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Des Liebenden Versprechen
Ein Junge schreibt einem Mädchen viele schöne Gedichte und es wünscht sich von ihm ein Versprechen: Er soll nie einem anderen Mädchen Strophen dichten. Leichtfertig erfüllt er des Mädchens Wunsch. Doch eines Tages erlischt die Liebe und einige Zeit später entflammt die des Jungen erneut. Nur gilt sie einem anderen Mädchen und er will ihr Reime schenken. Da erinnert sich der Junge an das Versprechen von einst und beginnt, seiner neuen Liebe ein Stück zu komponieren. Dies gelingt ihm vorzüglich und wenige Zeit später lauscht das Mädchen vielen schönen Melodien. Da wünscht es sich, er soll keinem außer ihr allein solch wunderbare Töne widmen. Weil ihm die Liebe alle Sinne raubt, verspricht er es. Doch vergeht auch diese Liebe, wie Ebbe und Flut und lange Zeit nimmt der Junge weder eine Feder in die Hand noch schlägt er Tasten des Flügels. Erst als ihn Amors Pfeil aus seinem lieblosen Leben reißt, tut sich in ihm ein Verlangen auf, dem neuen Fräulein Verse zu dichten und Balladen zu singen. Doch da erinnert er sich an vergangene Versprechen und weiß, diese verjähren nicht. So versucht er sich als Schöpfer eines Kunstwerks und bald danach hält das junge Fräulein ein Gemälde in Händen. "Sag mir Liebster", fragt es schüchtern, "hast du je einem Mädchen solch ein Bild gezeichnet?" Bedeutsam schüttelt der Junge den Kopf, stutzt aber, als sie fortfährt: "So tu dies auch in künftigen Tagen nur für mich allein."
Der Junge wurde zum Mann, jeder Kunst und jedem Handwerk mächtig. So blieb ihm einzig das Versprechen, nur mehr für die eine zu atmen.