Der Sturm
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich das letzte mal geschrieben habe, bzw. seit ich das letzte mal hier war. Vor kurzem habe ich wieder angefangen, und dabei ist diese Geschichte entstanden. Sagt mir doch bitte, was ihr davon haltet.
Der Sturm
Draußen war es so dunkel, wie es sich für einen späten Dezemberabend gehörte. Ein Sturm wütete draußen, doch das Kind bekam von alledem kaum etwas mit. Es stand in seinem Zimmer, und betrachtete von weit unten, wie der Regen gegen das Fenster trommelte. Irgendwann wollte es mehr wissen, und unter großer Anstrengung zog es sich einen Stuhl unter das Fenster. Es kletterte hinauf, und es verschlug ihm den Atem. Der Wind peitschte den Regen unermüdlich gegen die Fensterscheibe. Die Bäume draußen bewegten sich bloß in Schemen, da das Kind durch die verregnete Scheibe kaum hindurchsehen konnte. Es streckte sich, um das Fenster zu öffnen.
Der erste Spalt, um den sich das Fenster öffnete brachte eine völlig neue Welt in das Zimmer des Kindes. Es hörte das tiefe Heulen des Windes, und manchmal auch das hohe Sirren und Pfeifen, das in der Luft lag. Die Äste der alten Buche vor dem Haus knarrten und ächzten, doch sie blieben standhaft, und wehrten sich mit aller Kraft gegen die Naturgewalten.
Das Kind hatte Mühe, das Fenster nur einen Spalt breit offen zu halten, und bevor es davon erschlagen werden konnte, öffnete es das Fenster ganz. Was nun geschah war kaum zu beschreiben. Der Wind peitschte dem Kind ins Gesicht, und innerhalb kürzster Zeit war es klatschnass. Doch nachdem es sich daran gewöhnt hatte, bemerkte es neue Sachen. Das Licht der Straßenlaterne spielte mit einigen Blättern und kleinen Ästen ein wildes Theaterspiel.
Die Luft roch nach Energie, nach Abenteuer und Ferne. Erneut bekam das Kind einen Schwall Wasser ins Gesicht. Das Wasser war eiskalt, doch es machte das Kind wach und munter. Es fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, an denen etwas von dem Wasser noch war. Es schmeckte nach etwas, das das Kind noch nie zuvor geschmeckt hatte. Dennoch hatte es sich nach genau diesem Geschmack lange gesehnt.
Auf dem Balkon auf der anderen Straßenseite wurde die Balkontür aufgerissen, und eine Frau kam heraus, und riss hastig die Wäsche von der Leine. Sie war jedoch nicht schnell genug. Ein Handtuch konnte entkommen, und fing an, einen wilden Tanz zu tanzen. Immer heftiger bewegte es sich im Wind, huschte blitzschnell durch das Theater der Straßenlaterne und flog weit nach oben, bis es in einem Ast der Buche hängen blieb. "Was machst du denn da?" brüllte die Mutter, die in das Zimmer gestürmt war. Sie riss das Kind vom Fenster weg, schloss es fest, zog das Kind um und legte es ins Bett. "Mach das nie wieder!", ermahnte sie es.
Als der Mann weit nach Mittag aufwachte, schaute er sehnsüchtig durch das Fenster. Das Handtuch, welches er als Kind beobachtet hatte, hatte sich genau vor seinem Fenster in einem Ast verfangen, und eine Weile starrte er es einfach nur an. Dann sprang er aus dem Bett, zog sich blitzschnell an und rannte nach draußen. Vor der Buche blieb er kurz stehen, und began dann sich an den Ästen nach oben zu ziehen. Schon nach kurzer Zeit war er an dem Handtuch angekommen, und entriss es den Klauen des Baumes. Dann kletterte er ganz nach oben, bis an den höchsten Punkt der mächtigen Buche, und hielt das Handtuch in beiden Händen über dem Kopf und wedelte damit. Es regnete wieder, und auch der Sturm setzte wieder ein. Doch als der Mann den ersten Schwall kaltes Wasser ins Gesicht bekam, schüttelte er sich nur kurz, und fing lauthals an zu lachen.
MatrixQ