Der Stoff, aus dem die Träume sind
„Shit, die Bullen“! Ich fluche leise. Gerade jetzt wo ich den Joint angezündet habe. Ich verstecke ihn mit einer schnellen Bewegung hinter meinem Rücken. Die Kirchenglocke schlägt Mitternacht. Ich, Sandra und Daniela sitzen auf einem Treppchen vor einer Apotheke in dem 13000 Einwohner grossen Städtchen Liestal. Um diese Zeit sind auf der Strasse keine Leute mehr anzutreffen. Um halb zwölf war der Film im Kino zu Ende. Nach dem Kino führt unser Weg aber meist noch an Orte, wo man tagsüber der vielen Leute wegen nicht kiffen kann. Zu unseren Lieblinsorten gehören auch Baugerüste oder das Schulhaus, wo ich und Daniela die BMS besuchen. An solchen Orten halten wir uns dann noch eine Weile auf. Die Zeit verbringen wir mit Reden, Kiffen und dabei geniessen wir das High-sein. Und jetzt die Polizei. Ich habe heute für CHF 50.-- Gras besorgt. Obwohl ich weiss, dass unsere äussere Erscheinung trügt und man uns so etwas nicht zutrauen würde, steigt in mir ein mulmiges Gefühl hoch. Die Polizisten haben uns im Dunkeln bemerkt. Mit einem höflichen „gute Nacht“ gehen die sie weiter. Kaum sind die zwei Polizisten auf ihrem Patrouillengang um die nächste Hausecke verschwunden, hole ich den Joint wieder hinter meinem Rücken hervor. Wir grinsen. „Uns traut man so etwas nicht zu“, meint Daniela. So reden wir noch eine Weile über dies und jenes was alles so geschehen ist in den letzten Wochen. Dann machen wir uns auf den Heimweg zu Sandras Haus. Sandra wohnt mit ihrer Mutter zusammen, deren Freund in der Nachbarwohnung wohnt, so dass Sandra oftmals alleine zu Hause ist. Dort sinken wir nach einem letzten Joint in tiefen Schlaf. Den Sonntag verbringen wir vor dem Fernseher. Ich muss mich schon am frühen Nachmittag von den anderen verabschieden. Am Mittwoch muss ich meinen Vortrag über Los Angeles halten. Der gibt noch viel Arbeit. Beim Heimlaufen mache ich mir viele Gedanken, wieso ich kiffe. Ich verdränge oft den Gedanken an die Auswirkungen dieses Rauschgifts. Bei Jugendlichen könne Marihuana leicht zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Konzentrationsstörungen und Leistungsabfall seien dann meist die Folgen, habe ich gelesen. Die grosse Gefahr des Grasrauchens ist, dass dies allgemein als Einstiegsdroge benutzt wird. Und zudem verbrauche ich fast mein ganzes Taschen- und Kleidergeld für die Beschaffung des Stoffs. Zu Hause mache ich mich an die Arbeit, aber schon wieder mit der Vorfreude auf den Joint vor dem Schlafengehen. Abends spät dann, meine Eltern denken ich schliefe schon, drehe ich einen Joint in meinem Zimmer. Mein Nachtischlämpchen wirft rotes Licht, das den Raum nicht stark erhellt. Ich zünde den Joint an. Sofort fühle ich mich wohl, wenn meine Sinne benebelt werden und mich ein angenehmes Glücksgefühl durchflutet. So tue ich dies jeden Abend in der Woche. Jetzt fühle ich mich wohl, und ich mag nicht mehr auf dies Gefühl verzichten. Mit einer ungeschickten Bewegung, ich wollte eigentlich das Licht auslöschen, werfe ich mein Trinkglas zu Boden. Die Scherben verteilen sich auf dem ganzen Boden. Schon höre ich die Schritte meiner Mutter, die die Treppe hochkommt. Was soll ich nur tun. In meinem Zimmer riecht es eindeutig. Die Türe öffnet sich nur einen Spalt, helles Licht strömt in mein Zimmer, das mich blendet. „Was ist passiert? Ist dir etwas herunter gefallen?“ Schnell antwortete ich ihr: „Nur das Glas, ich räume das morgen auf. Ich möchte schlafen, gute Nacht“. „Ok, übrigens in deinem Zimmer mieft’s, gute Nacht“.