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Der Eremit

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11.10.2001
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Der Eremit

Der Eremit


Es war fröhlicher, gutgemeinter Spott, wenn sie ihn das "Gautier" nannten. Abends beim Sonnenuntergang in seiner Stammschänke. Hier saß er gern mit Freunden bei einem Schoppen "Oberbergener Bassgeige". Natürlich nahm er den Spitznamen so, wie er gemeint war.
Vor vielen Jahren hatte er ihn erhalten. Er war noch sehr jung damals und einige seiner Jugendfreunde zählten heute noch zum vertrauten Kreis in der Theaterschänke. Damals, als er in einem Berufswettkampf den sogenannten "Gausieger" machte. Seither hatte man ihm den Namen Gautier verpasst und er hat ihn zeitlebens behalten.
Später war Walter Bredow Schriftsteller geworden. Und unter diesem richtigen Namen kannten ihn seine Leser, vom "Gautier" hatten sie keine Ahnung. Das war halt etwas Vertrauliches und steckte bestenfalls den engeren Kreis seiner Freunde ab.
Er war weit in der Welt herumgekommen und nutzte seine erworbenen Kenntnisse und seine wachen Sinne immer wieder für einen neuen Stoff und neue Ideen. Und in all den Jahren war Walter ein Einzelgänger geblieben, wenn man es darauf bezog, dass er nicht verheiratet war. Trotzdem konnte er schon ein recht geselliger Typ sein. Auf seinen kleinen, aber um so festeren Freundeskreis mochte er auf gar keinen Fall verzichten. Immer wenn er von seinen Reisen zurück war, kam er regelmäßig mit ihnen zusammen. Und die Theaterschänke, die nicht weit von seinem Haus entfernt lag, war ein beliebter Treffpunkt für alle.
Heute war er nach einigen Wochen erstmals wieder dort eingekehrt. Sie hatten es sich im Nebenzimmer bequem gemacht und Walter ließ sich nicht lange nötigen, aus den Bergen Südtirols zu erzählen. Dorthin hatte er sich vor einigen Wochen zurückgezogen, um endlich etwas intensiver an seinem neuen Roman zu arbeiten. Die Einsamkeit der Berge hatte er ebenso gern wie das Meer an der Küste oder auf einer Insel. Und doch inspirierten ihn diesmal die Wälder auf eine besondere Weise. Heute Abend wollte er nicht an sein Buch denken, sondern den Freunden etwas von alpinen Erlebnissen erzählen.
Er nahm einen Schluck Wein und schien einen Moment nachzudenken. "Ich habe einen echten Eremiten kennengelernt", begann er seinen Bericht, "aber glaubt nicht, dass mir der so einfach über den Weg gelaufen ist." Und dann begann er von vorn zu erzählen.
"Ich wohnte wie immer, wenn ich dort war, im "Penser Hof", oben in den Bergen. Ich hatte mal wieder, weil ich so gut drauf war, bis in die Nacht geschrieben. Am nächsten Morgen schien mir die Sonne voll ins Gesicht. Dadurch erwachte ich und im gleichen Augenblick klopfte der Wirt."
"Walter, steh auf, es ist viel zu schön draußen, um hier noch länger im Bett zu liegen!"
"Hermann, mein Gastwirt, hatte ja Recht und er meinte es wie immer gut mit mir."
Das Frühstück stand schon bereit, als er in die Gaststube kam.
"Du, wolltest doch in den Berg", sagte Hermann, "oder irre ich mich da?"
"Nein, nein, du hast völlig Recht und danke, dass du mich aus den Federn geholt hast!"
Und dann schilderte Walter, wie er nach dem Frühstück sein Vesperbrot einsteckte und den Wanderrucksack nahm, um auf das Joch zu gehen. Das war eine seiner starken Neigungen. Durch die Wiesen des Sarntales zu gehen oder auf die umliegenden Berge zu wandern. Da konnte es vorkommen, dass er angesichts der kleinen, blonden Haflingerpferde auf einer Wiese einhielt und sich in ihrer unmittelbaren Nähe einfach mal ein Stündchen ins Gras legte. Oder dass er einen Ziegenhirten traf, der sein ihm anvertrautes Vieh nicht hindern konnte, an Walters Hose und Joppe zu zupfen, neugierig wie sie nun mal waren, die kleinen Meckerbärte. Und er nahm dann bisweilen Gelegenheit, in einer solchen kleinen Ziegenherde ein Stück des Weges mitzulaufen.
Egal, mit wem es Walter hier zu tun bekam, es waren liebenswerte Menschen. Ihre blauen Schürzen deuteten auf eine gewisse Landestreue hin. Und als er durch die Wiesen am Bach entlang, dem Berg entgegenging, fiel ihm ein Spruch ein, den der Hermann ihm auf ein Wandbrett über den Schreibtisch seines Zimmers gestellt hatte:
.....Fünfuhrtees, Ballabende, Wahl von Schönheitsköniginnen, Boxkämpfe und Opernabende kennt der Sarntaler Sommer nicht. Wem es aber gefällt, stundenlang im Gras zu liegen und in den blauen Himmel zu träumen, der wird mit Dankbarkeit immer wieder an die Stille und Einsamkeit eines Sarntaler Sommers denken.
"Ja", sagte Walter versonnen, "genau das ist es, was mir dort so gefällt und was mir so viele schöne Einfälle beschert!"
Er erzählte seinen Freunden weiter von diesem besonderen Tag, an dem er zum Durnholzer Jöchel aufsteigen wollte. Er musste gemächlich gehen, die Sonne meinte es schon am Morgen gut. Zeitweise ging es steil bergauf. Als er ein Alpenrosenfeld hinter sich gelassen hatte, verschnaufte er am neben dem Weg fließenden Bach. Durch den vor ihm liegenden Latschengürtel meinte er ein Dach aus Zweigen und Schindeln zu erkennen. Aber man musste schon genau hinsehen, so versteckt lag es auf einer Lichtung zwischen den hohen Bäumen.
Walter ging weiter auf dieses Dach zu, und richtig, es war eine kleine Hütte, die ganz allein und einsam hier im Berg stand. Solide aus Holz errichtet. Wohl eine Schutzhütte, allerdings nicht nur ein Unterstand gegen die Unbilden des Wetters. Nein, es war durchaus ein Platz, an dem man rasten oder auch nächtigen konnte. Vor der Hütte sah er eine Art Wasserstelle an der mit einfachen Holzbrettern das Wasser aus dem Bach abgeleitet wurde. Es fing sich in einem ausgehöhlten, größeren Stein und floss auf der anderen Seite weiter. Das klare Nass schmeckte hervorragend. Neben dem Trog lag in der Mulde eines Baumstammes ein Stück Seife und ein alter gammeliger Schwamm.
Die Hütte, so meinte Walter, müsste also bewohnt sein. Er ging näher zu ihr hin, rief einige Male "Hallooo", doch es meldete sich niemand.
Walter betrat schließlich die Hütte und sah sich um. Tatsächlich lebte ganz offensichtlich hier ein Mensch. Es waren einige Vorräte dort, Eier, Speck und auch ein Laib Brot. Ein einfaches Strohlager, auf dem zwei Wolldecken und eine Art Zeltplane lagen, zeigte die Schlafstelle an. Eine steinerne Feuerstelle war auch vorhanden. Aber niemand war in der Hütte.
Walter beschloss, hier zunächst ein wenig zu bleiben, um vielleicht den Einsiedler, der vermutlich Beeren suchte, doch noch zu treffen. Er setzte sich auf eine Holzbank vor die niedrige Tür der Hütte in die Sonne.
Während er ein wenig träumte, fielen ihm beim Summen einiger Hummeln, die in einem hohlen Stamm verschwanden und wieder auftauchten, einige Zeilen von Theodor Storm ein. Sie waren zwar für die Heide geschrieben, doch sie passten gleichermaßen hier zur sonnenbeschienenen Hütte. Es waren die Zeilen vom Kätner, der zur Tür hinauslehnte um nach den Bienen zu blinzeln. Behaglich, wie Storm meinte. Und so fühlte sich Walter hier oben im Berg.
Und während Walter in seiner unnachahmlichen Art mit der ihm eigenen, beruhigenden Bassstimme seinen Freunden diese Situation vor Augen führte, ergänzte einer der Anwesenden aus der Runde: "Sein Junge auf dem Stein davor, schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr."
Lächelnd hob der Erzähler dem Freund sein Glas entgegen, um dann nach einem Schluck Wein, ohne weitere Pause, in der Erzählung fortzufahren.
"Ich habe wohl eine ganze Stunde dort gesessen, doch der Eremit kam nicht zurück. Dennoch, ich wusste, dass er hier wohnte, die Seife, die ich vorher an der Wasserstelle sah, war noch feucht. Trotz meiner Neugierde brach ich schließlich auf. Ich wollte immerhin zum Jöchl hinauf und vielleicht, wenn das Wetter hielt, auf der anderen Seite des Berges zum Durnholzer See wieder hinunter. Und das tat ich nun an diesem Tag auch.
In Durnholz kannte ich seit einigen Jahren den Wirt vom "Hirschen" ganz gut. Der brachte mich mit dem Auto später über Astfeld wieder nach Pens zurück. Obschon ich diesen Weg schon einmal an einem Tag in beiden Richtungen gegangen war, fand ich es heute zu spät für die Rückwanderung über das Joch. Ich hatte wohl doch etwas zu lange geschlafen und außerdem einiges an Zeit bei der Hütte verloren.
Mein Wissensdrang war nicht zu bändigen. Wenige Tage später ging ich wieder zur Hütte hinauf. Wieder war niemand zu sehen. Die Vorräte waren vorhanden, einiges sogar hinzugekommen. Es wohnte jemand hier, das war sicher. Ich kehrte nach einiger Zeit um, da ich den Eindruck hatte, dass der Eremit, wenn es ihn denn geben sollte, in der Nähe war. Vielleicht hatte er mich den Berg heraufkommen sehen und sich aus irgendeinem Grunde verdrückt. Und dieser Gedanke brachte mich dazu, die Sache einmal umzudrehen.
Ich verließ nach kurzer Zeit den Weg des Abstieges und schlug mich seitwärts in den dichteren Wald. Langsam und mit einiger Mühe versuchte ich, gewissermaßen mit ständiger Deckung, wieder näher an die Lichtung mit der Hütte zu gelangen. Schließlich blieb ich, in einem genügenden Abstand, hinter einem kleinen Felsen sitzen. Ich konnte die Hütte und ihre Umgebung von hier aus gut beobachten.
Nach einer halben Stunde tat sich etwas in der Nähe der Wasserstelle. Aus einem dichten Busch von Alpenrosen tauchte, vorsichtig um sich blickend, ein Mann auf. Er verschwand sofort in der Hütte. Ich erkannte einen bärtigen alten Menschen, mit einem großen Schlapphut, der in der Hand einen dicken Bergstock hielt.
Das also war wohl der Eremit. Nun konnte ich meine Neugierde nicht mehr bändigen. Ich ging im Bogen um die Hütte herum und setzte mich einfach an die Wasserstelle auf einen Stein. Sicher würde er mich bald entdecken. Dickfellig wartete ich nun einfach ab, was passieren werde. Wegen seiner Vorsicht wollte ich ihn durch einfaches Eintreten in die Hütte nicht erschrecken. Meine Überlegung ging auf.
Er trat nach einiger Zeit aus der Hütte und sah misstrauisch zu mir herüber. Ich winkte ihm einen Gruß zu, den er recht zaghaft, ebenfalls mit der Hand winkend, erwiderte. Dabei hörte ich ein verhaltenes "Grüß Dich!"
Ich erhob mich und ging auf ihn zu. Er hatte sich auf die Bank neben der Tür gesetzt und deutete mit der Hand neben sich: "Setz Dich!" Jetzt sah ich, dass er bei weitem nicht so alt war, wie ich vom Felsen her angenommen hatte. Er mochte etwa vierzig sein, doch sein unerhörtes Gestrüpp von einem Vollbart machte ihn um Jahre älter. Wir saßen schweigend nebeneinander. Er hatte inzwischen seinen Schlapphut neben sich gelegt, sodaß ich ihn jetzt noch besser beurteilen konnte.
"Ich kann Euch nur sagen, dass es ein ganz eigenartiges Gefühl für mich war, gewissermaßen neben einer ‚Ungewissheit’ zu sitzen," sagte Walter seinen Zuhörern, bevor er wieder einen Schluck Wein zu sich nahm.
"Was war das denn nun für ein Waldläufer?" Die Freunde wurden ungeduldig.
Waldläufer, meinte Walter, konnte man ihn eigentlich nicht nennen. Die Bezeichnung Einsiedler passe besser auf ihn. Denn im Laufe des sich an der Hütte zaghaft anbahnenden Gesprächs kamen sich die beiden etwas näher. Walter erfuhr, dass der Eremit ihn vor einigen Tagen und auch heute kommen sah. Er sagte ihm frei heraus, dass er sich "verdrückt" habe, weil er mit Menschen nur wenig zu tun haben möchte.
Walter spürte, dass es sich hier nicht um einen arglosen Einzelgänger handelte, sondern dass ein Geheimnis hinter allem steckte. Er versuchte deshalb, sein Vertrauen zu gewinnen in dem er selbst von sich erzählte. Dass er Bücher schreibe und sich hier nach Südtirol einige Tage zurückgezogen habe, um seine Ideen zu finden. Er berichtete aus seiner Heimatstadt und er fand mehr und mehr einen interessierten Zuhörer. Schließlich erfuhr aber auch Walter von seinem Gegenüber etwas von dessen Geschichte.
Seit sechs Monaten hauste der Eremit hier im Berg. Er ging nur selten und nur um sich mit etwas Nahrung zu versorgen, in das Dorf hinunter. Dort unterhielt er sich grundsätzlich nicht mit dem Krämer sondern sagte was er wünsche und gab auf neugierige Fragen keine Antwort. Sicher, so meinte er, wird man ihn für unhöflich halten oder auch für "spinnert", doch das mache ihm nichts aus.
Obwohl der Einsiedler erheblich menschenscheu zu sein schien, hatte er zu Walter in kurzer Zeit ein gewisses Vertrauen gefunden. Das sagte er auch ganz offen und er bat Walter um Verständnis, dass er ihm weder seinen noch andere mit seiner Geschichte zusammenhängende Namen nennen würde. "Nenn mich einfach Jost," meinte er lächelnd, "immerhin bist du ein Romancier und wer weiß schon, wie weit du einmal meine Affären verarbeiten könntest." Und damit schien er gar nicht so sehr auf dem falschen Wege zu sein, dachte Walter insgeheim. Doch er wäre sicher nicht so taktlos, ein vertrauensvoll empfangenes Wissen in einer offenen Weise zu verarbeiten.
Walter erfuhr nun, dass er an diesem Morgen jemandem gegenübersaß, der wahrhaftig nichts mit dem gemein hatte, was seinem äußeren Habitus entsprach. Auch wenn er Walter vom ersten Augenblick an einfach mit "du" angeredet hatte, war doch seiner Artikulation anzumerken, dass er einmal völlig andere Tage gesehen haben musste.
Der Bärtige schilderte seine Situation, beschrieb seine augenblickliche Vereinsamung und den Weg, wie es dazu gekommen war.
Jost war bis vor einem Jahr ein sehr bekannter Anwalt in Innsbruck. Er war Doktor der Rechtswissenschaften und hatte eine bedeutende Kanzlei an der Maria-Theresien-Straße. Er vertrat unter anderem wichtige Unternehmen aus Oesterreich und Norditalien.
Mit dem Plan einer gewissen Marktbeherrschung hatten internationale Firmen gegen kartellrechtliche Bestimmungen mehrerer Länder verstoßen und hierzu hatte Jost, obwohl er davon Kenntnis erhielt, geschwiegen. Das war zwar nicht ganz korrekt, doch hatte er sich daran in keiner Weise bereichern können. Er wollte einfach einigen Menschen nicht zu nahe treten, was er dann aber später bitter bereuen musste.
Als die ganze Affäre aufflog, kam Jost als Anwalt zweier Firmen aus diesem Kreis in die Mühlen der Justiz. Es erging ihm schlimm, weil nicht nur das Gericht gegen ihn stand, sondern auch die entsprechenden Firmen einen Prügelknaben brauchten. Hinzu kam der Neid einiger Kollegen, die mittels Anwaltsverein ein Ehrengericht beriefen und ihn aus der Juristerei ausschlossen.
Jost hatte in wenigen Monaten sein gesamtes Vermögen und seinen Grundbesitz verloren und wurde von den Medien mit Schimpf und Schande verfolgt. Zu allem Überfluss verließ ihn seine Frau und so stand er, der keine Kinder hatte, allein in einer ihn anfeindenden Welt. Freunde hatten sich zurückgezogen, sodaß er sah, was er von diesen Freunden zu halten hatte.
"Vor einem halben Jahr etwa, bin ich hier in die Berge gegangen. Ich bin geflohen und ich bin immer einsamer und verschlossener geworden. Nur hier, ganz allein, halte ich es langsam wieder aus, aber ich kann mir nicht mehr vorstellen, noch einmal wirklich unter Menschen zu sein."
Sie saßen eine lange Weile schweigsam nebeneinander. Walter war erschüttert, dass ein Mensch voll Wissen und Intelligenz eine solche Kehrtwendung machte. Er hatte so etwas noch nie erlebt oder gesehen. Aber er sah diesen Mann, hörte seine Geschichte und konnte sie kaum glauben.
In der Gaststube der Theaterschänke war es ganz still. Die Freunde hatten mit Spannung auf das gehört, was Walter Bredow da schilderte.
"Das also war dein Eremit? Es ist kaum zu glauben!"
"Ja", meinte der Erzähler, "das war mein Eremit, der einsam in der Klause im Berg hauste und offensichtlich nur noch dort in der stillen Natur seinen Seelenfrieden wieder zu finden hoffte."
"Und wie ging nun deine Begegnung zu Ende?" Die Freunde waren natürlich neugierig.
"Ein bisschen traurig ging sie zu Ende. Jedenfalls habe ich es so empfunden," sagte Walter.
Und dann schilderte er, den Schluss der Episode. Dass er sich noch lange mit Jost unterhalten hat und als längst die Mittagsglocke der Penser Pfarrkirche verklungen war, haben sich die beiden voneinander verabschiedet.
Nach einer Nacht mit wenig Schlaf hatte sich Walter entschlossen, doch etwas Gutes zu tun. Der Einsiedler hatte es abgelehnt, von Walter eine kleine finanzielle Unterstützung entgegenzunehmen. Aber im Laufe der Gespräche war erkennbar geworden, dass Jost sich auf die Dauer nach einem Tier sehnte.
Ein Nachbar des Penser Wirtes hatte einige Welpen, von denen sich Walter einen Rüden aussuchen durfte. Er kaufte ihn und ging noch einmal hinauf zum Bärtigen. Der stand diesmal an der Wasserstelle und war, weil er den Aufsteigenden erkannte, nicht weggegangen. Walter nahm seinen Rucksack ab, holte den Hund heraus, der sofort, schwanzwedelnd auf den Einsiedler zulief.
"Den behältst du," sagte er mit festen Worten, "und keine Widerrede!"
Der Bärtige hatte Tränen in den Augen. Er konnte nicht sprechen, nur ein ganz leises "Danke" kam heraus.
Walter sagte noch einmal "Ade", drehte sich um und ging. Er hörte dann plötzlich hinter sich einen Ruf:
"Wie heißt er denn? Wie soll ich ihn rufen?"
Der Wanderer blieb stehen, lachte ihm noch einmal von weitem zu und rief :
"Walter natürlich!"

 

Hallo Max,

ist natürlich auch nicht schlecht, einen Hund nach seinem "Lieferanten" zu benennen...
...ansonsten: die Idee ist wirklich nichts Neues.
Im Gegenteil, sie kam mir etwas zu bekannt vor; zum einen erinnerte sie mich um zwölf Ecken an den Film Die Glücksritter, zum anderen meine ich, so etwas fast Identisches mal gelesen zu haben - wie gesagt, nur so ein Gedanke! :rolleyes:
Tja, dass sich der "Eremit" als ein bisweilen ehrenvoller Bürger der Gesellschaft entpuppt, war, wie bereits angedeutet, in der Tat nicht überraschend. Lieber hätte ich gelesen, wenn sich wirklich etwas Außergewöhnliches hinter seiner Geschichte verborgen hätte.


Gruß, Hendek

 

Hallo Max Brink,

deine Geschichte "Der Eremit" ist in einem soliden realistischen Erzählstil geschrieben, mit Rahmenhandlung, zäsierenden Unterbrechungen des Erzählflusses, mit ausführlicher Detailschilderung über den Schauplatz. Dadurch bekommt die Geschichte einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit und weist sich daher auch als echt aus. Und der dargestellte Konflikt ist auch schlimm genug, um das Empören redlich gesinnter Menschen zu verursachen.

Freilich ist diese Art zu erzählen heute nicht mehr modern. Heute muss alles kurz sein, kurz und unwahrscheinlich, mit auffallenden Pointen versehen, so wie Video-Clips. Ich darf dir gestehen, dass mir ganz persönlich deine Art zu erzählen gut gefällt. Aber ich bin mir sicher, dass dieses Urteil von vielen nicht geteilt wird. Du dürftest auch Probleme haben, eine solche Geschichte bei einem Verlag anzubringen, obwohl sie, nach meinem Dafürhalten, gut erzählt ist.

Aber eine andere Sache ist das persönliche Empfinden beim Schreiben. Und da kann es durchaus sein, dass du beim Niederschreiben dieses Textes ein inneres Wohlbehagen empfunden hast. Und es kann durchaus sein, dass du beim Wiederlesen des Textes dasselbe Wohlbehagen empfinden wirst. Und vielleicht kann man beim Rezitieren eben dieses Gefühl auch auf die Zuhörer übertragen. Und das, so meine ich, könnte schon Lohn und Anerkennung genug sein.

Viele Grüße

Hans Werner

 

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