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Der Mond ist krank
Der Mond ist krank
„Mmmmmhhh!“, brummte der Mond und guckte grimmig, als ihn ein kleines, fröhliches Sternchen fragte, wie er den Tag über geschlafen hatte.
„So gut wie überhaupt nicht habe ich geschlafen!“, sprudelte es wütend aus ihm heraus.
„Wie denn auch? Bei diesem Lärm! Nachts, wenn ich am Himmel stehe und alle Menschen schlafen, dann ist es seelenruhig und mucksmäuschenstill. Sobald ich mich aber, bei Sonnenaufgang, ins Bettchen lege, geht der ganze Krach los.
Millionen von Autos sausen die Straßen rauf und runter, quietschen mit ihren Reifen und hupen. Kreischende Kinder laufen zum Kindergarten, schrille Musik tönt von überall her und unzählige Maschinen hämmern laut herum. Und dann fragst Du mich noch, ob ich gut geschlafen habe???“
Das kleine Sternchen blickte den Mond erschrocken an. Noch nie hatte es ihn so aufgebracht und genervt gesehen. Und auch nicht so blass. Der Mond sah richtig krank aus, fand das Sternchen, und sein schönes, fröhliches Lächeln war ganz aus seinem Gesicht verschwunden.
Sofort beschloss es, den Mond mit ein paar leckeren, selbstgebackenen Keksen aufzumuntern und brachte ihm am nächsten Abend das dampfende und duftende Gebäck freudestrahlend vorbei.
Der Mond jedoch schüttelte sich und schob die Kekse beiseite. „Danke, aber ich habe keinen Hunger“, murmelte er und drehte sich traurig weg.
„Der Mond hat überhaupt keinen Hunger mehr!“, flüsterte eine vorbei fliegende Sternschnuppe.
„Seit Tagen isst er gar nichts mehr! Kein Brot, kein Obst, nein, nicht einmal Schokolade will er essen, gar nichts.
Ich mache mir schon richtig Sorgen, weil er jeden Abend dünner wird.“
Das kleine Sternchen betrachtete den Mond genauer und erschrak. Die Sternschnuppe hatte Recht. Der sonst so dicke, runde Mond war auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe geschrumpft.
Kein Wunder, da er keinen Appetit mehr hatte.
Die nächsten Tage beobachtete das kleine Sternchen den Mond besorgt weiter. Jeden Tag schrumpfte er, jeden Tag ein Stückchen mehr, bis zum Schluss nur noch ein winzigkleiner, sichelförmiger Streifen von ihm zu sehen war.
Da bekam das kleine Sternchen richtig Angst. Auch die anderen Sterne machten sich Sorgen und überlegten, was sie tun könnten. Schließlich war der Mond ihr Freund und sie wollten ihm helfen. Sonst wäre er bald völlig vom Himmelszelt verschwunden.
„Wie sollen wir ihn nur zum Schlafen bringen, wenn es tagsüber so laut ist?“, fragte das kleine Sternchen die anderen, die angestrengt nachdachten.
Plötzlich hatte die kleine Sternschnuppe eine Idee.
„Das Sandmännchen könnte uns doch helfen!“, rief sie aufgeregt.
„Das bringt den Menschen doch auch den Schlaf und schenkt ihnen tolle Träume. Wieso sollte es dem Mond nicht helfen können?“
Vor Begeisterung jubelten und klatschten alle Sterne am Himmelszelt.
Als das Sandmännchen am Ende seiner täglichen Erdreise bei den Sternen vorbei schaute, berichteten sie ihm von ihrem Plan. Sofort stimmte es zu und beschloss, bei Sonnenaufgang dem Mond mit einem Säckchen besonders gutem Traum- und Schlafsand einen Besuch abzustatten.
Der dünne kleine Mond wunderte sich sehr, als sein Freund, das Sandmännchen am nächsten Morgen vorbei kam.
„Was machst Du denn hier?“, fragte er mit schwacher, zittriger Stimme.
„Ich bringe Dir Deinen Schlaf zurück!“, antwortete das Sandmännchen, lächelte und streute ihm vorsichtig eine Hand voll bestem Traumsand in die dicken, müden Augen. Ehe der Mond noch etwas sagen konnte, war er schon tief eingeschlafen. In einen solch erholsamen Traumschlaf, dass er in der darauf folgenden Nacht überhaupt nicht am Himmel erschien.
Die Sterne erschraken zuerst, doch als das Sandmännchen ihnen erzählte, dass der Mond sich gesund schläft, waren sie erleichtert. In dieser dunklen Nacht bemühten sie sich, besonders strahlend und hell zu leuchten.
Als der Mond am nächsten Abend aufwachte, streckte und reckte er sich zufrieden. So gut und vor allem so tief hatte er lange nicht mehr geschlafen. Glücklich dankte er den Sternen und dem Sandmännchen, dass am nächsten Morgen gleich wieder einen großen Sack Schlafsand zu ihm brachte und versprach, nun täglich vorbeizukommen.
Endlich hatte der Mond seinen erholsamen Schlaf wieder gefunden. Jeden Abend wurde er runder und voller, bekam wieder Appetit und aß soviel er nur konnte.
Die Sterne strahlten vor Freunde, als der Mond schließlich wieder vollkommen gesund und rund am Nachthimmel stand und leuchtete. Aber er war nicht nur wieder genauso groß und rund wie früher, nein, er hatte auch wieder dieses schöne, fröhliche Lächeln auf seinen dicken Wangen. Und das war das, was die Sterne am meisten an ihm vermisst hatten.