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Der Untergang der Zauberinsel

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09.08.2017
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Der Untergang der Zauberinsel

„Ich habe es geschafft!“ Schreiend rannte Belasar durch die Gänge des Palastes. Rücksichtslos stieß er jeden Entgegenkommenden zur Seite. Ein paar taumelten haltsuchend und fluchten. Einer fiel sogar hin. Den rasenden Zauberer kümmerte das nicht. Er lief einfach weiter.
Weit war sein Weg. Bald geriet er außer Atem. Keuchend erreichte er den riesigen Saal. Mit einem Ruck riss er die beiden Flügel der Tür auf und raste hindurch. Laut krachend schlugen sie hinter ihm wieder zu. Erschrocken blickten die Versammelten zu dem Störenfried.
Der alte Zauberer auf dem hohen Thron war verärgert: „Du kommst zu spät. Und du stiftest Unruhe“, tadelte er. „Geh auf deinen Platz.“
Doch Belasar beachtete dies nicht. Völlig außer sich, hob er die Arme und schrie: „Es ist vollbracht!“ Und nach einer Pause: „Der Zauber ist gelungen!“
Die Versammelten starrten ihn verständnislos an.
Laut und betonend, deutlich und erklärend, verkündete der junge Zauberer feierlich: „Ich – habe – es – getan! Ich – habe – uns – gerettet!“
Mit flatternden Händen strich der alte Zauberer über seinen Bart: „Belasar, was redest Du da? Du bist verwirrt. Geh auf deinen Platz.“
„Die – Große – Maschine! Sie – funktioniert!“
Die Zuhörenden waren erschüttert. Hatte er den Verstand verloren?
„Belasar, das ist unmöglich!“
Seht doch selbst“, rief der junge Zauberer und deutete zu den Fenstern. „Wartet, gleich wird es passieren!“
Aufgeregt sprangen die Versammelten auf und drehten sich um. Verstört sahen sie hinaus, in den düsteren stürmischen Himmel.
Da geschah es: Blitze begannen zu zucken. Donner dröhnte. Von dem nahe gelegenen Turm gingen funkelnde Lichtstrahlen aus. Die Wolken wehten, wie durch Zauberhand, zur Seite. Der Himmel erhellte sich immer mehr. Inmitten des Aufruhrs erschien ein Stück leuchtenden Blau’s. Dieses wurde zunehmend größer. Das Licht der Sonne strahlte hindurch. Und endlich begann sich ein wunderschöner, in allen Farben leuchtender, mächtiger Regenbogen zu bilden und über die ganze Insel zu wölben.
Die Zauberer vergaßen ihre Würde. Rempelnd und stoßend, rannten sie zu den Fenstern. Achtlos stolpernd stießen sie dabei die Bänke und Stühle um. Fassungslos begannen sie, sich zu umarmen und sogar abzuküssen. Gigantischer Jubel erhob sich. Einige trampelten einen wilden Tanz.
Dann rief einer: „Ich muss hinaus! Das muss ich genau sehen!“ Worauf er überhastet von dannen stürzte. Diesem Beispiel folgten, nach kurzem unentschlossenem Zögern, auch die Anderen. In kürzester Zeit war der Saal leer. Niemand blieb zurück. Sogar der alte Zauberer war fort.
Nur Belasar war noch da. Lachend, drehte er sich im Kreis. Dann fiel sein Blick auf den Thron. Er stutzte. Schließlich ging er würdevoll auf ihn zu. Hoheitsvoll setzte er sich darauf.
Inzwischen wurden auch die anderen Leute auf der Insel aufmerksam. Sie wiesen sich gegenseitig auf das Geschehen hin. Die Straßenpassanten sahen zum Himmel. Die Nichtsahnenden in den Häusern wurden geholt. Die Staunenden kamen von überall her. Bis zuletzt die ganze Bevölkerung zum Platz vor dem Palast strömte, um dort zusammenzutreffen. Denn dies war der übliche Versammlungsort.
Die Zauberer waren schon lange da. Schließlich hatten sie den kürzesten Weg und wussten zuerst Bescheid. Sie waren einfach herausgestürzt und geblieben. Sie jubelten noch immer, stritten aber gleichzeitig darüber, wie dieses große Wunder möglich war.
Die Erwachsenen redeten durcheinander, fragten und antworteten, lachten oder weinten, verstanden nichts oder alles, und warteten auf eine Erklärung. Die Kinder waren völlig außer Rand und Band. Sie tobten überall umher.
Irgendwann blickten alle den alten Zauberer an. Schließlich war er das Oberhaupt der Insel. Mubarak sah das und seufzte. Aber er kannte seine Pflicht.
Ruhe heischend, erhob er die Hände und begann seine Ansprache: „Liebe Freunde! Das ist ein großer Augenblick. Das ist einer der denkwürdigsten Tage unserer Geschichte. Ja, das ist vielleicht unser glücklichster Moment überhaupt.“
Lärmend wurde er unterbrochen. Dann kehrte wieder Stille ein.
Mubarak fuhr fort: „Ich weiß noch nicht, wieso. Ich weiß nur, dass es eigentlich unmöglich ist. Aber die Große Maschine arbeitet und verrichtet ihr Werk!“
Darauf war die Menge nicht mehr zu halten. Sie brach in rasenden Jubel und Beifall aus. Und wollte gar nicht mehr aufhören.
Doch dann winkte der alte Zauberer und sie hörten wieder zu: „Ich weiß nur, wem wir das zu verdanken haben. Und das ist Belasar!“
Bloß, wo war dieser? Alle wollten ihn sehen und er war verschwunden.
Mubarak sprach weiter: „Dafür gebührt ihm auf ewig unser Dank. Unsere Not auf der Insel hat ein Ende. Schaut euch um, und seht es euch an, euer Land.“
In dem strahlenden Licht der Sonne und dem funkelnden Licht des Regenbogens zeigte sich die wahre Schönheit. Weiß erschienen die Wände des erhabenen Palastes. Weiß waren die herrlichen Gebäude rings um den Platz. Weiß trugen die wunderschönen großen und kleinen Häuser in den Straßen. Weiß und prachtvoll lag sie da, die Stadt.
Ringsherum hatten die Bewohner bunte blühende Gärten angelegt. Es gab fruchttragende Obstplantagen, goldgelbe Felder und frische grüne Wiesen. In der Ferne lagen die geheimnisvollen dunklen Wälder und die steilen felsigen Berge.
Aber jetzt sah das Land aus, wie nach einer überstandenen Krankheit. Es lag da, wie verdorrt und abgestorben. Die Felder brachten kein Getreide. An den Sträuchern gab es keine Beeren und an den Bäumen wuchs kein Obst. Auf den Wiesen und in den Wäldern sah man keine Tiere. In den Flüssen gab es keine Fische. Und sogar der Ozean um die Insel war scheinbar tot.
Doch alles erholte sich Zusehens, mit rasender Geschwindigkeit und auf wundersame Weise. Die ersten Blumen und Früchte erschienen. Die wilden Geschöpfe kehrten zurück. Bestimmt war das Land bald wieder so wunderbar, wie zuvor.
Das war sie, die Zauberinsel. Sie hatte ihren Namen zu Recht. Der Zauber der Schönheit umgab sie und der Zauber der Magie.
„Jedoch, jetzt ist nicht die Zeit, lange Reden zu halten. Jetzt ist die Zeit der Feste“, schloss der alte Zauberer. „Geht nach Hause und macht euch fertig für die schönste Feier, die ihr je erlebt habt. Bringt alles mit, was ihr noch entbehren könnt. Bringt eure letzten kärglichen Vorräte. Bringt das Beste von Allem. Und vor allem bringt gute Laune.“ Damit verabschiedete Mubarak sein Volk und schickte es nach Hause, auf das es bald wiederkäme.
Endlich strömten die Leute zurück auf den Platz. Bereit für Essen und Trinken, Tanzen und Singen. Ihre dürftigen Speisekammern konnten sie ruhig entleeren. Bald würde es wieder alles reichlich geben. Und für dieses Fest war nichts zu schade.
Sie setzten sich auf weiche Kissen und kuschelige Decken. Aber auch auf harte Steine und sogar den blanken Boden. Und sie machten es sich trotzdem gemütlich.
Dann begann das Mahl. Es wurde brüderlich geteilt. Alle boten ihren Freunden, und sogar völlig Fremden, etwas Gutes als Gabe. Jeder sollte froh und glücklich sein. Sie tafelten fürstlich. Schließlich waren alle gesättigt und zufrieden.
Alte Frauen und junge Mädchen schwangen ihre Beine und drehten sich mit jungen Burschen und alten Kerlen. Lauten- und Flötenspieler sowie Trommler und Trompeter, boten ihre Kunst dar. Akrobaten und Jongleure, Feuer- und Schwertschlucker, sogar Seiltänzer und Schlangenbeschwörer, begeisterten das Volk mit ihren Vorstellungen. Das Fest wurde ein großer Erfolg.
Doch, was war das? Plötzlich ertönten fürchterliche Geräusche. Sie kamen aus dem Turm, inmitten des Platzes. Es knatterte und knisterte. Es ratterte und knirschte. Es rumpelte und brummte. Und es klang immer lauter und bedrohlicher.
Dann züngelten blendende Lichtblitze über den Himmel und es krachte furchtbarer Donner. Die Erde wackelte und bebte. Es hörte nicht auf, sondern wurde immer schlimmer. Und dann schien der Regenbogen zu zerbrechen. Sturm erhob sich und drohte alles fortzuwehen. Regen prasselte in Strömen nieder und peitschte den Boden. Sintflut und Orkanböen, Einschläge und Zerstörungen, Tod und Vernichtung. Das war der Untergang. Das Ende der Welt war gekommen!
Die überraschten Festgäste flohen in Panik und Entsetzen vom Platz. Sie ließen alles stehen und liegen. Sie wollten nur ihr Leben zu retten. Und dies versuchten die Meisten zu Hause. Doch konnte das wirklich gelingen? Oder war jede Hoffnung vergebens?
Mubarak hatte sich, mit den anderen Zauberern, in den Palast gerettet. Ein Teil der Flüchtlinge war ihnen dorthin gefolgt. Zu dem nächstgelegenen, halbwegs sicheren, Ort. Vor allem alte und kranke Leute, schwache Frauen und trostlose Kinder schrien nun verzweifelt nach Hilfe. Die, selbst leidgeprüften, ramponierten und erschöpften Zauberer, bemühten sich, so gut sie konnten, zu helfen. Aber sie waren hoffnungslos überfordert.
Der alte Zauberer, fast am Ende seiner Kräfte, rief schreckensbleich und verstört: „Die Große Maschine! Sie ist außer Kontrolle! Sie droht uns alle zu vernichten! Wie kann das sein? Wir haben doch vorgesorgt!“
Niemand wusste darauf eine Antwort.
„Wo ist Belasar? Sucht ihn! Er hat die Maschine zum Laufen gebracht und weis bestimmt, was zu tun ist. Er muss uns helfen“, befahl Mubarak daraufhin den unglücklichen Zauberern.
Eilig rannten diese wieder fort. Jeder in eine andere Richtung. Jeder auf einem anderen Weg. Jeder zu einem anderen Ort. Sie suchten den ganzen Palast ab. Doch vergebens. Sie fanden ihn nicht.
Darauf beschloss der alte Zauberer: „Wir müssen beraten, was nun geschehen soll. Holt alle zusammen und dann folgt mir. Versammelt euch im großen Saal. Gemeinsam werden wir einen Ausweg finden. Es muss uns gelingen!“ Mit diesen Worten ging er fort.
Mubarak stieß die Tür auf und betrat entschlossen den großen Saal. Erschrocken blieb er stehen. Dann riss er die Augen auf: Wer saß dort? Und weshalb? Auf seinem Thron? Der alte Zauberer eilte, humpelnd und schlurfend, durch den imposanten Raum. Er blieb vor dem Unglücklichen stehen und schrie: „Belasar!“
Doch dieser schlief, nichts bemerkend, tief und fest.
Fassungslos stieß Mubarak mit seinem Stab nach dem Ahnungslosen. „Belasar“, schrie er wieder. „Wach auf!“
Dieser zuckte heftig zusammen und sah sich, aufgeschreckt und verständnislos, um. Was war los? Wo war er? Er saß auf dem Thron? Und Mubarak stand vor ihm? Schlagartig fiel ihm alles wieder ein. Erschrocken sprang er auf und stotterte: „Ich war so müde. Ich habe so lange an der Großen Maschine gearbeitet. Es war ein Versehen!“ So versuchte er, sich zu entschuldigen.
Mubarak hatte Wichtigeres zu tun. Das konnte warten. Der alte Zauberer deutete mit seinem Stab zum Fenster. Und wies auf die Schrecken draußen hin: „Sieh…! Die Große Maschine…! Es ist eine Katastrophe!“
Belasar erstarrte fassungslos und wurde kreidebleich. Entsetzt wankte er: „Ich musste es tun!“, schrie er schließlich verzweifelt. „Wir wären verhungert! Lange hätte unser Volk dieses Elend nicht mehr ausgehalten! Nur die Große Maschine konnte uns retten!“
„Was hast du getan?“ brüllte Mubarak.
„Ich habe alles abmontiert, womit du die Maschine am Laufen gehindert hast“, schrie der junge Zauberer. Und noch lauter:„Es war deine Schuld, dass sie nicht ging!“
„Du hast meine Sicherheitsvorkehrungen entfernt?“, fragte der alte Zauberer entgeistert.
Der junge Zauberer nickte stumm.
„Wir sind verloren!", stöhnte Mubarak entsetzt.
„Ich bringe das wieder in Ordnung“, versicherte Belasar eifrig.
Mubarak schlug die Hände vor dem Kopf zusammen und stöhnte wieder: „Wie willst Du das machen?“
„Glaub mir! Ich habe sie abgebaut. Ich kann sie auch wieder anbringen“, versprach Belasar.
„Vielleicht ist es wirklich noch nicht zu spät?“, fragte der alte Zauberer, leise sinnend.
Der junge Zauberer erklärte: „Ich muss es auf jeden Fall versuchen!“
„Dann komm mit“, befahl Mubarak. Wir gehen alle beide zum Turm. Es muss uns einfach gelingen. Wir reparieren die Große Maschine!“
Darüber freute sich Belasar: „Zusammen schaffen wir es auf jeden Fall!“
Die anderen Zauberer waren inzwischen ebenfalls eingetroffen, hatten mitgehört, waren erschrocken und wollten helfen.
Mubarak sah sie abwinkend an: „Das ist nicht eure Aufgabe. Ihr bleibt hier. Dabei könnt ihr nichts nützen!“
Enttäuscht zogen sich die Zauberer zurück.
Mubarak und Belasar traten durch das Haupttor hinaus. Doch, völlig überrascht, wurden sie zurück geschleudert. Sie kamen nicht gegen das schreckliche Unwetter an. Sie flohen wieder in den Palast.
Wie sollten sie jetzt zum Turm gelangen? Da fiel der Blick des alten Zauberers auf einen bärbeißigen Feldwebel. Sowie auf ein paar kräftige alt gediente Haudegen. Diese waren von der Inselwache. Wenn die es nicht schafften, dann Niemand.
Mubarak befahl: „Wir müssen um jeden Preis den Turm erreichen! Ihr müsst uns helfen und hinbringen!“
Der Feldwebel salutierte und die Wächter standen stramm. Sie zuckten mit keiner Wimper. Sie waren stolz auf ihren Befehl. Und sie würden getreulich ihre Pflicht erfüllen!
Der Feldwebel winkte seinen kräftigsten Leuten. Jeweils die beiden Stärksten packten die Zwei am Kragen. Sie nahmen sie in die Mitte, stapften los und schleiften sie mit. Die verwirrten Zauberer wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Trotz aller Schrecken und Widrigkeiten kamen sie durch den Sturm. Wie Gepäckstücke transportierten sie die eisenharten Kerle. Der Feldwebel stieß die Tür des Turms auf. Und die Wächter brachten sie hinein.
Mubarak versuchte, sich wieder zusammenzusetzen. Und auch Belasar sammelte seine Knochen und Gliedmaßen. Sie überzeugten sich, ob alles noch dran war. Es schien nichts zu fehlen.
Dann erst kümmerten sie sich um ihre Aufgabe. Doch weiter, als bis zur Treppe, kamen sie nicht. Blitze zuckten dort herunter. Funken regneten darnieder. Flammenzungen züngelten herab. Feuerwirbel trudelten herüber. Kugelblitze explodierten. Sie konnten nicht zur Großen Maschine gelangen.
Mubarak sagte verzweifelt: „Hier kann Zauber nichts mehr ausrichten!“
Und Belasar erwiderte schuldbewusst: „Jetzt sind wir doch verloren!“
Da salutierte der Feldwebel erneut: „Ihr Herren. Wenn Zauber nicht mehr helfen kann. Dann vielleicht Pulver? Wir zerstören den Turm!“
Die beiden Zauberer starrten ihn erstaunt an. Darauf wären sie nie gekommen.
„Was braucht ihr dafür?“, fragte Mubarak.
„Wir haben alles Nötige im Palast“, versicherte der Feldwebel.
„Und wie wollt ihr den Sprengstoff hierher bekommen? Das werdet nicht einmal ihr, durch den Sturm, schaffen?“, wollte Belasar wissen.
„Es gibt einen alten unterirdischen Gang zwischen dem Turm und dem Palast. Der Eingang ist zugemauert. Aber er müsste noch in Ordnung sein“, erklärte der Feldwebel.
„Dann tut es“, befahl Mubarak, ohne weitere Umschweife. „Das ist unsere einzige Chance!“
„Und wie kommen wir jetzt zurück, zum Palast?“, wollte Belasar wissen.
„Wir müssen leider wieder durch den Sturm“, bedauerte der Feldwebel.
Belasar seufzte. Mubarak machte ein undurchschaubares Gesicht. Doch, trotz aller Beschwernisse, kamen sie heil hinüber. Nun konnten die beiden Zauberer nichts mehr tun.
Die Inselwächter erledigten alles: Sie hackten den Eingang zu dem alten Tunnel auf. Sie holten die Fässer mit dem Pulver aus den Lagern. Sie rollten sie durch den Gang. Im Keller des Turmes stapelten sie diese. Und dann brachten sie die Zündschnüre an.
Die Lunte entzündete der Feldwebel selber. Das ließ er sich nicht nehmen. Zuvor brachten sich die Anderen in Sicherheit. Dann rannte der Feldwebel hinterher. Und schließlich explodierte ihre Sprengladung mit gewaltiger Wucht.
Mit einem ungeheuerlichen Krachen flog der Turm in die Luft. In einzelne Teile zerbrechend, stürzten seine Trümmer zu Boden. Von ihm blieb nichts übrig, als die Spitze. Diese ragte, noch heil und unversehrt, aus dem Schuttberg heraus. Darunter lag alles begraben. Und dort stand die Große Maschine. Doch sie arbeitete nicht mehr. Sie war vernichtet.
Nur zögernd glaubten die Leute an eine Besserung. Nur vorsichtig wagten sie sich wieder auf die Straßen. Nur langsam überzeugten sie sich vom Ende des Schreckens. Dann erst genossen sie ihre Freude. Und dann erst feierten sie die glückliche Wendung.
Die Inselwächter waren die Helden der Stunde. In einer großen Parade marschierten sie durch die Stadt. Die Bevölkerung warf ihnen Blumen zu. Und sie überschütteten sie mit Segenswünschen. Auch Mubarak erhielt ihre Verehrung. Sogar für Belasar hatten manche gute Worte übrig. Viele verfluchten ihn aber auch.
Nur eines bedrohte die gute Laune. Wovon sollten sie jetzt leben? Die Vorräte waren bald aufgebraucht. Und auf der Insel wuchs nichts mehr ohne die Große Maschine.
Da kam die unglaubliche, die gute, Nachricht. Die Schiffe kamen zurück. Die Flotte, die sie ausgeschickt hatten, Nahrungsmittel zu besorgen. Und die, schon so lange, vermisst und verloren geglaubt war.
Die ganze Bevölkerung rannte zum Hafen und wartete ungeduldig. Endlich legten die Schiffe an. Der Generalkapitän lief sogleich, über eine eilig ausgelegte Planke, zu den wartenden Zauberern und meldete Mubarak: „Herr! Durch lang andauerndes schlechtes Wetter wurden wir aufgehalten und mussten den Unterschlupf der nahen Felseninsel aufsuchen. Die erste Besserung haben wir gleich ausgenutzt, zur schnellstmöglichen Rückkehr. Die Schiffe sind übervoll, mit gutem Essen!“
Jetzt erst waren der Jubel und die Freude grenzenlos. Diesmal trübte kein Fleck mehr das vollständige Glück. Nunmehr war die Rettung endgültig und sicher!
Zurückgebliebene und Heimkehrende umarmten sich. Familienväter begrüßten ihre Frauen und Kinder. Großväter und Großmütter freuten sich über die Rückkehr ihrer Enkel. Die Seeleute verteilten die ersten, willkommenen, Lebensmittel an die darbende Bevölkerung.
Doch, was war das? Erschreckend bebte erneut die Erde. Furcht verbreitend zuckten wieder Blitze über den Himmel. Angst einflößend dröhnte nochmals Donner über der Insel. Wiederum gab es verheerende Einschläge. Eben noch freudestrahlende Menschen stürzten zu Boden. Auf einmal panikerfüllte Leute liefen ziellos durcheinander. Überall in der Stadt entstanden große Schäden.
Der Feldwebel kam angerannt. „Ihr Herren“, meldete er aufgeregt den fassungslosen Zauberern. Suchend sah er sich um und fand den alten Mubarak. „Die Große Maschine! Sie arbeitet wieder! Sie ist verschüttet, aber nicht zerstört! Und diesmal können wir nicht heran und nichts dagegen tun!“
Da geschah das schreckliche Unglück. Einige Explosionen waren so gewaltig, dass manche Steine sogar bis zum Hafen geschleudert wurden. Und einer davon traf den obersten Zauberer. Dieser stürzte blutüberströmt zu Boden.
Verstört trugen ihn die unglücklichen Zauberer in die trügerische Sicherheit eines nahe gelegenen Hauses. Besinnungslos lag Mubarak da und Belasar kniete verzweifelt vor ihm. Endlich schlug der alte Zauberer die Augen auf.
„Herr, bestraft mich“, jammerte Belasar. „Ich bin an allem Schuld!“
Mubarak ächzte: „Du sollst deine Strafe erhalten. Meine Zeit ist gekommen. Von nun an wirst du unser Volk leiten und es in eine neue Zukunft führen!“
Der junge Zauberer war entsetzt. „Wie könnte ich? Wo ich doch, das alles angerichtet habe?“
Nicht nur du bist schuld. Nicht nur ich. Sondern alle Einwohner der Insel“, stöhnte Mubarak. „Wir wollten der Natur unseren Willen aufzwingen. Wir wollten uns über ihre Regeln hinwegsetzen, statt sie zu beachten und mit ihr im Einvernehmen zu leben. Ohne Not, wollten wir das Wetter manipulieren. Das ist nun das Ergebnis.“
Die Anwesenden hörten erschrocken zu.
Der alte Zauberer sprach mit seinen letzten Kräften. „Du musst es schwören, Belasar. Ich verlange es! Nur du kannst unserem Volk jetzt noch helfen!“
Und dem jungen Zauberer blieb nichts anderes übrig, als auf den Knien, den letzten Willen Mubaraks zu erfüllen.
Danach schloss dieser für immer die Augen. Belasar blieb tränenüberströmt vor ihm liegen. Die Einschläge und Zerstörungen wurden indessen immer schlimmer. Schließlich legte ihm einer der anderen Zauberer die Hand auf die Schulter. „Herr! Wir erwarten deine Befehle! Sonst geht alles zugrunde!“
Wie aus einem Traum erwachend, blickte der junge Zauberer sich um. Dann jedoch gab er sich einen Ruck und sprach entschlossen. „Hier ist nichts mehr zu retten! Die Insel ist verloren! Evakuiert die ganze Bevölkerung auf die Schiffe! Und dann wollen wir so schnell wie möglich fliehen!“
Mubarak erhielt ein eiliges Grab. Belasar begrub ihn mit seinen eigenen Händen. Die Zauberer, die Inselwächter und die Seeleute verteilten inzwischen das Volk auf die Flotte. Alles Überflüssige wurde von Bord geworfen. Sie brauchten jeden verfügbaren Platz. Wer nicht rechtzeitig da war, musste zurückgelassen werden. Sie konnten nicht länger warten. So gab Belasar den letzten Befehl zur Abfahrt.
In wilder stürmischer See verließen sie den Hafen. Sie brachen auf, zu einem ungewissen Schicksal. Sie segelten hin, zu einem unbekannten Ziel. Sie fuhren fort, von der sicheren Vernichtung. Ins offene Meer wagten sie nicht, zu steuern. Das hätten sie wohl nicht überstanden. So erwarteten die Schiffe das Ende in der schützenden Zuflucht der nahen Felseninsel.
Belasar stieg mit einem Fernrohr auf den höchsten Berg. Er musste alles genau sehen. Doch hielt er sich nur solange auf, wie unbedingt nötig. Er wurde dringend gebraucht.
Über der Zauberinsel drehte sich ein gewaltiger Wirbel und versuchte, alles in sich hineinzusaugen. Um sie kreiste ein gigantischer Mahlstrom und bemühte sich, alles zu verschlingen. Auf ihr wüteten gewaltige Blitze, entsetzlicher Donner sowie schreckliche Explosionen und drohten, alles zu vernichten.
So wurde die Insel zwischen der Hölle des Himmels und des Ozeans gemartert. So wurde sie inmitten des Chaos und des Verderbens des Landes gefoltert. So waren der endgültige Untergang und die totale Zerstörung unvermeidlich.
Das Paradies war verloren in endloser Zeit. Seine Schönheit und seine Wunder vergingen für alle Ewigkeit.
Die Zauberinsel versank in der Finsternis der Tiefen.
Eine alte Frau fragte schluchzend den jungen Zauberer, als dieser zurück war, auf dem überfüllten Schiff: „Herr! Was soll nun aus uns werden?“
Belasar erwiderte entschlossen: „Wir werden eine neue Heimat finden. Und die Fehler der Vergangenheit werden wir nicht wiederholen. Wir werden wieder glücklich sein. Vergesst nicht die letzten Worte von Mubarak: Gebt niemals die Hoffnung auf!“
Und die Schiffe segelten für immer davon.

 

Hi Federstrich und willkommen bei den Kriegern!

Fang ich mal gleich an:

Laut und betonend, deutlich und erklärend, verkündete der junge Zauberer feierlich: „Ich – habe – es – getan! Ich – habe – uns – gerettet!“

Ja was denn nun? Zu viele Adjektive verderben eine Geschichte. Und hier ist es so, dass man über jedes einzelne drüber stolpert. Benutz doch einfach jenes, was an dieser Stelle am besten passt. Dann liest es sich viel leichter.

Ich – habe – es – getan! Ich – habe – uns – gerettet!“
„Die – Große – Maschine! Sie – funktioniert!“

Sowas ist auch ziemlich unnötig. Die nötige Kraft der Worte kommt zur Geltung, wenn du nur ein einziges und dafür genau passendes und kraftvolles Adjektiv benutzt.

Inmitten des Aufruhrs erschien ein Stück leuchtenden Blau’s.

Bin mir hier nicht sicher, aber sollte es nicht: - ein Stück leuchtendes Blau - heißen? Klingt für mich angenehmer.

Rempelnd und stoßend, rannten sie zu den Fenstern. Achtlos stolpernd stießen sie dabei die Bänke und Stühle um.

Bitte kein Partizip, einfach das normale Verb benutzen. "Sie rempeln und stoßen gegeneinander, als zu alle gleichzeitig zum Fenster rannten."
Dann vermeidet man auch solche Wiederholungen wie stoßend und stießen.

Und sogar der Ozean um die Insel war scheinbar tot.

Also ist er tot oder nicht?
Besser wäre hier meiner Meinung nach so etwas wie: "Er lag da, wie tot."
So wäre es für den Leser klarer, was du meinst.

Bestimmt war das Land bald wieder so wunderbar, wie zuvor.

Hier nochmal das Gleiche mit "Bestimmt". Du bist der Verfasser. Schreib deutlich wie es ist und nicht eine Ungefährheit, weil es niemand außer dir genauer aufdröseln kann. Der Leser kann nur lesen und erfahren.

Lauten- und Flötenspieler sowie Trommler und Trompeter, boten ihre Kunst dar. Akrobaten und Jongleure, Feuer- und Schwertschlucker, sogar Seiltänzer und Schlangenbeschwörer, begeisterten das Volk mit ihren Vorstellungen. Das Fest wurde ein großer Erfolg.

Frage mich gerade, wo diese denn herkommen sollen. Wenn das Land karg und verdorrt war, woher nahm man dann das Essen um eben jene zu versorgen, die keinen wirklichen Nutzen für die Gesellschaft brachten? In Zeiten der Not braucht niemand einen Spielmann. Da braucht man Bauern und Menschen die Essen beschaffen können. Kultur lebt nur, wenn der Rest bereits versorgt ist.

Mubarak versuchte, sich wieder zusammenzusetzen. Und auch Belasar sammelte seine Knochen und Gliedmaßen.

Klingt als wären sie zerhackstückelt geworden. Müsste man nochmal umschreiben.

Da geschah das schreckliche Unglück. Einige Explosionen waren so gewaltig, dass manche Steine sogar bis zum Hafen geschleudert wurden. Und einer davon traf den obersten Zauberer. Dieser stürzte blutüberströmt zu Boden.
Verstört trugen ihn die unglücklichen Zauberer in die trügerische Sicherheit eines nahe gelegenen Hauses.

Ein bisschen grausam für eine vorher so kindlich anmutende Geschichte.


Alles in allem finde ich die Geschichte, dafür, dass es deine Erste hier ist, ganz in Ordnung.
Haut mich jetzt nicht groß vom Hocker aber ganz nett zu lesen.


Gruß,
KorbohneD

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo KorbohneD,


bisher habe ich noch keine kompetente Rückmeldung für diese Geschichte bekommen und ich war mir sehr unsicher, ob sie denn für gut, oder für schlecht befunden wird. Jetzt habe ich schon mal eine erste Meinung. Es freut mich jedenfalls, das du sie für lesbar hältst. Danke für deine Kritik und Verbesserungsvorschläge. Dafür brauche ich etwas Zeit, ich muß mir erst mal überlegen, wie ich es besser machen könnte.

Viele Grüße Federstrich

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Federstrich,
Da ist ja schon ein Text von dir! Fantasy, super, aber den tag Historie habe ich nicht verstanden ... egal.

Zum Inhalt:

Ein junger Zauberer bringt eine Wettermaschine zum Laufen, die ein alter Zauberer stillgelegt hatte und es kommt, frei nach walle und wehe, zur Katastrophe, aus der die Bewohner der Zauberinsel durch ihre zufällig gerade in diesem Moment heimkehrenden Schiffe gerettet werden. Belasar, der Verursacher dieses Desasters, wird nicht etwa abgestraft, sondern zum Boss befördert. Soweit richtig?

Deiner Zauberinsel merke ich an, dass du schon länger an fremden Welten arbeitest und sie dir deutlich vor Augen stand, als du den Text geschrieben hast. Inhaltlich sind aber Fragen für mich entstanden: Warum hat der alte Zauberer die Maschine nicht gleich vernichtet, wenn sie nicht umfunktioniert werden und einen solchen Schaden anrichten kann? Warum hat man überhaupt den Azubi daran herumschrauben lassen? Und warum hat man ihn nach der Nummer auch noch zum Herrscher ernannt?

Vom Stil her bin ich ein wenig über deine doch sehr kurzen Sätze geholpert. Ich finde es schöner, wenn sich lange und kurze Sätze abwechseln. Aber da du die Geschichte für Kinder gedacht hast, dürften die Sätze ohnehin nicht allzu lang werden.

Einige Dinge sind mir noch aufgefallen:

Den rasenden Zauberer

"Rasend" verbinde ich eher mit Wut als mit Begeisterung

Verstört sahen sie hinaus, in den düsteren stürmischen Himmel

Warum verstört, da war doch noch gar nichts los?

Stück leuchtenden Blau’s

Wie wäre es mit einem leuchtend blauen Stück oder ein Stück leuchtendes Blau?

Rempelnd und stoßend, rannten sie zu den Fenstern. Achtlos stolpernd stießen sie dabei die Bänke und Stühle um

Hinter "stoßend" kein Komma, "achtlos stolpernd" finde ich gedoppelt. Wie wäre es mit: Rempelnd und stoßen rannten sie zu den Fenstern und stießen dabei .. ? Wobei stoßend und stießen sich auch stoßen ...
Ohnehin finde ich - sogar ich! - zu viele Adjektive in dem Text.

Mubarak erhielt ein eiliges Grab. Belasar begrub ihn mit seinen eigenen Händen

Hast du eine Vorstellung davon, wie lange es dauert, ein Grab mit den Händen auszuheben?

Um sie kreiste ein gigantischer Mahlstrom und bemühte sich, alles zu verschlingen

Ein Mahlstrom ist ein Gezeitenstrom, als eine Naturerscheinung wird er sich nicht um etwas bemühen können.

So wurde die Insel zwischen der Hölle des Himmels und des Ozeans gemartert

Finde ich aus ähnlichen Gründen schwierig.

Vergesst nicht die letzten Worte von Mubarak: Gebt niemals die Hoffnung auf!“

Stimmt nicht! Seine letzten Worte waren:
Du musst es schwören, Belasar. Ich verlange es! Nur du kannst unserem Volk jetzt noch helfen!“

Insgesamt fand ich deinen Text sehr schön fantasymäßig, erinnerte mich vom Background her ein bisschen an die Flucht der Elben im Silmarillion. Ich mag solche Geschichten und hoffe, noch mehr von dir zu lesen!

Viele Grüße

Willi

 

Danke Willi, für deine freundlichen Worte und die ausführliche Kritik. Es freut mich, das du meine Geschichte für eine richtige Fantasy-Story hältst.

Es ist tatsächlich so, das ich die Eigenheit habe, mich manchmal etwas umständlich auszudrücken. Das weis ich und dies ist vielleicht nicht immer das Beste, aber doch irgendwie mein Stil und nicht einfach zu ändern. Allerdings verwende ich auch gerne ungewöhnliche Worte, weil ich meine Texte damit interessanter machen möchte und mich nicht immer wiederholen will. Meine Sätze haben auch schon andere Leser manchmal etwas zu kurz gefunden, doch ich arbeite daran.

Die Maschine ist deshalb nicht vernichtet worden, weil die Zauberer damit ihre Insel wider fruchtbarer machen wollten. Sie hatten die Natur selbst zerstört und es noch nicht geschafft die Fehler der Vergangenheit wieder in Ordnung zu bringen. Dabei sollte die Maschine helfen. Sie funktioniert bloß noch nicht.

Der junge Zauberer hat Dinge getan, die verboten waren. Er hat sich eben erst zu spät erwischen lassen. Der alte Zauberer hat ihn zu seinem Nachfolger ernannt, weil er ihn für einen sehr klugen und fähigen jungen Mann gehalten hat. Und weil er es den Anderen gleich gar nicht zugetraut hatte, das Volk vernünftig anzuleiten. Natürlich hatte der junge Zauberer Strafe verdient, aber er sollte seine Verfehlungen eben auf diese Weise wieder gut machen und die Inselbewohner in eine bessere Zukunft führen.

Den Tag Historie habe ich nur deshalb mit ausgewählt, weil die Geschichte ja in einer altertümlichen Welt spielt.

Viele Grüße Federstrich

 

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