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Die Hunde des Herrn (Spätmittelalter)

Beitritt
11.01.2007
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Die Hunde des Herrn (Spätmittelalter)

Wie jeden Abend ging Gwen durch die spärlich beleuchteten Gassen ihrer Heimatstadt. Wie jeden Abend hatte sie das Gefühl, vielleicht auch durch die diffuse Beleuchtung verursacht, dass sie heimlich verfolgt würde. Es waren keine konkreten Anhaltspunkte, an denen sie erkennen hätte können, wer ihre Verfolger waren, aber es war diese Ahnung, die sie wissen ließ, dass sie nicht allein war in dieser sternenlosen Nacht. Kalt war es. Nicht verwunderlich für diese Gegend um diese Jahreszeit. Sie presste ihre Arme vor die Brust und zog den Mantel, ein altes abgerissenes Exemplar, fester um ihre Taille, um die bittere Kälte auszusperren.

Eine hübsche Frau war sie, von einer Schönheit, die manche Zeitgenossin vor Neid erblassen ließ. Es war offensichtlich, dass sie durch ihre elfengleiche Gestalt Aufsehen erregte. Die zwielichtigen Gestalten, die zu dieser Zeit zuhauf durch die Straßen des mittelalterlichen Prags zogen, ließen sich davon nicht beeindrucken. Sie waren es aber nicht, die diese nie gekannte Angst in ihr auslösten! Es war diese unbestimmte Ahnung, die sie wissen ließ, dass Blicke auf ihr ruhten.

Es war nicht der olfaktorische Charakter dieser Stadt, der sie erschauern ließ. Manch andere würden sich spontan übergeben, wenn sie sich im Schlachterviertel aufhalten würden. Diese ekelerregende Komposition aus Verdorbenem und Verfaultem, aus Abfällen aller Facetten, aus Düften, die das Vorstellungsvermögen übersteigen, aus den Exkrementen der Zivilisation. Gegen dieses Bild war Gwen bereits immun. »Warum musste er ausgerechnet hier leben?«, fragte sie sich anfangs. »Warum war sie ihm hierher gefolgt?«. Je länger sie darüber nachdenken konnte, desto klarer wurde es ihr. Er. Wenn sie ihm in die Augen sah, konnte sie ein Abbild dieser verdorbenen Welt erkennen. Es schauderte sie, wenn sie an seine Augen dachte, die sowohl überschwängliche Güte ausstrahlen konnten, als auch wie kleine Teufelchen tanzen konnten. Es war etwas Faszinierendes in diesen Augen. Dieses boshafte Glitzern!

Eine gewisse Angst ergriff Besitz von ihr. »Was wenn sie uns dieses Mal entdecken?«.

Mit jedem Mal, wenn sie mit ihm arbeitete, wurde ihre Ehrfurcht vor dem Menschlichen Organismus größer. Mit jeder Obduktion sank ihre Schamgrenze. Mit jedem Leichnam, der zumeist eine verzerrte Fratze hatte, wurde ihre Seele abgestumpfter. Eine Seele, die wie sie hoffte, vor der Hölle verschont bleiben möge. Mit jedem Mal stieg die Angst entdeckt zu werden.

Dass heute ihr Versteckspiel zu Ende sein würde, sie ahnte es, nein, sie wusste es. Diese vage Vorahnung wurde zur grausamen Realität, als sie erschienen – lautlos, wie aus dem nichts – die domini canes. Man vernahm nur ein leises Wimmern, als Gwen fast lautlos davongeschleift wurde.
Das Netz der Inquisition hatte sie umspannt.

 

Hallo,

mhm, interessante Geschichte.
Aber leider hat sie mich nicht wirklich überzeugt.
Die arme Gwen geht wie ein Kalb zur Schlachtung.
Wo ist denn da der Konflikt?
Das geht als netter Aufsatz durch, aber leider nicht als Kurzgeschichte.
Außerdem verschenkst du meiner Meinung die schönste Pointe
mit den domini canes.
Wenn rauskommen würde, daß damit die Dominikaner gemeint sind und diese Bezeichnung damals für sie gewählt wurde, weil sie der führende Orden der Inquisition waren, hätte das mehr Pepp.

So bleibt leider nur eine nettes vorhersehbares Geschichtlein, ABER in gutem Stil. Das muß auch gesagt werden.
Also, hol den Hexenhammer raus und klopf das Ding zurecht. Der Ansatz ist gut, besonders wegen der Medizin ;)

g, LE Torquemada

 
Zuletzt bearbeitet:

Erstmal vielen Dank für deine Kritik.

Ich hatte als Titel zuerst "Die Chirurgin" im Sinn, allerdings fand ich, das würde sich zusehr nach Iny Lorentz oder Wolf Serno anhören und ich wollte beim besten Willen meine eigene Geschichte schreiben. Am Schluss wollte ich schon noch etwas einbauen, mir ist es aber leider etwas im Sand verlaufen. Was meinst du genau mit dem Konflikt? Davon abgesehen wollte ich nicht zusehr in einen Erklärstil verfallen, der das Gefühl der Verfolgung zerstört hätte. Die Anspielung auf Heinrich Institoris mit dem Hexenhammer gefällt mir!

 

Hallo Utopie des Menschen,
das Thema der Geschichte finde ich sehr interessant gewählt, aber die Umsetzung ist mir zu knapp und zu dünn.
Ich sehe eine Frau, die durch das mittelalterliche Prag läuft. Sie fühlt sich verfolgt, betreibt heimlich mit jemandem Obduktionen (hat's Noah Gordons Medicus grad mal nach Böhmen verschlagen?), dem sie in diese Stadt gefolgt ist, und wird schließlich von der Inquisition, sprich den Dominikanern, gefangen genommen.
Die Stimmung, die du erreichen wolltest, ist zumindest im Ansatz da, aber insgesamt reicht mir das doch alles nicht.
Ich weiß nicht, wer diese Frau ist, außer dass sie Gwen heißt, schön ist, offenbar nicht aus Prag und Chirurgin.
Mit wem sie denn nun zusammenarbeitet, warum, was sie denn sonst noch für Eigenschaften hat, erfahre ich nicht. Deshalb ist es mir auch beinahe egal, dass sie am Ende geschnappt wird. Ich weiß ja nicht mal, was sie dazu treibt, sich im Schlachterviertel Leichen anzuschauen.
Das Wortspiel mit den domini canes fasziniert mich persönlich auch, aber wie Lem-Torquemada finde ich, dass du diese Pointe verschenkst. Da könntest du mehr draus machen, etwa mit dem Bild der schnüffelnden Hunde.
Außerdem waren die Mönche meines Wissens nicht persönlich unterwegs, um potentielle Opfer wegzuzerren, was im Text aber so rüber kommt (ich lasse mich aber gerne berichtigen).
Alles in allem könnte das eine richtig gute Geschichte werden, wenn du ihr noch ein bisschen mehr Fleisch auf die Knochen tust. Ich will mittelalterliches Prag haben beim Lesen und zwar rundum. ;) Ansonsten ist mir das für eine Historikgeschichte zu wenig.
Liebe Grüße, ciao
Malinche

 

Hi, ich sag mal UdM :D

Konflikt? KONFLIKT?
Spaß beiseite, deine Geschichte ist in sich schon sehr interessant.
Aber jede Geschichte lebt vom Konflikt.
Kampf, Kampf, Kampf
So wie es jedem Menschen in dieser großen weiten Welt geht.

Da du anscheinend noch seeeeehr neu bist, eine kurze Lektion.
Ich hätte die Geschichte folgendermaßen gebaut.

Die gute Gwen verdient sich mit ihrer Hilfe beim Sezieren gutes Geld dazu.
Erster Akt:
Sie ist die uneheliche Tochter des Inquisitors für diese Provinz.
Also hat sie ein Ziel. Sie will ihren netten Nebenjob nicht verlieren und hat Angst davor, daß ihr der "so-to-call"-Dad die Gurgel umdreht.
Damit wandelt sie unsicher duch die Straßen.
Sie hat schon mal von den Dominikanern gehört (vielleicht als Gedankeneinschub), aber nie wirklich daran geglaubt.
Sie bemerkt aber, daß sie verfolgt wird.
Zweiter Akt:
Sie kommt zu ihrem Professor, der eine frische Leiche am Tisch liegen hat und sie muß ihm gleich zur Hand gehen.
Während der Sezessio, merkt sie immer wieder, daß draußen jemand an der Tür kratzt, daß jemand am Fenster vorbeihuscht etc.
Sie traut sich nix sagen, weil sie ja die Kohle will.
Also versucht sie alles mögliche, daß ihr Prof. weitermacht.
Dritter Akt:
Die Türen springen auf, vermummte Gestalten kommen herein und nehmen beide gefangen.
Hinter den Häschern tritt eine gut gekleidete Eminenz ein und begutachtet die Szenerie.
Er erkennt seine Tochter und stellt eine Frage, wie z.B.: "Bist du gläubig?" Sie sagt:"Mehr als das, die Dominkaner sind unsere Rettung!"
"Und was soll mit diesem hier geschehen?"
Sie sagt: "Den sollen die domini canes fressen."
Der Inquisitor lächelt milde, läßt den Prof abführen und sie kriegt die Kohle plus etwas extra Geld fürs dicht halten.

So ungefähr. Da wäre alles drinnen. ;)

Dein Stil ist gut, mach weiter. Nur etwas überlegter...

lg, LEichenfledderer

 

Ok.

Ich hatte Gwen eigentlich etwas mehr abgeklärt im Sinn. Sie will dazulernen und eine gute Ärztin werden. Vielleicht, weil sie sich selbst und der Welt etwas beweisen will. Ich finde deine Idee sehr gut, allerdings etwas zu reißerisch. Momentan sitze ich eh daran die Geschichte auszubauen, hab aber etwas Probleme das ganze wirklich noch so hinzubiegen, so dass es noch vermittelt was ich sagen will. Vielleicht lasse ich mich ja doch von dir inspirieren.

 

Hi!

Fürchte dich nicht vor dem was du schreibst, sondern vor dem was du sagen möchtest.
Die einzige Grenze ist dein Wille!
Also trau dich, es wird schon passen!

lg, LEberwurst

 

Hallo UtopiedesMenschen

Ich mach mal ein bisschen Textkram, zur Abwechslung:

Wie jeden Abend ging Gwen durch die spärlich beleuchteten Gassen ihrer Heimatstadt. Wie jeden Abend hatte sie das Gefühl, vielleicht auch durch die diffuse Beleuchtung verursacht, dass sie heimlich verfolgt würde.

Ich stör mich ein bisschen an der Wiederholung von „beleuchteten bzw. Beleuchtung"

Es war offensichtlich, dass sie durch ihre elfengleiche Gestalt Aufsehen erregte.

Ich stoß mich irgendwie an „offensichtlich". Ich würd eher sowas schreiben wie: „Schon häufig hatte sie durch ihre elfengleiche Gestalt Aufsehen erregt." Oder so ähnlich, auf jeden Fall etwas, das sich weniger auf die konkrete Situation der dunklen, einsamen Gassen bezieht, da ich hier die „offensichtlichkeit" nicht so recht verstehen kann. Ist aber vielleicht auch einfach Geschmackssache.

Die zwielichtigen Gestalten, die zu dieser Zeit zuhauf durch die Straßen des Mittelalterlichen Prags zogen, ließen sich davon nicht beeindrucken.

Hm, nix dramatisches, aber ist es notwendig zu erwähnen, dass wir im mittelalterlichen Prag sind? Das war mir durch den Titel schon klar, und ich finde es bringt zu viel Distanz, an einer Stelle, wo die Dichte eigentlich grad sehr schön ist.

Diese ekelerregende Komposition aus Verdorbenem und Verfaultem, aus Abfällen aller Facetten, aus Düften, die das Vorstellungsvermögen übersteigen, aus den Exkrementen der Zivilisation.

Sehr schön die Assoziationen des Lesers bedient, gefällt mir. Aber ist „übersteigen" hier nicht ein Zeitform-Fehler?

wenn sie an seine Augen dachte, die sowohl überschwängliche Güte ausstrahlen konnten, als auch wie kleine Teufelchen tanzen konnten.

Wortwiederholung von „konnten"

wurde ihre Ehrfurcht vor dem Menschlichen Organismus größer. Mit jeder Obduktion sank ihre Schamgrenze.

Ist Ehrfurcht das richtige Wort? Ich bin mir nicht sicher.

Mit jedem Mal stieg die Angst entdeckt zu werden.

Echt? Ist es nicht üblicherweise umgekehrt?

Im großen und Ganzen schließ ich mich den Vorkritikern an.
Eine gute Idee, ein schöner Ansatz und bis auf Kleinigkeiten, ein angenehmer Stil, der mir sehr Zusagt. Aber das letzte Quentchen Spannung fehlt - der bereits gebrachte Hinweis auf die Konfliktarmut ist auch meiner Meinung nach das Entsheidende.
Auf jeden Fall wird es interessant, Folgendes von dir zu lesen.

Gruß, Skalde.

 

Skalde schrieb:
Ich stoß mich irgendwie an „offensichtlich". Ich würd eher sowas schreiben wie: „Schon häufig hatte sie durch ihre elfengleiche Gestalt Aufsehen erregt." Oder so ähnlich, auf jeden Fall etwas, das sich weniger auf die konkrete Situation der dunklen, einsamen Gassen bezieht, da ich hier die „offensichtlichkeit" nicht so recht verstehen kann. Ist aber vielleicht auch einfach Geschmackssache.
Ich habe diese Offensichtlichkeit auf die herrschende Situation bezogen.
Skalde schrieb:
Hm, nix dramatisches, aber ist es notwendig zu erwähnen, dass wir im mittelalterlichen Prag sind? Das war mir durch den Titel schon klar, und ich finde es bringt zu viel Distanz, an einer Stelle, wo die Dichte eigentlich grad sehr schön ist.
Ich wollte einfach nur den Sachverhalt klären, wo sich die hübsche Gwen befindet.
Skalde schrieb:
Sehr schön die Assoziationen des Lesers bedient, gefällt mir. Aber ist „übersteigen" hier nicht ein Zeitform-Fehler?
Es übersteigt ja nach wie vor das Vorstellungvermögen. Damit soll der Leser angesprochen werden. Die Prot hat sich ja längst daran gewöhnt.
Skalde schrieb:
Wortwiederholung von „konnten"
Gefällt mir persönlich auch nicht
Skalde schrieb:
Ist Ehrfurcht das richtige Wort? Ich bin mir nicht sicher.
Man kann Ehrfurcht vor allem möglichen haben. Finde schon, dass es passt.
Skalde schrieb:
Echt? Ist es nicht üblicherweise umgekehrt?
Versteh ich nicht was du meinst
Skalde schrieb:
Auf jeden Fall wird es interessant, Folgendes von dir zu lesen.
Leider produziere ich - wie es mein Mitbewohner ausdrückte - momentan nur "geistigen dünnschiss", den ich nicht unbedingt posten möchte.

Dank auch an dich fürs lesen und vor allem fürs posten.

Schöne Grüße vom Tom aus dem verschneiten Niederbayern.

 

Die Geschichte ist eher ein complét aus historischen Romanen die ich gelesen habe. Da spielt alles irgendwie rein. :read:

Der Medicus von Noah Gordon
Der Wanderchirurg von Wolf Serno
Die Puppenspieler von Tanja Kinkel
Das Parfum von Patrick Süskind
Gottesstreiter von Andrzej Sapkowski
und viele andere... :dozey: :lol:

Aber das bei

etwas faszinierendes in diesen Augen
fanzinierendes groß gehört, ist noch keinem aufgefallen. :Pfeif:

Ich hatte bis jetzt leider noch keine zündende Idee, ich werd mich aber anstrengen.

 

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