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Der Mörder in der Todeszelle
Das Morgenlicht fiel durch das Fenster direkt auf seine Pritsche. Er blinzelte. Es rumorte in seinen Gedärmen. Die letzte Mahlzeit vorhin war gut gewesen, sehr gut sogar. Vielleicht zu mächtig? Was machte es noch aus? Es war seine letzte – seine Henkersmahlzeit!
Schritte…
Gleich werden sie kommen, werden dich holen. Schnell – denke zu Ende! Gedanken eilt, laßt euch nicht ablenken. Eilt, bevor die ewige Dunkelheit kommt und dich von den letzten Zweifeln der Richtigkeit deiner Tat befreit und das unendliche Nichts - ewig wird!
Er hatte sie erschlagen. Es hatte ihm nichts ausgemacht. Erleichterung hatte sich ausgebreitet, als seine Mordtat vollendet war – er die Leichen liegen sah. Verrenkte Körper, zerschmetterte Gliedmaßen.
Tot –mausetot!
Langsam war er aus dem Blutrausch, dem Verlangen, sie alle zu töten, erwacht. Ein Verlangen, das sich seinem Körper aufgestaut hatte in , das ihn nicht mehr ruhen ließ, seine Gedanken verwirrte, Besitz von ihm ergriff, seinen Körper übernahm.
„Töte sie“, hieß das Verlangen.
Pläne hatte er geschmiedet, verworfen, Neue entwickelt. Dann war er fertig! Der perfekte Mord war geplant, durchdacht und für gut befunden. Er mußte beim ersten Versuch gelingen! Wenn nicht, gab es danach keine Gelegenheit wieder.
Leise schlich er zum Tisch, öffnete die Schublade. Heraus mit dem Mordwerkzeug. Sich nach allen Seiten umblickend zurück in die Stube. Noch leiser, noch vorsichtiger, noch langsamer…
Er war da, stand vor ihnen, ließ die Hand, welche die Tat vollbringen sollte, vorschnellen, schlug zu, immer wieder zu. Und drauf und drauf und drauf…
Er schreckte hoch und blickte sich um. Keine Todeszelle, keine Hinrichtung. Er war auf dem Tisch eingenickt. Jetzt betrachtete Er sein Werk: zerschmetterte Körper, verrenkte Glieder, zermatschtes Marmeladenbrot. Er hatte sie erwischt: alle sieben auf einen Streich! Er ließ das Mordwerkzeug, klebrig und befleckt, aus der Hand fallen.
Er, der Schneidergeselle stand auf, klappte den Kragen hoch und ging hinaus in die Nacht. Der Albtraum war schrecklich gewesen. Nie mehr so ein schweres Mahl zur Nacht, nie mehr!
Dies ist wohl der Beginn eines wunderbaren Märchens...