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Der Komiker

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30.09.2002
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Der Komiker

Der Mann ist gut. Das hofft er selbst. Das hofft das Team. Doch wissen beide Parteien, dass der Markt nur noch Fallobst zu bieten hat und er wenigstens noch passabel aussieht, wenn auch ein wenig kindlich. Er bemüht seine Show wochentags. Von 19 bis 20 Uhr. Er arrangiert Schoten – oder solche, die es sein wollen oder längst waren – in möglichst schmerzloser und schenkelklopfender Abfolge. Die Show ist wie ein Besuch bei Verwandten, deren Vornamen man zwar kennt und von denen man immerhin weiß, dass man mit ihnen verwandt ist, Gemeinsamkeiten beschränken sich aber lediglich auf den Lieblingsbranntwein (Chantre, was sonst. Mein Lieblingsbranntwein). Äußerst flüchtiger Umgang. Van der Waalsche Kräfte. Und weg sind sie.
Niemand kann ihm vorwerfen, dass er sich nicht um den Zuschauer bemüht. Er bemüht sich sogar sehr. Schwitzt über Brüller-Pointen und knackige Formulierungen, schlägt sich die Nächte um die Ohren, um seine Mimik zu verbessern, die Gestik überzeugender darzulegen. Und am Ende sind es doch die ausgelatschten Reißer, Bananenwitze, Doppeldeutigkeiten, tausendmal dagewesen, nie wirklich gut (Neueinstiege auf Platz 78). Zum lachen zu wenig, zum grämen zu viel. Und ewig die selben drei Themen: Sex, Geschlechtsverkehr, Kopulation. Selbst diesen äußerst faden Witz bekommt er nicht zustande. Die Quoten ähneln dem Profil einer Flachetappe bei der Tour de France. Er lädt Brüste mit Frauen dran ein, zeigt seine Arschaare in Nahaufnahme (natürlich gefärbt), verlost zweiwöchige Reisen auf die Malediven – Vollpension + Taschengeld + jede Menge Spaß, das versteht sich von selbst –, bringt eine CD heraus, lässt das Publikum vom Band klatschen (Super Live-Atmosphäre), zieht sich eine Hose mit lustigen Kuhmustern an und durchforstet das Fernsehprogramm nach vorzeigbaren Kuriositäten. In den anderen Shows des Senders stellt er sein Format vor und Schülermagazine schreiben sich dankbar in seinen eher flauen Terminkalender neben regionalen Pointengalen und Kinderfernsehen (Erzähl doch mal, wie fühlst du dich als großer Fernsehstar!). Der Produzent tröstet ihn vorerst nach jedem weiteren Absturz. „Wird schon wieder, wirst schon sehen“, meint er wenig hoffnungsvoll, „Da Vinci hat die Mona Lisa auch nicht an einem Tag gemalt, und weißt du wie lange Kolumbus bis nach Amerika gebraucht hat?“ Er weiß, dass auch sein Job auf dem Spiel steht. Doch nach außer wird strahlender – eher verstrahlter – Optimismus versprüht. Man halte weiter an seinem Moderator samt Format fest, lässt der Sender via Medienaufgebot verlauten. Zwei Wochen später läuft auf seinem Sendeplatz „Die tollsten Titten im Taubertal“ und niemandem fällt es auf. Niveaumäßig. Der Mann tingelt als Zerrbild seiner selbst über die Jahrmärkte deutscher Dörfer. Als ihm jemand sagt, dass er nicht witzig sei, lacht er. Bis das Lachen erstirbt.

 
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Hallo Sebastian.
Was du kritisieren willst, wird ja eigentlich sehr deutlich: Die Medien(formate) von heute in all ihrer "Herrlichkeit". Mir stellt sich nur die Frage, warum muss das so deutlich sein!? Es hätte mich als Leser vielmehr angesprochen, wenn du diese Kritik in eine andere Form gebracht hättest. Du könntest z.B von einer dieser Sendungen schreiben, den Moderator lächerlich machen, in dem du ihn von seinen Themen überzeugt darstellst. Das hätte mich persönlich mehr angesprochen. In dieser Form finde ich die Idee zwar gut, aber die Umsetzung gefällt mir aus den eben genannten Gründen nicht.
Mir sind auch noch ein paar Dinge aufgefallen, die ich an deiner Stelle noch einmal überdenken würde.

Er lädt Brüste mit Frauen dran ein, zeigt seine Arschaare in Nahaufnahme (natürlich gefärbt), verlost zweiwöchige Reisen auf die Malediven – Vollpension + Taschengeld + jede Menge Spaß, das versteht sich von selbst –, bringt eine CD heraus, lässt das Publikum vom Band klatschen (Super Live-Atmosphäre), zieht sich eine Hose mit lustigen Kuhmustern an und durchforstet das Fernsehprogramm nach vorzeigbaren Kuriositäten
Dieser Satz ist mE viel zu lang bzw. auch nicht sehr glücklich umgesetzt. Die "Pluszeichen" stören meinen Lesefluss enorm, und auch die Verschachtelung ist zu kompliziert. Vielleicht wäre die Trennung in zwei Sätzer sinnvoller.

Hier noch ein kleiner Logikfehler:

Und ewig die selben drei Themen: Sex, Geschlechtsverkehr, Kapitulation
Also Sex und Geschlechtsverkehr sind mE in diesem Falle das selbe, würde ich also eines von beiden ersetzen. Das mit der "Kapitulation" habe ich auch nicht so ganz verstanden, könntest du mir nochmal erklären.


Alles in allem halte ich fest, dass du dir sicherlich Gedanken über die "Fernsehtypen" von heute und die Medienformate gemacht hast. Allerdings schafft dein Text es in meinen Augen nicht, mich als Leser wirklich zum Nachdenken anzuregen, da ich auch viel von (wie oben genannten) Fehlern abgelenkt werde. Desweiteren würde ich das auch in eine andere Form bringen, mehr Geschichte, weniger offensichtliche Kritik (mehr feinsinniger verpackte) und dann denke ich, kann man aus der Idee schon noch einiges und vor allen Dingen mehr heraushohlen.

Viel Erfolg dabei, Gam.

 
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Hi Sebastian

Ich kann mich Gamdschie nur anschließen; die Form scheint zu verhindern, dass hier Freude aufkommt.

Für mich liegt es an der Erzählperspektive. Du schilderst in der Er-Form, bleibst aber zu distanziert, nimmst deinen Prot nicht ernst.

Ich hätte gerne etwas von der Verzweiflung gespürt, mit der er komisch sein will.

Die vorliegende Schilderung hat etwas Allgemeines; da sitzt jemand vor dem Fernseher und zieht über die armen Moderatoren her, fasst aber nur Dinge zusammen, die viele von uns schon einmal gedacht haben. Da hätte ich mir eine verfremdende Handlung gewünscht.

Die van der Waalschen Kräfte dürften die meisten spätestens drei Jahre nach dem letzten Physikunterricht vergessen haben, also würde ich diesen Begriff nur in einer Schülerzeitung verwenden.

Den Witz mit der Kapitulation habe ich auch nicht verstanden, hat vielleicht was mit der Intelligenz zu tun?

Die Quoten ähneln dem Profil einer Flachetappe bei der Tour de France. Er lädt Brüste mit Frauen dran ein,
Diese Sprachspiele finde ich platt.
Zwei Wochen später läuft auf seinem Sendeplatz „Die tollsten Titten im Taubertal“ und niemandem fällt es auf. Niveaumäßig.
Hier musste ich schmunzeln.


mfg

Stefan

 

@Alle Fragenden:

Die Sache mit der Kapitulation, also mir ist das sehr peinlich. Eigentlich sollte es "Kopulation" heißen. :-)

Manchmal möchte man eben keine ganze Geschichte schreiben, sondern dann müssen die Gedanken einfach raus. Was ich nur seltsam finde: Stuckrad-Barre hat damit Geld verdient.

Grüße
Sebastian

 

Von dem habe ich noch nichts gelesen; im Zweifelsfall kommt er gut an, weil er sich präsentieren kann, weil er Ausstrahlung hat - aber einfach nur Bruchstücke schreiben können viele, damit wird man nicht berühmt.

Obwohl, wer weiß, vielleicht findest du dein ganz spezielles Publikum, dass dich für deinen persönlichen Stil abgöttisch verehrt?

Wenn dem so sein sollte - ich wünsche dir, dass es aus möglichst vielen Teenager-Mäuschen besteht.

 

@Sebastian

Manchmal möchte man eben keine ganze Geschichte schreiben, sondern dann müssen die Gedanken einfach raus.

Also wenn du keine ganzen Geschichten schreiben möchtest, solltest du hier nicht posten, den als Leser erwarte ich auch Autor, dass ich was "ganzes" lese. Ob nun Barre das so macht, ist mir in diesem Fall eigentlich egal. Nun ich weiß nicht wie du es handhabst, aber wenn ich was poste was einfach rausmusste, dann mach ich mir als Autor trotzdem die Mühe, und überarbeite es, bevor ich poste. Das ist dem Leser, der sich die Mühe mit Kritiken macht, einfach fairer gegenüber.

 

@Gamdschie: Ich habe nie behauptet, dass ich es nicht überarbeitet habe, ich wollte jedoch nicht jede Stelle im Text glatt bügeln. Ein Text darf auch mal ungezwungen sein.

Grüße
Sebastian

 

Habe ich dir ja auch nicht vorgeworfen. Nur ist das ja eindeutig ein Fehler und hat nichts mit ungezwungen sein zu tun. Aber ist natürlich deine Sache, nur wunder dich nicht, wenn du keine Kritiken bekommst! Seinen Text individuell gestalten, ist eine Sache, kritisierte Fehler eingestehen, sie dann aber dann nicht verbessern wollen, eine ganz andere... . :rolleyes:

 

@Gamdschie: Ist es nicht schön, wie sehr die Literatur die Meinungen entzweit. Ich glaube, wir werden uns nie einig werden und das müssen wir ja auch nicht.

Grüße
Sebastian

 

Sach mal Sebastian, wär's nicht doch einfacher, "Kapitulation" in "Kopulation" zu ändern? Das würde deinen Text kein Stück weniger "ungezwungen" machen, und außerdem wäre dann ein ganz offensichtlicher Fehler weniger drin. Ich habe mich beim ersten Lesen auch gefragt, was das wohl heißen mag, in dem Zusammenhang...

Und was bedeutet "Pointengalen"? Die Mehrzahl von "Pointengala"?

Insgesamt ist deine Story leidlich nett, bietet aber keinerlei neue Erkenntnisse, und ist leider auch nicht wirklich witzig oder eloquent genug, um aus dem Thema mehr herauszuholen.
Obendrein weiß ich nicht, ob "schlechte Fernsehkomiker" so ein geeignetes Thema für eine Satire abgibt, nimmt man die doch landläufig eh nicht für voll. Und erst recht solch miese, niveaulose Exemplare, wie den, den du hier beschreibst.
Wirklich übertrieben ist deine Satire dementsprechend nicht, wenn man sich mal ansieht, was im TV so an Geschmacklosigkeiten läuft. Gegen "Jackass" sind gefärbte Arschhaare doch harmlos. Deine Satire ist eigentlich ein harmloseres Abbild der derzeitigen Realität. Nichts davon wirkt auch nur ansatzweise überzeichnet.

Wo sind die wirklich mutigen Satiren geblieben? Die wagemutigsten und verwegensten Satiren, die ich in letzter Zeit hier gelesen habe, waren welche, die in irgendeiner Form die derzeitigen Zustände auf kurzgeschichten.de "kritisieren" wollten.
Was schon was heißen will. Ein Stoff für die Ewigkeit...

 

@Sebastian
Nun gut, wie du meinst. Ich verspreche dir nur, dass du mit deiner Einstellung zu Kritiken hier nicht lange überleben wirst. Das meine ich keinesfalls böse, nur wird aus Erfahrung sowas nicht gerne gesehen.
Ich habe mir die Mühe gemacht, und mir deinen Text durchgelesen, du willst anscheinend keine konstruktive Kritik. Wenigstens weiß ich jetzt woran ich bei dir bin.
Dankeschön und viel Glück, Gam.

 

Ich möchte mich an dieser Stelle den Äußerungen von Ben und Gamdschie anschließen und den Autor bitten, im Interesse der potentiellen Leser, diesen Fehler doch zu editieren.
Ist doch kein Akt oder? Und ungezwungene Texte gestalten sich anders als durch die Weigerung offensichtliche Fehler auszubügeln ;)

Gruß, Pandora

 

Ich verstehe das nicht. Ihr gebt eine Meinung zu meinem Text ab und ich gebe daraufhin eine Antwort. Warum wird das nicht gerne gesehen?

 

Ich verstehe das nicht. Ihr gebt eine Meinung zu meinem Text ab und ich gebe daraufhin eine Antwort. Warum wird das nicht gerne gesehen?

wenn du meinst...
Wir antworten nur auf deine Antworten. Warum wird das von dir nicht gern gesehn? (könnte ich genauso unterstellen)

Wie dem auch sei, das tut hier nichts zu Sache.

Gruß, Pandora

 

Hallo Sebastian,


in so einem Text auf die Van der Waalschen Kräfte zu kommen, fand ich eine gute Eingebung. Über die Schoten (Zoten?) bin ich etwas gestolpert, und manchen `Komikern´ wünsche ich, daß sie schon bald in der Provinz verschwinden (arme Provinz!).

Tschüß... Woltochinon

 

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