlenderte gemütlich über die sonnenbeschienen Straßen der Stadt. Er war kein Tourist und er war auch nicht zu seinem Vergnügen hier, aber er hatte noch Zeit. Es war noch früh am Nachmittag und er wusste das es noch ein paar Stunden dauern würde bis es endlich soweit war.
Er war schon mehrere Tage in der Stadt, hatte sich in einer kleinen Frühstückspension eingerichtet und hatte seine Stunden damit verbracht durch die Straßen zu bummeln, oft alleine, manchmal in Begleitung von anderen Gästen der kleinen Pension.
Ab und zu war er stehen geblieben und hatte ein paar Worte in ein kleines Notizbuch geschrieben, aber ansonsten hatte er sich wie ein vorbildlicher Tourist verhalten, er hatte sich sogar einen Reiseführer gekauft und wann immer das Wetter zu schlecht war um auf die Straße zu gehen, saß der Mann im braunen Anzug in dem gemütlichen Wintergarten der Pension und las angestrengt in dem bunt illustrierten Buch, wobei er ab und zu sein Notizbuch aus der Brusttasche seines Anzugs zog und hastig etwas hinein kritzelte.
Einer seiner Begleiter hatte einmal versucht zu erkennen, was der Mann in sein Buch schrieb und hatte ihm beim Schreiben über die Schulter geschaut, aber er hatte schnell wieder aufgegeben. In welcher Sprache auch immer der Mann sich da Notizen machte, es war keine die der Tourist lesen konnte, oder die er auch nur erkannte.
So war mittlerweile schon mehr als eine Woche vergangen und niemand in der Stadt vermutete, dass der Mann irgendetwas anderes sein könnte als ein normaler Tourist, manchmal zwar etwas seltsam, aber wenn man die Bewohner der kleinen Stadt fragen würde, so waren alle Touristen irgendwie etwas seltsam und der Mann sprach immerhin fließendes Deutsch, was ihn deutlich weniger seltsam machte als die Scharen von Russen und Arabern, die jedes Jahr zum Einkaufen in die Modeboutiquen und Schmuckmanufakturen der kleinen Stadt strömten.
Auch heute sah der Mann mehrere Reisegruppen stereotypischer Touristen aus den neu auferstandenen Wirtschaftseliten des Ehemaligen Ostblock und der arabischen Ölstaaten. Der Mann lächelte.
Er wusste, dass diese Gruppen meistens nicht lange in der Stadt blieben, es gab nur eine sehr begrenzte Zahl von Geschäften und Hotels in der Stadt, die den hohen Luxusansprüchen der Neureichen genügten und so würden die meisten von ihnen, die Stadt noch heute oder morgen wieder verlassen.
Er schlenderte gemütlich die kopfsteingepflasterte Fußgängerzone entlang und freute sich darüber wie viel Glück er bei der Auswahl dieses Tages gehabt hatte. Das Wetter war perfekt,strahlende Sonne, aber ein angenehmer Wind, der dafür sorgte das man sich trotzdem entspannt im freien aufhalten konnte. Wäre es zu heiß, oder zu kalt gewesen, hätte der Mann im braunen Anzug seinen Plan verschieben müssen, aber er hatte Glück gehabt.
Am Ende der Fußgängerzone kam der Mann auf einen großen Platz,um den sich zahlreiche Straßencafés scharten. Der Mann setzte sich in ein kleineres Café mit gemütlichen Korbsesseln von denen aus man einen herrlichen Blick über den Gesamten Platz hatte und bestellte sich einen schwarzen Tee mit einem Spritzer Zitrone.
Er hängte sein Jackett über die Lehne des Sessels und zog den Reiseführer und sein kleines Notizbuch aus der bauchigen Arzttasche, die er heute dabei hatte. Dann verschloss er die Tasche gründlich und ging ein letztes Mal seine Notizen durch.
Natürlich konnte er die eng beschriebenen Seiten des kleinen Büchleins schon fast auswendig. Er hatte sie in der vergangenen Woche beinahe jeden Tag wiederholt, aber man konnte nie sicher genug sein, noch konnte der Mann etwas ändern, in ein paar Stunden würde es zu spät sein.
Der Tee des Mannes war erst halb leer getrunken als die Kirchturmuhr 16 Uhr schlug. Der Mann klappte das Notizbuch zu und trank das restliche Glas in einem Zug aus. Es war soweit.
Der Platz war jetzt deutlich voller, als zu dem Zeitpunkt als der Mann sich in das kleine Café gesetzt hatte.
Die Schule in der Stadt ging normal bis 16:30 Uhr, aber bei schönem Wetter gaben die Lehrer ihren Schützlingen meistens schon früher frei und viele der Schulkinder waren bereits mit ihren Müttern im Schlepptau in die Stadt gekommen um ein Eis zu essen und mit ihren Freunden in der Sonne zu spielen.
In der Mitte des Platzes war ein Springbrunnen, aus dessen Düsen sich abwechselnd hohe Fontänen kühlen Wassers in die Höhe erstreckten und die lachenden Kinder mit einem erfrischenden Nieselregen bedeckte.
Ein paar mutigere Kinder hatten sich sogar bis auf die Unterhose ausgezogen und waren in das verzierte Becken des Brunnens gesprungen. Niemand schien sich daran zu stören. Der Mann bezahlte seinen Tee bei der sommersprossigen Bedienung,dann stellte er sich seine Arzttasche auf die Knie und öffnete sie.
Das Innere der Tasche fühlte sich kühl an. Der Mann nickte zufrieden.
Es war ein Risiko gewesen so viel früher als eigentlich notwendig los zu gehen, er war sich nicht sicher gewesen ob die Kühlakkus der Sommerhitze so lange trotzen könnten, aber er hatte es am Morgen einfach nicht mehr länger ausgehalten untätig in der Pension zu sitzen, wenn die Erfüllung seines Planes so nahe war.
Es war ein Risiko gewesen das er in Kauf hatte nehmen müssen.
Der Mann zog ein paar dünner, hautfarbener Latexhandschuhe aus einem Seitenfach der Tasche und zog sie unauffällig im Inneren der Tasche über seine Hände. Erst dann öffnete er das Fach mit den Kühlakkus.
In dem Fach lag, von blauen Plasikklötzen umgeben eine kleine Plastikflasche ohne Etikett.
Als der Mann die Plastikflasche gekauft hatte, war irgend ein blaues, giftig aussehendes Sportgetränk darin gewesen, aber der Mann hatte die Flasche gründlich gespült und von der blauen Brühe war keine Spur mehr zu sehen.
Satt dessen befand sich nun eine kleine Menge einer klaren Lösung in der Flasche, die der Mann nun vorsichtig gegen das Sonnenlicht hielt und nachdenklich betrachtete.
Natürlich konnte der Mann nicht sehen ob der eigentliche Inhalt der Flasche noch intakt war, dazu waren nur sehr leistungsstarke Mikroskope in der Lage, aber der Mann stellte erleichtert fest, dass sich keine Eiskristalle in der Flüssigkeit gebildet hatten.
Der Mann stand von seinem Korbsessel auf, wobei er sein Jackett und die wieder sorgsam verschlossene Arzttasche für den Moment noch stehen lies und lief entspannt zu dem Brunnen in der Mitte des Platzes.
Dort angekommen öffnete er, ohne dabei von den spielenden Kindern oder ihren schwatzenden Müttern beachtet zu werden, den Schraubverschluss der Flasche und tauchte sie unter die schimmernde Oberfläche des Wassers.
Der Mann wartete bis keine Blasen mehr aus der Flasche aufsteigen, dann zog er sie wieder hervor und leerte das Wasser zurück in den Brunnen.
Er wiederholte den Vorgang noch zwei mal, dann verschloss er die leere Flasche wieder und warf sie in den öffentlichen Mülleimer neben dem Brunnen.
Mit einer geübten Bewegung streifte er die beiden Handschuhe ab und warf auch sie in die Blechtonne, dann ging er ohne Hast zurück zu seinem Jackett und seiner Arzttasche. Noch während der Mann in die Ärmel seines braunen Jacketts schlüpfte, zischte hinter ihm eine der Düsen des Brunnens und der Mann konnte Kinder lachen hören.
Der Mann lächelte.


Teil II
Die nächsten Tage waren schrecklich für den Mann im braunen Anzug.
Er wusste, dass es normal war, das nichts passierte, und er wusste auch das er Geduld haben musste, aber er hasste jede Minute dieser Tage.
Jeden Morgen saß er im Wintergarten der Pension und las die lokale Tageszeitung, jeden Mittag ging er in das kleine Café auf dem Platz mit dem Brunnen und beobachtete die Menschen. Sehnsüchtig wartete er darauf dass irgendetwas passierte, doch jeden Abend ging er enttäuscht in die Pension zurück. Zweimal hatte er gedacht etwas zu sehen, aber beide Male hatte sich heraus gestellt, dass es lediglich normale Reaktionen auf die Sommerhitze waren und er hatte wütend sein Notizbuch zurück in seine Brusttasche gesteckt.
Am fünften Tag zahlte sich die Geduld des Mannes endlich aus.
Beinahe hätte er das Zeichen seines Erfolges verpasst,denn es war weit weniger dramatisch, als er es sich erhofft hatte.
Es war bereits achtzehn Uhr und der Mann hatte schon das zweite Glas Tee ausgetrunken und war kurz davor seine Sachen zusammen zu packen und zurück in die Pension zu gehen, als ihm plötzlich etwas auffiel.
Es war ein schöner, sonniger Tag gewesen und in den Cafés rund um den großen Platz herrschte der übliche Betrieb, aber dennoch war es heute deutlich ruhiger als sonst.
Es dauerte einen kurzen Moment, bis dem Mann der Unterschied auffiel, es ist viel leichter etwas zu bemerken, was neu zu einem Bild hinzu kommt, als etwas zu bemerken das plötzlich fehlt, doch als der Mann den Brunnen betrachtete viel der Groschen.
Es waren zwar noch vereinzelt Kinder auf dem Platz zu sehen, doch die meisten davon waren die Kinder von Touristen, die vorsichtig in der Nähe ihrer Eltern spielten.
Die einheimischen Kinder waren verschwunden.
Der Mann winkte die Kassiererin mit den Sommersprossen zu sich heran und fragte sie danach.
,, Ach, das ist nichts besonderes. Passiert fast jedes Jahr einmal. In der Schule breitet sich mal wieder eine Sommergrippe aus und die besorgten Eltern behalten ihre Kinder zu hause. Ich sage meiner Schwester immer, dass es wichtig für ein gesundes Immunsystem ist auch mal krank zu sein. Wir waren früher ständig krank und haben trotzdem weiter gespielt, aber sie hat so viel Angst um ihren kleinen Torben, dass sie ihn bei der kleinsten Erkältung sofort zu hause einsperrt.”, tratschte die junge Frau los.
Der Mann in Braun nickte fleißig hörte ihr aber schon lange nicht mehr zu.
Er zog sein kleines Notizbuch aus der Tasche und schrieb in der verschlungenen Handschrift, die nur er lesen konnte:

Tag 5: Keine Kinder

Am nächsten Tag stand ein kleiner Artikel über eine besonders aggressive Magen-Darm-Grippe , die in den Schulen der Stadt ihre Runden machte, in der lokalen Tageszeitung. Am Ende des Artikels merkte der Verfasser Humorvoll an, dass die Eltern ihren Kindern doch bitte ausreichend Spucktüten mit in die Schule geben sollen, das sonst die armen Reinigungskräfte überlastet wären. Der Mann grinste, ihnen würde das Lachen schon bald vergehen.
Für ihn war der Artikel jedoch ein Zeichen auf das er sehnsüchtig gewartet hatte.
Es war Zeit seinen Unterschlupf in der kleinen Pension aufzugeben und sich an einen spannenderen Ort zu begeben, es war Zeit an die Frontlinie zu gehen.
Der Mann ging zurück auf sein Zimmer und zog zwei kleine Ampullen aus seinem kleinen Kühlschrank. Die eine war in seiner eigenen, verschlungenen Handschrift beschriftet und es war die letzte Ampulle dieser Art.
Der Mann hatte lange an dem Inhalt der Ampulle gearbeitet, eigentlich die komplette Zeit, seit er den Inhalt der kleinen Sportflasche vor ein paar Jahren in einem winzigen Dorf in Angola gefunden hatte. Schon bald würde der Inhalt der Ampulle Millionen, wenn nicht sogar Milliarden wert sein, doch der Mann interessierte sich nicht für Geld. Er nahm eine durchsichtige Spritze aus ihrer Sterilen Verpackung und injizierte sich die klare Flüssigkeit in eine Vene in seiner Ellenbeuge.
Das war der einfach Teil gewesen. Die andere Ampulle hatte der Mann nicht selber hergestellt. Den Inhalt dieser Ampulle konnte man bei jeder Apotheke, Krankenhausstation oder Zahnarztpraxis bekommen, aber die Anwendung des Medikaments war nicht gerade einfach. Der Mann studierte eine Zeit lang eine Zeichnung, die er in seinem kleinen Notizbuch gemacht hatte, dann tastete er nach dem beschriebenen Punkt an seiner Schulter.
Er fand ihn und injizierte so viel der brennenden Flüssigkeit wie möglich unter die Haut, dann wartete er.
Nach ein paar Minuten breitet sich ein kribbelndes Gefühl über seinen gesamten Arm aus, dann verschwand das Gefühl wieder. Der Mann versuchte seinen Arm zu bewegen, doch das Körperteil hing gelähmt von seiner Schulter und gehorchte nicht mehr auf seine Befehle.
,,Gut.”, dachte der Mann. Er hatte Alles richtig gemacht.
Der Mann legte seinen tauben Arm auf ein kleines Tischchen, das er zuvor direkt hinter die Türe zu seinem Badezimmer, dann nahm er die weiße Türklinke in die andere Hand und knallte mit aller Kraft die er aufbringen konnte die Türe zu.
Das Geräusch mit dem die beiden langen Knochen in Unterarm des Mannes brachen, war lauter als er gedacht hätte und er hatte auch nicht bedacht, dass die scharfe Kante der Türe einen Langen Streifen Haut an der Seite seines Armes abreißen würde, aber der Mann spürte keinen Schmerz und als er sah wie sein Arm beim aufstehen locker in dem neuen Gelenk baumelte, war er mit seiner Arbeit durchaus zufrieden.
Er Schlüpfte in den einen Ärmel seines Jacketts, den anderen lies er locker über seine Schulter hängen, dann nahm er seine Tasche und ging in den ersten Stock der Pension um seiner entsetzten Vermieterin ruhig zu erklären, dass sie ihn in das örtliche Krankenhaus fahren solle.

Teil III
Der Mann war mit dem Ergebnis der Operation durchaus zufrieden. Die Chirurgen hatten gute Arbeit geleistet und nicht nur seine beiden Unterarmknochen mit langen Titanschrauben wieder in ihre ursprüngliche Form geflickt,sondern auch die lange Wunde an seinem Unterarm professionell verbunden.
Noch zufriedener war der Mann jedoch mit seiner Unterbringung in dem provinziellen Krankenhaus. Er hatte am Tag nach seiner Ankunft eine kleine Flasche mit Abführmittel aus seiner Tasche getrunken, und als die Stationsschwestern bemerkt hatte, dass er sich überdurchschnittlich lange und häufig auf der Toilette des Zimmers aufhielt, hatte man ihn sofort auf die neu eingerichtete Isolationsstation verlegt.
Die Schöpfung des Mannes in braun hatte das kleine Krankenhaus wie ein Tsunami überrollt und die Isolationsstation war auf dem besten Weg aus allen nähen zu platzen, so das der Mann sich sein Zimmer mit fünf anderen Patienten teilen musste.
Die Betten standen so nah beieinander, dass der Mann aufpassen musste, nicht aus Versehen mit den Körperflüssigkeiten seiner Zimmernachbarn in Kontakt zu kommen, aber das nahm er gerne in Kauf.
Er war sich ziemlich sicher, dass ihn sein selbst hergestellter Impfstoff vor den Viren, die seine Mitpatienten plagten schützen würde, und die Enge gab ihm die Gelegenheit die Auswirkungen der Krankheit in allen Details zu beobachten und sich eifrig Notizen zu machen.
Es erstaunte ihn ein wenig, dass die Ärzte im Krankenhaus die Krankheit noch nicht erkannt hatten, immerhin war sie doch in ihrem Land, dass erste mal entdeckt worden, keine 500 Kilometer entfernt von der Stadt.
Marburg. Der Mann mochte das Wort. Er hatte sich zuerst überlegt sein Experiment dort zu starten, fand dann aber, dass er es damit den Ärzten doch zu leicht machen würde.
Außerdem gab es zu wenig Touristen in Marburg.
Die Krankheit begann tatsächlich wie eine gewöhnliche Magen-Darm-Grippe. Den Patienten war schlecht, sie hatten Durchfälle und sie fühlten sich abgeschlagen. In diesem Stadium war die Krankheit relativ harmlos und nur für sehr alte, oder sehr junge Patienten gefährlich. In der Tat hatte es aufgrund der Hitze bereits in diesem Stadium erste Todesopfer gegeben, aber alles in allem viel es nicht weiter auf.
Erst nach fünf bis sieben Tagen zeigte die Krankheit ihr wahres Gesicht. Zuerst bekamen die Infizierten sehr hohes Fieber, woraufhin ihr Körper anfing Stoffe auszuschütten, die ihm normalerweise dabei helfen sollten die Folgen der Krankheit zu bekämpfen, die aber in diesem Fall alles nur noch schlimmer machten, weil sie dazu führten, dass die Gefäße der Patienten undicht wurden.
Die Betroffenen fingen plötzlich an aus jeder Körperöffnung zu bluten und es war dieser Blutverlust in Verbindung mit dem Fieber, dass den Großteil der Infizierten letztlich tötete.
Am Anfang hatten die Ärzte in dem Krankenhaus,die Patienten in diesem Stadium schnell auf die Intensivstation verlegt, wo man mit Blutkonserven und versucht hatte den Kreislauf irgendwie aufrecht zu erhalten, aber der Kampf war aussichtslos gewesen und schon bald gab es einfach zu viele Kranke um sie alle zu behandeln.Mittlerweile war allen klar, wer anfing zu bluten starb, daran konnte man nichts ändern und man versuchte sich auf jene Patienten zu konzentrieren die vielleicht noch eine Chance hatten.
Die Bettnachbarn des Mannes in braun hatten bereits die blutunterlaufenen Augen der lebenden Toten und der Mann hatte seit Tagen keine Arzt mehr gesehen.
In dem entstandenen Chaos war es den wenigen Pflegekräften, die selbst noch nicht infiziert waren bisher nicht aufgefallen, dass der Mann in Braun seit dem Tag an dem er auf die Isolierstation gekommen war keinerlei Symptome der Krankheit mehr zeigte und wann immer ihm eine der verhüllten Schwestern sein Essen brachte, versuchte er so gut wie möglich seine sterbenden Zimmernachbarn zu imitieren.
Anfangs hatte er zusätzlich den Verband an seinem Unterarm geöffnet und sich etwas frisches Blut auf seine Kleidung geschmiert, aber das hatte er mittlerweile aufgegeben. Er hatte nur noch wenige sauberere Hemden und es viel sowieso niemandem auf.
Neben dem Mann hustete jemand und er wusste, dass eine Wolke des tödlichen Virus für bis zu zwanzig Minuten über dem armen Kerl schweben würde. Es war ihm egal, wenn er bis jetzt noch keine Symptome hatte, war er relativ sicher.
Das Husten wurde immer stärker und der Mann wurde neugierig. Er stemmte sich aus dem Krankenhausbett und trat neben den provisorischen Vorhang, der die Patienten von einander trennen sollte.
Hellrote Tupfer bedeckten das Krankenhaushemd des jungen Patienten neben ihm und mit jedem krampfartigen Hustenanfall wurden es mehr davon. Neugierig wartete der Mann darauf was passieren würde und er wurde belohnt. Das Husten ging in ein leises Gurgeln über und der Junge riss die blutunterlaufenen Augen weit auf, während sich hellrote Blasen vor seinem Mund bildeten. In seinem Kampf irgendwie Luft in die blutgefüllten Lungen zu bekommen krallte er sich an dem verdreckten Lacken des Bettes fest und versuchte sich aufzurichten, doch er war bereits zu schwach. Mit einem letzten Schwall schaumigen Rotes aus seinem Mund starb der Junge und der Mann war zufrieden.
Endlich hatte er alle Daten, die er brauchte. Er ging zu seiner Tasche und zog ein kleines Glasgefäß daraus hervor. Vorsichtig streifte er damit etwas Blut von den blauen Lippen des toten Jungen und verschloss es gründlich. Danach desinfizierte er seine Hände, packte seine Sachen und verließ das Zimmer. In sein Notizbuch schrieb er:

Letalität 80%, Experiment erfolgreich, bereit für Phase B.

 

Anmerkung des Verfassers:
Ist bisher nur ein grober Entwurf, wird sich wahrscheinlich innerhalb der nächsten Tage noch ändern. Würde nur gerne wissen in welche Richtung ich es umschreiben soll.

 

So war mittlerweile schon mehr als eine Woche vergangen und niemand in der Stadt vermutete, dass der Mann irgendetwas anderes sein könnte als ein normaler Tourist, manchmal zwar etwas seltsam, aber wenn man die Bewohner der kleinen Stadt fragen würde, so waren alle Touristen irgendwie etwas seltsam und der Mann sprach immerhin fließendes Deutsch, was ihn deutlich weniger seltsam machte als die Scharen von Russen und Arabern, die jedes Jahr zum Einkaufen in die Modeboutiquen und Schmuckmanufakturen der kleinen Stadt strömten.

Schon ein sehr langer Satz. Könnte man drei Sätze draus machen.

Auch heute sah der Mann mehrere Reisegruppen stereotypischer Touristen aus den neu auferstandenen Wirtschaftseliten des Ehemaligen Ostblock und der arabischen Ölstaaten.

ehemaligen (klein), auch ein paar Zeilen später "gesamten" bei gesamten Platz

manchmal fehlt eine Leertaste Abstand zwischen zwei Wörtern

In dem Fach lag, von blauen Plasikklötzen umgeben eine kleine Plastikflasche ohne Etikett.

In dem Fach lag, von blauen Plasikklötzen umgeben, eine kleine Plastikflasche ohne Etikett.

Als der Mann die Plastikflasche gekauft hatte, war irgend ein blaues, giftig aussehendes Sportgetränk darin gewesen, aber der Mann hatte die Flasche gründlich gespült und von der blauen Brühe war keine Spur mehr zu sehen.

, und der Mann hatte die Flasche gründlich gespült. Ich habe auch Schwierigkeiten mit Komma vor dem und oder nicht. Wenn es keine Aufzählung ist, sondern sozusagen ein neuer Hauptsatz muss ein Komma vor das und (soweit ich weiß) ... ist mir noch ein paar Mal aufgefallen, musst du mal schauen

Satt dessen befand sich nun eine kleine Menge einer klaren Lösung in der Flasche, die der Mann nun vorsichtig gegen das Sonnenlicht hielt und nachdenklich betrachtete.

Statt

Es gibt noch ein paar solcher Schreibfehler. Nun zum inhaltlichen: ich finde du könntest mehr aus der Sicht des Mannes im braunen Anzug schreiben. So kommen bei mir keine Emotionen rüber, da du alles recht neutral schreibst. Man erfährt gar nicht was für einen Charakter der Mann hat und welche Motive ihn zu der schrecklichen Tat bewegen. Am Ende als der Junge stirbt, ist es auch so, dass du es einfach beschreibst als sei es das Normalste von der Welt. Das mit dem Notizbuch finde ich keine schlechte Idee. Und dein Schreibstil ist meiner Meinung nach gar nicht schlecht. Der erste Abschnitt kam mir lang vor. Also mit mehr Pepp schreiben und den Mann im braunen Anzug lebendiger gestalten. Das ist meine Meinung.

viele Grüße

chico

 

Hallo Carabas,

zu den langen Sätzen kann ich mich chico nur anschließen, v.a. im ersten Teil hat es doch einige davon, die das Lesen erschweren (habe dasselbe Problem).
Zum Inhalt: Bei der Beschreibung des Marburgfiebers legst du sehr viel Wert auf Details, und der Mann im braunen Anzug scheint seine Tat sehr penibel geplant zu haben. Erscheint es dann wirklich logisch, dass ihm so ein dilettantischer Fehler unterläuft und er die Tatmittel einfach so am Tatort zurücklässt (Plastikflasche und Handschuhe werden einfach im Müll am Springbrunnen entsorgt)? Außerdem hält er sich noch häufiger danach am Tatort auf, spricht sogar mit der Kellnerin über die Tat. Noch leichter kann man es den Ermittlungsbehörden ja fast nicht mehr machen.
Warum bricht sich der Mann im braunen Anzug extra den Arm, um ins Krankenhaus zu kommen? Hätte er als scheinbar erfahrener Mediziner nicht mildere und subtilere Mittel auf Lager, um einen Krankheitsfall zu simulieren und somit einen Krankenhausaufenthalt zu erreichen?
Insgesamt war es am Ende etwas unbefriedigend, mit einem Verweis auf Phase B zurückgelassen zu werden, wenn man noch nicht mal Recht das Ziel von Phase A erfasst hat. Ein Ziel scheint der Mann schließlich zu verfolgen, auch wenn es nicht der Profit durch den Impfstoff zu sein scheint.
Bezüglich des Charakters des Mannes und der recht neutralen und lakonischen Weise, wie die Geschichte erzählt wird, kann ich mich meinem Vorredner nicht anschließen. Prinzipiell finde ich diesen Stil hier recht ansprechend, da er so sehr im Gegensatz zu der schlimmen Tat steht und deshalb wohl bewusst zu Irritationen beim Leser führt. Ist wohl aber Geschmacksache.

Freue mich auf die endgültige Fassung.

Viele Grüße

wassergeist

 

Anmerkung des Verfassers:
Ist bisher nur ein grober Entwurf, wird sich wahrscheinlich innerhalb der nächsten Tage noch ändern. Würde nur gerne wissen in welche Richtung ich es umschreiben soll.
Das ist hier nicht üblich und auch nicht ratsam. Wir verstehen uns zwar als Schreibwerkstatt, setzen den Lesern aber nichts Halbgares vor. Damit verjagst du nur deine potentielle Leserschaft, denn wer will sich schon mit einer Skizze auseinandersetzen? Bitte künftig gleich die "richtige" Fassung einstellen. Verändert werden kann dann immer noch.

Grüßlichs
Weltenläufer

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom