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Der Morgen danach
Die Kieselsteine knirschten unter ihren bloßen Füßen.
Ihre Flipflops hatte sie in der rechten Hand, in der linken eine Zigarette.
Es war einer dieser Momente in denen es einfach gut tat eine zu rauchen, dachte Fiona.
Die Sonne lächelte direkt in ihr Gesicht. Fiona lächelte nicht zurück.
Sie war sauer und traurig. Nein, eigentlich war sie gar nichts.
Sie war leer. Nichts wusste sie. Was gerade geschehen war. Was das für ihre Zukunft bedeutete.
Fiona zog an ihrer Zigarette und schnipste diese dann ins Gras. Das Gras war noch feucht vom morgendlichen Tau. Fiona überlegte kurz ob sie sich ins Gras legen sollte. Doch sie entschied sich dagegen. Sie wollte nur nach hause. In ihr Bett. Schlafen.
Unendlich schlafen. Am besten so lange bis sie die letzte Nacht vergessen würde.
In ihrem Kopf schwirrten Fetzen der letzten Nacht.
Nichts Genaues. Sie war sowieso zu betrunken gewesen.
Auf dem Sofa hatte sie gelegen. Es gab viel Tequila. Und Wodka. Und gemixtes Zeug. Stefan hatte irgendwas zusammengekippt. Fiona hatte es getrunken.
Wann war Stefan eigentlich nach hause gegangen? Fiona wusste es nicht mehr.
Irgendwann saß er mit irgendeinem Mädel im Arm in der Küche auf dem Boden.
Scheiß auf Stefan, dachte Fiona. Der kann doch machen was er will.
Stefan war seit der Grundschule schon Fionas bester Freund. Er war immer da wenn sie ihn brauchte.
Nur jetzt nicht.
Aber jetzt konnte ihr auch niemand wirklich helfen.
Sie hatte selbst den Fehler gemacht und selbst Stefan, der nicht nur mehr oder minder gute Cocktails mixte sondern auch immer einen guten Rat parat hatte konnte ihr jetzt nicht helfen.
Sie musste es alleine schaffen.
Sie musste zu Tim. Vielleicht.
Erst musste sie schlafen.
Der Weg durch den Park kam ihr ewig vor.
Als sie von Sandra, wo die Party stattgefunden hatte losgegangen war hatte sie sich extra für den Park entschieden.
Frische Luft schnappen. Die Vögel zwitschern hören. Die Sonne scheinen sehen.
Jetzt nervte sie die frische Luft, die zwitschernden Vögel auch, und die Sonne sowieso.
„Hätte ich doch bloß die bekloppte Bahn genommen!“, dachte Fiona, aber jetzt war es zu spät.
Es war zu spät für alles.
Es war auch zu spät um zu Tim zu gehen.
Warum konnte er auch nicht mitkommen zur Party.
„Ich hab den Jungs schon gesagt dass wir heute gediegen ein Bierchen trinken gehen.“, hatte er ihr am Abend noch erklärt, „Ist doch okay, oder?“
„Natürlich.“, hatte Fiona geantwortet. Und dann hatte sie im Spaß gesagt „Aber benimm dich!“
Tim hatte sie dann in den Arm genommen. Ihr einen langen, innigen Kuss gegeben.
Sie hatten auf seinem Balkon gesessen. Dort saßen sie oft. Guckten den Nachbarn beim Blumen gießen zu, beobachteten die Stadt, die Lichter die angeknipst wurden wenn die Sonne untergegangen war.
Sie verbrachten sowieso viel Zeit bei Tim.
Er wohnte seit einem Jahr nicht mehr zuhause.
Bei seiner Einweihungsparty hatten sie sich kennen gelernt.
Tim war zu Stefans Cousin in die WG gezogen.
Damals war Fiona mit Stefan zusammen auf dieser Party aufgekreuzt.
Stefan hatte wie so oft nach wenigen Stunden irgendein Mädel mit dem er den Abend verbrachte und Fiona saß da.
Sie kannte Stefans Cousin vom Sehen und sonst noch ein paar Leute. Aber sie fühlte sich alleine.
Gerade wollte sie sich auf den Nachhauseweg machen als Tim sich zu ihr gesetzt hatte.
Er hatte eine Fahne, das wusste Fiona noch genau. Und trotzdem genoss sie jeden einzelnen Kuss den Tim ihr an diesem Abend schenkte.
Und jetzt?
Fiona wollte nicht mehr durch den Park schlendern.
Sie beschleunigte sich und rannte.
So schnell sie konnte.
Ihre nackten Füße brannten von den spitzen kleinen Kieselsteinen.
Egal, Hauptsache sie kam so schnell wie möglich nach hause.
Zu hause würde sie dann schlafen, nahm sie sich vor, und nach dem Schlafen würde vielleicht sie zu Tim fahren.
Sie würde ihm wahrscheinlich alles sagen.
Nur wie?
Fiona wusste doch selbst nicht wie das alles geschehen war.
Plötzlich hatte er vor ihr gestanden.
Nicht mal seinen Namen hatte er gesagt. Sie ihm ihren auch nicht.
Sie hatten es nur geschehen lassen. Beide.
Er hatte noch ein Kondom aus seinem Geldbeutel gefischt.
Wenigstens. Doch das half jetzt auch nicht mehr.
Fiona wurde schlecht. Sie blieb stehen. Ein Jogger lief an ihr vorbei. Er stank nach Schweiß. Ihr wurde noch schlechter. Nicht von dem Schweiß des Joggers sondern weil sie so eine blöde Kuh war.
Sie setzte sich auf eine Bank und musste sich übergeben.
„Du bist wirklich eine erbärmliche blöde Kuh!“, murmelte sie vor sich hin, „Du blöde Kuh!“ sagte sie immer wieder zu sich.
Endlich kamen die Tränen. Fiona musste dringend mit Tim reden. Jetzt.