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Die Hummer von Nova Scotia

Monster-WG
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10.09.2014
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Die Hummer von Nova Scotia

Eine jetzt angebotene Zigarette würde ich annehmen und den Qualm tief einsaugen, obwohl ich mit Rauchen aufgehört habe.
Doch mit Lungenzug oder ohne – meine Nerven flattern. Ein einziger Griff versaut oder versüßt mir die nächsten Wochen. Eine Leprakolonie im südindischen Meer oder ein Edel-Gestüt in Vermont?
Ich fingere mein Los aus der Wundertüte. ‚Mit zitternden Händen’ ist Quatsch, trotzdem stimmt es.
Erhabenes wie Sein oder Nichtsein wird nicht verlost, aber es ist unvorstellbar, an welchen von Gott verlassenen oder verhätschelten Orten die Handlungen irgendwelcher Bücher stattfinden.
Dorthin muss der „Lotterieteilnehmer“ reisen, das jeweilige Buch lesen und seine Eindrücke zu einer eigenen Story verarbeiten. Mit geschlossenen Augen rolle ich das Papierröllchen auseinander.
Geht die Reise in die Arbeiterviertel von Bratislava, zu einem toskanischen Adelssitz, zu den Salpeter-Mineros in die Atacama?
Wie auch immer – ich öffne die Augen und halte mein Los ins Licht: „Karges Land, reiches Meer“, Roman von P. C. Virkoff.
Aha, meine Reise geht nach Neuschottland. Na Mahlzeit. Ich greife mir hinters Ohr, wo früher stets eine Zigarette klemmte.
Neuschottland unabänderlich! Auch wenn Nova Scotia besser klingt.

Dieser Nova-Scotia-Sturmwind ist ein Rüpel; er reißt an mir, packt mich von allen Seiten und beutelt mich kräftig.
Es lohnte nicht, den Leuchtturm zu besteigen. Die Aussicht ist nicht besser, als wenn ich unten auf den Klippen stünde.
Grauweißes Felsgestein - allgegenwärtiges Gesprengsel auf kümmerlichem Grün, Fundament der bunten Holzhäuser, über den Strand verstreut, wild durcheinander; je nach Tide überflutet, umschäumt von Gischt und weißlichen Blasen oder mit Tang behangen. Ein sehr unterkühltes Panorama.
Die Gehetztheit, die Unrast des Windes überträgt sich aufs Meer. Es randaliert – gegen wen oder was auch immer, vielleicht sogar gegen seinen Schöpfer. Dann überschlägt es sich, frisst an der Küste, ohne je satt zu werden, zieht sich zurück, um neuen Zorn aufzuladen. Wer diesen grollenden Bergen und Tälern die Schätze entreißen will, muss ein ganz Mutiger sein, oder eine Familie haben. Oh Lord, beschütze ihn!
Ich blicke auf ein feindliches Gebrodel, das in der Ferne immer undeutlicher wird. Dort könnten sie sein, die Dinosaurier der Ozeane. Da blasen sie ab – eine majestätische Säule steigt hoch, vermischt mit den Nebeln des Golfstroms und tiefhängenden Wolkenfetzen. Ich vermute Robben und Seevögel, aber wirklich erkennen kann ich nichts. Ich hätt’s mir gewünscht - auch Seeelefanten und Walrosse.

Ich suche eine Kuhle, in der mich die nordisch strenge Atlantikluft nicht so brutal attackiert.
Was für ein himmelgottverdammter Kurzschluss war diese Loszieherei bei ‚Splendid Journeys’?
Selbstgespräche sind hilfreich beim Ordnen der Gedanken.
Rachels Korb ist schuld. Statt sich mit mir an den Gestaden des Mittelmeers zu amüsieren, Cannes, St. Tropez, läuft sie mit diesem gelackten Affen davon, besser gesagt fliegt davon, in seiner blöden Cessna. Wir hätten uns ein schickes Sportcoupé geliehen und wären ständig den Glitzerboulevard hoch- und runtergefahren – unter Palmen!
Stattdessen hocke ich hier in Kälte und Sturm, richte mein Opernglas auf Dinge, die mich nicht interessieren. Auf Kutter und Hafentristesse, auf Schroffes und einfältige Leute.
‚Splendid Journeys’ – dass ich nicht lache! Aber vielleicht habe ich so wenigstens mein Leben gerettet.
Ganz klar: es ist ein Notprogramm. Hier sammeln wir uns, die Unverstandenen, Verlassenen und Einsamen. Das muss fetzen, muss vereinnahmen, muss atemlos machen; wir dürfen nicht an unsere Probleme denken, sonst müssten wir uns aufhängen.
Ob Rachel so unersetzlich ist, wie es mir die ersten Tage und besonders Nächte nach ihrem Abflug schien – und ich allen Ernstes an Selbstmord dachte – glaube ich jetzt nicht mehr. Diese unangenehme Seeluft macht den Kopf frei.
Ich weiß gar nicht mehr, ob ich sie wirklich geliebt habe – so mit allen Sinnen und Fasern meines Körpers. Einerlei, es ist vorbei.
So strande ich hier, an Avalons Küste.
Virkoffs Buch beschreibt das Leben in dieser rauen Welt, die Abhängigkeit vom großen Ozean, weil das Land zu gar nichts taugt.
Dorsch war der Ernährer. Durch die meist prallvollen Netze entstand eine gewisse Unabhängigkeit; die dauerhafte Nachfrage nach Stockfisch sicherte den Lebensunterhalt. Der Verfasser holt allerdings weit aus und erzählt auch von einer Zeit, in der riesige Hummer und der Mensch beinahe befreundet waren. Das – nehme ich an – werden meine Recherchen vor Ort nicht bestätigen.
Jedoch wenn ich einen Knüller zutage förderte - die beste Story der Saison sozusagen - dann erwarteten mich Geld und Ruhm. In nüchternen Worten: Ein Reisekostenzuschuss und, nach der Überarbeitung durch einen Lektor, die Veröffentlichung meiner Geschichte in Reader’s Digest.
Ich studiere meinen neuen Heimathafen und seine Bewohner seit Tagen, doch jetzt ziehe ich fröstelnd die Mütze über die Ohren und schlage den Kragen hoch. Ich strebe einem Ort zu, an dem man um mein Wohlbefinden besorgt ist.
Der zum Hotel gehörende Salon ist ein behagliches, rötlichbraun getäfeltes Refugium gegen alle Unbill des Wetters, aber auch des Lebens - es werden hundert tröstende Getränke serviert. Ich entscheide mich für Tee und einen noblen Rum, greife nach meinem Virkoff und blättere unentschlossen hin und her. Der Autor hat längere Zeit hier gelebt, im ständigen Zwiespalt, die gewaltige Natur zu bewundern oder als menschenfeindlich zu empfinden.
Zu den Menschen fand er noch weniger Zugang. Er sah ihre Unsicherheit, ihre Furcht, aber auch ihre Dünkel und ihr Bemühen, all das Unausgesprochene zu überspielen. Männer unterlagen im Kampf mit dem Meer, verloren gegen die ständigen Anfechtungen des Alkohols.
Familien waren sich spinnefeind, Neid zerstörte Freundschaften; das allgegenwärtige Schicksal schien hier besonders oft und exzessiv zuzuschlagen. Fischerboote, auch Trawler verschwanden samt Besatzung, die Selbstmordrate war hoch – und wenn ein Unglück geschah wie anderswo auch, dann wurde das gedeutet als kosmische Verschwörung gegen Nova Scotia und seine Bewohner.
Virkoff beschrieb, was er an einem Nachmittag erlebt hatte:
„Stell Dir vor, Du stehst am Ufer eines zugefrorenen Teiches, die nachmittägliche Wintersonne lässt Dich die Wollmütze abnehmen, die kleinen Schlittschuhläufer haben das schon längst getan und drehen ihre Pirouetten.
Herrlicher Übermut! Lachen wie ein überschwänglischer Dauerton schallt über das Eis, die bunten Schals wehen fast waagerecht vor Vergnügen, die hellen Stimmen werden immer aufgekratzter und urplötzlich nimmt der Große Regisseur die Schere – Cut!
Du glaubst nicht, was Du siehst.
Das kann an diesem wundervollen Nachmittag einfach nicht sein! Das ist irre, das ist krank. Ein Kind ist eingebrochen, die anderen flüchten ans Ufer. Du und die Umstehenden begreifen
schnell den tödlichen Ernst der Situation. Von Leitern zu sprechen, die man jetzt dringendst benötigte, jedoch nicht hat, hilft nicht weiter und das eigene Gewicht würde jeden Rettungsversuch zum Selbstmord werden lassen. Das unglückliche Kind hört auf zu schreien und versinkt ganz langsam wie ein kleines Boot aus zu nassem Holz. Die lebenserfahrenen Erwachsenen wissen, dass sie ihrer selbst zuliebe wegschauen müssten und sehen doch wie gebannt zu.
Bis zu ihrem letzten Tag werden sie diesen Schreckensfilm vor Augen haben, der durch die erbärmliche Tatsache, nicht helfen zu können, in eine furchtbare Potenz gerät. Sie schauen sich wissend und verschwörerisch an und jedem ist klar, dass so etwas Schreckliches nur bei ihnen passieren kann.“

Virkoff schreibt, dass hier neben tiefer Religiosität viel Spökenkiekerei und Geisterglaube im Spiel sind. Das glaub’ ich ihm aufs Wort – in diesem Milieu wäre ich auch ein anderer.
Ich nehme noch Tee mit Rum und lese im Kapitel über das damalige Zusammenleben von Hummer und Mensch:
„Frauen und Kinder wechselten oft auf den anderen Gehweg, wenn ihnen einer dieser Riesenhummer entgegen kam. Die waren im aufrechten Gang fast einen Meter groß! Die Männer waren beherzter – sie taten so, als ob sie ohnehin ein paar Schritte auf der Straße tun wollten und so wurde ein möglicher Zusammenprall vermieden. Dabei wusste jeder, dass diese Gäste aus dem Meer friedvolle, beinahe liebenswerte Gesellen sind. Es war wohl eher die Angst vor diesen schrecklichen Scheren, die eine Kutsche samt Rädern und Achsen wie Papier zerschnippeln konnten.
Mittlerweile sind sie wohl ausgestorben – infolge einer rätselhaften Krankheit.
Das ist die offizielle Version.
In Wahrheit sind sie umgebracht worden – ausgetrickst und ermordet.
Die Intelligentesten haben sich zurückgezogen und werden noch das Ende der Welt erleben.“

Demnach sind hier die Hummer nach Belieben herummarschiert und haben sich etwas gegönnt. Denn Virkoff berichtet, dass sie nicht einen Arzt konsultieren wollten, sondern die Kneipen ansteuerten. Und er beklagt, dass seit ihrem Fernbleiben dem Straßenbild von St. Juniper das Unverwechselbare fehle.

Sir David jedoch schließt diese Lücke mit großem persönlichen Einsatz. Zweimal am Tag schlendert er über die Queen Margot Lane, nein – viermal: vormittags gegen zehn, ohne Eile, hinunter zum „Pinky Shrimpy“, fast am Wasser. Frühschoppen mit den alten Haudegen. Sie sind gern unter sich, damit ihr Standpunkt, es gäbe weltweit keinen, der ihnen das Wasser reichen könnte, unwidersprochen bleibt.
Die alten Herren trinken eh etwas anderes. Gegen zwölf ist er dann zurück. Molly’s Küche ist es wert.
Und dann so gegen vier der zweite Ausflug. Diesmal zu „Crown & Lobster“ – mitten hinein in den Touristenrummel. Während der Saison ist diese Stunde am Nachmittag eine gut gewählte Zeit, denn jetzt wird fotografiert auf Teufel komm raus und Sir David schlendert nicht wie am Vormittag, sondern flaniert; er hat einen beeindruckenden Gang entwickelt, und ihn über die Zeit vervollkommnet.
Unberührt von all dem, was um ihn herum geschieht, schreitet er mit durchgedrücktem Rücken wie ein Würdenträger die Lane hinab, registriert geschmeichelt jede auf ihn gerichtete Kamera und bewahrt die Contenance. Ein Käpt’n wie aus dem Märchen. Der dekorative Vollbart in reinem Silber, die immer noch vollen Locken, die etwas zerknautschte, umso verwegener wirkende Kapitänsmütze, kombiniert mit einer Art blauschwarzem Gehrock - das schönste Urlaubsfoto aller Zeiten.
Ich muss ihn kennenlernen.

Das Lokal ist gut besucht und bei besetzter Bar findet man am Free Board am ehesten einen freien Platz.
„Erlauben Sie?“, spreche ich ihn an und bin verwundert über die servile Einfärbung meiner Frage. Das muss an seiner beeindruckenden Erscheinung liegen.
„Selbstverständlich, nur zu, junger Mann, einen besseren Platz können Sie gar nicht finden als neben mir“, sagt er aufgeräumt.
„Danke, sehr liebenswürdig.“
„Schließlich bin ich einer der letzten Ureinwohner“, fährt er fort „und wenn Ihnen einer etwas über diese Gegend und die Pfütze davor erzählen kann, dann werde wohl ich das sein.“
„Oh ja, ich hab’ Ihre Kapitänsmütze gesehen und mir gleich gedacht: Das wäre toll, wenn ich so einen echten Seemann kennenlernen würde. Sir, ich bin sehr erfreut.“
„Nicht soviel der Ehre! Hören sich verdammt nach einem Europäer an, schätze schwedisch – deutsch, so die Ecke.“
„Fast. Ich bin Belgier. Zur Zeit studiere ich in England.“
„Na, sag ich doch. Hab einen Riecher für so was. Und jetzt woll’n Sie mal schauen, was wir hier im letzten Paradies auf Erden so treiben, oder?“
„Genau, Sir. So ist es.“ In meinem Kopf rattert es: Lass’ ich ihn ratschen oder übernehme ich die Gesprächsführung?
„Ich bin mir sicher, dass es sich lohnt, Ihnen zuzuhören“, sagt mein Mund, vom Bauch gesteuert.
Der Käpt’n ist gewohnt, auf großes Interesse zu stoßen, wenn er seine Paraderolle spielt. Die damit verbundenen guten Gefühle gönne ich ihm von Herzen. Er hat ja nicht mehr viel, ist sicher um die achtzig. Mit dem Rest seines Biers befeuchtet er die Lippen und ich zeige dem Keeper zwei Finger.
„Und jetzt erwarten Sie, dass ich Ihnen von den alten Zeiten erzähle?“, fragt er fast ein bisschen aggressiv. Aber ich weiß ihn zu nehmen:
„Ja, das würde mich wirklich interessieren. In jedem Souvenirladen sehe ich angetüdelte Hummer mit der Flasche unterm Arm. Und es gibt dieses schrille Poster, das Mensch und Hummer beim Armdrücken zeigt.“
Ich schaue ihn über mein erhobenes Glas unwiderstehlich an, er greift zu seinem und knurrt: „Verstehe“. Durch den Bierschaum gewinnt sein Bart an Volumen.
„Mein lieber schwedischer Freund – Sie müssen wissen, dass damals die Hummer an Land gingen, wie das auch fremde Matrosen taten und tun. Kein Mensch drehte sich nach ihnen um – sie gehörten einfach zum Straßenbild. Ich selbst hab sie leider nie gesehen, doch mein Großvater hatte mit ihnen noch gepokert und getrunken.“
Ich werde extrem hellhörig.
Käpt’n David ist im Fluss: „Nicht umsonst heißt so manches Hafenlokal ‚Drunken Lobster’ oder wie dieses hier ‚Crown & Lobster’. In der Regel zahlten sie mit Goldstücken, die jedem Bisstest standhielten – oder mit Perlmutt und kostbarem Schmuck. Und da drüben, rechts vom Keeper, hängt noch das Schild ‚Jewellery accepted’.“

Hehe – ich bin ganz Ohr!
Komme ich doch mit der Siegerstory ins RD? Kindergroße Hummer beim Landgang mit den Taschen voller Geld! Die kannten die unterseeischen Orte, wo die geborstenen Rümpfe der „Atlantic“, der „Princess Mary“ und deren Schwestern ihren gleißenden Inhalt darboten.
So mancher Spelunkengast versuchte, sich die Freundschaft eines Hummers zu erschleichen und einigen gelang das auch. Ohne Arg nahmen die ihre neuen Freunde auf deren Bitten und Drängen mit ins Unterwasserreich und kein Mensch hat sie jemals wiedergesehen.
David meint, die hätten sich die Taschen zu voll gestopft. Da schafft man es nicht mehr nach oben, zur Luft, der wunderbaren Luft, gratis, köstlich, in jeder Menge verfügbar.
Die eigentliche Tragik läge allerdings darin, dass die an Land Gebliebenen den Hummern Schlechtes andichteten. Sie würden ihre menschlichen Besucher unter Wasser locken und dann aussaugen.
Eine böse Bezichtigung. Das Klima war vergiftet, die Landbesuche der Hummer wurden weniger, dann blieben sie gänzlich aus. Die witzigen Kaschemmenabende mit den blinkenden Goldtalern, der Rausch im Hummerkopf waren Vergangenheit, werden es immer sein.

Der Käpt’n ist ein großartiger Erzähler, schafft es, sich selbst mit einzubringen in sein Seemannsgarn und dabei immer gut dazustehen.
Unterstelle ich ihm mit ‚Seemannsgarn’, dass er’s mit der Wahrheit nicht so genau nimmt? Aber Gott behüte – das will ich doch gar nicht!
Warum sollte ich seinen Bericht in Frage stellen? Weiß ich es besser, war ich hier– zu dieser Zeit? Es behauptet ja keiner, dass die Hummer Matrosenanzüge trugen oder dass einige im Bordell gesichtet wurden. Außerdem brauche ich meine Geschichte – warum also sollte ich zweifeln?
Zur Abrundung des Abends ordere ich zwei schöne Whiskeys und mache noch ein Selfie mit meinem Capitano.
In bester Stimmung verabschieden wir uns und ich gehe, ohne bei den lüsternen Mädchen vorbeizuschauen, direkten Wegs ins Hotel.
Etwas unkonzentriert mache ich mich nachtschön, könnte in diesem Prachtpyjama sogar an einem Staatsempfang teilnehmen. Aufgedreht inspiziere ich die Hausbar.
Ich mische mir einen Schlaftrunk und greife noch einmal zum Virkoff:
„Mit den Menschen sind sie seitdem uneins, dieses ehemals für beide Seiten einträgliche Verhältnis ist für alle Zeiten zerrüttet. Irreparabel.“
Tja, das verdammte Geld. Mein Autor philosophiert noch ein wenig und kann’s auch nicht ändern. Sein Buch geht mit einem Fest zu Ende. Man trinkt hundertfünfzig Jahre alten Cognac, probiert uralte Bordeaux und Burgunder - über Wasser unbezahlbar - man legt exquisiten Schmuck an, dass alles nur so spiegelt und blitzt. Die letzte Szene beschreibt das Goldhochstapeln.
„Marga, die Wahrsagerin, prophezeit neunundneunzig Goldmünzen übereinander würden den Sieg bedeuten – und sie weiß auch schon, dass Bertalan, ihr heimlicher Schwarm trotz seines Alters, das Rennen machen wird.
Diesmal jedoch hat sie sich verguckt in ihrer Kristallkugel, denn Bertalan ist schon beim hundertunddritten Goldstück. Eine makellose Säule hat er aufgetürmt. Wie bei den Menschen muss er die höchste und goldglänzendste haben.
Die Jury beginnt, etwas umständlich die Münzen nachzuzählen, als ein gigantischer Manta die Szenerie verdunkelt und mit seinen Turbulenzen die funkelnden Säulen Bertalans und all seiner Konkurrenten zum Einsturz bringt, bevor er in den glitzernden Weiten des Ozeans verschwindet.“
Ha, ha, lache ich vor mich hin. So ist das mit dem Scheißgeld! Die einen können nichts Gescheites damit anfangen, obwohl sie drin waten – und wir anderen kommen nicht ran. Ich ziehe mir das weichere Kopfkissen von beiden heran und sage ‚Gute Nacht’ auf japanisch. Nein, nein – ich schlafe heute ohne Japanerin, bin nur ein bisschen besoffen. Ich lasse diesen anspruchsvollen Gute-Nacht-Wunsch im Raume stehen und schaue noch mal Sir David prüfend in die Augen.
Die erscheinen mir jetzt klein und schwarz, typische Hummeraugen. Mich schaudert’s. Diese hässlichen Stecknadelköpfe sehen mich unverwandt an. Des Käpt’ns Mund verzieht sich grotesk, wird einem Hummermaul immer ähnlicher, rötlich wie ein Messerschnitt und schnarrt „Prost!“. Ich erschrecke mich und gehorche. Indem ich mein Glas seinem entgegenstrecke, erhebt er seine Schere ebenfalls und wir stoßen herzlich an. Dann bleibt mir die Luft weg. Will er mir tatsächlich seine Schätze zeigen, unten im Meer? Ich rudere und strample mich an die Oberfläche, die Kissen fliegen, die Leselampe fällt runter, brennt aber noch.
Ein Segen, denn nachts unter Wasser muss es schrecklich sein.

 

Hola, nochmals ich.

Kabeljau ist Kabeljau, aber wenn er jung ist, heißt er Dorsch.
Ersterer klingt billig, nach Masse, ohne Anspruch. Dorsch klingt beinahe raffiniert, merkwürdigerweise. Deshalb spricht man bei Kabeljau von Dorsch, weil Letzterer höhere Preise erzielt.
Wie aus Dorsch bzw. Kabeljau Stockfisch wird, ist ergoogelbar. Nur den Bayern muss ich’s sagen, dass Stockfisch nicht mit Steckerlfisch zu verwechseln ist.
Und Spökenkiekerei wird auch – wie der Abstand von Saturn zu Jupiter – durch die ehrenwerte Firma Google hinlänglich erklärt.

Viel Spaß beim Lesen!
José

 
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Guten Abend joséfelipe,

kein Wunder, dass du so lange von der Bildfläche der WK verschwunden warst, wenn du jetzt unter dem Pseudonym Virkoff Romane verfasst. Glückwunsch!
Sei es, wie es will, dein Wortwitz und deine spitze Zunge haben mir hier gefehlt.

Es war dir sicher klar, dass ich es mir nicht verkneifen kann, deine KG zu kommentieren, obwohl wir beide genau wissen: eine konstruktive Kritik ist nicht zu erwarten.
Übrigens, es ist unfair, du hast den Einstiegsatz verändert; jetzt hab ich gar nichts mehr zu meckern.
Im Ernst, so ist er besser.

Kurzresümee: Deine Geschichte ist für mich: Intelligenz gepaart mit der Schönheit der Sprache.
Sicher etwas pathetisch formuliert, aber deshalb nicht minder wahr.

Nur kurz ein wenig Haarspalterei:

Mein lieber schwedischer Freund - Sie müssen wissen, ...

Wolltest du den Capitano verwirrt darstellen, weil du den Kerl "schwedisch" und nicht "belgisch" sagen lässt? Oder hat sich da der Fehlerteufel eingeschlichen?

Es gibt noch mehr zu schreiben, das werde ich auf den morgigen Tag verschieben.
Vielleicht weißt du, warum.

Herzlichst peregrina

 
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Hola@peregrina,

ich danke Dir für Deinen Post, aber ...

Es gibt noch mehr zu schreiben, das werde ich auf den morgigen Tag verschieben.

... bevor ich den in meiner unnachahmlich ausschweifenden Art beantworte, sollte ich Deinen Nachtrag abwarten.

Vielleicht weißt du, warum.

Nein, das weiß ich nicht. Auch wenn ich mir das Hirn zermartere - es will mir partout nichts einfallen.
Jetzt komme ich mir wie ein Trottel vor, aber wie einer, der mächtig gespannt ist auf das, was noch kommt. Das wird sicher eine unruhige Nacht!

Peregrina, ich hoffe, Deine Nachtruhe ist eine erholsamere und ich freue mich auf das Weitere.
Übrigens:

Wolltest du den Capitano verwirrt darstellen, weil du den Kerl "schwedisch" und nicht "belgisch" sagen lässt?
Vielleicht klingt's wie eine Ausrede, aber das war wirklich meine Absicht. Ich habe beobachtet, dass alte Leute (zu denen ich ja auch gehöre) Schwierigkeiten haben, ein einmal feststehendes Bild zu revidieren - der Käpt'n hatte mich ja gleich als deutsch / schwedisch eingeschätzt.

Für heute Abend einen schönen Gruß
und Schluss!
José

 
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Hola joséfelipe,

manchmal bin ich unmöglich. Wenn ich geahnt hätte, dass ich dich in Unruhe versetzte, dann hätte ich meinen virtuellen Besuch mit weniger Dramatik angekündigt.

Natürlich konntest du nicht ahnen, was ich mit meiner Andeutung sagen wollte. Ich habe mir vorgenommen, ab jetzt öfter mal zu deiner KG ein paar Zeilen zu posten. Ich bekenne mich hier zum offiziellen Thread Pumping, wie du vor geraumer Zeit dieses Verfahren genannt hast.
Es fällt mir schwer, hier mit ansehen zu müssen, wie einige lesenswerte, hochwertige Texte von den
Wortkriegern ignoriert werden. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Wahrscheinlich wird mein Mutter- oder Beschützerinstinkt zu stark aktiviert. Hoffentlich lerne ich noch, mit dieser Situation umzugehen.

Zum anderen habe ich technische Schwierigkeiten meine Komms zu senden. Ein Großteil wird nicht gespeichert - wahrscheinlich ist die Internetverbindung nicht stabil - und so fange ich immer mal bei
Null an. Also empfiehlt es sich für mich, meine Beiträge knapp zu halten.

Was nun folgt, hört sich schulmeisterlich an.

Grauweißes Felsgestein - allgegenwärtiges Gesprengsel auf kümmerlichem Grün, Fundament der bunten Holzhäuser, über den Strand verstreut, wild ...
Eine magere, fast verdrießliche Beleuchtung, wie in Bunkern und Katakomben. Ein Licht wie eine Kapitulation.

Vor einem gefühlten Jahrhundert habe ich mal gehört, gelesen, gelernt, solche beschreibenden Elemente könnten den Leser schnell langweilen, da sie den Fortgang der Handlung behindern.
Nun empfinde ich es aber so, dass ich genau deine wunderbare Bildsprache nicht missen möchte.
Diese kleinen Einschübe sind ja typisch für deine Erzählweise. Und auch hier lässt du ein prachtvolles Gemälde entstehen, das für deinen Prot und seine Geschichte zur eindrucksvollen Bühne wird.
Eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, die aber in deinem Falle keine Rolle spielt.

So, nun noch schnell ein Haar gespalten.

So strande ich hier, an Avalons Küste, Neuschottland. Very funny.
Das Buch beschreibt das Leben in dieser rauen Welt ...

"Das Buch" kommt mir zu abrupt daher. Vielleicht wäre "Virkoffs Buch" oder "Virkoffs Roman" gefälliger.

Ich freue mich auf Antwort und ich habe auch kein Problem damit, wenn sie ausschweifend ausfällt.

Viele Grüße, peregrina

 
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Verdammt, José, ich glaub, ich will gar nicht wissen, ob es diesen P. C. Virkoff und seinen Roman tatsächlich gibt. (Und bis jetzt hab ich mir auch eine entsprechende Anfrage bei der Suchmaschine meines Vertrauens verkneifen können.)
Ich möchte viel lieber mit der Vorstellung weiterleben, du selber wärest es, der diese Zeilen geschrieben hat:

„Frauen und Kinder wechselten oft auf den anderen Gehweg, wenn ihnen einer dieser Riesenhummer entgegen kam. Die waren im aufrechten Gang fast einen Meter groß! Die Männer waren beherzter – sie taten so, als ob sie ohnehin ein paar Schritte auf der Straße tun wollten und so wurde ein möglicher Zusammenprall vermieden. Dabei wusste jeder, dass diese Gäste aus dem Meer friedvolle, beinahe liebenswerte Gesellen sind. Es war wohl eher die Angst vor diesen schrecklichen Scheren, die eine Kutsche samt Rädern und Achsen wie Papier zerschnippeln konnten.
Mittlerweile sind sie wohl ausgestorben – infolge einer rätselhaften Krankheit.
Das ist die offizielle Version.
In Wahrheit sind sie umgebracht worden – ausgetrickst und ermordet.
Die Intelligentesten haben sich zurückgezogen und werden noch das Ende der Welt erleben.“

Demnach sind hier die Hummer nach Belieben herummarschiert und haben sich etwas gegönnt. Denn Virkoff berichtet, dass sie nicht einen Arzt konsultieren wollten, sondern die Kneipen ansteuerten.

:D

Schon dieser Absätze wegen hat sich für mich das Lesen dieser Geschichte gelohnt, echt, also die Legende von diesen hedonistischen Krustentieren fand ich einfach herrlich schräg. Und hatte natürlich sofort dieses Bild vor Augen. (Sorry, aber daran sind meine Söhne schuld. Die haben mich vor so ca. zehn, fünfzehn Jahren mit diesem hochansteckenden Virus infiziert.)
Also was ich sagen will, deinem Schalk und deinem Sprachvermögen traue ich es allemal zu, in dieser Art zu fabulieren. Und stilistisch sehe ich zwischen den zitierten Stellen aus dem (angeblichen?) Roman und der Erzählsprache der restlichen Geschichte keinen großen Unterschied. Auch die auffälligen Ähnlichkeiten bei der Zeichensetzung - vor allem die (für meinen Geschmack etwas inflationäre) Verwendung des Gedankenstrichs in beiden Textteilen - sprechen dafür, dass in Wahrheit du der Verfasser der Romanzitate bist und dir hier ein quasi metafiktionales Späßchen mit den Lesern erlaubst.

Ehrlich gesagt, wünsche ich mir das. Sollte es diesen P. C. Virkoff und seinen Roman nämlich wirklich geben, würde das in meinen Augen deine Geschichte zwar nicht unbedingt weniger lesenswert machen (lesenswert ist sie schon allein der unverwechselbaren josefelipe-Sprache wegen), aber sie wäre dann halt nicht viel mehr als eine Art gut ausgedachter und gut geschriebener Reisereportage: Ein bisschen Lokalkolorit, ein bisschen Landschaftsbeschreibung, ein bisschen historische Anekdoten, ein bisschen folkloristischer Klimbim, na ja, und ein paar Lteraturzitate halt. Zwar alles sehr worgewaltig, farbenfroh, charmant und eindrücklich geschrieben, aber halt nicht wirklich außergewöhnlich.
Ich fände es einfach schade, wenn die biertrinkenden Krebse und, ja, auch diese eindringliche Szene mit dem Unfall beim Schlittschuhlaufen nicht deiner eigenen Phantasie entsprungen wären.

Also ich bewahre mir lieber die Illusion, dass P. C. Virkoff in Wahrheit nur ein Pseudonym für josefelipe ist. Dann wäre die Geschichte nicht nur gut geschrieben, sondern darüber hinaus auch ein sehr origineller literarischer Schelmenstreich sozusagen.


Ein paar Winzigkeiten noch, die ich, wär’s mein Text, anders schreiben würde:

Ich greife mir hinters Ohr, wo stets eine Zigarette klemmte.
Da spricht der Erzähler zwar eindeutig von der Vergangenheit (als er noch rauchte), aber ich würde das explizit hinschreiben:
Ich greife mir hinters Ohr, wo früher stets eine Zigarette klemmte.

Ich vermute Robben und Seevögel, aber wirklich erkennen kann ich nichts. Ich hätt’s mir gewünscht - mit Seeelefanten und Walrossen.
Was hätte er sich mit Seeelefanten und Walrossen gewünscht? Diese Stelle, fürchte ich, muss du mir erklären, José.

Ob Rachel so unersetzlich ist, wie es mir die ersten Tage und besonders Nächte nach ihrem Abflug [er]schien – und ich allen Ernstes an Selbstmord dachte – glaube ich jetzt nicht mehr.
entweder: Ob Rachel so unersetzlich ist, […] frage ich mich jetzt nicht mehr.
oder: Dass Rachel so unersetzlich ist, […] glaube ich jetzt nicht mehr.

Das – nehme ich an – werden meine Recherchen vor Ort nicht bestätigen.
Das ist so eine Stelle, wo du statt der Gedankenstriche genauso gut Kommas verwenden könntest.

Ja, und diese Stelle machte mich halb verrückt:

… ihr Bemühen, so vieles Unausgesprochene zu überspielen.
Das klingt in meinen Ohren einfach falsch, aber ich kam ums Verrecken nicht drauf, ob da nun tatsächlich ein Fallfehler drin steckt, oder ob ich einfach einen Knoten im Hirn hab.
Ihr Bemühen, wen oder was zu überspielen? Richtig, Akkusativ. Folglich: das Unausgesprochene. Okay, so passt’s ja noch.
Ich hab dann verdammt lang gebraucht, bis ich checkte, dass „so vieles“ ja nicht den Artikel ersetzt. Und ohne Artikel lautet der Akkusativ natürlich anders:
ihr Bemühen, Unausgesprochenes zu überspielen.
Okay, probieren wir‘s noch einmal:
ihr Bemühen, so vieles Unausgesprochenes zu überspielen.
Mann! Das klingt ja auch wieder falsch!
Pfeif drauf. Wäre das mein Satz, würde ich ihn so schreiben:

Er sah ihre Unsicherheit, ihre Furcht, aber auch ihre Dünkel und ihr Bemühen, all das Unausgesprochene zu überspielen.

Die alten Herren trinken eh’ etwas anderes.
Äh … wofür steht das Auslassungszeichen? Für rlich? Oder für rfürchtig? (Dass es ein schlichter Tippfehler ist, glaube ich nämlich nicht. Der hätte ja zusätzlich das Drücken der Shift-Taste erfordert.)
Ich vermute, du hast dich einfach nicht recht getraut, das umgangssprachliche „eh“ zu verwenden.
Dabei hat sich das als Synonym für „ohnehin“ längst auch in der Schriftsprache etabliert.


Hat mir jedenfalls Spaß gemacht.
Tja, soviel aus Wien, José.

offshore

 

Hallo (Hola) josefelipe,

da ich auf Reisen bin und ein wenig Zeit zwischen zwei Terminen habe, dachte ich, ich werd mal Deine Geschichte wieder hervorholen, aber das hat ja peregrina schon erledigt. Ja, Deine Geschichte ist es wert, beachtet zu werden. Ich habe nur das Problem, dass ich den Dorschfang vor Nova Scotia nur von Rudyard Kipling kenne und habe befürchtet, mich zu outen, wenn ich Virkoff nicht kenne. Aber nachdem ernst offshore über die großen Krabben aufgeklärt hat, macht auch mir die Geschichte Spaß ohne weitere Gewissensbisse.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hola peregrina,

diese Antwort ist seit Tagen fast fertig und gespeichert - aber plötzlich war ich im wahrsten Sinne des Wortes ‚verhindert’. Na, jetzt ist alles wieder (beinahe) gut und ich lasse meine Zeigefinger über die Tasten eilen.
Ich bitte um Großmut und Nachsicht, auch die Herren ernst offshore und jobär.

... kein Wunder, dass du so lange von der Bildfläche der WK verschwunden warst, wenn du jetzt unter dem Pseudonym Virkoff Romane verfasst.

Ja, ich bin eben vielseitig. Zahlreiche Frauen haben das bemängelt. Oder bewundert? Das liegt alles so weit zurück.

Wenn ich geahnt hätte, dass ich dich in Unruhe versetzte, ...

Also bitte: geahnt hätte? Du weißt es! Eine Frau wie Du!
Meine Unruhe hält an:

Es fällt mir schwer, hier mit ansehen zu müssen, wie einige lesenswerte, hochwertige Texte von den Wortkriegern ignoriert werden. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

Tja, hier muss ich ohne meine gewohnte Flapsigkeit sagen, dass ich über null Resonanz sehr verwundert bin.
Wie eine Geschichte vom Leser aufgenommen wird, steht immer in den Sternen. Aber wenn ich mich ernsthaft um einen guten Text bemühe und über längere Zeit an ihm herumarbeite, bis ich der Meinung bin, er sei nun fertig zum Einstellen – und dann ohne die Rettung durch Dich zuschauen müsste, wie er unbeachtet abgluckert, dann kriege ich den Frust. Selbst wenn an der Geschichte herumgemäkelt oder wenn sachliche Kritik eingebracht würde, wäre das in Ordnung – aber so?
Ich überlege mir deshalb, ob sich mein häufiges Kommentieren lohnt. Indem ich zu meiner KG keinerlei Feedback bekomme, sehe ich hier eine Schräglage.
Durch Deine und ernst offshores Meinung erfahre ich doch, dass ich keinen Mist geschrieben habe. Dann brate mir einer einen Storch – ich versteh’s nicht.

Ich meine zu erkennen, dass bei den WKs eine (erfreuliche) Verjüngung stattfindet. Da sind tolle Talente dabei – und ich seh’ auch, dass ich von denen trotz meiner Kommentare keine Rückmeldung erwarten kann. Völlig klar, die haben ihren Kopf ganz woanders und meine Altherrengeschichten gehen denen hinten vorbei. Logisch.
Ich habe jedoch den Eindruck, dass sich viele gern mit möglichst hilfreichen Kommentaren versorgen lassen, aber nicht bereit sind, das im Gegenzug zu vergelten.

Immerhin ist eines klar: Peregrina, Du bist ein sehr charaktervoller Mensch:

Wahrscheinlich wird mein Mutter- oder Beschützerinstinkt zu stark aktiviert.

Typisch Frau. Männer wie ich schätzen das. Wir schlüpfen gerne unter, besonders da, wo es schön warm ist und vertraut riecht. ABER wir können auch anders: Wenn Helden gebraucht werden, sind wir zur Stelle! Erdspalten öffnen sich und wir kommen von unten, rotglühend, pure Energie – oder wir fallen wie Hornissen mit von Aggressionen erigiertem Kampfstachel von oben ein. Jedenfalls kneifen wir auch nicht vor den schwierigsten Aufgaben.

Hoffentlich lerne ich noch, mit dieser Situation umzugehen.

Du musst mit Dir selbst klarkommen, aber eine Anpasserin mehr bräuchte die Welt nicht. Wäre sehr schade, wenn eine patente Frau wie Du von den Barrikaden stiege.

Jetzt ganz was anderes:

Zum anderen habe ich technische Schwierigkeiten meine Komms zu senden.

Ein technischer Held bin ich nicht. Aber meine technische Directrice, mit der ich zufällig auch verheiratet bin (Bomben-Frau!)meint: Komm erst auf Word schreiben und speichern und dann ...

Also empfiehlt es sich für mich, meine Beiträge knapp zu halten.

Peregrina, was redest Du denn? Nie und nimmer solltest Du Deine Beiträge knapp halten, denn wo bliebe all Deine sympathische Eigenart, wenn Du, anonym ist schon schlimm genug, Dich gesellschaftpolitisch deformieren ließest oder Dich durch irgendeinen technischen Kram davon abhalten lassen würdest, Tacheles zu reden.

Weiter im Text, wenn auch unsortiert:

... deine wunderbare Bildsprache ...
Ich krieg gleich den Sentimentalinski-Koller. Aber wenn Du das sagst ... danke schön.

Eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, ...
Peregrina, ob Du’s glaubst oder nicht: Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen. Oft lese ich von solchen Überlegungen in den Kommentaren gebildeter Forumsmitglieder.
Zugegeben – das staucht mich. Ich bin schon froh, mitschwimmen zu können.

"Das Buch" kommt mir zu abrupt daher. Vielleicht wäre "Virkoffs Buch" oder "Virkoffs Roman" gefälliger.
Hast Recht, ist sofort geändert worden.
Und ich habe noch mehr geändert bzw. gekürzt. Nach diesen Tagen der Unterbrechung hatte ich Abstand zu den Hummern. Vieles schien mir doch unwichtig für die Geschichte und ich kann mir jetzt besser fehlende Resonanz erklären, denn bevor ich zur Sache komme, braucht es doch seine Zeit.

Ich freue mich auf Antwort und ich habe auch kein Problem damit, wenn sie ausschweifend ausfällt.

Na ja – etwas geschwätzig bin ich schon; für das, was ich mir einbilde, sagen zu haben, hole ich oft zu weit aus und verliere zunehmend den Überblick über das, was ich noch sagen wollte bzw. schon gesagt habe. Zum Beispiel hier, an dieser Stelle. Ich muss das abstellen.

Peregrina, ich hoffe, Du verstehst mich. Und ich danke nochmals für die äußerst wohlwollende Beurteilung meiner Geschichte.

José

 

Hola ernst offshore,

... - sprechen dafür, dass in Wahrheit du der Verfasser der Romanzitate bist.

Das nenne ich literarische Detektivarbeit! Ohne DNA – Analyse, nur durch Stil und die verräterische

... inflationäre Verwendung des Gedankenstrichs in beiden Textteilen

bist Du mir auf die Schliche gekommen. In Zukunft muss ich das raffinierter anstellen.

Ich fände es einfach schade, wenn die biertrinkenden Krebse und, ja, auch diese eindringliche Szene mit dem Unfall beim Schlittschuhlaufen nicht deiner eigenen Phantasie entsprungen wären.

Ich versichere vor dem gesamten Forum, dass es auf meinem Mist gewachsen ist.

Also ich bewahre mir lieber die Illusion, dass P. C. Virkoff in Wahrheit nur ein Pseudonym für josefelipe ist.

Du musst nicht mit Illusionen leben, lieber Ernesto. Neben P. C. Virkoff bin ich ja auch H. M. Tribaquod – Alliers (Puffbesuch) und Tiago (Lisboa).

..., aber ich würde das explizit hinschreiben:
Ich greife mir hinters Ohr, wo früher stets eine Zigarette klemmte.

Stimmt, hab ich gleich geändert.

Was hätte er sich mit Seeelefanten und Walrossen gewünscht? Diese Stelle, fürchte ich, muss du mir erklären, José.

Nach gründlichem Erwägen der Gesamtlage bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eine Veränderung (‚auch’ statt ‚mit’) statt der Erklärung die einfachere Lösung ist:).

Ob Rachel so unersetzlich ist, ... frage ...
Dass Rachel so unersetzlich ist, ... glaube ...

Kapiert. Guter Hinweis. (Du liest aber auch gründlich!)

Das ist so eine Stelle, wo du statt der Gedankenstriche genauso gut Kommas verwenden könntest.
Die gebrauch ich wirklich zu häufig. Werde drauf achten.

Er sah ihre Unsicherheit, ihre Furcht, aber auch ihre Dünkel und ihr Bemühen, all das Unausgesprochene zu überspielen.

Klingt eindeutig besser; ist mir peinlich, dass Du Dich so quälen musstest. Ich hatte auch gerätselt, jedoch früher die Flinte ins Korn geworfen.


Ich vermute, du hast dich einfach nicht recht getraut, das umgangssprachliche „eh“ zu verwenden.

Mit Deiner Vermutung liegst Du richtig. Ich zeihe mich der Nachlässigkeit, hätte mich drum kümmern sollen. Jedenfalls, jetzt bleibt’s beim „eh“.

Hat mir jedenfalls Spaß gemacht.

Das lag in meiner Absicht. Ernesto, vielen, vielen Dank für Deine Mühe mit meinen Holprigkeiten. Viel Zeit hat das gekostet, und das schätze ich bedeutend mehr, als wenn mir jemand eine Flasche Wein schenkt!

Obwohl – von Dir hätte ich auch den Wein angenommen:wein:.

Beste Grüße die Donau hinauf!
José

 

Hola@Jobär,

ich danke Dir für Deine netten Zeilen. Vielleicht ist es gut, dass Du auf Reisen bist – da fehlen oft Zeit und Ungestörtheit, um einzelne Kritikpunkte aufzulisten, obwohl ich selbstverständlich annehme, dass Du nichts zu kritisieren hattest:cool:.

Du schreibst:

Ich habe nur das Problem, dass ich den Dorschfang vor Nova Scotia nur von Rudyard Kipling kenne und habe befürchtet, mich zu outen, wenn ich Virkoff nicht kenne.

Das würde ich nicht als Problem bezeichnen. Es gibt noch Andere, die diesen Autor nicht kennen.

... macht auch mir die Geschichte Spaß ohne weitere Gewissensbisse.

So soll es sein. Ende gut – alles gut.
Ich wünsche Dir weiterhin eine gute Reise, will Dir noch viele traumhafte Erlebnisse wünschen, aber erfahre doch, dass Du mit Terminen zu tun hast. Da beneide ich Dich weniger.
Jobär, alles Gute!

José

 

Hola José,

ich habe ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen, denn der erste Absatz lässt die Deutungen zu, dass der Erzähler leibhaftig oder aber virtuell (mit Hilfe der Literatur/ Phantasie) zu seiner Reise aufbricht, bzw. dass es sich um etwas völlig anderes handelt. Die Sache wird eigentlich erst im dritten Absatz klar, weil es im Text vor Analogien wimmelt und die Lotterie ja ebenfalls ein Gleichnis sein könnte.

Irritierend fand ich neben der eigenartigen Reiselotterie anfangs auch den Zusammenhang zwischen der gescheiterten Liebe und dem Reiseabenteuer selbst, aber bei genauerem Durchdenken macht es schon Sinn.

Du hast Dich ja gefragt, weshalb es anfangs keine Kommentare gab, und darüber habe ich auch ein wenig nachgedacht. Mir scheint, dass die Geschichte dieses Originelle, das sie auf jeden Fall hat, ein bisschen auf Kosten von Klarheit und Eindeutigkeit gewinnt. Und hier läuft das Ganze auf eine Geduldsfrage hinaus. Habe ich die Muße drei Absätze lang im Dunkeln zu tappen und mich durch ein Labyrinth von ausufernden Beschreibungen zu ackern?

Bei mir ist das ein bisschen von der Tagesform abhängig. Man könnte den sprachlichen Stil dieser Geschichte als charmante Weitschweifigkeit bezeichnen, mit einem Schlag ins Geschwätzige. Wann kommt er denn auf den Punkt?, ging es mir hin und wieder durch den Sinn.

Und als dann die Riesenhummer durch die Straßen spazieren, wirft das noch mal ein paar neue Fragen auf. Ich glaube, die Zurückhaltung in den Kommentaren könnte damit zusammenhängen, dass man nicht so recht weiß, was man von dem ganzen Zauber halten soll.

Mir ist das zum Teil zu opulent und zu phantastisch. Das ist aber mein persönlicher Geschmack und mein Mangel an Humor, der da spricht. Vom Erzählerischen und von der Idee her, finde ich es gut gemacht und eine Bereicherung für die Geschichten des Forums.

Freue mich auf Deine Nächste, José.

Gruß Achillus

 

Hola Achillus,

Mir scheint, dass die Geschichte dieses Originelle, das sie auf jeden Fall hat, ein bisschen auf Kosten von Klarheit und Eindeutigkeit gewinnt.

Unbestritten. Insgesamt hat’s nicht funktioniert. Die Schuld liegt in meiner Annahme, diese drei tags ‚Fantasy’ – ‚Seltsam’ – ‚Sonstige’ würden mir einen Narrenspielraum eröffnen, in dem ich nach Herzenslust herummachen und fabulieren kann.
Wieder was gelernt.

Und hier läuft das Ganze auf eine Geduldsfrage hinaus. Habe ich die Muße drei Absätze lang im Dunkeln zu tappen und mich durch ein Labyrinth von ausufernden Beschreibungen zu ackern?
Hier sitzt der Krebs! Ich habe selbstverliebt herumgeschwurbelt und die Langmut des Lesers zu sehr strapaziert – und plötzlich ist er weg!

... mit einem Schlag ins Geschwätzige. Wann kommt er denn auf den Punkt?

Hast völlig recht. So erklärt es sich.

... man nicht so recht weiß, was man von dem ganzen Zauber halten soll.
Mir ist das zum Teil zu opulent und zu phantastisch.

Opulenz und ‚Fantasy’ hatte ich im Sinn. Eine Neigung in diese Richtung habe ich schon. Ich muss mich nur entscheiden, ob ich für mich oder für Leser schreiben will.

Freue mich auf Deine Nächste, ...

Aber ich nicht, denn die könnte noch mehr ins Auge gehen. Ich will mal was über Zigeuner schreiben und werde mir wahrscheinlich die Pfoten verbrennen, denn da ist richtig Sprengstoff drin – man wird mich an den Pranger stellen als ... was weiß ich.
Auf jeden Fall ist mein Vorsatz, sachlich zu bleiben. Wäre zu wünschen, dass sich das dann auch die Kritiker vornehmen. Aber bis dahin ist noch viel zu tun.

Achillus, herzlichen Dank für diese klare und fundierte Kritik. Du hast auf jedem Fall ins Schwarze getroffen. Ich werde Deine Worte beherzigen und versuchen, mit beiden Füßen auf der Erde zu bleiben.

Ich grüße Dich!

José

 

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