Der Suchende
I watch how the
moon sits in the dark night
shining with the light from the sun
the sun doesn't give life to the moon assuming
the moon's gonna owe it one.
Er starrte den Mond an. Er mochte ihn, den Mond. In gewisser Weise war der Mond wie er. Der Mond nahm das Licht der Sonne, um selbst zu scheinen. Er bediente sich bei etwas, das er selbst nicht hatte. Das gleiche machte er selbst auch, musste er machen. Dadurch waren er und der Mond so etwas wie Kameraden geworden. Der Mond stärkte ihn, gab ihm Kraft. Er stand ihm bei und füllte ihn immer wieder mit Hoffnung, doch endlich noch, irgendwann, sein Ziel zu erreichen, zu finden was er suchte, bevor auch er es nicht mehr aushalten konnte.
Er lief los. Es war Zeit zu nehmen was er selbst nicht hatte. Locker trabte er den Weg entlang, den Mond im Rücken. Er fühlte sich zuversichtlich. Der Mond war ja da. Er würde ihm helfen.
Endlich kam er dort an, wo er hin wollte: Die Landstraße. Ungefähr eine Viertelstunde musste er warten bis ein Auto vorbeikam. Sofort trat er so weit vor, dass der Fahrer ihn sehen musste und streckte den Arm aus, mit erhobenem Daumen.
Er hatte Glück, der Wagen hielt. Es saß eine einzelne Person im Wagen, eine Frau Mitte Vierzig. Sie wirkte auf ihn stark und selbstbewusst, sehr sportlich. Auf ihrem Beifahrersitz saß ein großer Bernhardiner. Er warf einen Blick auf den Hund und lächelte. Er hatte schon vorher Hunde gemocht und auch jetzt hatte er sie immer noch gern, sie waren praktisch.
Der Bernhardiner würde bei seinem Frauchen bleiben, bis jemand sie morgen fand. Sonst würde vielleicht jemand auf die Idee kommen, Dinge mit ihr anzustellen, gegen die sie sich nicht mehr wehren konnte.
Sie ließ das Fenster herunter.
"Wohin solls denn gehen?"
"Nicht weit". Das Lächeln lag immer noch auf seinem Gesicht. "Aber es ist wohl am besten, wenn ich es Ihnen auf einer Karte zeige."
Mit diesen Worten streifte er seinen Rucksack ab und zog den besagten Plan heraus.
Als sie ihren Arm ausstreckte, schnellte seine Hand hervor, packte sie und zog sie schnell aus dem Fenster. Mit einem gekonnten Griff beendete er ihre Versuche, sich zu wehren und sie sank bewusstlos zusammen. Sie hatte keine Zeit gehabt, eine Schrei auszustoßen und so sah ihr Hund immer noch ruhig, fast interessiert zu, als er sie aus dem Auto trug und auf die Motorhaube legte.
Er lächelte wieder, nein immer noch. Aber er wusste dass er nur lächelte weil dieses Lächeln ihn davon abhielt Dinge zu tun, die er später bereuen würde.
Er rollte ihren Kragen zurück und begann langsam an ihrem Hals zu saugen, nachdem seine Eckzähne die Hauptschlagader aufgeschlitzt hatten.
Zwei Minuten und drei Liter Blut später richtete er sich wieder auf und strich langsam über die klaffende Wunde an ihrem Hals, die sich dadurch auf magische Weise wieder schloss. Anfangs hatte er das nicht verstehen können, doch schon nach wenigen Wochen hatte er jegliche Überzeugung in seine vorherige Weltanschauung verloren, so dass er sich über so etwas einfach keine Gedanken mehr machte.
Er trug sie wieder zurück in den Wagen und drückte die Tür zu. Morgen würde man sie vermutlich finden. Zig Ärzte würden sich den Kopf darüber zerbrechen was mit ihr los war und in einigen Wochen, wenn ihr Körper wieder genügend Blut produziert hatte, würde sie aus dem Schatten wieder ins Leben zurückkehren und er würde wieder einen neuen Menschen brauchen, der ihm etwas Leben lieh.
Seine Suche ging weiter, die Suche nach dem, was er vor langem verloren hatte: seinem Leben. Sie würde so lange weitergehen bis er nicht mehr standhielt und von einem anderen ein ganzes Leben nahm, das sein eigenes, verlorenes ersetzte. Aber noch hatte er Zeit.
Der Mond stärkte ihn.
[Beitrag editiert von: Wanderer am 13.01.2002 um 09:27]