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Serie Der Teufel in mir - Armer Witwer

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16.03.2015
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Der Teufel in mir - Armer Witwer

Meine Frau war natürlich nicht gestorben — ich war nie verheiratet — und meine Firma musste ich auch nicht auflösen, doch die dummen, raffgierigen Ossis fielen immer wieder auf meine unverbrauchte Variante herein.
„Spreche ich mit Herrn Manfred Kämmer? Schön, dass ich Sie erreicht habe“, begrüßte ich freundlich den Handwerksmeister, nachdem ich mich mit Namen und der aktuellen Firmenbezeichnung vorgestellt hatte.
Regelmäßige Firmenauflösungen und Neugründungen mit wechselnden Eigentümern waren von Vorteil, wenn es um Finanzämter oder sonstigen neugierigen Behörden ging. Mal war ich als Inhaber aufgeführt, ein andermal Matze oder seine Schnalle, die wir erst noch überzeugen mussten. Freie Marktwirtschaft war für das Mädel noch relativ neu.
„Ich hoffe, Sie hatten einen erfolgreichen Tag, Herr Kämmer“, begann ich meinen Spruch, den ich zusammen mit Matze tagelang geübt hatte und den ich — auch dank eines Schnäpschens — mittlerweile leicht über die Lippen brachte.

Ich war nicht immer besonders gut in Sprache, Ausdruck und Auswendiglernen, wenn ich an meine Hauptschulzeit zurückdenke. Jetzt war es anders und ich benötigte den kleinen Zettel auch nicht lange, auf dem ich Stichworte und Ablauf notiert hatte. Meine Lehrerin wäre stolz auf mich gewesen.
Wichtig für das Telefonat war, nicht allzu jung zu klingen und den Namen des Gesprächspartners oft zu wiederholen. Vor allem galt es, sich in die Gedanken und Gefühlswelt des armen Mannes hineinzuversetzen, in dessen Rolle man für einen Moment schlüpfte.
Je nach Verlauf konnte es nicht schaden, ein wenig nachzulegen, um trauriger oder gebrochener zu wirken. Schließlich kostete es viel Kraft und Überwindung, einem wildfremden Menschen von seinem schweren Schicksalsschlag zu erzählen.
„Ich habe gemeinsam mit meiner Frau erst kürzlich einen kleinen Handelsbetrieb gegründet. Hier in Magdeburg. Dübel, Schrauben, Werkzeuge, Maschinen und so weiter.“
Magdeburg entsprach in diesem Fall der Wahrheit. Es war von Vorteil, so etwas wie Verbundenheit durch örtliche Nähe aufzubauen.
Ich war da flexibel. Sobald ich mit dem Branchenbuch von Magdeburg durch war und mir das nächste vornahm, passte ich im Gespräch den Firmensitz halt an. Auf den Papieren erschien der Ort nicht, und die Telefonnummer wurde unterdrückt.
Vor allem sollte beim potentiellen Käufer ein Interesse an der angebotenen Ware bestehen. Dazu benötigte man ein wenig Erfahrung oder Fachwissen. Mir kam zugute, früher oft in der kleinen Kellerwerkstatt von Papa herumgebastelt zu haben.

Dann kam der schwierige Teil des Telefonats, der höchste Konzentration erforderte.
„Doch jetzt, nach dem plötzlichen Tod meiner Frau, bin ich nicht in der Lage, das Geschäft weiterzuführen und muss leider alles aufgeben. Der Krebs. Es ging alles so schnell.“
An dieser Stelle machte ich eine kurze Pause, in der mein Gesprächspartner alles sacken lassen konnte, während ich mir das bereitliegende Taschentuch schnappte und die Nase putzte. Nicht so geräuschvoll, um nicht zu übertreiben und weiterhin mit einem Ohr am Hörer lauschen zu können.
Das war der Moment, in dem klar wurde, ob er anbeißen würde oder nicht. Der Moment, in dem ich Matze ein Daumen hoch oder runter signalisierte.
„Ich kann den Großteil der Ware nicht zurückschicken, weil es Sonderposten sind. Wir haben unser ganzes Geld investiert, auch in teure original Bosch-Bohrmaschinen und Kabeltrommeln von Brennenstuhl, die ich — notfalls unter Wert — abgebe, weil das Lager geräumt werden muss. Der Pachtvertrag läuft noch zwei Monate. Ja, und unsere Tochter sollte eigentlich nächstes Jahr studieren, damit es ihr später besser geht …“
Wieder eine kurze Pause, die ich zum Schnäuzen nutzte. Dann schnappte die Falle zu.
„Ach, ich würde die Bohrmaschinen oder Kabeltrommeln am liebsten einfach so zu den Dübeln und Trennscheiben beipacken, die ich natürlich zum Einkaufspreis abgebe.“
Einkaufspreis, bah! Wir besorgten uns die China-Ware palettenweise und so billig von einer Importfirma aus Halle, dass selbst ein fünffacher Verkaufspreis noch als guter Einkaufspreis durchging. Und die schöne Mitleidsnummer gab es nur gratis dazu, damit wir uns von der Konkurrenz unterscheiden konnten, die mittlerweile schon recht groß war.
Handel ist Wandel. Das hatte ich in meinen Büchern gelernt, geschrieben von internationalen Wirtschaftsmagnaten.
„Und dann habe ich einfach die Gelben Seiten aufgeschlagen und bin auf Sie gestoßen, Herr Kämmer.“ So schloss sich der Kreis.
Ein gutes Geschäft für mich und Handwerksmeister Kämmer, der zwischen Bohrmaschine und Kabeltrommel wählen durfte. Wollte er beide, musste er halt noch ein paar tausend Dübel mehr abnehmen.
Und wenn nicht Meister Kämmer der Glückliche wurde, dann der nächste im Alphabet. Meister Kämmerling, Kämper, Kämpfe oder Kämpfert.
Natürlich kamen nicht die besten oder neuesten Modelle der Markengeräte zur „kostenlosen“ Auslieferung. Versprochen hatte ich lediglich 600 Watt bei den Bohrmaschinen und 50 Meter bei den Kabeltrommeln. So stand es anschließend auf dem Fax, das ich als Auftragsbestätigung hinterherschickte. Alles ohne konkrete Typenbezeichnungen. Schwarz auf weiß.
Außerdem: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

„So, Matze“, sagte ich, während das Faxgerät noch den Sendebericht druckte. „Die nächsten Achthundert. Wir können heute Pakete packen und zur Post bringen. Wie weit bist du für diese Woche?“
Eigentlich waren es siebenhundertneunzig Mark, optisch abgerundet. So wie es die ehemaligen HO-Supermärkte taten, die diesen psychologischen Trick wiederum den großen Ketten aus dem Westen abgekupfert hatten. Aber Achthundert klang für uns schöner und damit ließ sich einfacher rechnen.
Matze zog an seinem Joint und blätterte die Durchschläge des Auftragsbuches durch. „Drei Achthunderter, vier Dreihunderter. Müssen wir noch zum Baumarkt und Bohrmaschinen oder Kabeltrommeln besorgen?“
„Ne, die sollten reichen“, erwiderte ich. „Lass uns vorher noch zur Bank. Ich will Auszüge ziehen. Und danach noch kurz zum Kaufhof.“
Im Warenhaus ging ich seit Tagen auf die Toilette, solange die Spülung auf unserem Klo noch kaputt war, und außerdem wollte ich noch ein paar teure Düfte in der Parfümabteilung ausprobieren.
Ich schmiss mir meine Jacke über und nuckelte am Flachmann, der in der Innentasche auf mich wartete.
Matze musste fahren. Nicht, weil ich etwas intus hatte, sondern abermals keinen Führerschein besaß und ich mir meine MPU nicht versauen wollte, falls ich erwischt würde. Mein eigener 735 i sollte bald wieder Tageslicht sehen. In der Garage versauerte er nur.

Alleine der Moment, in dem ich die Kontoauszüge in Händen hielt, entschied über meine Stimmung für den Rest des Tages. Wenn alles gut war, gab es kühles Bier vom REWE oder frisches Cannabis für unsere Bong vom René am Bahnhof. Wenn nicht, musste der Papierkorb vor der KKB Bank dran glauben.
Zu der Zeit hatte der schon einige Beulen und ich noch ein eigenes Konto. Die Pfändungen begannen erst später. Da musste dann Papa einspringen, der auf seinen Namen ein Bankkonto mit einer Vollmacht für mich einrichtete. Mama schimpfte immer, so dass Papa es diesmal ohne ihr Wissen getan hatte.
Ach ja, der Papierkorb. Tut mir Leid für ihn, ich war bereits als Kind jähzornig. Wenn ich das auseinandergenommene Radio oder den Kassettenrecorder nicht wieder zusammenbauen konnte, landeten die Einzelteile im weiten Bogen in der anderen Ecke des Kinderzimmers. Da war mir auch egal, dass mein Bruder dort hinten auf dem Teppich kniend in seinen Büchern schmökerte. Leseratte. Stubenhocker.

Mindestens zwei, wenn es sehr gut lief, vier Aufträge am Tag holte ich damals alleine rein, große oder kleine Aufträge. Das bedeutete mitunter fünfzig, sechzig Anrufe am Tag.
Es war kein Zuckerschlecken und wir spielten mit dem Gedanken zu expandieren, Aushilfen einzustellen. Rentner, die meine Story im authentischen Ost-Deutsch vortrügen.
Einmal haben wir das tatsächlich versucht. Es sollte kein tatteriger, sondern ein wortgewandter Rentner sein. Stattdessen wurde es Frau Hühnerbein. Sie stellte sich anfangs gar nicht so dumm an. Später wurde die Alte zu unserer Knechttüte, bis sie die Brocken hinwarf. Eine andere Geschichte.


Einen dieser Kontoauszüge von damals halte ich heute in Händen. Manfred Kämmer und andere hatten überwiesen. Insgesamt stand da ein fünfstelliger Betrag auf der Habenseite.
Ich muss mich damals wie ein Schneekönig gefühlt haben. Kenne das Gefühl gar nicht mehr.
Matze, der auf eigene Rechnung arbeitete, hatte in den letzten Monaten unserer Partnerschaft immer weniger Geld reingeholt. Er war fett und faul geworden, seit er sich von seiner Schnalle ein Kind hatte andrehen lassen und nicht mehr so oft im Büro erschien.
Er ist drüben geblieben. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm und von anderen gehört, er solle clean sein.

Ich blicke aus dem Fenster. Am Kiosk gegenüber zieht jemand das eiserne Gitterrollo hoch. Ich bin nicht eingesperrt, ja sogar freiwillig hier, und es wäre eine Leichtigkeit für mich, zwischendurch rüberzuspringen. Aber ich bin standhaft geblieben.
Sehnsüchtig schaue ich einer jungen Frau hinterher, die einen Kinderwagen über den Bürgersteig schiebt. Verdammt noch mal! Sie hat sogar die gleiche rote Mähne wie Andrea!
Mit Tränen in den Augen rieche ich letztmalig am Kontoauszug. Heißt es nicht „Geld stinkt nicht“? Ich rieche Muff.
Dann hefte ich das Blatt in meinen Ordner der Erinnerungen ab.
Beim Durchblättern finde ich den heute wertlosen und illegalen Führerschein aus Tschechien und den kleinen Zettel wieder, auf dem ich den Verkaufsspruch notiert hatte. Armer Witwer steht da mit großen Buchstaben drübergekritzelt. Ich hatte schon immer Sinn für Humor.
Selbst eine der handgeschriebenen Auftragsbestätigungen, die ich damals gefaxt hatte, ist noch im Ordner. Unglaublich, wie das funktionieren konnte. Ich habe meine Chancen genutzt. Heute, mit Internet und Amazon, wäre das alles nicht möglich.

Ich schnappe mir einen Staublappen, möchte mein Zimmer sauber und aufgeräumt haben, bevor es zum Frühstücken in die Gemeinschaftsküche geht. Bevor mich mein Bruder besuchen kommt. Ich habe mir vorgenommen, ihm die ganze Wahrheit zu erzählen. Oder wenigstens einen Teil.
Weiß er eigentlich von den Zwillingen? Wie alt wären sie jetzt? Zwölf, dreizehn?
Der Lappen wirbelt Staub auf und es kratzt schon wieder so furchtbar in meinem Hals. Ganz furchtbar. Von ganz unten.
Ich huste und huste und spucke zähflüssigen, roten Schleim auf ein Taschentuch, hole mein Handy hervor und fotografiere die Sauerei.
Es ist mehr geworden. Ich habe noch so viel zu erzählen.


 

Der als Spiritus Rector bekanntgewordene Phantast ist wieder zurück und erinnert sich an eine weitere Episode seines Lebens, das aus Lug und Betrug, Süchten und Träumen, Gewalt und Ängsten besteht.

Jetzt als Serie „Der Teufel in mir“, wobei die erste, o.g. Geschichte ein wenig überarbeitet wurde.

 

Hi GoMusic!

Eine sehr plastisch ge- und beschriebene Charakterstudie hast du da abgeliefert. Sowohl der erste Teil des Spiritus Rector, als auch dieser vom armen Witwer zeigen ein ausgesprochen lebendiges Bild eines (klein-)kriminellen Losers und Lebemannes, der nur im Hier und Jetzt lebt und ohne Perspektive durchs Leben taumelt.
Klar - die Aufhängung in den neuen Bundesländern kurz nach der Wende wirkt mittlerweile ein wenig klischeehaft und stereotypisch, aber für die Geschichte muss der Rahmen ja stimmen.

Sehr gut gefallen mir bei beiden Geschichten die kleinen Details - die Leidenschaft zum Schnüffeln, eine jähzornige Natur schon von Kindesbeinen an, die drogenbedingte Enthemmung. Genau solche Elemente geben Figuren und Geschichten Tiefe und Charakter.

Was mir vielleicht nicht so gut gefallen will ist das Ende - das ist für meinen Geschmack etwas kryptisch. Was hat es denn jetzt mit seinem Leben, der Gemeinschaftsküche, dem Blutspucken, der rothaarigen Andrea und den Zwillingen auf sich? Ich vermute, dein Prot lässt sein Leben und das seiner Familie und des Bruders Revue passieren. Ich persönlich hätte mir da ein wenig mehr Klarheit gewünscht, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack und außerdem sind Andeutungen ja auch immer ein schöner Freiraum für eigene kreative Vorstellungen und Bilder. Von daher kann ich jetzt nicht sagen, dass das etwas ist, das du "ändern" solltest.

Da es sich hier um eine Serie handelt, bin ich ja mal gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird und ob aus dem Spiritus Rector der geläuterte Moralapostel im ewigen Kampf ums Clean-sein und -bleiben wird, oder der (unvermeidbare) Absturz in die endgültige Verbrecherkarriere erfolgt!:)

Viele Grüße vom EISENMANN, der ebenfalls wie auch Chris Stone hardboiled sehr gut leiden kann

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber GoMusic,

deine erste ‚Spiritus Rector’-Geschichte habe ich erst im Nachhinein gelesen. Möglicherweise hätten sich einige Fragen erledigt, wenn ich sie vorher gelesen hätte. Sieh es mir nach, wenn ich alles nun so stehen lasse, wie ich es nach dem Lesen der heutigen Geschichte notiert habe.

Einen dieser Kontoauszüge von damals halte ich heute in Händen. Manfred Kämmer und andere hatten überwiesen. Insgesamt stand da ein fünfstelliger Betrag auf der Habenseite.
Ich muss mich damals wie ein Schneekönig gefühlt haben.
Man muss schon recht genau lesen, um die beiden Zeitebenen deiner Geschichte zu unterscheiden. Erst zum Schluss kann ich das Gelesene zuordnen und verstehen. Dann wird mir klar, dass ich einem kleinen drogen- oder alkoholabhängigen Ganoven zugehört habe, der einen alten Kontoauszug in der Hand hält und sich an seine Gaunereien erinnert. So schließt sich der Kreis und ich kann die Einzelheiten, die du mir erzählst, einordnen. Dabei versperren mir allerdings die vielen geschäftlichen Details hin und wieder den lockeren Zugang zu deiner Geschichte. Ich war zwischenzeitlich ganz schön damit beschäftigt herauszufinden, wie dieses Geschäft da im Osten funktionierte, wie dein Ich-Erzähler die biederen Handwerksmeister aufs Kreuz legte und wie überhaupt die Geschäftsidee der beiden funktioniert hat.

„Ich kann den Großteil der Ware nicht zurückschicken, weil es Sonderposten sind. Wir haben unser ganzes Geld investiert, auch in teure(n), original Bosch-Bohrmaschinen und Kabeltrommeln von Brennenstuhl, die ich — notfalls unter Wert — abgebe. Das Lager muss geräumt werden. …

Ach, ich würde die Bohrmaschinen oder Kabeltrommeln am liebsten einfach so dazugeben, sie bei den Dübeln und Trennscheiben hinzupacken. Diese würde ich zum Einkaufspreis abgeben.“

Das mit den angeblichen Gratiszugaben — Markengeräte, die auch in Dunkeldeutschland einen sehr guten Ruf genossen — hatte Jahre lang noch ohne ausschmückende Worte oder sonstigem(s) Pipapo funktioniert. Da schickten wir dem Besteller diese Zugabe ohne Wissen seines Chefs separat an die Privatadresse.
???

Natürlich kamen nicht die besten oder neuesten Modelle der Markengeräte zur „kostenlosen“ Auslieferung. Das hatte ich nie versprochen. 600 Watt sind 600 Watt, und 50 Meter 50 Meter. So wie es auf dem Fax stand, das ich als Auftragsbestätigung hinterherschickte. Schwarz auf weiß.
Außerdem: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
???

Kann natürlich an mir liegen, aber ich komme nicht wirklich dahinter, was der Ich-Erzähler, Matze, seine Schnalle und Frau Hühnerbein da mit den armen Ossis wirklich angestellt haben.

Und auch die Gegenwart scheint mir kompliziert zu sein: Der Ich-Erzähler hat sich (vermutlich) freiwillig in eine Therapie begeben, spuckt kräftig Blut, hat irgendwo Zwillinge und erwartet am Ort seiner Therapie seinen Bruder. Dem wird er dann wahrscheinlich weitere Geschichten erzählen.

Zu den Einzelheiten:

nachdem ich mich mit Namen und der aktuellem(n) Firmenbezeichnung vorgestellt hatte.

Regelmäßige Firmenauflösungen und Neugründungen mit wechselnden Eigentümern waren von Vorteil, gerade bezüglich Finanzämtern und sonstigen neugierigen Behörden.
Der Satz funktioniert so nicht, weil das Wörtchen ‚bezüglich’ hier etwas verkürzt. Meinst du: …, wenn es um Finanzämter oder sonstige Behörden ging’?
Ist natürlich das, was dein Protagonist denkt, aber ansonsten drückt er sich ja normal alltagssprachlich aus.

Mal war ich als Inhaber aufgeführt, ein andermal Matze oder seine Schnalle, die wir erst noch überzeugen mussten. Freie Marktwirtschaft war noch relativ neu für sie.
Du meinst doch mit ‚sie’ die Ossis und nicht Matze und seine Schnalle.

„Ich hoffe, Sie hatten einen erfolgreichen Tag, Herr Kämmer“, begann ich meinen Spruch, den ich zusammen mit Matze tagelang geübt hatte und den ich — auch dank eines kleinen Schnäpschens — mittlerweile leicht über die Lippen brachte.
Er muss schon sehr schwer von Begriff sein, wenn er tagelang üben muss.

Wichtig für das Telefonat war, nicht allzu jung zu klingen und den Namen seines (des) Gesprächspartners (nicht) oft zu wiederholen.

Sobald ich mit dem Branchenbuch von Magdeburg durch war und mir das nächste vornahm, passte ich meinen Firmensitz für die nächsten Telefonate an.
Passt er Magdeburg seinen Telefonaten an oder passt er das, was er im Telefongespräch sagt, dem neuen Firmensitz an?

Auf den Papieren erschien der Ort nicht und unsere (die) Telefonnummer wurde unterdrückt.

Mir kam zugute, früher oft in der kleinen Kellerwerkstatt von Papa herumgewerkelt zu haben.

Das war der Moment, wo ich langsam eine Ahnung bekam, ob er anbeißen würde. Der Moment, wo mich Matze anschaute und auf ein „Daumen hoch“ oder ein skeptisches Gesicht von mir wartete.
Das ist ein bisschen umständlich formuliert. Vielleicht besser so:
Das war der Moment, in dem klar wurde, ob er anbeißen würde oder nicht. Der Moment, in dem ich Matze ein ‚Daumen hoch oder runter’ signalisierte.

„Ich kann den Großteil der Ware nicht zurückschicken, weil es Sonderposten sind. Wir haben unser ganzes Geld investiert, auch in teure(n)(,) original Bosch-Bohrmaschinen und Kabeltrommeln von Brennenstuhl, die ich — notfalls unter Wert — abgebe. Das Lager muss geräumt werden. Der Pachtvertrag läuft noch zwei Monate und unsere Tochter sollte eigentlich nächstes Jahr studieren, damit es ihr später besser geht …“

Vorschlag:
... die ich — notfalls unter Wert — abgebe, weil das Lager bald geräumt werden muss. Ja, und natürlich sollte unsere Tochter eigentlich …

Das hatte ich in meinen Büchern gelernt, geschrieben von internationalen Wirtschaftsmagnaten.
Wirtschaftsmagnaten? Ja, das sagt er so.

Wollte er beide, musste er halt noch ein paar Tausend (tausend) Dübel mehr abnehmen.

„Ne, die sollten reichen“, erwiderte ich. „Lass uns vorher noch zur Bank. Ich will Auszüge ziehen. Und danach noch kurz zum Kaufhof.“
Im Warenhaus ging ich seit Tagen auf die Toilette, solange die Spülung auf unseren Klo noch kaputt war, und außerdem wollte ich noch ein paar teure Düfte in der Parfümabteilung ausprobieren.
Diesen Einschub (Kaufhof, Toilette, Parfümabteilung) verstehe ich überhaupt nicht.

Mein eigener 735 i sollte bald wieder Tageslicht sehen. In der Garage versauerte der BMW (er) nur.
Den kenne ja sogar ich.

Später hatten (haben) wir das tatsächlich versucht.
Das PQP drückt eine Vorzeitigkeit aus. Das ist mit 'später' nicht so recht möglich.

Es wurde zwar kein tatteriger, dafür aber wortgewandter Rentner, sondern Frau Hühnerbein.

Es wurde kein …, dafür aber…, sondern …
Das funktioniert so nicht.
Es sollte kein tatteriger, sondern ein wortgewandter Rentner sein. Stattdessen wurde es Frau Hühnerbein.

und es wäre eine Leichtigkeit für mich, zwischendurch rüber zu springen.
rüberzuspringen

Sehnsüchtig schaue ich eine(r) junge(n) Frau hinterher

Sie hat sogar die gleiche(,) rote Mähne wie Andrea!
Wer ist Andrea?

Lieber GoMusic, das ist, wenn ich es recht verstehe, der zweite Teil deiner Serie. In diesem Teil erinnert er sich an seine Ganovenzeit im Osten, wenn ich alles richtig verstanden habe. Es war eine Zeit, in der es ihm einerseits richtig gut ging, davon zeugt der Kontoauszug,

Insgesamt stand da ein fünfstelliger Betrag auf der Habenseite.
in der er aber auch recht stark neben der Spur war. Du deutest seine Abhängigkeit an, lässt ihn aber gleichzeitig recht erfolgreich seine Geschäfte durchziehen. Dabei ist mir nicht ganz klar, wie du ihn zeichnen möchtest: als den Simpel, der einen Zettel braucht, um seinen Spruch abzulassen oder als denjenigen, der eine clevere Geschäftsidee hat und biedere Handwerksmeister im Osten übers Ohr haut. So ganz kann ich beides nicht unter einen Hut bringen. Und vor allem komme ich nicht dahinter, was der Titel dieses Teils der Serie ‚Der Teufel in mir - Armer Witwer’ bedeutet. So teuflisch ist er doch gar nicht (da musst du mal bei Eisenmann nachlesen) und ein armer Witwer ist er ja nur in seinen Verkaufsgesprächen.

Meine Frau war natürlich nicht gestorben — ich war noch nie verheiratet gewesen — und meine Firma musste ich auch nicht auflösen, doch die dummen, raffgierigen Ossis fielen immer wieder auf meine unverbrauchte Variante herein.

'Raffgierige’ Ossis?

Zum Schluss ein kurzer Vergleich deiner beiden Geschichten: Die erste hatte mMn mehr Kraft und Schwung, diese leidet besonders im ersten Teil ein bisschen unter den für mein Empfinden unnötig komplizierten Geschäfts-Details.

Bin gespannt, wie’s weitergeht.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hi Eisenmann,

danke, dass du beide Teile gelesen und einen Kommentar hinterlassen hast. :thumbsup:
Es ist ja oft der erste Kommentar, den man zitternd öffnet, weil man nicht weiß, ob und wie der Text ankommt. :Pfeif:

Da freut mich dein erster Satz natürlich besonders:

Eine sehr plastisch ge- und beschriebene Charakterstudie hast du da abgeliefert. Sowohl der erste Teil des Spiritus Rector, als auch dieser vom armen Witwer zeigen ein ausgesprochen lebendiges Bild eines (klein-)kriminellen Losers und Lebemannes, der nur im Hier und Jetzt lebt und ohne Perspektive durchs Leben taumelt.
Da weiß ich schon mal, dass diese Art der Charakterstudie (in Serie) funktionieren kann. :)

Schön auch, dass dir die kleinen (wiederholend auftretenden) Details aufgefallen sind und sie dir gefallen.

Was mir vielleicht nicht so gut gefallen will ist das Ende - das ist für meinen Geschmack etwas kryptisch. Was hat es denn jetzt mit seinem Leben, der Gemeinschaftsküche, dem Blutspucken, der rothaarigen Andrea und den Zwillingen auf sich? Ich vermute, dein Prot lässt sein Leben und das seiner Familie und des Bruders Revue passieren.
Ja, du liegst mit deiner Vermutung völlig richtig.
Ich sehe aber auch, gerade nach dem Kommentar von barnhelm, dass ich da vielleicht doch ein wenig herausnehmen sollte, da womöglich zu viel angesprochen wird.

(Danke schon mal vorab für deinen umfangreichen Kommentar und die Vorschläge, liebe barnhelm. Ich habe die Fehler korrigiert und einige Sätze umgestellt. Melde mich dazu später, schaffe das zeitlich heute nicht mehr. Außerdem möchte ich ggf. vorher noch weitere Änderungen einbauen …)

Ich persönlich hätte mir da ein wenig mehr Klarheit gewünscht, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack und außerdem sind Andeutungen ja auch immer ein schöner Freiraum für eigene kreative Vorstellungen und Bilder. Von daher kann ich jetzt nicht sagen, dass das etwas ist, das du "ändern" solltest.
Ja, wie gesagt, das überlege ich mir noch. Dass sich der Leser da Vorstellungen macht, ist an und für sich eine tolle Sache, aber es sollten vielleicht doch nicht so viele Andeutungen im Text sein. Das (über)schneidet sich dann womöglich auch mit den nächsten Teilen.

Da es sich hier um eine Serie handelt, bin ich ja mal gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird und ob aus dem Spiritus Rector der geläuterte Moralapostel im ewigen Kampf ums Clean-sein und -bleiben wird, oder der (unvermeidbare) Absturz in die endgültige Verbrecherkarriere erfolgt!
Man wird sehen, wie das innerhalb der Serie überhaupt funktionieren kann. Die Idee war/ist, dass die Teile nicht chronologisch sind, also tatsächlich auch jeweils einzeln lesbar sind (Prinzip der WK-Serien).

„Zu viel“ Entwicklung könnte hingegen schon zu einem Roman-Projekt führen. Mal sehen, wie das gelingt bzw. wo das hinführt. Bin da noch ein wenig unsicher.

Lieben Dank für dein Feedback und dein Interesse. :)

Schönen Abend noch und liebe Grüße,
GoMusic

*** wird fortgesetzt ***

 

Liebe barnhelm,

vielen Dank für deinen Besuch und den tollen Kommentar. :thumbsup:

Dabei versperren mir allerdings die vielen geschäftlichen Details hin und wieder den lockeren Zugang zu deiner Geschichte. Ich war zwischenzeitlich ganz schön damit beschäftigt herauszufinden, wie dieses Geschäft da im Osten funktionierte, wie dein Ich-Erzähler die biederen Handwerksmeister aufs Kreuz legte und wie überhaupt die Geschäftsidee der beiden funktioniert hat.
Du hast da Sätze/Absätze gezeigt, wo diese geschäftlichen Details aufgeführt werden. Ich war mir einigermaßen sicher, dass die Geschäftsidee bzw. dieses Treiben dadurch genau erklärt wird.
Leider scheint das nicht im vollem Umfang gelungen zu sein, wenn du da noch viele Fragezeichen vor Augen hast.
Ich wollte rüberbringen, dass da große Mengen an Material angeblich „verramscht“ werden (hier: Dübel), und dabei teuere Markenwerkzeuge angeblich kostenlos (als Lockmittel) dazugelegt werden (die natürlich im Verkaufspreis doppelt und dreifach enthalten sind).

Zwei deiner Beispiele dieser Masche habe ich nun ein wenig detailliert:

Das mit den angeblichen Gratiszugaben — Markengeräte, die auch in Dunkeldeutschland einen sehr guten Ruf genossen — hatte Jahre lang noch ohne ausschmückende Worte oder sonstigem(s) Pipapo funktioniert. Da schickten wir dem Besteller diese Zugabe ohne Wissen seines Chefs separat an die Privatadresse.
Fett markierter Satz ist nun ersetzt durch:

Da ist es uns oft gelungen, die angeblich kostenlosen Zugaben an die Privatadressen unserer Gesprächspartner - also vorbei an Chef und Firma - zu schicken, so dass diese daraus auch noch Vorteile ziehen konnten.

Natürlich kamen nicht die besten oder neuesten Modelle der Markengeräte zur „kostenlosen“ Auslieferung. Das hatte ich nie versprochen. 600 Watt sind 600 Watt, und 50 Meter 50 Meter. So wie es auf dem Fax stand, das ich als Auftragsbestätigung hinterherschickte. Schwarz auf weiß.
Außerdem: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Ist nun:

Natürlich kamen nicht die besten oder neuesten Modelle der Markengeräte zur „kostenlosen“ Auslieferung. Versprochen hatte ich lediglich 600 Watt bei den Bohrmaschinen und 50 Meter bei den Kabeltrommeln. So stand es anschließend auf dem Fax, das ich als Auftragsbestätigung hinterherschickte. Alles ohne konkrete Typenbezeichnungen. Schwarz auf weiß.
Außerdem: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

Und auch die Gegenwart scheint mir kompliziert zu sein: Der Ich-Erzähler hat sich (vermutlich) freiwillig in eine Therapie begeben, spuckt kräftig Blut, hat irgendwo Zwillinge und erwartet am Ort seiner Therapie seinen Bruder. Dem wird er dann wahrscheinlich weitere Geschichten erzählen.
Ja, die Gegenwart ist (auch) kompliziert. Der Protagonist hat heute ganz andere Probleme. Private und gesundheitliche. Und tatsächlich will er nun seinem Bruder gegenüber reinen Tisch machen.

Die RS-/Grammatikfehler und ungenauen Formulierungen habe ich korrigiert. Ebenso viele deiner Vorschläge übernommen. Vielen Dank dafür! :)

Mal war ich als Inhaber aufgeführt, ein andermal Matze oder seine Schnalle, die wir erst noch überzeugen mussten. Freie Marktwirtschaft war noch relativ neu für sie.
Du meinst doch mit ‚sie’ die Ossis und nicht Matze und seine Schnalle.
Gut, dass du das aufzeigst. Bloß die Freundin von Matze war gemeint. Habe es nun genauer gemacht:

Freie Marktwirtschaft war für das Mädel noch relativ neu.

„Ich hoffe, Sie hatten einen erfolgreichen Tag, Herr Kämmer“, begann ich meinen Spruch, den ich zusammen mit Matze tagelang geübt hatte und den ich — auch dank eines kleinen Schnäpschens — mittlerweile leicht über die Lippen brachte.
Er muss schon sehr schwer von Begriff sein, wenn er tagelang üben muss.
Schwer von Begriff war er auf einer Art schon.
Aber „tagelang“ war für ihn ja nicht das gleiche wie für die „normalen“ Leute mit ihrem 9 - 15 Uhr-Job, um das mal ein wenig drastisch zu sagen.
Der Protagonist hat meistens erst am Nachmittag angefangen zu arbeiten, wenn seine Zielgruppe, also die Handwerker von ihren Baustellen heimkehrten (siehe auch im anderen Teil). Ein Arbeitstag hatte da nur wenige Stunden. Und da auch noch viel gesoffen, geraucht und gekifft wurde, blieb nicht mehr viel Zeit zum „Lernen/Üben“ übrig, um dies zu perfektionieren. :D

Sobald ich mit dem Branchenbuch von Magdeburg durch war und mir das nächste vornahm, passte ich meinen Firmensitz für die nächsten Telefonate an.
Passt er Magdeburg seinen Telefonaten an oder passt er das, was er im Telefongespräch sagt, dem neuen Firmensitz an?
Danke für den Hinweis. Er sagt natürlich nur am Telefon einen anderen Ort. Die Leute sollen sich ja nicht wundern, warum er denn aus weit entferntem Ort ausgerechnet sie anruft.
Habe ich auch angepasst.

„Ne, die sollten reichen“, erwiderte ich. „Lass uns vorher noch zur Bank. Ich will Auszüge ziehen. Und danach noch kurz zum Kaufhof.“
Im Warenhaus ging ich seit Tagen auf die Toilette, solange die Spülung auf unseren Klo noch kaputt war, und außerdem wollte ich noch ein paar teure Düfte in der Parfümabteilung ausprobieren.
Diesen Einschub (Kaufhof, Toilette, Parfümabteilung) verstehe ich überhaupt nicht.
Toilette im Kaufhaus wegen der kaputten Spülung im Büro-WC.
Düfte ausprobieren (und dann auch noch teure, die er sich nie kaufen würde), weil er gerne schnüffelt, riecht, überall seine Nase dran- oder reinsteckt (ist beides auch näher im anderen Teil beschrieben). :)

Wer ist Andrea?
Eine verflossene Liebe, die hier erstmalig kurz erwähnt wird. Sozusagen Vorschau auf nächste „Abenteuer“. :Pfeif:

Es war eine Zeit, in der es ihm einerseits richtig gut ging, davon zeugt der Kontoauszug, … in der er aber auch recht stark neben der Spur war. Du deutest seine Abhängigkeit an, lässt ihn aber gleichzeitig recht erfolgreich seine Geschäfte durchziehen. Dabei ist mir nicht ganz klar, wie du ihn zeichnen möchtest: als den Simpel, der einen Zettel braucht, um seinen Spruch abzulassen oder als denjenigen, der eine clevere Geschäftsidee hat und biedere Handwerksmeister im Osten übers Ohr haut. So ganz kann ich beides nicht unter einen Hut bringen.
Die Figur hat die von dir aufgeführten Eigenschaften alle auf einmal/gleichzeitig.
Er ist neben der Spur, abhängig, und hat sich eine clevere Idee ausgedacht, für die er sich sehr lange vorbereitet, weil er nicht gut im Reden ist und sie erfolgreich durchziehen will (Perfektionismus).

Und vor allem komme ich nicht dahinter, was der Titel dieses Teils der Serie ‚Der Teufel in mir - Armer Witwer’ bedeutet. So teuflisch ist er doch gar nicht (da musst du mal bei @Eisenmann nachlesen) und ein armer Witwer ist er ja nur in seinen Verkaufsgesprächen.
Mit „Dem Teufel in mir“ ist hier nicht der eisenmann-horrormäßige Wahn(sinn) gemeint, sondern der Teufel im Sinne von Alkohol und Drogen, die den Prota (fremd)steuern.

'Raffgierige’ Ossis?
Im Verständnis des Protas ja. Im Sinne von geldgierig, materialistisch, konsumgeil. Im Prinzip also genau so raffgierig, wie der Prost selbst ist. Er hat das erkannt und macht sich das zu Nutzen. :)

Zum Schluss ein kurzer Vergleich deiner beiden Geschichten: Die erste hatte mMn mehr Kraft und Schwung, diese leidet besonders im ersten Teil ein bisschen unter den für mein Empfinden unnötig komplizierten Geschäfts-Details.
Danke, dass du beide gelesen hast. :read:
Mir gefällt die andere auch besser.
Aber es ist wie im wahren Leben: Es gibt nicht nur Action. ;)
Vielleicht fallen mir hier ja auch noch etwas schwungvollere Einschübe ein.
Hoffentlich ist es mir aber gelungen, durch die Textänderungen die Geschäftsdetails ein wenig aufzulockern/zu vereinfachen.

Du hast mir sehr geholfen. Vielen Dank, liebe barnhelm.

Wünsche dir noch einen tollen Sonntag.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Lieber GoMusic,

oh je. Ich dachte mir, Du kommentierst immer meine Geschichten so lieb und es wäre doch längst an der Zeit, auch mal bei Dir vorbeizuschauen. Gesagt, getan, und nun möchte ich vielleicht doch lieber nicht kommentieren, weil nett wird das nicht. Aber - ich weiß nicht - aus Kritik lernen und so, das spukt mir auch durch den Kopf. Also beiße ich jetzt die Zähne zusammen, und schreib meinen Kommentar, und hoffe, Dir nicht den Abend zu versauen. Spätestens jetzt kannst Du den Rechner auch runterfahren.

Die ganze Geschichte ist ein reines tell. So viel tell, so wenig show, so wenig Handlung, kein Konflikt, kein Antagonist, und dann auch noch Rückblende. Ach je. Das ist weniger eine Geschichte, als eine Gebrauchsanweisung für schnell verdientes, gutes Geld, kurz nach der Wende. Massenimport aus China, Billigware, die unter hiesigen Einkaufspreis weiterverkauft wird, und eigentlich ist das ganze eine win-win-Situation für beide Seiten, und ich verstehe nicht, warum man da noch eine Bohrmaschine drauflegen muss? Okay, damit die Leute große Posten abnehmen. Und dann wird das Ganze auch noch so verkompliziert geschildert, dabei kann man das doch gut und gern mit zwei, drei klaren Sätzen erklären. Der Typ trickst ein wenig mit dem Finanzamt, kifft sich einen und irgendwann funktioniert es nicht mehr, die "Firma" geht hoch, aber auch darüber erfahre ich nichts, nur, dass dem so ist.
Eisenmann sieht ja immerhin noch eine Charakterstudie. Ich kann nicht mal die sehen. Ein Typ - Eckdaten aus dem Lebenslauf - Frau geschwängert, Scheinfirmen, Führerscheinduplikat aus Tschechien, Drogen - so what? Davon gibt es viele, und er bleibt für mich einer von den vielen, beliebig austauschbar. Am Ende ist er krank, lebt irgendwo, und will seinem Bruder die Beichte ablegen. Warum, weshalb er das tun will, (Im Angesicht des Todes? Weil man das eben so macht?), ich weiß es nicht.

Nun ist es ja ein Serienteil, vielleicht rundet sich das Bild, Mosaiksteinchen zu Mosaiksteinchen zu großem Bild, mag sein, aber jede Geschichte soll ja auch für sich stehen können, und hier fehlt sie mir halt, die Geschichte mit Spannungsbogen, Konflikt und einer ganz individuellen Figur.

So, nun hab ich es hinter mir und Du auch.
Ich läute den Leseabend auf dem Sofa ein. Mach Du auch irgendwas schönes.

Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe Fliege,

Das habe ich nach deinem Kommentar auch gedacht. :Pfeif:

So viel tell, so wenig show, so wenig Handlung, kein Konflikt, kein Antagonist, und dann auch noch Rückblende.
Danke für deinen klaren Worte. :thumbsup:

Da war mein Elan und meine Freude so groß, eine neue „Episode“ über den Prota zu schreiben (und letztendlich zusammen mit der existierenden 2015er-Geschichte daraus eine Serie zu erstellen), dass ich wohl das Wichtige aus den Augen verloren oder zumindest vernachlässigt habe, damit es als Einzelteil einer Serie funktioniert: Konflikt, Show, Antagonist, Spannungsbogen …

Wahrscheinlich klappt es als Serie tatsächlich nicht, sondern eher als (pseudo)biographische Geschichte in Form von Episoden oder als Roman oder als was auch immer. (Würde mich auch über weitere Meinungen darüber freuen.)
Ich bin jetzt ein wenig unsicher, sehe aber auch die Chance, über diesen Teil hier nochmal nachzudenken und o.g. fehlende Kriterien einzubauen. Und das werde ich zumindest versuchen.

Ich läute den Leseabend auf dem Sofa ein. Mach Du auch irgendwas schönes.
Prima. Hast Recht, da läuft doch jetzt gerade das Formel Eins-Rennen … :)

Vielen Dank für deinen Kommentar, aus dem ich nur Lernen kann.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

GoMusic: Habe es sehr gerne gelesen, plastisch und glaubwürdig erzählt, dazu kurzweilig - das macht Lust auf mehr.

Die Sprache ist durch die Wortwahl stellenweise humorig bis selbstironisch, das gefällt mir auch.

Daumen hoch!

Ach ja, ich nehme dann auch 50.000 von den grauen Dübeln.

T.

 

Hallo GoMusic,

ich find den Einstieg gleich total lustig: Eben noch das Wort Witwer im Titel gelesen, und zack, dann geht's los: Meine Frau war natürlich nicht gestorben - cool! :lol:

Mir würde im Anschluss reichen "ich war nie verheiratet", also ein Füllwort und ein Partizip weniger.

'Matze' und 'seine Schnalle' find ich sprachlich auch witzig.

Beim kleinen Schnäpschen könnte das kleine eigentlich weg, weil mir das 'chen' schon anzeigt, dass es ein kleiner Schnaps war. Ja, das ist jetzt so ein bisschen wie die Hexenjagd auf Adjektive ...

Die MPU (medizinisch psychologische Untersuchung) musste ich googlen. Würde dein Erzähler das nicht eher ... äh, Idiotentest nennen?

Später wurde die Alte zu unserer Knechttüte

Da hat Google mir nix zu gesagt. Was ist das denn, eine Knechttüte? Hab ich echt noch nie gehört.

Mit Tränen in den Augen rieche ich letztmalig am Kontoauszug.

Herrlich! Schönes Bild! :D

Bei der Darstellung seiner Geschäftsmethode würd ich nochmal überlegen, ob der eine oder andere unwichtige Satz, oder sogar Absatz, wegkönnte, das erscheint mir etwas länglich.

Tja, und als er dann Blut hustet, dann denk ich auf einmal: Müsste der Titel nicht heißen: 'Armer Teufel'?

Wie willst du deinen 'Helden' charakterisieren: Ob er Selbstironie oder Galgenhumor vertragen könnte? Vielleicht ließe sich das noch zuspitzen?

LG, Anne

 

Hallo Torqueflite,

Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. :)

Die Sprache ist durch die Wortwahl stellenweise humorig bis selbstironisch, das gefällt mir auch.
Ja, das hatte ich mir auch so vorgestellt, dass es auch ein wenig selbstironisch klingen soll. Prima, dass es so bei dir ankam.

das macht Lust auf mehr.
Tue dir keinen Zwang an.
Der Link zum anderen Serienteil steht ja oben. :Pfeif:

Hallo Anne49,

danke auch dir, dass der den Text gelesen hast. :thumbsup:
Schön, dass du es auch lustig findest.

Mir würde im Anschluss reichen "ich war nie verheiratet", also ein Füllwort und ein Partizip weniger.
Gute Idee. Habe ich übernommen!
Auch das mit dem Schnäpschen.

Die MPU (medizinisch psychologische Untersuchung) musste ich googlen. Würde dein Erzähler das nicht eher ... äh, Idiotentest nennen?
Der Prota würde doch nie das Wort Idiot im Mund nehmen, wenn er von sich selbst spricht. Da wird dann schön „verschlüsselt“ und damit sofort gezeigt, welch tolle Fremdwörter oder Fachbegriffe er kennt. :lol:

Später wurde die Alte zu unserer Knechttüte
Da hat Google mir nix zu gesagt. Was ist das denn, eine Knechttüte? Hab ich echt noch nie gehört.
Das wirst du auch nirgendwo sonst finden. ;)
Der Prota hatte einen solchen (ähnlichen) Begriff zuvor irgendwo aufgeschnappt und ihn sich notiert. Als er den Zettel beim Schreiben des Textes wiederfindet, kann er seine Klaue nicht mehr lesen und liest daraus den Begriff „Knechttüte“.
(Die trockene Wahrheit lautet: Ersetze oben „Prota“ durch „Autor“, dann weißt du, wie es dazu kam.) :)

Mit Tränen in den Augen rieche ich letztmalig am Kontoauszug.
Herrlich! Schönes Bild!
Danke. Sich das nur vorzustellen, macht mir auch Spaß. :)

Bei der Darstellung seiner Geschäftsmethode würd ich nochmal überlegen, ob der eine oder andere unwichtige Satz, oder sogar Absatz, wegkönnte, das erscheint mir etwas länglich.
Ich habe da nun aufgeräumt (fett ist neu):

Einkaufspreis, bah! Wir besorgten uns die China—Ware palettenweise und so billig von einer Importfirma aus Halle, dass selbst ein fünffacher Verkaufspreis noch als guter Einkaufspreis durchging. Und die schöne Mitleidsnummer gab es nur gratis dazu, damit wir uns von der Konkurrenz unterscheiden konnten, die mittlerweile schon recht groß war.
Das mit den angeblichen Gratiszugaben — Markengeräte, die auch in Dunkeldeutschland einen sehr guten Ruf genossen — hatte Jahre lang noch ohne ausschmückende Worte oder sonstiges Pipapo funktioniert. Da ist es uns oft gelungen, die angeblich kostenlosen Zugaben an die Privatadressen unserer Gesprächspartner — also vorbei an Chef und Firma — zu schicken, so dass diese daraus auch noch Vorteile ziehen konnten.
Doch darauf ließen sich immer weniger ein. Deshalb, und wegen des hohen Konkurrenzdrucks — es tummelten sich immer mehr Telefonverkäufer mit ähnlicher Masche herum — kam mir die Idee mit dem Mitleidsfaktor.

Handel ist Wandel. Das hatte ich in meinen Büchern gelernt, geschrieben von internationalen Wirtschaftsmagnaten.

Tja, und als er dann Blut hustet, dann denk ich auf einmal: Müsste der Titel nicht heißen: 'Armer Teufel'?
Ja, könnte auch passen. ;)

Wie willst du deinen 'Helden' charakterisieren: Ob er Selbstironie oder Galgenhumor vertragen könnte? Vielleicht ließe sich das noch zuspitzen?
Genau, zuspitzen ist gut. Je länger der Prota über seine Schandtaten nachdacht und je mehr es dem Ende zugeht, wird es Selbstironie und Galgenhumor geben. Ich mache mir mal Gedanken, ob/wie ich hier schon evtl. etwas zuspitzen kann.

Der Prota variiert im Stil je nach Verfassung. Im oben verlinkten anderen Serienteil wird er teilweise sogar zum Romantiker oder melancholisch.

Habe mich sehr über eure Kommentare gefreut und wünsche euch tolle Feiertage.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

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