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Der pazifistische Held

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19.11.2009
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Der pazifistische Held

Der Held war auf sich allein gestellt. Es musste Jahre her gewesen sein, als er den bitteren Geschmack der Einsamkeit so deutlich auf seiner Zunge gespürt hatte. Mit einem Kopfschütteln verbannte er seine Sorgen und konzentrierte sich auf den weiten, säulengeschmückten Raum.
Er zog sein Schwert und brachte es in Position. Sein Blick richtete sich auf die große Bestie, die am anderen Ende der Halle hockte: Ein Frostdrache, eine kolossale Echse, dessen Körper über und über mit türkisen Schuppen bedeckt war. Sie besaß keine Flügel, aber ihre Vorder- und Hinterläufe waren muskulös gebaut. Ein Grollen, das in seiner Brustgegend resonierte, ertönte aus dem Maul des Ungetümes. Der Held blickte in die geöffnete Schnauze und sah Zähne, so groß und scharf wie Dolche, ebenso wie einige Fleischfetzen, die in den Zwischenräumen steckten. Der Held seufzte.
Schritt für Schritt näherte er sich. Er machte sich keine Illusionen angesichts des wilden, ungezähmten Blicks. Der Held stemmte sich willentlich gegen die stechenden, gelben Augen, die im Vergleich zum Kopf wie Stecknadelköpfe wirkten, fixierte den dunklen Pupillenschlitz, der jeder Bewegung, jeden Atemzug seines Körpers akribisch folgte. Ob es ihn wohl als Gefahr ansah? Oder doch als verspätetes Abendessen? Würde er gegen den Frostdrachen kämpfen müssen? Voller Bedacht und Vorsicht setzte er seinen Weg fort, wohl wissend, dass der Ausbruch der Konfrontation an einem Seidenfaden hing.
Der Bissangriff der Bestie erfolgte blitzschnell, aber der Held warf sich über eine Seitwärtsrolle aus der Bahn. Die Klauen folgten, doch er vollführte einen gewaltigen Sprung aus dem Stand, den er mit einen Levitationszauber unterstützte. In der Luft balancierte sich der Held über einen Salto aus, so dass er auf dem zackigen Schädel des Drachen landete. Momente später vernahm er ein beleidigtes Gebrüll, gefolgt von einem peitschenden Schwanzschlag, dem er knapp entging, indem er sich an der Flanke der Bestie abrollte.
Kaum berührten seine Füße den Boden, sprintete er zum Ausgang der Halle, doch die Echse war hartnäckig: Der Held spürte den Odem an der augenblicklichen Kälte bevor er sah, wie erst die schwere Holztür und dann die Luft drumherum zu Eis gefror. Ohne seinen Lauf abzubrechen beschwor er Flammen um die Klinge seines Schwertes. Seine Waffe schnitt durch den Eisblock wie ein heißes Messer durch Butter. Ein weiterer Streich schnitt durch die hölzerne Pforte, gefolgt von einer Schockwelle, die er mit seiner Magie erzeugte. Das Tor flog auseinander und der Held rannte voller Schwung durch die zerstörte Tür. Er prallte gegen etwas Weiches, worauf sein Kopf nach vorne kippte und wiederum gegen etwas Hartes stieß. Er fiel zu Boden, rappelte sich aber augenblicklich wieder auf, um zu sehen, gegen was er da eigentlich gestolpert war. Seine Augen weiteten sich. Vor Überraschung ließ er fast sein Schwert los.
Vor ihm kauerte eine junge Frau mit glänzenden, schwarzen Haaren. Sie hielt sich ihren schmerzenden Kopf. Die Absurdität der Situation schwächte sich etwas ab, als er ihre violette Augenfarbe, ihre gelappten Ohren und ihre langen Reißzähne bemerkte. Ohne Zögern zog er sie über ihre krallenbewehrte Hand zu sich heran, legte einen Arm um ihre Hüfte, ehe er sie über einen Hechtsprung weg trug. Keine Sekunde zu früh, als die Schnauze des Frostdrachen durch die Pforte brach und genau auf die Stelle schnappte, wo sich beide Sekunden zuvor noch befunden hatten.
„Was machst du da?“ Die Dämonin in seinen Armen fing an zu strampeln, doch der Held konzentrierte sich lediglich darauf den Abstand zwischen ihm und dem Drachen so gut es ging zu vergrößern. Erst als er mehrere Abbiegungen hinter sich brachte, wagte er es stehen zu bleiben und seine unwillige Last auf den Boden abzusetzen.
„Bist du verletzt?“ war seine erste Frage an die junge Dämonin, die ihn nur schweigend anstarrte.
Der Held seufzte leise und streckte seine Hand nach ihr aus. Ihre Körperhaltung spannte sich sofort an, erinnerte ihn an ein gereiztes Tier.
„Ich will dir nichts tun“, versuchte er sie zu beschwichtigen. „Du hast Wunden am Körper, weil ich die Pforte zerstört habe, ohne darauf zu achten, was sich auf der anderen Seite befindet. Ich beherrsche Heilzauber und kann dir helfen.“
„Warum willst du mir helfen?“ brachte sie schließlich hervor. Ihre Stimme klang melodisch, ähnelte aber gleichzeitig dem Schnurren einer Katze.
„Was spräche dagegen?“
„Ich weiß, wer du bist. Du bist der Held. Der Champion der Menschen. Du wurdest ausgesandt, um die Monster und die Dämonen zu besiegen.“
„Ich meide den Kampf. Außerdem töte ich weder Monster noch Dämonen.“
Sie schaute ihn ungläubig an. „Wieso? Bist du etwa schwach?“
Diese Worte brachten ihn zum lachen. Er war sich jedoch nicht sicher, ob die Dämonin die Selbstironie dahinter begreifen konnte. „Ich hoffe nicht. Schließlich möchte ich den Dämonenkönig ausschalten.“
„Du willst den Dämonenkönig umbringen, ohne andere Monster zu töten? Du bist dumm.“
Er lächelte abermals. „Vielleicht hast du recht.“
Ohne auf ihre Antwort zu warten legte er seine Hände auf ihre zerschrammten Arme und sprach einen Heilzauber. Obwohl er sich bei dieser Tätigkeit konzentrieren musste, spürte er ihren nagenden Blick.
„Du bist ungeeignet als Held“, hörte er die Dämonin sagen.
Er schloss die letzte Wunde. „Ich bin ganz deiner Meinung.“
Diesmal war sie es, die den Kopf schüttelte. „Hast du auch einen Namen?“
„Ikerafestus Aquin, aber du kannst mich Ikfes nennen; wie heißt du?“
Sie zögerte kurz. „Ich bin Shirin.“ Sie wirkte unsicher, fast schüchtern.
„Shirin ist ein schöner Name.“
Diese Aussage erntete ihm nur einen weiteren ungläubigen Blick. „Du bist wirklich dumm.“ Ein Lächeln bildete sich auf ihren zinnoberroten Lippen. „Aber du bist auch komisch, interessant. Ich komme mit dir mit.“
Damit hatte Ikfes wiederum nicht gerechnet. „Sei nicht unvernünftig. Ich möchte den Dämonenkönig herausfordern. Da kann ich es mir nicht leisten, auch noch auf dich aufzupassen. Wir sollten uns hier trennen.“
„Und wer beschützt mich dann?“, rief Shirin aufgebracht. „Wir Monster und Dämonen töten uns auch untereinander und sie haben mich zusammen mit dir gesehen. Wenn du mich jetzt alleine lässt, dann schickst du mich in den sicheren Tod.“
Ikfes biss die Zähne zusammen. Eben beschimpfte sie ihn noch als dumm und jetzt schlug sie ihn mit seinen eigenen Argumenten. Er seufzte abermals.
„Fein, dann komm mit. Aber du begibst dich sofort in Sicherheit, wenn ich kämpfe.“
Shirin miaute erfreut, worauf Ikfes nur den Kopf schüttelte. Er sah diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen; er wollte sie nicht in diesen Kampf, in seine Ideale hineinziehen. Anderseits musste er sich eingestehen, dass es gut tat, nicht mehr alleine durch diese triste Ruine voller Feinde herumzuirren.
„Ich habe diesen Monsterkerker schon ziemlich auf den Kopf gestellt. Kennst du dich hier aus?“
Die Dämonin nickte.
„Könntest du mir dann den nächstbesten Ausgang zeigen? Ich glaub, es ist klüger, wenn ich dich erstmal in Sicherheit bringe, ehe ich meine Jagd fortsetze.“
Shirin maunzte auf, bevor sie die Führung übernahm. „Folg mir einfach und denk daran mich zu beschützen, mein Held.“ Sie zwinkerte ihm frech zu.
Unterwegs begegneten sie weiteren Monstern, doch Ikfes hatte keine Probleme, sie mit seinen Zaubern auszuschalten. Shirin führte ihn von den zerfallenen Gemäuern immer tiefer nach unten, bis sie die Gänge einer Katakombe betraten. Die Gegner auf dem Weg nahmen zu, doch waren sie Ikfes Kräften immer noch weit unterlegen.
„Du hast wirklich noch kein einziges Monster getötet.“
Ikfes drehte sich zu Shirin um. „Dachtest du, ich hätte dich angelogen?“
„Ich wundere mich, wie töricht du bist. All diese Monster, die du verschont hast, könnten dir jederzeit in den Rücken fallen. Irgendwann wirst auch du müde.“
„Wenn sie wiederkommen, dann werde ich sie abermals zurückschlagen. Um ehrlich zu sein dachte ich, der Schlossherr hier besäße viel stärkere Wächter.“
„Und auch die würdest du nicht töten?“
„Natürlich nicht.“
„Wieso?“
„Um der Gewaltspirale ein Ende zu setzen.“
„Gewaltspirale?“
„Ihr Monster besitzt die Fähigkeit zur Sprache, ihr habt ein Bewusstsein, ihr habt ein Selbst, ihr empfindet Schmerz, ihr knüpft soziale Banden. In all diesen Punkten seid ihr wie Menschen. Wenn Monster kommen und Menschen töten, dann führt dies zu Hass, zu Trauer, zu Wut. Die überlebenden Menschen dürsten nach Rache und töten ihrerseits Monster. Diese Tat führt bei den Monstern zu demselben Muster und der Kreis schließt sich. Was ist deiner Meinung nach die Lösung zu diesem Problem?“
Shirin starrte ihn an, ehe die Amethyste in ihren Augen sich gefährlich verengten. „Die Antwort ist einfach: Eine Seite muss die andere komplett ausrotten. Erst wenn eine Gruppe - Monster oder Menschen - von dieser Welt verschwindet, werden die Kämpfe ein Ende haben.“
Ikfes biss die Zähne zusammen. Diese Worte waren die Wurzel allen Übels. Zorn stieg in ihm hoch, den er mit viel Mühe wieder hinunterschluckte. „Ich bin anderer Meinung“, sagte er kontrolliert. „Frieden zwischen Menschen und Monstern ist die einzige Möglichkeit, wie wir weitere Opfer vermeiden können.“
„Und du denkst, diesen Frieden kannst du erreichen, wenn du den Dämonenkönig beseitigst?“
„Der Dämonenkönig konzentriert die Kräfte der Monsterhorden. So lange er existiert, heißt es töten oder getötet werden. Mit seinem Tod können wir die Monster und Dämonen zur Kapitulation zwingen.“
„Du bist ein Heuchler.“ Shirins Stimme triefte vor Verachtung.
Ikfes Eingeweide verkrampften sich. Diese Worte trafen ihn unerwartet.
„Wieso denkst du das von mir?“
Shirin hisste. „Monster erst besiegen und dann Frieden fordern; Wer versichert, dass die Menschen unsere Schwäche nicht nutzen, um uns ein für alle mal zu vernichten?“
In Ikfes Gedanken breitete sich betäubende Kälte aus. Wenn es um die Entscheidungen in diesem Krieg ging, hatte er nicht das letzte Wort. Letztendlich war auch er nur ein Werkzeug in den Händen des Königs.
„Ich würde alles tun, was in meiner Macht steht, um den Dialog zu ermöglichen. Monster und Menschen müssen miteinander reden, ohne ihre Waffen in Griffweite zu haben.“
Shirin grinste ohne jeglichen Humor. „Der Körper eines Monsters ist seine Waffe. Ein Mensch, der sich ohne Schwert nähert, bietet seine Kehle an und wer von euch traut sich das schon?“
„Ich.“
„Nicht alle sind so dumm...oder so mutig. Wenn du der einzige bist, der so handelt, veränderst du gar nichts. Du ziehst dir nur den Hass deiner Mitmenschen zu, weil sie dich nicht verstehen.“
Nun war es Ikfes, der humorlos grinste. „Ich habe niemals behauptet, meine Ideale seien einfach umzusetzen. Ich danke dir dafür, dass du mich wiederholt daran erinnerst.“
Ohne sich nochmal nach ihr umzusehen, setzte er seinen Weg fort. Der schwere Schritt seiner Stiefeln zerschnitt die Grabesstille, die zwischen den Schatten der Katakombe nistete.

Als sie den verzwickten Gängen der Ruine endlich entkamen, war es mitten in der Nacht. Der Himmel war klar und es war Neumond. Entsprechend entzückt war Ikfes, als er von einem Meer von winzigen Lichtern begrüßt wurde; mikroskopische Fackeln, die sich hin und wieder um einen majestätischen Stern sammelten.
„Ich bin müde. Schlafen wir hier?“ Shirin öffnete ihren Mund, was Ikfes einen Moment lang für ein Gähnen hielt; bis zu dem Augenblick, als sie ein tiefes Schnurren ertönen ließ.
„Du würdest dich hier auch zum Schlafen hinlegen, wenn ich es dir verbieten würde.“ Ikfes setzte sich ins Gras und wollte gerade seinen Umhang ausbreiten, als Shirin ihren Kopf auf seinen Schoß bettete.
„Shirin, was soll das?“
Die einzige Antwort der Dämonin war es, sich noch enger an ihn zu kuscheln. Verspielt rieb sie ihren Kopf gegen seinen Bauch und ihre filigranen Finger krallten sich mit erstaunlicher Kraft an seine Tunika. Ikfes erster Impuls war es, sie wegzustoßen. Mit großer Willenskontrolle unterdrückte er seine Instinkte. Er schluckte gewaltsam seine Furcht hinunter. Voller Vorsicht, als könnte sie jeden Moment beißen, berührte er ihre linke Schulter. Sie ließ es zu, worauf er – durch den ersten Kontakt mutiger geworden - seinen rechten Arm um sie legte. Ihr Körper war erstaunlich warm. Mit seiner linken Hand fing er an, in ihren seidigen Haaren zu spielen, obwohl sein Herz ihm bis zum Hals klopfte, sein Überlebenstrieb von ihm verlangte, dass er in genau dieser Sekunde sein Schwert zur Verteidigung zog. Mit kreisenden Bewegungen seiner Finger, als würde er die hängenden Blätter einer Trauerweide sammeln, bündelte er einzelne Haarsträhnen, die er sanft hinter ihre beiden Ohren klemmte. Ein zufriedenes Schnurren antwortete ihm.
„Weißt du, als ich klein war, hatte ich eine Katze als Haustier.“
„Was ist ein Haustier?“ maunzte die Dämonin. „Kann man es essen?“
„Natürlich nicht!“ rief Ikfes aufgebracht. „Ein Haustier ist ein Gefährte. Man hält es bei sich zu Hause, deshalb der Name. Meine Katze war eine gute Freundin; wir haben gespielt, ich habe sie gefüttert und als sie Nachwuchs bekam, habe ich ihr bei der Fürsorge der Kleinen unterstützt. Du erinnerst mich an sie.“
Shirin gluckste, ehe sie ihren Körper so drehte, dass sie sich mit ihren Gesichtern anguckten. Die Freude in ihren Zügen war so schön, dass es Ikfes einen Stich ins Herz versetzte. „Wenn du so etwas Haustier nennst, dann hatte ich auch eins: Ich hatte einen Drachen als Spielgefährten, und als er brütete, habe ich ihm immer geholfen, seine Eier warm zu halten, während er auf Beutefang ging.“
Ikfes verschlugen diese Worte einen Moment lang die Sprache. „Du hast mit einem Drachen gespielt? Das ist ganz schön gewagt.“
„Ach was, mein Drache war ganz lieb. Wir haben zusammen geschmust, uns gegenseitig die Krallen geschärft, uns im Steinschmelzen gemessen und wenn ich ihr die Schuppen polierte, durfte ich auf ihrem Rücken durch die Lüfte reiten. Außerdem haben wir immer zusammen gesungen.“
„Shirin, wenn du mich auf den Arm nehmen möchtest, dann ist es dir gelungen, aber jetzt treibst du den Scherz zu weit. Drachen singen doch nicht.“
Shirin schaute ihn an, als wäre er schwer von Begriff. „Natürlich singen Drachen. Wenn sie sich untereinander was mitteilen, dann tun sie es durch Gesang. Er ist übrigens wunderschön, aber für mich ist es ziemlich schwer nachzumachen.“
„Ich habe noch nie einen Drachen singen gehört.“
Shirin packte ihn am Ohrläppchen und zog spielend daran. „Das liegt daran, weil euer Gehör nicht dafür gemacht ist.“
„Was ist aus deinem Drachen geworden?“ Ikfes fürchtete die Antwort.
„Er wurde getötet.“
„Von Menschen?“
„Natürlich von Menschen.“ Sie sagte es in einem Ton, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Es waren bewaffnete Krieger in schweren Rüstungen. Sie kamen nicht zum Jagen, sondern um auszurotten. Meinen Drachen spießten sie mit ihren Lanzen auf, während er sein Nest beschützte, aber dann gingen sie noch hin und zertrümmerten die Eier. All die ungeborenen Leben wurden unter ihren Füßen zertreten, einfach so.“
„Das ist barbarisch. Hattest du versucht, die Eier zu beschützen?“
„Ja, aber die Männer waren stark. Meine Magie half nicht gegen sie und einer von ihnen hatte ein mächtiges Zauberschwert.“ Schneller, als Ikfes Augen folgen konnten, zog Shirin seine magische Klinge aus der Scheide und hielt es vor seine Kehle.
„Der Mann, der mich an jenem Tag beinahe tötete, trug diese Waffe.“ Erfüllt von morbidem Interesse betrachtete sie das mit Goldbrokat und Drachensehne ausgearbeitete Schwertheft. Der Diamant, der im Zentrum der Parierstange eingesetzt war, fing das Sternenlicht ein, glänzte dezent, was seinen Wert nur erahnen ließ. „Hat das Schwert einen Namen?“, fragte sie schließlich.
Ikfes, der sich die ganze Zeit über ruhig verhielt, wusste, dass seine Antwort darüber entscheiden konnte, ob ihm jeden Moment der Hals aufgeschlitzt wurde. „Ja, aber ich wollte ihn nicht wissen. Für mich hat das Schwert keinen Namen.“
„Das ist doch eine typische Angewohnheit von euch Menschen, alles benennen zu wollen.“
Ikfes seufzte. „Das ist richtig, aber eine Waffe ist ein Werkzeug des Tötens. Ihr einen Namen zu geben, ihr eine scheinbare Identität zu verleihen, lenkt davon ab, dass es immer Menschen sind, die die Waffe führen. Es ist nicht das Zauberschwert, so mächtig es auch sein mag, das Leben nimmt; es ist der Mensch, der es schwingt.“ Er legte seine Stirn in Falten.
„Einer Waffe einen Namen zu geben drückt auch Intimität aus, aber so hübsch dieses Schwert auch aussieht, ich habe von dem Tag, an dem ich es erhalten habe, das Blut daran riechen können. Es ist nützlich, aber ich benutze es nur wenn es sein muss, weil es mich anekelt.“
„Du bist so ungeeignet als Held.“ Shirin schmollte, bevor sie die Zauberklinge mit einer blitzschnellen Bewegung wieder zurücksteckte. Sie machte Anstalten, sich von ihm zu lösen, doch Ikfes hielt sie an ihren Armen fest.
„Du hast mir die entscheidende Frage noch nicht gestellt.“
„Du hast mir alles gesagt, was ich wissen wollte.“
„Interessiert es dich nicht, von wem ich dieses Schwert erhalten habe?“
„Wenn du es mir verraten würdest, dann würde ich Rache nehmen wollen und dann würde sich diese Gewaltspirale, die du zerstören willst, nur weiter drehen. Es ist besser, ich bleibe im Unklaren, und jetzt lass mich los!“
„Aber wenn wir so zusammen sitzen, ist es wärmer.“
Shirin starrte ihn mit offenem Mund an. Dann sank sie in seinen Schoß und drückte ihn fest an sich. „Du bist so ein Narr. Ich habe dein Leben bedroht und du stößt mich trotzdem nicht weg.“
„Nur wenn wir die Waffen weg stecken, können wir einander näher kommen.“
„Ich hatte eben eine Waffe in der Hand.“
„Jetzt nicht mehr, oder?“
Shirin ließ nach diesen Worten ein plätscherndes Lachen ertönen. Dann machte sie es sich in seinem Schoß bequem, während Ikfes seinen Umhang ausbreitete, sein Schwert ablegte und sich in seiner vollen Länge im Gras ausstreckte. So lagen sie eine Weile da, eng umschlungen und auf den Atem des jeweils anderen horchend.
„Was ist mit deiner Katze passiert?“
Ikfes seufzte. Das schien eine Nacht der schmerzhaften Erinnerungen zu werden.
„Sie wurde von einer einstürzenden Häuserwand zerquetscht. Es war mein Haus, nein, mein gesamtes Dorf, das zerstört wurde. Es war vor etwa zehn Jahren, als ich alles verlor: Meine Heimat, mein zu Hause, meine Eltern und meine Katze. Alles wurde in einer einzigen dunklen Nacht von der Monsterhorde vernichtet.“
„Wie hast du überlebt?“, flüsterte sie.
„Ich hatte schon damals große magische Kraft in mir, auch wenn ich sie nicht kontrollieren konnte. Irgendwie habe ich eine Barriere geschaffen und mich damit beschützt, bis der Dämonenkönig persönlich kam und meinen Schutzschild einriss.“
„Wie sah der Dämonenkönig aus?“ Shirins Stimme zitterte.
„Klein, humanoid, gar nicht das, was man vom Herrscher aller Monster erwartet. Aber er besaß eine gewaltige Präsenz. Ich konnte nicht viel erkennen in dem Rauch, aber die Augen werde ich nie vergessen: Leuchtend rot. Wie frisches Blut. Sie strahlten von innen heraus, zusammen mit einer Mordlust, die mir jedes Mal einen Schauder über den Rücken jagt.“
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du überlebt hast“, maunzte sie.
„Ich wurde von einem mächtigen Krieger gerettet. Ich habe sogar eine Weile selbst standhalten können, aber ich wäre sicherlich gestorben, wenn mein späterer Lehrmeister nicht eingegriffen hätte. Er mähte sich durch die Reihen der Monster, blockte den Angriff des Dämonenkönigs und nutzte die Verwirrung, um mit mir zu fliehen.“
„Und dann hast du unter diesem Lehrmeister trainiert, bist du der nutzlose Held geworden bist, auf den ich gerade meinen Kopf bette.“
Er lächelte. „Ich habe meinen Meister an Kampfkraft übertroffen, als ich fünfzehn war und er konnte sich in einem Duell mit dem Dämonenkönig messen. Mittlerweile bin ich neunzehn und meine Kräfte sind weiter gewachsen. Wenn ich den Herrscher aller Monster zwischen meine Hände bekomme, dann werde ich ihn eliminieren.“
„Du tust es also aus Rache?“
Ikfes ballte seine Fäuste. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so offen mit einer anderen Person über sein Innenleben gesprochen zu haben. Die Ironie der Situation brachte ihn dazu, in sich zu gehen, sich selbst gnadenlos den Spiegel vorzuhalten. Ihr Gespräch war ein einziges Paradoxon und doch genoss er es wie einen Rausch, badete sich in der Komik und der Absurdität seiner Lage.
„Nein. Meine Familie ist tot, und Tote wünschen sich nichts. Blutrache dient nur der Selbstzufriedenheit des Rächenden, nährt seinen Hass, an den er sich labt. Den Dämonenkönig töte ich, weil es der Weg mit den geringsten Verlusten auf beiden Seiten ist. Nur dann habe ich Hoffnung auf Frieden.“
„Glaubst du an die Wiedergeburt?“
Ikfes gähnte herzhaft. Trotz des abrupten Themenwechsels war er nicht überrascht. Er glaubte nicht, dass ihn nach diesem Tag in Zukunft noch irgendwas überraschen konnte.
„Keine Ahnung. Ich habe mir über Dinge nach dem Tod nie große Gedanken gemacht. Für mich hat Sterben etwas Endgültiges. Wenn man Tod ist, ist es vorbei. Aber vielleicht geht es auch weiter.“
„Wir Dämonen glauben, dass jeder Stern am Himmel die Seele eines verstorbenen Lebewesens ist.“
Shirins Stimme klang wie Samt, der seinen Verstand einhüllte. Es war, als würde seine Mutter ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen. Für einen Moment fühlte er sich von dem Gefühl der Nostalgie überwältigt, ergriffen vom Zauber des Moments, als er, ein künstlicher Held auf einer blutigen Mission, inneren Frieden fand.
„Müsste die Anzahl der Sterne am Himmel dann nicht zunehmen?“
Shirin stupste ihn an. „Dummkopf, die Sterne am Himmel werden immer mehr. Wusstest du das etwa nicht?“
„Oh, das heißt, irgendwann wird der schwarze Himmel so mit Seelen überbevölkert sein, dass es auch in der Nacht so hell wie am Tag ist?“
„Vielleicht, aber das wird sicher noch lange dauern. Die Seelen oben am Himmel bleiben nämlich nicht immer dort.“
„Lass mich raten, sie werden irgendwann in einem neuen Lebewesen wiedergeboren?“
„Jetzt lass mich zu Ende erzählen!“, meckerte Shirin.
Er grinste. „Ich bin ganz Ohr.“
Also, jedes mal wenn ein Stern einmal einen Kreis um den Himmel gedreht hat, dann darf die Seele wieder zurück auf die Erde in einen neuen Körper. Eine andere Seele, die zur selben Zeit gestorben ist, beherbergt dann den alten Stern für ein ganzes Jahr.“
„Und als was kann man wiedergeboren werden?“
„Alles was lebt hat eine Seele, also könntest du nach deinem Tod vielleicht im Körper einer Ameise landen. Oder im Körper eines Monsters.“
„Das heißt, sogar die Seele des Dämonenkönigs könnte in einem Menschen wiedergeboren werden? Das ist ein ziemlich seltsames Konzept.“
Shirin kicherte. „Das mag sein, aber ich weiß schon, als was ich wiedergeboren werden möchte.“
„Und das wäre?“
„Ein Baum. Im nächsten Leben möchte ich ein Baum sein.“
„Das klingt tatsächlich nach einer guten Idee. Man steht sein Leben lang an einem Platz, schlägt Wurzeln, ist unabhängig von anderen Wesen und hat seinen Frieden. Nach all den Abenteuern wäre das eine schöne Abwechslung.“
„Kann es sein, dass du ein Faulpelz bist?“
Ikfes Bewusstsein entglitt langsam ins Reich der Träume. Er hörte Shirins Stimme wie aus weiter Ferne. „Wie kommst du darauf?“, brachte er am Rand des Schlafs noch hervor.
Er hörte noch mal ihr plätscherndes Lachen „Ich bin auch faul, Dummkopf.“

Das Erste, was Ikfes am nächsten morgen wahrnahm, war ein unangenehmes Kratzen an seiner Stirn. Schlaftrunken schlug er um sich, traf jedoch nur Luft. Ein scharfer Schrei dicht neben seinem Ohr vertrieb ihn endgültig aus dem Reich des Schlafes. Träge drehte er seinen Kopf zur Seite und blickte direkt auf den Schnabel eines Jagdfalken.
„Lalya.“
Ein weiterer Schrei antwortete ihm. Dann begann der Vogel an seinen Haaren zu rupfen. „Ich steh ja schon auf, Mädchen. Jetzt sei nicht grantig so früh am morgen.“ Lalya rieb ihre Krallen gegen Ikfes Arm, worauf dieser zwei Dinge zugleich bemerkte: Das Falkenweibchen hatte eine Nachricht an ihrem Bein und Shirin schien verschwunden zu sein. Ikfes beschloss sich über die Dämonin erst mal keine Gedanken zu machen und rollte stattdessen die Nachricht auseinander, die ihm Lalya vorbildlich anbot. Es war eine kleine Rolle aus frischem Pergament. Die krakelige Schrift von Gerik blickte ihm entgegen.


Sei gegrüßt Ikfes,

unsere Suche nach dem Dämonenkönig bringt noch immer keine Früchte. In den letzten Monaten scheint es, als sei dieser Bastard spurlos verschwunden. Hoffe, dass du mehr Glück hast, denn der König hat unsere Gruppe zu einer Audienz bestellt.
Ich fürchte, es geht um deine pazifistische Vorgehensweise und wenn wir keine Ergebnisse vorweisen können, sieht es um unsere Zukunft nicht rosig aus. Du weißt ja, was mit den vorherigen Helden passiert sind, die als untauglich und feige gewertet wurden. Aber keine Sorge; Wenn es hart auf hart kommt, steh ich dir bei und dieser Dreikäsehoch und der Kluscheißer sicher auch. Wir treffen uns in Samarkand in unserer Stammkneipe. Die Audienz ist in zwei Zehntagen.


Ikfes zerknüllte die Nachricht und seufzte tief. Ihm war klar, dass er früher oder später Rechenschaft ableisten musste. Gerüchte über seine Person verbreiteten sich wie ein Lauffeuer und die Berichte seiner Taten waren in aller Munde. Er hoffte nur, dass sein Leben in zwanzig Tagen nicht am Henkersblock enden würde.
Lalya verlangte wieder seine Aufmerksamkeit und erst jetzt fiel ihm ein, dass das Falkenweibchen noch nichts zu futtern hatte. Geschwind packte er einige Streifen getrocknetes Pökelfleisch aus, die Lalya enthusiastisch in kleine Stücke fetzte, ehe sie die Nahrung in ihren Schlund warf.
Ikfes gürtete sich gerade sein Schwert um, als er plötzlich Tropfen auf seinem Nacken spürte.
„Ist das dein Falke?“ hörte er die Dämonin fragen.
„Nein, Lalya gehört einem Freund von mir. Oder vielleicht sollte man eher sagen, dass sie niemanden gehört. Sie ist Geriks Partner.“
Er drehte sich zu Shirin um, die ihre nassen Haare spielend entlang seines Nackens strich. Ikfes spürte, wie seine Wangen warm wurden.
„Du hast gebadet?“
Sie maunzte zur Bestätigung. „Ein Bad würde dir auch gut tun. Du riechst.“
„Später vielleicht.“ Er zeigte ihr Geriks Botschaft. „Ich habe einen Brief von einen meiner Gefährten bekommen.“ Er wies dabei auf das Falkenweibchen. „Ich habe in zwanzig Tagen eine Audienz beim König von Rashkens. Ich werde mich vor ihm verteidigen müssen, weil er wahrscheinlich kein Verständnis für meinen Pazifismus hat. Wärst du bereit, mich zu begleiten? Du könntest als Botschafterin auftreten. Außerdem wärst du ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alle Dämonen zwangsweise Feinde der Menschen sind.“
Shirin blickte ihn lang und hart an. „Wie kommst du darauf, ich wolle eine Brücke zwischen Menschen und Dämonen aufbauen? Ich hasse Menschen. Die Welt wäre besser ohne sie.“
„Dann erschlage mich hier und jetzt! Wenn du Menschen hasst, dann hasst du auch mich.“
„Du bist eine Ausnahme.“
„Eine Ausnahme? Wenn du mir eine Chance geben kannst, warum dann nicht auch anderen?“
„Weil du einzigartig bist.“
„Es gibt auch andere Menschen, die denken wie ich. Einfache Leute, die sich nach Frieden und Harmonie sehnen.“
Shirin schüttelte ihren Kopf. „Du verstehst nicht, Ikfes.“ Es war das erste Mal, dass sie seinen Namen aussprach. „Du verstehst nicht, wie speziell du bist.“
Sie schwiegen sich eine Weile an, ehe sie wieder das Wort ergriff. „Ich komme mit. Ich lass dich nicht alleine in die Gefahr ziehen.
„Der König ist ein gerechter Regent. Ich kenne ihn als einen Mann der Vernunft.“
Shirin erhob sich wortlos von ihrem Platz. Lalya schrie auf und blickte ihn wieder mit schiefem Kopf an. Ikfes hatte das Gefühl, als verstünde das Falkenweibchen ihr Gespräch, weshalb es sich so ruhig zu verhalten wusste. Ein weiterer Schrei erklang, bevor sie sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte emporhob. Schon nach wenigen Augenblicken war das Falkenweibchen nur noch ein kleiner Punkt am Horizont.
„Ein schönes Tier“, murmelte Shirin. „Können wir los?“
Ikfes schnallte sich sein Gepäck um. „Gehen wir, aber es gibt eine Regel: So lange du mich begleitest, wird niemand getötet, weder Mensch noch Monster.“

Ikfes und Shirin machten sich ohne Eile zur Hauptstadt von Rashkens auf. Zwar war die Entfernung über dem Land fast eine Monatsreise lang, doch der Seeweg kürzte es auf einen Zehntag ab. Um Shirins wahre Natur zu verstecken, zauberte er eine leichte Illusion auf sie; zusätzlich zu dem Kopftuch, das sie immer und überall trug. Tatsächlich konnte sich die Dämonin problemlos unter die Menschen mischen, was Ikfes dazu nutzte, ihr das Land, die Leute und ihre Lebensweise näher zu bringen.
Auch Ikfes lernte von seiner Begleiterin eine Fülle an Wissen. Sie erklärte ihm, dass Dämonen sich in ihrer eigenen Sprache als Ghestani bezeichneten, während die in der Hierarchie niedriger stehenden Monster Javhga genannt werden. Außerdem brachte sie ihm die Grundlagen der Astrologie bei, erläuterte ihm Einzelheiten zu der Gesellschaftsstruktur und dozierte sogar über anatomische Unterschiede zwischen Menschen, Monstern und Dämonen. Besonders bei den Details im Körperbau waren ihre Schilderungen ungewöhnlich blutig, was ihn zu der Annahme verleitete, dass sich Shirin viel von diesem Wissen durch praktische Erfahrung angeeignet hatte.
Als die Tage vergingen, öffnete sich die Dämonin zunehmend ihrer fremden Umgebung, befreundete einige Kindern. Ihr Lachen klang herzlicher und tiefer, ihr Wesen wurde zunehmend verspielter, wich der diamantenen Härte, die sie bei ihrer ersten Begegnung manchmal gezeigt hatte. Ikfes ertappte sich selbst bei mehreren Gelegenheiten, an denen er sich wünschte, die Zeit würde einfach stehen bleiben.
Erst am Abend vor der Audienz kamen beide gehüllt im Staub der Straße in Samarkand an. Die Metropole war noch immer ein Abbild von geschäftigem Trubel und organisiertem Chaos. Obwohl bereits die Dämmerung einbrach, glich das Treiben in der Stadt einem riesigen Zirkus. Shirin genoss Samarkand mit einer kindlichen Neugier, was Ikfes mehrmals in die Lage brachte, sie unter den verwunderten Blicken der Passanten von Ständen und Attraktionen weg zu zerren. Erst spät in der Nacht, als überall in der Stadt die Fackeln entzündet wurden, betraten beide die Kneipe, wo seine Gefährten ihn schon ungeduldig erwarteten. Gerik, ein blonder Söldner mit einer gewaltigen Statur, war der erste der ihn mit einer knochenbrechenden Umarmung begrüßte.
„Ikfes, du Schlingel, wir dachten schon, du schaffst es nicht mehr rechtzeitig. Wir haben uns Sorgen gemacht.“
„Gerik, ich krieg keine Luft“, japste er.
Der Hüne ließ ihn los und sah nun Shirin an. „Wie wäre es, wenn du uns deine Begleiterin vorstellst? Es war wohl diese Schönheit, die dich so lange aufgehalten hat.“ Der Söldner lachte schallend. „Und der Zwerg und ich hatten schon Sorge, du würdest niemals deine Männlichkeit unter Beweis stellen.“
„Ich kann mich nicht erinnern, diese Sorge jemals mit einem zu groß geratenen Kind wie dir geteilt zu haben“, stieß eine barsche Stimme aus, die einem kleinen, alten Mann gehörte. Trotz seiner geringen Körpergröße und seiner ergrauten Haare, trug er mühelos eine versilberte Doppelaxt und einen schwarz lackierten Ganzkörperharnisch. Seine Haltung war gerade wie der Wuchs eines mächtigen Baums und der parkettierte Boden in der Kneipe bebte unter seinen Schritten.
„Jerod, es tut gut dich zu sehen“, grüßte ihn Ikfes. Sie gaben sich die Hand.
„Die Freude ist ganz meinerseits, Junge. Du siehst gut aus. Dein Blick besitzt langsam die Sicherheit und Stärke eines wahren Mannes.“ Dann wandte sich der alte Veteran an Shirin. „Und seid auch ihr gegrüßt junge Dame. Ich vermute, Ihr habt euch gut um unseren Jungspund gekümmert. Dafür gebührt euch mein Dank.“ Er vollführte trotz seiner Rüstung eine hoftaugliche Verbeugung. Dann ertönte ein schriller Schrei, ehe Lalya auftauchte und sich auf Shirins Schulter setzte.
„Oh, oh, Mädchen“, rief Gerik, „jetzt zerkratz der Schönheit mal nicht ihre zarte Schulter“, doch die Dämonin war schon dabei, das Falkenweibchen zu kraulen.
„Hallo, du Hübsche“, hauchte sie, „das letzte Mal haben wir uns gar nicht richtig vorgestellt.“ Aus Lalyas Schnabel ertönte ein Gurren.
„Nanu? Mein eigensinniges Mädchen mag deine aufgesammelte Schönheit, Ikfes. Das ist eine wahre Ausnahme.“ Wieder lachte der Söldner auf. „Ich glaub, ich mag dich auch, junge Frau.“
Shirin schaute Ikfes Gefährten verwundert an. „Danke?“ sagte sie schüchtern.
„Ihr beide unterhaltet mal wieder die gesamte Wirtschaft“, schnitt ihnen eine eiskalte Stimme ins Gespräch. Der dritte der Gefährten trat nun hinzu: Er war ein dünner Mann mit asketischen Zügen und einer kräftigen Adlernase. Er hatte glänzende, schwarze Haare, einen tiefbraunen Teint und bohrende, dunkle Augen.
Ikfes merkte erst jetzt, wie sehr er seine Gefährten vermisst hatte. Die Ganzheit, die Kameradschaft, die er mit diesen drei Männern teilte, fühle sich fast an wie der Familienbund, den er einst verlor. „Griesgrämig wie immer, Samir? Du könntest wenigstens so tun, als würdest du dich freuen mich zu sehen.“
Samir kniff seine Augen zu. „Mein Gemüt könnte nicht weiter von Freude entfernt sein, weil du mich fast zehn Tage in der Gesellschaft dieser Rohlinge allein gelassen und dich stattdessen an weiblicher Gesellschaft erfreut hast. Wie kommt deine Magie voran?“
„Ich habe den Aspekt des Körpers gemeistert.“
Der Zauberer nickte anerkennend. „Das ist gut zu hören. Du hast lang genug dafür gebraucht.“ Nun wandte auch er sich an Shirin. „Junge Dame, mein Name ist El Samir Rashidmahan. Ich bin ein bescheidener Student der geheimen Künste. Dürfte ich euren Namen erfahren?“
Zum ersten Mal wirkte die Dämonin misstrauisch. „Ich bin Shirin“, beantwortete sie seine Frage.
Samir musterte sie lang und intensiv. Gerik wurde schon ungeduldig und sogar Jerod wirkte irritiert, doch die stahlschneidende Konzentration, die von dem Magier ausging, forderte nichts Geringeres als absolutes Schweigen.
Dann drehte er sich abrupt um. „Ikfes, ich denke, es wäre angebracht, wenn du und deine Begleiterin uns in unsere Quartiere folgt. Du schuldest uns eine Erklärung.“
Mit diesen Worten stieg er die Treppe zu den Schlafzimmern herauf.
„Heh, du Spielverderber, wir wollten zur Feier des Abends erst mal einen Trinken“, rief Gerik aufgebracht. „Der Wildschweinbraten ist schon angesetzt und der Wirt hat es die ganze Zeit für uns warm gehalten.“
Jerod legte eine Hand auf die Schulter des Hünen. „Ich denke, Samir wird seine Gründe haben. Seine Intuition als Magier hat uns mehr als einmal aus der Patsche geholfen.“ Nun wanderten seine Augen zu Shirin, die er mit neu erwachtem Interesse betrachtete. „Deutet das Verhalten unseres Kameraden bitte nicht als Unhöflichkeit, aber auch mein Instinkt muss Samir zustimmen: Ihr scheint mehr zu sein, als man auf den ersten Blick zu erkennen glaubt, junge Dame.“
Auch er machte sich auf zu ihren Schlafgemächern. Die Treppe knarrte unter dem Gewicht seines rhythmischen Ganges. Gerik stieß einige Unflätigkeiten aus. „So viel zu der Wiedersehensfeier, auf die ich mich so gefreut habe. Ist es wirklich etwas ernstes, Ikfes?“
Der Held nickte nur, worauf Gerik einen obszönen Fluch ausstieß. „Keine Person, die mit meinem Mädchen klar kommt kann irgendwie böse sein. Dieser bekloppte Magier und seine Paranoia. Komm zu mir Lalya.“
Das Falkenweibchen wechselte von Shirins Schulter auf Geriks und zusammen begaben sie sich ins Schlafquartier. Als alle fünf Personen samt Falke in dem Raum versammelt waren, sprach Samir mehrere Bannsprüche aus. Ikfes erkannte mentale Barrieren und einen physischen Schutzkreis, der alle Geräusche aus dem Raum nach außen hin abschirmte.“
Er seufzte. Von allen Gefährten war Samir der Scharfsinnigste, wenn es um magische Phänomene ging. Demnach war es zu erwarten, dass er als Erster Shirins Maske durchschauen würde, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es ihm sofort gelingen würde.
„So, jetzt ist der Raum sicher. Nur ein mächtigerer Magier als ich könnte jetzt noch herein marschieren oder uns belauschen.“ Ikfes lächelte unwillkürlich. Er bezweifelte, dass es in ganz Samarkand einen Magier gab, der es mit Samir aufnehmen könnte.
„Erst mal muss ich dich loben, Ikfes. Der Illusionszauber, den du auf die junge Dame gesprochen hast, habe ich erst bemerkt, als ich ihr direkt in die Augen sah. Ihre Augenfarbe ist nicht braun, sondern violett, was ich erst nach genauerem Hinsehen erkannte. Der Rest deiner Illusion ist perfekt und fast nicht zu bemerken. Es zeugt von deiner Kunstfertigkeit. Wärst du nun so nett, diesen Zauber aufzuheben?“
Er tat wie geheißen und Gerik pfiff. „Shirin, es ist ein Jammer, dass du diese beeindruckenden Augen versteckst.“
„Kannst du auch mal ernsthaft bei der Sache bleiben?“, rief Jerod. „Du musst nicht mit jeder Frau, die dir über den Weg läuft, gleich anbiedern. So etwas ziemt sich nicht.“
„Verschone mich, oh tugendhafter Ritter.“
„Wenn ihr mit euren Streitereien nicht augenblicklich aufhört, verwandle ich euch beide in Kaulquappen und schmeiße euch in den nächstbesten Teich“, zischte Samir. Gerik und Jerod schwiegen augenblicklich, worauf der Magier sich an Shirin wandte. „Wer bist du?“
Sie zögerte, aber Ikfes nickte ihr aufmunternd zu. „Vor meinen Gefährten habe ich keine Geheimnisse.“ Mit sichtlichem Widerwillen nahm Shirin ihr Kopftuch ab.
Eisige Stille folgte dieser Enthüllung.
„Heh, Ikfes, ich wusste ja schon, dass du das mit deinem Pazifismus ernst meinst und alles, aber das ist echt eine Leistung. Sogar ich hätte nicht die Eier, mit einer Dämonin anzubändeln.“
„Jetzt besudle den Jungen nicht mit deinen triebhaften Ideen! Außerdem gehört es sich in Anwesenheit von Damen nicht, so eine vulgäre Sprache zu benutzen, sei sie nun eine Dämonin oder eine Menschenfrau.“
„Damit hat sich mein Verdacht bestätigt.“ Samir blickte Ikfes hart an. „Ist das deine Antwort auf die Audienz des Königs? Soll das der Beweis dafür sein, wie ernst es dir mit deinem Wunsch nach Frieden und Koexistenz ist?“
Der Held blickte stolz in die Runde seiner Gefährten, seiner Freunde. „So ist es. Wir haben bisher noch keine Spur vom Dämonenkönig, doch selbst wenn wir ihn finden und erschlagen, ist damit das Problem noch nicht gelöst. Monster und Dämonen werden keinen Sammelpunkt mehr haben, keine Fahne um die sie sich scharen können. Demnach werden sie wahllos weiter Schaden anrichten. Deswegen müssen wir Brücken schlagen zu unseren ehemaligen Feinden. Wir brauchen Botschafter, die uns ein Gespräch nach dem Tod ihres Anführers ermöglichen.“
Jerod nickte Ikfes anerkennend zu. „Ein guter Gedanke. Aber hat die junge Dame sich auch dazu bereit erklärt?“
Alle Blicke richteten sich auf Shirin, die eine versteinerte Miene aufsetzte. „Ich werde mein Bestes geben.“
„Na, dann ist doch alles klar“, meinte Gerik. „Ich habe eh geschworen, dass ich unserem Helden bis ans Ende der Welt und weiter folgen werde.“
„Wartet einen Moment, bevor wir ohne Nachdenken in unser Verderben stürzen“, rief Samir. „Ich verstehe deinen Punkt, Ikfes und ich bewundere deine Bereitschaft und deinen Mut eine so verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen, junge Dame.“
Der Magier atmete tief durch. „Aber der König ist für seinen Hass gegenüber Dämonen und Monstern bekannt. Gerüchte besagen, dass er aufgrund solcher Geschöpfe eine schwere Tragödie erleiden musste. Leider weiß ich nichts Genaueres, aber Shirin morgen zu der Audienz zu bringen, könnte Öl ins Feuer gießen anstatt die Wogen zu glätten. Ich sähe es zumindest nicht gern, wenn diese junge Dame wegen unserem übertriebenen Idealismus ebenfalls hingerichtet wird.“
Jerod ließ seine Axt auf den Boden krachen. „Wer hat gesagt, dass wir uns einfach so exekutieren lassen? Ich denke, wir haben uns darauf geeinigt, dass wir im schlimmsten Fall für Ikfes einen Fluchtweg frei kämpfen. Jetzt da diese junge Dame mitmacht, machen wir den Fluchtweg halt für beide frei. Das fordert mein ritterlicher Kodex.“
„Wartet mal kurz“, rief Ikfes aufgebracht, „wer hat gesagt, ihr sollt euch für mich opfern?“
„Du bist die einzige Person, die genug Kraft besitzt, um es mit dem Dämonenkönig aufzunehmen“, wandte Samir ein. „Dieser König denkt zwar, man könnte Helden einfach so aus dem Hut ziehen, aber selbst ein altgedienter Krieger wie Jerod wüsste niemanden, der diesen Titel mehr verdient hätte als du.“
„Ich kann doch meine Gefährten nicht einfach im Stich lassen“, protestierte er.
„Gib's auf“, sagte Gerik jovial. „Du hast unsere Ärsche bei mehr als einer Gelegenheit gerettet. Wir schulden dir wenigstens so viel.“
„Außerdem geht hier um die größere Sache“, fügte Samir voller Ernst hinzu. „Wir wollen ein möglichst schnelles und unblutiges Ende dieses Krieges. Es ist auch nicht so, als ob wir keine Resultate vorweisen können. Wir weigern uns lediglich Monster zu töten.“
„Egal was ich sage, ihr werdet sowieso das tun, was ihr wollt, oder?“ Ikfes wollte resigniert seufzen, doch Shirin hielt ihm plötzlich den Mund zu.
„Hör endlich auf, bei jeder Kleinigkeit dieses komische Geräusch zu machen!“ maunzte sie. „Du bist wie diese alten Greise mit Knochenbeschwerden, die du mir die letzten Tage gezeigt hast.“
Die anderen Männer im Raum brachen in schallendes Gelächter aus.
„Könnt ihr mir eine Frage beantworten?“ fragte Shirin, als die Heiterkeit im Raum zu Ikfes Erleichterung wieder verflog.
„Aber sicher doch, junge Dame“, erwiderte Jerod galant.
„Warum vertraut ihr mir einfach so? Ihr kennt mich nicht und ich bin nicht wie ihr. Ich bin eine Dämonin, ich könnte euch feindlich gesinnt sein, vielleicht sogar heimtückische Absichten haben.“
„Ikfes vertraut dir“, riefen alle drei wie aus einem Mund, „das ist für uns Grund genug.“
Shirin starrte die Gefährten eine Weile sprachlos an. Dann erklang ihr Lachen, glockenhell und rein, voll überquellender Freude und sanftem Spott. Sie wandte sich zu Ikfes. „Jetzt weiß ich warum du so dumm bist“, schnurrte sie sanft. „Du bist umgeben von genauso dummen Freunden. Das muss eine ansteckende Krankheit sein. Ich glaub, ich habe sie auch.“ Sie wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht.
Gerik legte darauf einen Arm um Ikfes und den anderen um Shirins Schulter. „Bei all diesen ernsten Themen fällt mir gerade ein: Ihr zwei Turteltäubchen habt uns gar nicht erklärt, wie ihr einander kennen gelernt habt. Da unten in der Schenke wartet ein saftiger Braten und viele Humpen feinstes Bier auf uns. Ich freue mich schon auf eure Geschichte.“
„Dein Galgenhumor ist wirklich unerträglich“, nörgelte Jerod.
„Besser Galgenhumor als untätig in der Ecke warten, bis uns der Tod holt“, konterte Gerik. „Wenn heute Abend die letzte Mahlzeit sein soll, die ich zu mir nehme, dann werde ich sie gefälligst genießen.“
„Er hat einen Punkt“, sagte Samir sardonisch.
„Ich hätte nicht gedacht, dass der Tag kommen würde, an dem du mir in den Rücken fällst“, rief Jerod indigniert.
Ikfes rollte die Augen, bevor er zu Shirin blickte, die das Schauspiel mit einem Ausdruck purer Freude beobachtete. Das würde ein langer Abend werden, aber in diesem Moment wünschte er sich, er hätte nicht so lange mit seiner Dämonin getrödelt.

Der Gang zum Thronsaal war beschwerlich. Ikfes, Shirin und seine Gefährten passierten mit kriechender Geschwindigkeit die Reihen der Hofgarde, Würdenträger und Priester. Die Blicke der Menschen waren fordernd, anklagend, neugierig. Nach einer Weile hörte er auf, in ihren Augen nach Antworten zu suchen. Dann erreichten sie das Herz von Rashkens, den Sitz der Macht. Es war das zweite Mal, dass Ikfes den opulenten Raum betrat. Seine Ernennung zum Champion der Menschen; das Schwert, das ihm der König zum Geschenk machte; obwohl diese Ereignisse nur wenige Monate her waren, fühlte es sich an wie das Leben einer anderen Person. Zwanzig Fuß vor dem Thron blieb er stehen, so wie es die Etikette forderte. Einen Moment schaute er zum König - ein rüstiger alter Mann, der einen mächtigen, silbernen Vollbart trug. Neben ihm saß seine Gemahlin, eine zarte Frau mittleren Alters.
Ikfes sank auf ein Knie, blickte dabei seinem Herrscher direkt in die Augen. Schweigen senkte sich herab wie eine Decke, bis der gesamte Saal mucksmäuschenstill war.
„Sei gegrüßt, Ikerafestus, Held der Menschen“, rief der König in seiner wohltönenden Stimme. „Bist du unversehrt von deinen Abenteuern?“
„Ich bin im Vollbesitz meiner körperlichen und geistigen Kräfte“, antwortete Ikfes.
„Das freut mich zu hören. Dann möchte ich gleich zum Punkt kommen: Ich habe von einem unangenehmen Gerücht gehört. Zwar scheint es, als stellst du und deine Gefährten euch der Gefahr der Monster, doch es wird gemunkelt, ihr weigertet euch zu töten. Ist das die Wahrheit?“
Ikfes atmete tief ein. „Die Gerüchte sprechen die Wahrheit. Schon bevor ich auszog habe ich mir geschworen, nur ein einziges Wesen zu töten: Den Dämonenkönig.“
Nach diesen Worten entflammten überall im Saal kleine Gesprächsfeuer, die sofort wieder erloschen, als der König das Wort wieder ergriff.
„Ich bin gelinde gesagt, enttäuscht. Du bist die vierte Person, die zum Helden ernannt wurde. Die ersten zwei kamen bei Kämpfen ums Leben. Der dritte floh vor seiner Verantwortung und verlor entsprechend seinen Kopf, aber du...
Du warst anders. Deine Kraft, dein Charisma, deine Standfestigkeit. Du hast die Herzen der Menschen im Sturm erobert. Mit dir kam zum ersten Mal echte Hoffnung auf und sogar ich war zuversichtlich, dass wir gewinnen, diesen Krieg im letzten Moment umreißen könnten. Aber ein Held, der sich weigert Dämonen und Monster zu töten? Das Töten dieser Ungeheuer ist deine Berufung! Du bist mehr als nur ein Mensch, du bist ein Symbol. Oder warst es, bevor du es Momente zuvor mit deinen eigenen Händen zerstört hast.“
Ikfes erhob sich von seiner knienden Position und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich habe meine Gründe, eure Hoheit. Ich bin die letzten Jahre durch die Länder gezogen und der Konflikt zwischen beiden Seiten hat sich längst zu einem Zermürbungskrieg entwickelt. Wenn dieser Wahnsinn nicht so schnell wie möglich beendet wird, dann wird es am Ende nur noch Verlierer geben. Deshalb werde ich den Dämonenkönig töten und nur ihn, damit ich anschließend den Dialog ermöglichen kann, zwischen Monstern und Menschen. Ich habe sogar eine Botschafterin der Dämonen mitgebracht.“ Er wies dabei auf Shirin, die das ganze Geschehen ohne Gemütsregung beobachtete. Ikfes entfernte den Illusionszauber und zur gleichen Zeit nahm sie ihr Kopftuch ab.
Ein Aufschrei ging durch den Saal. Ikfes hörte zorniges Geflüster, spürte die feindseligen Blicke. Sogar der König verlor für einen Augenblick die Kontrolle über seine passiven Gesichtszüge, entblößte zu seinem Entsetzen eine Fratze puren Hasses.
„Wie kannst du es wagen?“, donnerte der Regent. Ikfes sah, wie die Königin ihren Gemahl zu beruhigen versuchte, doch er beachtete sie nicht. „Wie verblendet, wie töricht kannst du sein? Du betrachtest Monster und Dämonen...“ er wies mit einer zitternden Hand auf Shirin, „doch nicht etwa als einem Menschen ebenbürtig? Sie sind unsere Feinde, sie sind völlig andere Wesen. Höllenbrut, Missgeburten, ausgespieen aus den Tiefen der Erde. Erst wenn jedes einzelne Monster, jeder einzelne Dämon von dieser Welt getilgt ist, werden die Menschen Frieden haben. Das ist die Realität der Situation. Blut ist der Weg, den wir gehen müssen. Die Utopie eines Jungen hat hier nichts verloren. Wachen! Legt ihn und seine Gefährten in Ketten! Nehmt diesen Feiglingen ihre Waffen ab und werft sie in den Kerker, und diese Dämonin, tötet sie hier auf der Stelle!“
Als hätten sie die ganze Zeit auf dieses Signal gewartet, umzingelten die Hofgarden die Gefährten. Die Spitzen von Hellebarden drohten ihnen aus jeder Richtung. Gerik und Jerod antworteten auf diese Drohung, indem sie ihre eigenen Waffen zogen.
„So tief bist du also gesunken?“, rief der König. „Du lässt deine Kameraden die Waffen gegen deine eigenen Mitmenschen richten?“
„Wir wollen nur Ikfes und der jungen Dame hier die Flucht ermöglichen, eure Majestät“, ergriff Samir das Wort. „Keiner von uns kommt aus Rashkens. Wir besitzen deshalb keine Loyalität zur Krone, aber im Gegensatz zu euch erkennen wir, dass unser Held den einzig vernünftigen Weg einschlägt.“
„Schweigt, ihr Narren! Ihr seid Verbrecher gegen die Menschheit.“ Ikfes spürte wie die Bannkreise im Raum an Stärke zunahmen. Weitere Elitesoldaten betraten den Thronsaal. „Wenn ihr weiterhin Widerstand leistet, dann sterbt hier und jetzt.“
Die Hofgarden zogen ihren Kreis enger, während Samir seine eigene magische Verteidigung aufbaute. Ikfes kannte den Plan, doch wäre die Dämonin nicht gewesen, die er in dieses Desaster hineingezogen hatte, er wäre bei seinen Gefährten geblieben.
In diesem Augenblick drehte sich Shirin um und kam auf ihn zu. Ihr Gesicht sah traurig aus. „Weißt du noch was ich am Tag unserer Begegnung zu deiner Nicht-töten-Einstellung gesagt habe?“
Ikfes schluckte. Etwas in Shirins Stimme lähmte sein Inneres, rief eine Angst hervor, die ihm das Atmen erschwerte. „Du meintest, es sei Dummheit.“
„Und was noch?“, hauchte sie. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast.
„Meine Mitmenschen würden mich nicht verstehen.“
„Ja, aber deine Freunde tun es. Ich auch. Danke.“
Sie wandte sich von ihm ab, schrat geradewegs auf den Thron zu. In ihrer rechten Hand hielt sie zu seiner Überraschung sein Schwert. Die Hofgarden schlugen nach ihr, doch mit überirdischer Geschwindigkeit wich sie den Angriffen aus. Einen Augen-Aufschlag später flogen die beiden Elitesoldaten quer durch den gesamten Thronsaal. Die Menge schrie erschrocken auf.
Sekunden später sah Shirin sich einer Salve magischer Angriffe ausgesetzt, doch die zerstörerischen Zauber prallten wirkungslos an ihr ab. Sie näherte sich dem König.
Weitere Leibwächter stellten sich ihr in den Weg. Sie bildeten eine Formationen, um der Dämonin den Weg zu blockieren. Darauf sammelten sich Schatten um Shirin herum, hüllten sie und ihre Umgebung ein, machten ihre Gestalt unwirklich, unnahbar. Die Hofgarden schlugen auf sie ein, hackten und stachen, doch der Körper der Dämonin schien substanzlos. Die Attacken gingen ins Leere, verpufften wirkungslos.
Dann ertönten laute Schläge, wie der Klang eines Schmiedehammers auf Metall und abermals wurden die Wächter schwachen Säuglingen gleich durch den Saal katapultiert. Die Kraft der unsichtbaren Schläge hätten dem Schwanzhieb eines Drachen alle Ehre gemacht. Die verzauberten Plattenpanzer beulten ein oder zerbrachen gar angesichts der Wucht. Die Dämonin hatte sich dem Thron nun auf wenige Schritte genähert, doch der König bewahrte eine kühle Fassade. Als sie einen weiteren Schritt tat, stieß sie gegen den Bannkreis, der sie wie eine unsichtbare Wand von ihrem Ziel abschirmte. Ohne Zögern legte sie ihre bekrallte Hand auf die Barriere. Blitze knisterten, pure magische Energie flimmerte in der Luft. Die Angriffszauber auf die Dämonin stoppten, weil die im Saal platzierten Magier ihre ganze Kraft darauf lenkten, den Bannkreis zu erhalten. Tiefer und tiefer drang Shirin ein, schwächte die magische Wand mit jeder Sekunde. Schmerzensschreie ertönten in der Halle und ein Magier nach dem anderen brach vor Entkräftung zusammen. Die versammelten Menschen brachen allmählich in Panik aus.
Ikfes sah Würdenträger, die vergeblich zu fliehen versuchten. Der gesamte Raum schien durch eine weitere Barriere abgedichtet. Ein Blick zu Samir bestätigte, dass dieser Zauber nicht von seinem Gefährten stammte.
Schließlich brach der Bannkreis zum König. Auch der letzte Magier im Saal verlor das Bewusstsein. Zwischen Shirin und dem Regenten gab es keine Hindernisse mehr. Nur Ikfes und seine Gefährten hätten noch Eingreifen können, doch seine Füße waren wie angewurzelt. Eine Erkenntnis erfüllte ihn, eine Ahnung, die er nicht einmal zu denken wagte. Es setzte sich im hintersten Winkel seines Bewusstseins fest, schrie nach Aufmerksamkeit, lähmte ihn von innen heraus. Er schüttelte den Kopf. Nein! Es konnte nicht sein.
Die Königin warf sich vor ihrem Gemahl, versuchte ihn mit ihrem Körper zu beschützen, aber die Dämonin wischte sie aus dem Weg, als wöge sie nicht mehr als eine Maus.
„Shirin“, rief er verzweifelt. Die Dämonin stutzte. Dann wandte sie ihren Kopf zu ihm und Ikfes Eingeweide gefroren zu Eis. Ihr einst hübsches Gesicht schien versteinert, glich der Miene einer Obsidianstatue; zeitlos, emotionslos, makellos, leblos. Ihr Gesichtsausdruck war schön und schrecklich zugleich. Ihre Augen jedoch zerrissen sein Herz. Verschwunden waren die Amethyste, die er lieb gewonnen hatte. Er blickte in leuchtende Rubine, er stand seinem schlimmsten Alptraum gegenüber, er befand sich Angesicht zu Angesicht mit seinem einzigen Erzfeind. Ironie war grausam.
Der König erhob sich von seinem Thron. Stolz begegnete er der Dämonenkönigin. Wenn er Angst hatte, so zeigte er sie nicht. „Meine Verwunderung ist bodenlos, dass du es geschafft hast, an der Seite dieser Narren meinen eigenen Thron zu infiltrieren. Aber wie es scheint ist deine Täuschung sogar für den Helden eine bittere Überraschung. Ich gratuliere dir dazu, sechzig meiner besten Wächter überwunden zu haben. Selbst ein höherer Dämon könnte das alleine nicht vollbringen. Aber den Meister aller Monster habe ich mir anders vorgestellt.“
„Alter Mann“, spie die Dämonenkönigin und ihre Stimme fraß sich durch Ikfes Ohren. Die Panik im Raum wich lähmender Resignation. „Ist das dein Schwert?“
„Tatsächlich. Ich gab es dem Helden, weil ich glaubte, es sei eine ihm würdige Waffe.“
„Du hast dich geirrt, diese Waffe passt nicht zum Helden. Es ist das Werkzeug eines Mörders, eines Schlächters.“
„Würdest du nicht mit überlegener Macht vor mir stehen, du würdest hier und jetzt deinen Frevel teuer bezahlen. Außerdem frage ich mich, wer hier der wahre Mörder und Schlächter ist.“
Die Dämonenkönigin riss das Schwert aus der Scheide und stieß es knapp vor dem König in den Boden. Der Mann zuckte noch nicht mal mit der Wimper. „Erinnerst du dich an mich, alter Mann?“
„Das ist unsere erste Begegnung“, erwiderte er kalt.
„Dann sollte ich vielleicht deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen“, zischte sie. „Was hast du vor fünfzehn Jahren getan?“
Der König musterte sie abschätzend. „Ich habe mein Volk vor den Drachen beschützt.“
„Und wie hast du dein Volk vor den Drachen beschützt?“ Die Stimme der Dämonenkönigin klang wie eine einzige Drohung.
„Ich habe sie getötet. Ich habe ihre Nester zerstört. Es diente dem Schutz der Menschen.“
„Dann erinnerst du dich vielleicht daran, wie du einen Feuerdrachen, ihre Brut und ein junges Dämonenmädchen getötet hast?“
„Ich erinnere mich doch nicht an jede dieser verfluchten Kreaturen, die durch meine Klinge ein Ende fanden.“
Darauf entblößte die Dämonenkönigin ihren Bauch. Der König starrte sie zuerst verständnislos an, doch dann schlich sich Unsicherheit in seine perfekt kontrollierte Haltung.
„Diese Narbe, aber das Mädchen hatte violette ...“ Er erstarrte, verlor die Fassung. „Das kann nicht sein. Das ist eine Lüge, eine Täuschung, so wie du den Helden getäuscht hast.“ Er stierte sie an, schüttelte den Kopf. „Das Mädchen, diese Missgeburt, sie konnte nicht überlebt haben.“ Er begann am ganzen Körper zu zittern. „Hinfort mit dir!“
Sie packte den König am Kragen, hob ihn mit nur einem Arm von seinen Füßen. „Wieso hast du meinen Drachen getötet?“, schrie Shirin ihn an. „Wieso habt ihr ihn gequält? Wieso habt ihr eure Lanzen wieder und wieder in seine Flügel gebohrt, dort wo es am schmerzvollsten ist? Wieso habt ihr ihn an einen Baum genagelt und langsam verbluten lassen? Wieso habt ihr die Eier zerstört, die ungeborenen Drachenkinder geschändet? Die Kleinen haben geatmet, aber ihr habt auf sie eingetreten, immer wieder und wieder, und ihr habt gelacht, als sie vor Schmerzen aufschrien.“
„Es war meine Pflicht und ihr seid Bestien. Ihr habt nichts anderes verdient.“
Shirin zog den König zu sich, bis ihre Gesichter sich fast berührten. Sie entblößte ihre Fänge und ein wütendes Fauchen entkam aus ihrer Kehle. „Wieso? Wieso? Wieso? Du lügst, du sagst nicht alles. Dein Gesichtsausdruck, als du dein Schwert in meinen Bauch stießt, als du es genüsslich in der Wunde drehtest. Du glichst einer Bestie, einem Scheusal. Du hast mich zu der gemacht, die ich heute bin. Erst nach meiner Begegnung mit dir begann ich Menschen zu hassen, sie abzuschlachten. Jedes mal, als ich ein weiteres Dorf auslöschte und mir danach das Blut am Fluss abwusch, sah ich dein Gesicht im Wasser.“ Sie warf den König gegen seinen Thron. „Ich trug dein Gesicht“, brüllte sie, das die Wände bebten. „Versuch nicht einer Mörderin wie mir etwas zu verheimlichen!“
Der König rappelte sich wieder auf. Sein Atem klang röchelnd und an seiner Stirn lief der Schweiß in Strömen hinunter.
„Ich sitze auf einem verfallenden Thron“, brachte er hervor. Seine Augen waren vor Schreck geweitet. Es schien, als müsste er um jedes einzelne Wort ringen. „Meine Königin ist unfruchtbar. Bevor ich sie heiratete, liebte ich eine andere Frau, eine Tochter aus dem Volke. Wir waren glücklich und sie sollte mir einen Sohn gebären. Ich wollte sie danach zu meiner rechtmäßigen Gattin ernennen, aber dann passierte es. Einfach so. Sie fuhr in einer Kutsche zu ihrem Hof, als sie von einem Drachen angegriffen wurde...“ Der König schluckte. „Sie war im achten Monat schwanger. Ihr Bauch war aufgerissen, ihre Eingeweide, das Kind, verspeist - das Mittagessen eines hungrigen Drachen.“ Seine Händen krallten sich an seinem Kopf fest. „Wie könnte ich diese abscheulichen Bestien nicht hassen?“ Tränen liefen ihm über die Wangen.
„Dann bist du genauso hässlich wie ich, alter Mann. Schau dir dein Spiegelbild genau an.“ Die Dämonin richtete ihren Blick auf Ikfes. Ihre Augen waren wieder violett. Auch sie weinte.
„Ich fordere den Helden Ikerafestus Aquin zum Duell heraus. Wir treffen uns in elf Tagen auf der Pelgrimebene. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod. Ich werde mit meiner ganzen Armee dort sein. Haltet ihr euch nicht an meine Bedingungen oder verliert der Held gegen mich, werde ich Rashkens Feuer und Zerstörung bringen. Gewinnt euer Champion, dann macht mit uns, den Ghestani, was ihr wollt.“
Wieder hüllte sich Shirin in Schatten. Als die Dunkelheit verflog, war sie ebenfalls verschwunden. Der Bannkreis im Thronsaal verschwand. Weitere Hofgardisten und Magier stürmten in den Raum voller schockierter Menschen. Vielleicht hätte das Gefolge des Königs die Dämonenkönigin noch aufhalten können, doch alle Zeugen zwischen dem Treffen beider Herrscher waren zu überwältigt von der ungeheuren Wahrheit.

Ikfes sperrte sich in seine Gemächer ein. Schon seit drei Tagen weigerte er sich, irgendetwas zu tun. Er schlief nicht, aß und trank wenig, stierte nur vor sich her, unfähig den Wirbel seiner Emotionen zu bändigen. Am vierten Tag riss Jerod kurzerhand die Tür aus den Angeln. Wütend stampfte er in seinen abgedunkelten Raum.
„Seine Majestät möchte dich sprechen“, rief er brüsk.
Ikfes schwieg und vergrub seinen Kopf in den Händen.
„Ich kann mich nicht erinnern, dich jemals so jämmerlich erlebt zu haben. Ist es dir egal, was mit dir und der Welt da draußen passiert?“
Ikfes lachte humorlos. „Vor drei Tagen sollten wir noch alle in den Kerker geschmissen werden und jetzt will mich seine Majestät persönlich sehen. Wahrscheinlich damit ich den Dreck aufräume, den er verursacht hat.“
Jerod ging kurzerhand auf ihn zu, zog seinen Panzerhandschuh aus und verpasste Ikfes damit eine Ohrfeige. Die Kraft hinter dem Schlag ließ ihn durch den halben Raum purzeln.
„So redet kein Ritter, sondern ein Versager! Ich kann mich nicht erinnern, meine Treue einem solchen Schlappschwanz geschworen zu haben. Wo ist deine Ehre geblieben?“
Ikfes erhob sich, blieb jedoch auf dem Dielenboden kauern. Er sprach nicht.
„Krieche doch weiter auf dem Boden herum, wenn es dir so behagt. Aber wenn du dich nicht bald aufraffst, werde ich dich das nächste mal mit meiner Axt streicheln.“
Dröhnend verließ Jerod den Raum. Erleichternde Ruhe kehrte ein, auch wenn das Licht aus der zerstörten Tür störte. Aber er fühlte sich zu träge, sie wieder einzusetzen. Er war müde, erschöpft. Er wollte nur Stille. Die Welt sollte ihn in Frieden lassen.
Als nächstes kam Samir, der ihn lange nur schweigend ansah. Ikfes ignorierte ihn. Dann begann der Magier zu reden, appellierte an seine Vernunft, erklärte die Situation mit kühler Logik, aber er hörte kaum hin, nahm nichts auf. Er sank nur in sich, merkte noch nicht einmal, wann Samir den Raum wieder verließ. Sein Inneres war abgestumpft, sein Herz taub. So spürte er nichts. So war er sicher. So konnte er nicht verletzt werden.
Wie viel Zeit verging? Wachte oder schlief er? Als Ikfes wieder die Augen öffnete, bemerkte er Gerik, der neben ihm auf dem Boden hockte.
„Jo, ich dachte, ich versuch's auch mal. Weißt du, du bist echt dreist, einen königlichen Befehl zu ignorieren. Wenn dich Shirin nicht herausgefordert hätte, könntest du dir das nicht leisten.“
„Sprich ihren Namen nicht aus!“
„Was hast du dagegen? Ist doch ein hübscher Name. Ah, du glücklicher Hund. Eine solche Schönheit wie sie opfert sich für dich auf. Heh, wie ist sie eigentlich? Ich mein...du weißt schon.“
Ikfes Hand schnappte zu wie eine Schlange, umfasste den Kragen seines Gefährten. „Hör auf über sie zu reden“, zischte er.
„Was ist eigentlich dein Problem? Liebeskummer?“
„Als ob du irgendwas verstehen würdest!“, brüllte Ikfes.
„Wahrscheinlich nicht. Aber verstehst du dich denn selber?“
Der Held blickte auf den Boden. „Ich glaube nicht.“
Eine Zeit lang redete keiner ein Wort.
„Denkst du, es ist verwerflich, dass ich ihr immer noch vertraue? Denkst du es ist abnormal, wenn ich sie trotz allem...“
Gerik ließ sich mit seiner Antwort Zeit. „Ein Mann sollte sich seiner Gefühle niemals schämen. Nicht, wenn sie aus ehrlichem Herzen kommen. Wenn du diese Dämonin liebst, dann steh dazu.“
Ikfes schüttelte den Kopf. „Ich habe ihr bereits vergeben, weißt du? Ich bin ihr nicht einmal böse, obwohl sie für den Tod meiner Familie verantwortlich war. In einer gewissen Weise trägt der König auch Schuld daran. Jeder hat Schuld, der sich der Gewalt verschreibt.“
„Was ist dann das Problem?“
„Sie will sich von mir töten lassen.“
Gerik hob eine Augenbraue. „Also hast du die letzten drei Tage doch über etwas Sinnvolles nachgedacht.“
„Ihr glaubt das auch?“
„Während der Zeit, als ihr zusammen wart, hatte sie hunderte Gelegenheiten dich umzubringen. Vor vier Tagen im Thronsaal, da hab ich mir vor Angst fast in die Hosen gemacht. Aber abgesehen von einem Magier, der seine Kräfte überschätzt hat, gab es keine Gefallenen. Wenn sie gewollt hätte, hätte sie alle Personen abschlachten können und der Krieg wäre damit gelaufen. Und dann noch die Herausforderung; sie hat es eindeutig getan, um dich gegenüber dem König unangreifbar zu machen. Wenn du sie in einem ehrlichen Duell besiegst, bist du der Retter der Menschheit und gleichzeitig werden die Dämonen deine und nur deine Überlegenheit anerkennen. Bei ihnen gilt ja das Recht des Stärkeren. Verhandlungen zum Frieden könnten dann direkt von dir geführt werden. Ein kluges Mädchen.“
„Aber ich will sie nicht töten.“
„Hast du eine bessere Idee?“
Ikfes seufzte abgrundtief. „Nein.“
„Der König sammelt seine Truppen. Du wirst die Streitmacht von Rashkens als Rückendeckung haben.“
„Wenn Shirin ihre Armee mitbringt, könnte es auf beiden Seiten eskalieren.“
„Sieh es positiv! Es gibt massig Augenzeugen auf beiden Seiten. Das Ergebnis des Zweikampfs wird so unanfechtbar sein.“
„Ein determiniertes Ergebnis.“
„Sei ihr dankbar. Sie liefert uns die Chance auf ein unblutiges Ende des Krieges. Dazu noch auf dem Silbertablett. Verschwende ihr Opfer nicht.“
„Gibt es eigentlich noch zu essen?“
„Wir sind hier im Palast des Königs.“
„Ich glaub, ich könnte einen guten Bissen vertragen. Und dann eine Mütze voll Schlaf.“
Gerik erhob sich und klopfe ihm auf die Schulter. „Mach das, mein Freund. Das Heer marschiert übrigens morgen früh los.“

Die Pelgrimebene war eine Grassteppe, die sich an der Grenze zwischen Rashkens und den wilden Ländern, Territorium der Monster und Dämonen, befand. Das Heer erreichte es nach einem siebentägigen Gewaltmarsch. Die Stimmung der Soldaten war gedämpft, ihre Müdigkeit deutlich in ihren Gesichtern ablesbar.
Ikfes ritt an der Spitze der Armee. Körperlich war er ausgeruht und frisch, doch das Chaos in seinem Inneren war noch immer ungebändigt. Seine Hand wanderte zu seinem neuen Schwert, das mit schwarzem Echsenleder umwickelt war. Es war die Klinge seines Lehrmeisters. Er hatte am Tag, als sie den Marsch begannen, bereits einen Greifenreiter mit einem Brief ausgesandt. Erst gestern kam der Bote mit der Waffe im Gepäck zurück.
Mehrere Späher schlugen Alarm. Es gab Sichtkontakt zum Heer der Dämonen. Die nächsten zwei Stunden spähte Ikfes angestrengt gen Horizont, beobachtete das stetige Wachsen der anderen Armee. Als beide Heere nur noch eine Meile voneinander entfernt waren, gab der König das Signal zum Halt. Ikfes stieg von seinem Rappen hinunter. Seine Gefährten taten es ihm gleich und zusammen gingen sie der einsamen Gestalt entgegen, die sich genau in der Mitte zwischen dem Kraftaufgebot zweier Völker, zweier Rassen befand. Als sie noch dreihundert Fuß entfernt waren, blieben auch die Gefährten stehen, ließen den Held das letzte Stück alleine gehen.
Shirin hatte sich äußerlich kein Stück verändert. Einsam und stolz stand sie inmitten des Grases. Der Wind zerzauste ihr das dunkle Haar. Wüsste Ikfes nicht um den Ernst der Situation, er wäre auf sie zugegangen und hätte sie in die Arme genommen.
„Das ist ein großes Heer, das du mitgebracht hast“, fing der Held das Gespräch an. Er sah Dämonen, oder besser Ghestani, so weit das Auge reichte, aber auch vereinzelt Drachen, Lindwürmer, Behemoths. Wenn diese Masse an Kampfkraft organisiert werden konnte, dann wäre Rashkens Armee Geschichte. Aber auch ohne Koordination war die schiere Menge an Kampfkraft nicht zu unterschätzen.
„Wenn ich rufe, dann kommen sie. Ich bin nicht umsonst die Herrscherin der Dämonen.“
„Und es gibt nur eine?“
„Es kann nur einen Stärksten geben. Zufällig bin ich ein Weibchen.“
Stille umgab sie. Obwohl zehntausende atmende Wesen in der Nähe waren, schien es, als gehörte dieser Kampfring, dieser Augenblick nur ihnen allein.
„Ich möchte nur eines wissen, Shirin.“
Die Dämonin schaute ihn unbewegt an. „Ja?“
„Als wir uns zum ersten Mal begegneten, wolltest du mich da töten?“
„Ich wollte dich bei Dutzenden von Gelegenheiten töten. Ich habe schon vorher von dir gehört. Sogar unter uns Ghestani und Javhga bist du bekannt: Der Schlichter, der Konflikte löst, ohne Blut zu vergießen. Nur deswegen hast du überhaupt mein Interesse geweckt. Meine Untergebenen behaupteten auch, deine Kraft sei der meinen ebenbürtig, aber das war mir egal. Ich wollte dir nahe kommen, in die Rolle einer schwachen Dämonin schlüpfen, um dich zu täuschen. Ich wollte wissen, wie du stark sein konntest, ohne deine Hände blutig zu machen.“
„Wieso hast du mich verschont? Ich bin dein Erzfeind.“
Shirin schaute ihn fest an „Musst du mich das wirklich fragen?“
Er senkte den Kopf. „Nein.“
„Du weißt, was wir tun müssen?“
Ikfes nickte. „Ich will dich nicht töten.“
Die Dämonin lächelte bei diesen Worten. „Das ist nett von dir, mein Held. Aber ich habe zu viele Leben auf dem Gewissen. Ich könnte dich hier und jetzt erschlagen, doch der Krieg wäre damit nicht zu Ende. Die Menschen würden einer Mörderin wie mir nicht vertrauen. Anders bei dir. Du bist rein und unbefleckt. Du hast das Recht, sogar bei den Ghestani Frieden zu fordern, so lange du mich überwindest.“
Shirin begann ihre magische Kraft zu sammeln. „Gib dir aber Mühe. Ich werde mich nicht von dir besiegen lassen, wenn du nicht mit mir mithalten kannst. Wir müssen unsere Zuschauer überzeugen.“
„Das wird unser erster und letzter Tanz.“ Ikfes entfernte das Leder und enthüllte ein makelloses, schmuckloses Schwert. Es besaß weder Schneide noch eine geschärfte Spitze. Shirins Züge verzogen sich darauf zu scharfen Linien, die entfernt nach Vorfreude aussahen. Ihre Heiterkeit nahm einen bestialischen Charakter an. „Diese Waffe passt zu dir.“
Ikfes brachte seine scheinbar nutzlose Klinge in Position. „Das finde ich auch.“ Dann legten sie los.
Ikfes war bewusst, dass ihr Kampf nur ein Schauspiel mit einem festgesetzten Ende sein sollte. Aber in dem Moment, als Schwert und Krallen aufeinander trafen, schien ihr verabredetes Szenario null und nichtig. Seitdem er seinen Meister übertroffen hatte, war er keinem Feind begegnet, der es im direkten Kampf mit ihm aufnehmen konnte. Er trainierte sich in den Schwertkünsten, meisterte einen Magieaspekt nach dem anderen, ohne jemals zu wissen, wo sein wahres Potential lag.
Der Kampf gegen die Dämonin stellte sein Vertrauen in die eigene Kraft auf die härteste Probe seines Lebens. Shirins Angriffe waren übermenschlich schnell. Die Kraft, die sie aus ihrem schlanken Körper freisetzte, war überwältigend. Nur unter Einsatz seiner anspruchsvollsten Schwerttechniken und Finten konnte Ikfes sich die Attacken vom Leib halten. Shirin umgab sich mit Schwärze, doch er hatte ihren Trick bereits durchschaut, zerstörte ihre Illusion mit einem Gegenzauber, ehe sie die Schatten vollständig sammeln konnte. Dann rief er seine eigene Magie, um schneidende Winde mit seiner Klinge zu erzeugen. Der Druck seiner Schwerthiebe riss das Erdreich auf, aber Shirin wehrte seinen Angriff mit einer Leichtigkeit ab, als hätte sie lediglich störende Insekten verscheucht.
Ikfes wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er musste sich zusammenreißen, um seine Knie am schlottern zu hindern. Ihr Duell fühlte sich wahrlich wie ein Kampf auf Leben und Tod an. „Du hast mir nicht gesagt, dass es so schwer sein würde. Woher nimmst du bloß diese Kraft her?“
„Wir Ghestani gewinnen unsere Macht aus der Erde und ich bin eine Tochter der Erde.“
Der Held brachte seinen Körper in eine defensive Haltung. Er erinnerte sich an Shirins Erklärungen über höhere Dämonen, die ihre Kraft aus der Erde gewannen. Er musste sie dazu bringen, ihren Kontakt mit dem Boden aufzugeben. In seinem Kopf bildete sich ein Plan.
Ikfes beschwor Flammen herauf, mit denen er sein Schwert einhüllte. Dann nahm er eine seitliche Kampfstellung ein, führte sein Schwert nur noch mit der rechten Hand. Seine andere Hand verbarg er hinter seinem Rücken und mit seiner verzauberten Waffe setzten sie ihren Schlagabtausch fort. Das Feuer störte Shirin jedoch nicht weiter, die ihre Krallen mit einem Eiszauber versah und kurzerhand seine Flammen einfror. Wieder warf sie Schatten auf ihn, die er mit Licht abwehrte und so wog ihr Duell hin und her; Magie wurde mit Gegenmagie gekontert, körperliche Überlegenheit mit Technik pariert.
Ikfes wusste nicht, wie lange ihr Kampf bereits dauerte. Das Strecken von Muskeln und Sehnen, das Heben und Senken seines Zwerchfells, das komplexe Zusammenspiel zwischen Schultern, Armen, Handgelenken und Fingern; all diese körperlichen Empfindungen vermischten sich zu einem einzigen fließenden Ganzen. Die Verantwortung, seine Pflichten, seine widersprüchliche Aufgabe, sie verloren ihre Bedeutung im Rausch dieses Kampfes, in der Harmonie ihres Tanzes.
Dann setzte endlich der Effekt seines verzögerten Zaubers ein. Der Boden explodierte, warf Geröll und Erde in alle Richtungen. Shirin behielt ihren festen Stand, musste jedoch für einen Augenblick eine verteidigende Position einnehmen. Ikfes nutzte die kleine Chance, drängte sie mit seinem Schwert auf eine weitere magische Mine, die er während ihres Schlagabtauschs heimlich verteilt hatte. Wieder eine Explosion und wieder musste die Dämonin ihre Barriere einsetzen, um von der Druckwelle nicht in die Luft geschleudert zu werden.
Der Held nutzte seine Initiative, versah sein Schwert mit Antimagie und führte eine aggressive Stoßkombination aus. Wie erwartet wehrte Shirin alle Angriffe ab, musste jedoch ihren Stand verlagern, so dass sie eine weitere Mine aktivierte. Diesmal konnte sie ihren Bannkreis, den Ikfes mit seiner vorherigen Attacke eingerissen hatte, nicht mehr rechtzeitig aufbauen. Die Detonation erfasste sie, schleuderte sie durch die Luft. Er sah seine wahrscheinlich einzige Chance endlich gekommen: Ikfes aktivierte seinen Levitationszauber, katapultierte sich in die Höhe und stieß zu.
Sie selbst hatte ihm die Anatomie der Ghestani erklärt. Ihre Herzen lagen an der anderen Körperhälfte. Entsprechend zielte er. Seine Klinge drang knirschend in ihren Körper, durchbohrte Fleisch und Knochen. Blaues Blut quoll hervor, färbte seine Rüstung und seine Kleidung. Ikfes ließ noch in der Luft sein Schwert los, balancierte sich über eine Rolle aus und landete sicher auf beiden Füßen. Shirin fiel unkontrolliert, aber er fing sie in seinen Armen auf.
„Die Runde geht an dich, du Dummkopf“, sagte sie leise.
Ikfes betrachtete die hässliche Wunde. Das Schwert seines Lehrmeisters, das in ihrem Körper steckte, sah schrecklich falsch aus. „Es tut mir Leid.“
„Ach hör auf! Das war ein guter Kampf.“
„Ich kämpfe nicht gerne“, flüsterte er.
„Und so was schimpft sich ein Held.“ Shirin hustete. Weiteres Blut floss aus ihrem Mund. „Ikfes? Könntest du das zu Ende bringen? Es tut ziemlich weh.“
„Dein Zustand ist noch nicht fatal. Ich könnte dich retten. Du musst dafür nicht dein Leben opfern. Vielleicht werden die Ghestani auch so meine Überlegenheit anerkennen.“
Shirin schüttelte den Kopf. „So funktioniert die Welt leider nicht, mein Held. Durch meine vielen Morde bin ich mehr als nur die Ghestani Shirin, mehr als nur die Tochter der Erde. Ich bin die Verkörperung der Sünden meines Volkes.“
„Aber...“
Sie zog mit ihrem rechten Arm seinen Kopf zu ihren heran, presste ihre Lippen auf seine. Ikfes erste Empfindung war ein metallischer Geschmack. Dann, als ihre Zunge frech auf seine Stieß, ließ er seiner aufgestauten Begierde freien Lauf, begann jeden Winkel ihres Mundes zu erforschen, nahm ihr Blut auf, roch erneut den Duft ihrer Haare.
Seine Ekstase wurde jäh unterbrochen, als ein weiterer Blutschwall in seinen Mund schoss und seine Kehle hinunterlief. Er brach den Kuss ab, hustete aus und bemerkte erst dann, was Shirin getan hatte. Während er abgelenkt war, hatte sie das Schwert gewaltsam in der Wunde gedreht und den Schaden vergrößert. Ihr Körper kühlte in einem beängstigend Tempo ab.
„Ihr Männchen seid doch alle gleich.“ Sie grinste.
Ikfes sah, dass Heilzauber nichts bringen würden. Er legte seine Hand sanft auf ihre. „Du hast mich schon wieder ausgetrickst.“
„Weil du so gutgläubig bist, mein Held.“
Er senkte resigniert den Kopf.
„Ich werde dich nicht enttäuschen.“
„Ich weiß.“ Dann sprach sie nicht mehr.
Ikfes fühlte sich hohl. Es hatte den Eindruck, als beobachtete er sich selbst von außen, als würde alles, was auf diesem Schlachtfeld passiert war, ihn nicht betreffen. Es war noch immer gespenstisch still, obwohl er sich sicher war, dass beide Heere jeden Augenblick des Kampfes verfolgt hatten. Noch immer stand das Schicksal beider Völker auf Messers Schneide.
Mit einem kräftigen Ruck zog Ikfes seine Klinge aus Shirins Körper und rammte sie in den Boden. Anschließend hob er ihren Körper und ging geradewegs auf die Armee der Ghestani zu. Langsam, ganz langsam setzte er einen Schritt auf den anderen, ohne Eile, ohne Hast. Dann sank er auf einem Knie nieder und bettete Shirins Leiche auf das weiche Gras. Er erinnerte sich an das Bestattungsritual, als hätte sie es ihm erst gestern erzählt.
Als erstes beschwor er ein Feuer, womit er eine kreisrunde Fläche ins Gras brannte. Dann begann er die schwarze Asche in der Mitte des Kreises zu sammeln, ehe er eine handvoll nahm und es sich über den Kopf streute. Ein Raunen ging durch die versammelten Ghestani. Als nächstes fing er an zu graben. Mit bloßen Händen hob er Stück für Stück die Erde aus. Er beachtete das scharfkantige Geröll ebenso wenig wie seine müden Hände, die nach Erholung schrien. Er grub einfach weiter, immer tiefer, bis er sich sicher war, dass Shirin es darin bequem haben würde. Es wurde Abend, doch Fackelschein ließ ihn seine Arbeit fortsetzen. Erst als ihm die Grube geräumig genug war, sah Ikfes von seiner Arbeit auf: An der einen Seite standen Mitglieder der Ghestani. Ihr Gesichtsausdruck war nicht zu lesen, doch das sanfte, magische Licht, das sie in ihren Händen hielten, sprach Bände. An der anderen Seite erkannte er seine Gefährten, aber auch Soldaten, die Fackeln und Laternen trugen.
Er nahm Shirin wieder in seine Arme, wunderte sich wiederholt über ihren leichten Körper. Dann ließ er sich in die Grube fallen und legte sie vorsichtig auf den Grund. Mit einem weiteren Sprung, griff er an den Grubenrand und zog sich von dort auf die Grasfläche. Der letzte Schritt des Rituals war nun gekommen. Ikfes ging zu dem Haufen Erde, das er aufgeschichtet hatte, nahm etwas davon in die Hand und streute sie dann in ihr Grab. Anschließend blickte er sich nach allen Seiten um.
Erst zögernd, dann immer schneller und stetiger sammelten sich atmende, fühlende Wesen von beiden Seiten, griffen sich eine handvoll Erde, erwiesen der Erschlagenen die letzte Ehre. Er sah seine Gefährten, einfache Soldaten, Offiziere, Magier. Er sah Ghestani verschiedener Ränge, sogar einen Drachen, der sich ein bisschen Erde ins Maul nahm und in die Grube rieseln ließ, bevor er sich zurückzog um Nachzüglern Platz zu machen. Angehörige beider Völker standen in Eintracht zusammen, wagten den ersten Schritt, um die Jahrzehnte langen Feindseligkeiten zu begraben. In diesem Moment ließ Ikfes seinen Tränen freien Lauf.
Er weinte aus Trauer.
Er weinte aus Mitleid.
Er weinte aus Erleichterung.
Er weinte aus Freude.
Er weinte, weil es das einzig Angemessene war.
Keine Worte konnten seine Emotionen an diesem Abend beschreiben, als sich die Welt nach einer langen Periode des Hasses endlich zum Besseren veränderte.

 

Hi Wuo Long. Leider zieht sich deine Geschichte so sehr, dass ich sie nicht zuende lesen kann. Obwohl das natürlich schäbig ist, kommentiere ich sie hiermit trotzdem. Denn du hast einen guten Schreibstil und scheinbar auch ein gutes Durchhaltevermögen. Das sind zwei Faktoren, die wichtig sind. Wenn du eine Story hättest, die flotter erzählt ist und nicht, wie diese, an ein Rollenspieladenture erinnert, würde ich sie gerne lesen.

Viel Glück und Spaß beim Schreiben,
Karlsson

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für die Antwort Karlsson,

und damit bestätigst du auch schon meine Befüchtung, als ich die Geschichte hier hineingsetzt habe.

Eigentlich schreibe ich Romane im Fantasygenre, während meine Kurzgeschichten in der realen Welt angesiedelt sind. Fantasykurzgeschichten fallen mir etwas schwierig und dieses Stück Text hier ist für einen Roman zu kurz und für eine Kurzgeschichte zu lang. Für den Kurzgeschichtenleser benötigt sie wohl einfach zu viel Anlaufzeit.

Sie mag am Anfang an ein Rollenspieladventure erinnern, es ist auch Absicht, dass ich es gemacht habe,

aber naja, das soll eigentlich der Parodierung eines typischen Fantasyklischees dienen, was du natürlich nicht verstehen kannst, wenn du die Geschichte nicht zu Ende liest.

Mal gucken, ob ich noch andere, ähnliche Kommentare wie von dir bekomme. Dann werde ich mir ernsthaft überlegen, entweder drastisch zu kürzen oder zu einem Roman zu längen. Es wäre mir sonst schade um diese Idee.

Gruß Wuo Long

 

hallo

ich hab die geschichte vor ein paar tagen gelesen (bis zum ende *g*), und fand sie einfach nur irre spannend. du hast genau das getroffen was ich an fantasybüchern mag...sehr spannend und trotzdem eine geniale idee und story dahinter..was die länge angeht, darüber kann man streiten, ich persönlich würde mich freuen wenn du die geschichte zu einem roman ausbaust...ich würde mich sofort als testleser zu verfügung stellen *g*
wie du dich auch entscheidest, ich freu mich wenn ich wieder was von dir lesen kann..weiter so !

lg

 

Danke für die Antwort Superfly94,

so ein Lob geht natürlich runter wie Öl. :)

Freut mich, dass es dir so gut gefallen hat. Ob ich es wirklich zu einem Roman länge muss ich aber noch gucken. Ich habe zur Zeit noch einige andere Schreibprojekte am Laufen und dann muss man ja noch studieren.

Aber so bald werde ich zumindest in der Fantasyrubrik keine Geschichte hineinstellen. Die meisten meiner Geschichten haben wie schon gesagt einen realistischen Hintergrund. Du wirst mich später wohl eher unter den Rubriken "Alltag" oder "Gesellschaft" finden.

Gruß Wuo Long

 

Salve Wuo Long und herzlichen Dank für diese tolle Geschichte.

Mir persönlich hat die Geschichte sehr gut gefallen und wie bereits gesagt wurde, vereint sie viele gute Elemente, die einfach eine Fantasygeschichte ausmachen.
Ich als Liverollenspieler und Pen&Paper-Spieler kann mir sämtliche Situationen auch sehr gut in solchen Spielen vorstellen und sie mir auch bei dir als Inspirationsquellen denken (Magieaspekte und Potential; Kampfstufen und -techniken...klingt mit diesen Ausdrücken fast nach Arcane Codex^^).
Die Charaktere waren ebenfalls schön ausgearbeitet und die Dialoge gut umgesetzt, während die Geschichte schön spannend blieb und ein tolles Ende hatte.

In jedem Fall hat's mir sehr gefallen diese Geschichte zu lesen und würde mich freuen da mal mehr zu sehen.
Grüße,

Medi

 

Hallo Medi,

und danke für die nette Antwort. Es ist mir ein Vergnügen, wenn dir die Geschichte so gefallen hat, aber ich bin um ehrlich zu sein kein wirklicher Rollenspieler. Sicher habe ich in Pen&Paper-Spiele schon mal reingeschnuppert, und habe auch diverse rollenspielsüchtige Freunde, aber ich versuche meine (Fantasy)geschichten meist von den klassischen Geschichtsstrukturen solcher Rollenspiele fern zu halten.

Ich möchte damit nicht sagen, bei Rollenspielen entstünden nicht ab und zu auch einzigartige Geschichten, doch ich wage zu behaupten, dass bei solchen Spielen das Hauptaugenmerk nicht auf einen möglichst originellen oder kunstvollen Plot liegt, sondern auf die Interaktion der Mitspielenden und den Spaß dabei.
Falls es also an manchen Stellen wie Rollenspieljargon klingt, so liegt das einerseits an der Parodisierung des typischen Gut-Böse-Schemas und andererseits einfach daran, dass ich geläufige Fantasy-Begriffe benutze, um Erklärungen und damit Platz zu sparen.

Gruß Wuo Long

 

Nach etwa drei Monaten, wo ich es vermieden habe, mir die Geschichte allzu genau anzuschauen, habe ich sie mal von sprachlichen Fehlern und Schwächen gesäubert. Unnötige Stellen wurden heraus genommen und Anfang und Ende komplett gestrichen. Dadurch ist ein wesentlich leichterer Einstieg möglich und ich verwandle ein klassisches Happy End in bitter-sweet. Sie ist zwar immer noch lang, aber hoffentlich wird sie nun eher gelesen.

Gruß Wuo Long

 

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