Die Bürgermeisterrede
"Schönes Fräulein, darf ichs wagen, mein Arm und Geleit ihr anzutragen?“
Dieses Zitat von Goethe soll auch zugleich mein Aufruf an euch sein.
Fräulein – jeder und jede einzelne von euch ist das Fräulein, dem ich, zugegeben das Wagnis anbiete, mich als neuen Bürgermeister zu wählen.
Wagnis – Ich verwende dieses Wort nicht, um auf meine Unsicherheit oder gar Inkompetenz hinzudeuten. Jedes politische Amt ist ein Wagnis, dass die wählende Bevölkerung mit ihrer Stimmabgabe eingeht.
Arm – Mein Arm ist zugleich auch die Verlängerung eurer Arme, Vorstellungen und Wünsche. Diese Verlängerung werdet ihr auch immer benutzen können, egal ob es um kleine Streitigkeiten oder um ernste Probleme geht. Auf mich könnt ihr immer zählen, wenn ihr allein nicht weiterkommt und Hilfe braucht.
Geleiten – Ich werde auch mein Bestes geben, um diese prächtige Gemeinde während meiner Amtsperiode zu geleiten.
Wohin uns dieser Weg führt, wird die Zukunft zeigen. Es wäre eine Anmaßung, fast schon Arroganz, dem Beispiel meiner Kontrahenten zu folgen und dubiose. leere Versprechungen zu machen, die schneller wieder verworfen werden als mein kleiner Sohn das Wort Bürgermeister aussprechen kann.
Womit ich auch schon bei den Familien angelangt wäre. Ich kenne eure Wünsche und Probleme. Ich bin selbst Familienvater. Der momentane Zustand unseres Kindergartens ist ein einzige Farce. Ebenso der spartanisch ausgestattete Spielplatz.
Ich möchte in einer Welt leben, in der mein Sohn auf einen Spielplatz gehen kann, ohne sich an rostigen Nägeln oder desolaten Schaukeln zu verletzen. Er soll Straßen überqueren können, die durch Zebrastreifen und Fußgängerampeln eine gesicherte Möglichkeit dazu bieten.
Sicherheit, Lebensqualität und Freude, für unser aller Kinder!
Für mich war auch immer eines wichtig: Mensch sein, Mensch bleiben.
Mein anvisiertes Ziel, das Amt des Bürgermeisters dieser wundervollen Gemeinde, würde daran nichts ändern. Meiner Anteilnahme an den diversen Vereinen hier würde dies keinen Abbruch tun. Ganz im Gegenteil, beispielsweise weiß ich aufgrund meiner Mitgliedschaft im Kegelverein, dass die derzeitige Ausstattung dort stark zu wünschen übriglässt.
Ich möchte für diesen Mißstand, der sicher nicht nur in der Kegelhalle present ist, natürlich nicht die Kollegen der anderen Partei zu Lasten legen. Sie haben schließlich wichtigeres zu tun, wie zB die Aufstellung einer Statue, die den meisten unter uns, gelinde gesagt, genausoviel bedeutet, wie ein Schokolade-Eis im Schneesturm.
„Niemand liebt mich so wie ich“ – Das ist der Titel eines österreichischen Bestsellers. Ich kann dem in keiner Hinsicht zustimmen. Ihr könnte euch bei einem sicher sein, dass ich jede und jeden einzelnen von euch mehr liebe, als ihr euch bzw. ich mich selbst. Wie könnte ich auch das Wohl meiner, dass einer einzigen Person, vor das von vielen anderen stellen? Meine Interessen vor die der Bevölkerung?
Das wäre vergleichbar mit dem Spiel eines eigensinnigen Fußballspielers, der immer wieder versucht, im Alleingang auf das Tor zu stürmen. Er wird aufgehalten von der gegnerischen Mannschaft. Nur wenn wir zusammenspielen, eine Einheit bilden, ist es möglich, ein Tor zu erzielen.
Lasst uns euer Stürmer und Torwart sein! Wir wehren Gefahren von uns allen ab und erschließen neue Wege.
„Der Weg ist das Ziel“ Das sagte ein Professor während meiner Studienjahre des öfteren. Der Spruch ist wahr und zugleich auch ein Paradoxon in sich selbst.
Weg = Ziel, daraus ergibt sich Ziel/Weg = 0
Diese mathematische Betrachtungsweise mag unpassend, nahezu diletantisch erscheinen.
Doch, ein mißglückter Weg zu einem Ziel kann auch gleichzeitig der Ansatz für ein noch viel größeres Ziel sein bzw. trotz seiner Scheiterung wichtige Akzente setzen. Ein Weg kann mehr oder weniger als sein eigentliches Ziel wert sein.
Es wurden aber auch schon lange Wege gegangen, die zu keinem annehmbaren Ziel führten. Womit Ziel/Weg = 0 seine Berechtigung hätte. Folgendes Beispiel: Die Statue, die unsere Kollegen der anderen Partei dort hingepflanzt haben, wo früher eine Sitzbank war, auf der viele Wanderer ihre geschundenen Gliedmaßen ausrasteten. Das Ergebnis von Ziel/Weg wäre sogar negativ.
Ich möchte an dieser Stelle wieder auf den eigensinnigen Fußballer zurückführen. Er bzw. diese Partei stürmte im Alleingang auf ein Tor zu, vor dem sich eine Mauer aus Menschen gestellt hatte. Nicht nur die gegnerische Mannschaft, auch das Publikum.
Wir verfolgen nicht unsere Ziele, sondern die euren! Wir stürmen alle gemeinsam auf ein Tor zu.
Ich möchte nun meine Frage an euch wiederholen:
„Schönes Fräulein, darf ichs wagen, mein Arm und Geleit ihr anzutragen?“
Beantworten könnt ihr sie bei eurer Stimmabgabe.