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Die Geschichte von Prinzessin Pelu und dem Prinzen Nolu

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30.03.2016
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Die Geschichte von Prinzessin Pelu und dem Prinzen Nolu

Der erste Schleier: In Damaskus lebte einst eine junge Frau von atemberaubender Schönheit. Sie war die Tochter des Kalifen und hörte auf den lieblichen Namen Pelu.

Der zweite Schleier: Viele der reichsten und tapfersten Männer des Landes hatten dem Kalifen ihre Aufwartung gemacht und um die Hand seiner Tochter gebeten. Doch der Kalif war ein gerechter Mann, der seine Tochter sehr liebte. Er wollte sie nur demjenigen geben, der es verstand ihr Herz zu gewinnen.

Der dritte Schleier: Prinzessin Pelu aber war von eigensinnigem Gemüt und weder protzende Tapferkeit noch kostbarstes Geschmeide konnten den Bewerbern den Weg zu ihrem Herzen öffnen.

Der vierte Schleier: Seit Kindestagen war sie erfüllt von dem Wunsche des Lebens leidenschaftliche Tiefe zu erfahren. Ihre verlangte es danach diese mit Körper und Geist zu erschließen.

Der fünfte Schleier: In sternenklaren Nächten lag sein in ihrem Gemache. Da sie eine Frau von großer geistiger Tiefe war, wusste sie, dass sie den Trank des Lebens nur mit dem Manne ihres Herzens würde finden können.

Der sechste Schleier: So vergingen die Jahre. Und auch wenn ganz Damaskus ihre Schönheit und ihre Weisheit pries, so wusste Prinzessin Pelu, dass ihre wahre Schönheit und ihr wahres Strahlen noch immer in ihrem Körper eingeschlossen waren.

Der siebte Schleier: Das Verlangen nach dem Manne ihres Herzens wurde stärker, als sie das zwanzigste Jahr bereits überschritten hatte.

Der achte Schleier: Ihr Körper bog sich in Tagträumen, und schäumende Lust breitete sich in ihrem Schoße aus. Das Volk von Damaskus und verlangte nach einer Vermählung, doch der Kalif hielt weiter schützend seine Hand über die Tochter.

Der neunte Schleier: Bei Tage schritt Prinzessin Pelu zur Beruhigung der Menschen mit all ihrem Liebreiz durch die Gassen der Stadt. Doch des Nachts, wenn die Berührungen des Geliebten fehlten, besah die Prinzessin ihren schönen Körper selbst bei Zeiten.

Der zehnte Schleier: Pelu’s Brüste waren nun zu prächtigen Früchten gereift, und sie wünschte sie dem Geliebten darzureichen, auf dass er sich an ihnen labe.

Der elfte Schleier: Damals kam ein Prinz nach Damaskus. Dessen Familie war einst beim alten Kalifen in Ungnade gefallen, zu einer Zeit als der Prinz selbst noch an der Brust seiner Mutter lag.

Der zwölfte Schleier: Prinz Nolu, denn so lautete sein Name, hatte lange Jahre an den Grenzen des Orients gelebt. Doch nun, da er dem familiären Treibsand entronnen war, zog es ihn zurück in die Stadt seiner Väter.

Der dreizehnte Schleier: Auch Prinz Nolu hatte stets die Sehnsucht nach dem wahren Leben angetrieben. Und auch er hatte erkannt, dass er des Lebens süße Speise nur mit einem ihm gleichgesinnten Weibe würde kosten können.

Der vierzehnte Schleier: Wenn auch nicht mehr ganz jung an Jahren, er hatte das vierzigste Jahr überschritten, war er von stattlicher Gestalt. Zudem schätze man seinen wachen Geist und seine helfende Hand.

Der fünfzehnte Schleier: Eines Tages, so wird berichtet, wurden Pelu und Nolu einander auf dem Markte im Zentrum der Stadt ansichtig. So flüchtig der erste Blick auch gewesen, so stark war doch das Feuer, welches beider Herzen sogleich entflammte.

Der sechzehnte Schleier: Die Weisen berichteten später, schon diese erste Begegnung sei vorherbestimmt gewesen. Denn unter des Himmels Sternen sucht eine jede Hälfte des Herzens sein passendes Gegenüber. Doch nur wenigen ist es vergönnt, dieses auch zu finden.

Der siebzehnte Schleier: Fortan suchten Prinzessin Pelu und Prinz Nolu die Nähe des anderen. Es taten Gespräche sich ihnen auf, voll tiefstem Wissen, herrlicher Erkenntnis und großer Leidenschaft.

Der achtzehnte Schleier: Prinz Nolu bot seiner Geliebten eine Frucht von erlesener Schönheit, und Pelu nahm sie und genoss in vollen Zügen.

Der neunzehnte Schleier: Prinzessin Pelu schenkte ihrem Geliebten dafür einen Trank, edler noch als der Wein des Barmherzigen. Fortan erfreute sich Prinz Nolu an dieser nie zuvor gekannten Herrlichkeit.

Der zwanzigste Schleier: Schon bald wurde die Vermählung gefeiert. Damaskus atmete auf und die Werber blickten enttäuscht, doch Prinzessin Pelu und Prinz Nolu erfreuten sich ihrer tiefen Vereinigung.

 
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Hallo TiLu

Herzlich willkommen bei den Wortkriegern!

Beim vierten Schleier müsste es "Ihr" statt "Ihre" heissen und das Komma vor dem "und" beim achtzehnten Schleier ist entbehrlich.
Bis auf diese winzigen Ausnahmen lässt sich dein Text sehr angenehm lesen, da habe ich nichts auszusetzen, du kannst offensichtlich mit Worten umgehen. Die altertümlich-orientalisch angehauchte Sprache ("eigensinniges Gemüt" etc.) ist nicht mein Ding - aber es gibt sicher Leser, die das mögen. Ich frage mich jeweils, was genau die Idee ist, wenn jemand einen Text in einer Sprache schreibt, die sich so sehr von der unsrigen unterscheidet, dass man das nur als Kopie oder als Hommage (so habe ich den Text gelesen) betrachten kann. Und bei Formulierungen wie "schäumende Lust in ihrem Schoss" oder Brüste als "prächtige Früchte", na ja, da muss ich halt grinsen. Aber vielleicht war das ja auch deine Absicht (Stichwort: Hommage). Und ja, es ist ja auch als "Märchen" getagt, so weit, so gut.

Meine eigentlichen Bedenken betreffen zwei andere Punkte: Erstens mangelt es deiner Geschichte an Spannung, an Konflikt. Wenn da wenigstens irgendein Hindernis wäre, das zwischen den beiden steht und das überwunden werden müsste! Die Geschichte lautet: Frau ersehnt Mann, Mann ersehnt Frau, beide finden sich, alles in Butter. Das orientalische Gewürz vermag m.E. den faden Plot nicht aufzupeppen.

[Edit: Die mehrfache Erwähnung von Damaskus als Ort des Geschehens hat mich natürlich nach einem Bezug zur Gegenwart und einer versteckten Pointe suchen lassen, aber da habe ich nichts gefunden]

Und der zweite Punkt ist der, dass du die Geschichte nicht wirklich erzählst. Wenn man statt "Schleier" jeweils "Kapitel" schreiben würde, dann läse sich das insgesamt wie eine Inhaltsangabe. Ich mache drei Beispiele:
- "Da sie ein Frau von grosser geistiger Tiefe war" Weshalb? Woran kann man das erkennen? Gibt es besondere Dinge, die sie tut, die sie mag?
- "Das Verlangen nach dem Manne ihres Herzens wurde stärker" Woran merkt sie das? Was tut sie?
- Pelu werde sich nur demjengen hingeben, der es verstehe, ihr Herz zu gewinnen, schreibst du. Und wie geschieht das dann tatsächlich? Sie sehen sich auf dem Markt, zackbumm lodert das Feuer der Liebe. Also grossen Aufwand hat der Kerl nicht betrieben, um Pelas Herz zu erobern.

So ist dein Text abhängig von all diesen Formulierungen wie "erlesene Schönheit" "entflammte Herzen", die man halt aus all den Märchen und alten Geschichten kennt, und die nicht mehr die Kraft besitzen, die sie mal hatten.
Tatsächlich hatte ich am Ende das Gefühl, nicht eine Geschichte, sondern ein Exposé oder eine poetisch angehauchte Zusammenfassung gelesen zu haben, die mich als solche nicht in den Bann ziehen kann.

Es wird interessant sein zu sehen, wie deine Texte wirken, wenn du dein sprachliches Potential nutzt, um eine Geschichte wirklich auszugestalten.

Ich hoffe, meine Anmerkungen helfen dir weiter, und wünsche dir viel Spass im Forum

Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Til u,

mir wollten sich diese Schleier nicht erklären. Als dann dauernd ein neuer Schleier dazu kam, hat es mich irgendwann gelangweilt, weil ich keinen Bezug dazu hatte und mich fragte, was das soll.
Der ganze Text ist mir zu berichtend, ich komme auch gar nie in die Szenen hinein, weil du wie bei einem Protokoll von einer zur anderen Handlung preschst.

Also ich kann mit deinem Text leider nicht soviel anfangen, aber das ist ja auch Geschmackssache. Trotzdem natürlich herzlich Willkommen hier bei uns Wortkriegern, Til.

Liebe Grüße
bernadette

 
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Hola TiLu,

mit meiner Macke, erst die Kommentare der anderen zu lesen und danach die eigentliche Geschichte, bleibe ich bei Peeperkorn hängen:

Beim vierten Schleier müsste es "Ihr" statt "Ihre" heissen und das Komma vor dem "und" beim achtzehnten Schleier ist entbehrlich.

Ach? Achtzehn Schleier – ich vermute, mein hochgeschätzter Peeperkorn macht einen Scherz.
Aber nein! Es gibt sogar zwanzig Schleier!

Also, das ist mir echt zuviel. Schon beim zehnten fand ich die Idee nicht mehr so originell. Diese ständig wiederkehrenden Schleier verschleiern die Handlung – am Ende der Geschichte war ich nicht klüger als zu Beginn. Zwanzig Schleier!
Gab es eine Handlung? Ich empfand die Schleier wie Psalmen, die wie Dein Text sich an altorientalischer Literatur orientieren. Da kommt etwas Leierhaftes ins Gemüt des Lesers – wenn er weich sitzt, droht er einzunicken.

Selbstverständlich kann ich mir vorstellen, dass ein Autor sich glücklich schätzt, auf diese Idee gekommen zu sein. Er hat dann auch nicht die Distanz zum Sujet wie der Leser. Die meisten von uns kennen diese Selbstverliebtheit in eigene Einfälle.
Immer wieder wird geraten, einen Text etwas liegen zu lassen, um ihn dann im abgekühlten Zustand noch einmal abzuklopfen. Aber wir wissen auch um die Hippeligkeit, das neue Werk jetzt und keine Minute später der Weltöffentlichkeit vorzustellen.

TiLu, bei dieser KG, die vom Leben erzählt, vermisse ich Leben. Der Text wird runtererzählt, schietegol, wie sich der Leser fühlt – und das scheint mir ein Fehler zu sein.
Der Leser kann weiterklicken, aber Dein Leser ist weg.

So machen wir unsere Erfahrungen – passt scho.

Ich glaube, dass Du hier im Forum eine gute Position erschreiben wirst, denn mir kommt es so vor, dass Du Spaß am Schreiben hast – und Fehler machst Du keine.
Unter diesen idealen Voraussetzungen grüße ich Dich!

José

 

Hallo Tilu,

die Schleieridee hat mich neugierig gemacht. Keine Ahnung, ob es sich um eine im Orient tradierte Erzählweise handelt, womöglich gekoppelt mit der szenischen Gestaltung eines Schleiertanzes, bei dem nach und nach alle Schleier fallen. Diese Idee hätte für mich etwas Reizvolles, wenn der Begriff "Enthüllung" sich auch auf die Story beziehen würde. Aber da enthüllt sich gar nichts. Kein verborgenes Geheimnis, über das die Welt ins Staunen geraten könnte. Ich fühle mich als Leser etwas betrogen. Aber vielleicht machst du es ja wie Scheherazade und wir dürfen auf tausend und einen Schleier warten.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Ein "Hallo" Euch allen!

Zunächst einmal danke ich für die Willkommensgrüße.

Vor allem aber danke ich für Eure Kritiken. Ich empfinde diese als wirklich sachlich und kann die einzelnen Punkte im Wesentlichen nachvollziehen!

Ganz im Stile der Schleier muss ich daher enthüllen, dass es sich bei dem obigen Text eigentlich nur um ein Fragment handelt. Der Text stammt aus einem Album, das ich meiner Frau gestaltet habe, und dass verschiedene Porträts von ihr und mir enthält. Ich wollte aber nicht nur ein reines Fotoalbum erstellen, sondern die einzelnen Fotos im Stile einer orientalischen Erzählung miteinander verbinden (ja, ich habe ein Faible für den Orient...). Die "Schleier" sind dabei diese halbtransparenten Seiten, die die dahinterliegenden Fotos schützen. Ich dachte dabei an mit Tüchern behangene Zelte, farbige Schals und vor allem an die halbtransparenten Stoffe, die in den Märchen einen Teil des Gesichts orientalischer Frauen "verbergen".

Letztendlich interessierte mich, wie der Text alleine wirkt, ob er für sich stehen kann. Kann er in der jetzigen Form nicht, das zeigen Eure Kritikpunkte recht deutlich! Danke dafür. Ich hatte wohl noch zu sehr das Gesamtkonzept vor Augen (ist das vielleicht Teil der angesprochenen Selbstverliebtheit?), das natürlich von einer sehr subjektiv-intimen Sicht geprägt ist, und deren Sinn sich nur den beiden betroffenen Personen in Gänze offenbaren kann.


Grüße
TiLu

 

Hi TiLu,

das ganze mit den Schleiern finde ich klasse. Ich als absoluter Märchenfan bin etwas neidisch. Ich habe direkt an das Märchen vom tapferen Schneiderlein und die Streiche von Max und Moritz gedacht. Keine Ahnung, welche Synapsen da die Verbindung geschlossen haben. Demnach wurde ich sehr Entäuscht, dass gar nichts enthüllt wurde, noch irgendwas passierte. Schade. Schade um die Idee.

Beste Grüße,

schwarze sonne

 

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