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Der Komiker
Der Mann ist gut. Das hofft er selbst. Das hofft das Team. Doch wissen beide Parteien, dass der Markt nur noch Fallobst zu bieten hat und er wenigstens noch passabel aussieht, wenn auch ein wenig kindlich. Er bemüht seine Show wochentags. Von 19 bis 20 Uhr. Er arrangiert Schoten – oder solche, die es sein wollen oder längst waren – in möglichst schmerzloser und schenkelklopfender Abfolge. Die Show ist wie ein Besuch bei Verwandten, deren Vornamen man zwar kennt und von denen man immerhin weiß, dass man mit ihnen verwandt ist, Gemeinsamkeiten beschränken sich aber lediglich auf den Lieblingsbranntwein (Chantre, was sonst. Mein Lieblingsbranntwein). Äußerst flüchtiger Umgang. Van der Waalsche Kräfte. Und weg sind sie.
Niemand kann ihm vorwerfen, dass er sich nicht um den Zuschauer bemüht. Er bemüht sich sogar sehr. Schwitzt über Brüller-Pointen und knackige Formulierungen, schlägt sich die Nächte um die Ohren, um seine Mimik zu verbessern, die Gestik überzeugender darzulegen. Und am Ende sind es doch die ausgelatschten Reißer, Bananenwitze, Doppeldeutigkeiten, tausendmal dagewesen, nie wirklich gut (Neueinstiege auf Platz 78). Zum lachen zu wenig, zum grämen zu viel. Und ewig die selben drei Themen: Sex, Geschlechtsverkehr, Kopulation. Selbst diesen äußerst faden Witz bekommt er nicht zustande. Die Quoten ähneln dem Profil einer Flachetappe bei der Tour de France. Er lädt Brüste mit Frauen dran ein, zeigt seine Arschaare in Nahaufnahme (natürlich gefärbt), verlost zweiwöchige Reisen auf die Malediven – Vollpension + Taschengeld + jede Menge Spaß, das versteht sich von selbst –, bringt eine CD heraus, lässt das Publikum vom Band klatschen (Super Live-Atmosphäre), zieht sich eine Hose mit lustigen Kuhmustern an und durchforstet das Fernsehprogramm nach vorzeigbaren Kuriositäten. In den anderen Shows des Senders stellt er sein Format vor und Schülermagazine schreiben sich dankbar in seinen eher flauen Terminkalender neben regionalen Pointengalen und Kinderfernsehen (Erzähl doch mal, wie fühlst du dich als großer Fernsehstar!). Der Produzent tröstet ihn vorerst nach jedem weiteren Absturz. „Wird schon wieder, wirst schon sehen“, meint er wenig hoffnungsvoll, „Da Vinci hat die Mona Lisa auch nicht an einem Tag gemalt, und weißt du wie lange Kolumbus bis nach Amerika gebraucht hat?“ Er weiß, dass auch sein Job auf dem Spiel steht. Doch nach außer wird strahlender – eher verstrahlter – Optimismus versprüht. Man halte weiter an seinem Moderator samt Format fest, lässt der Sender via Medienaufgebot verlauten. Zwei Wochen später läuft auf seinem Sendeplatz „Die tollsten Titten im Taubertal“ und niemandem fällt es auf. Niveaumäßig. Der Mann tingelt als Zerrbild seiner selbst über die Jahrmärkte deutscher Dörfer. Als ihm jemand sagt, dass er nicht witzig sei, lacht er. Bis das Lachen erstirbt.