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Die siebte Tugend

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08.12.2005
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Die siebte Tugend

Die Anreise
Es war ein kalter Novembertag. Obwohl die Sonne hoch über den Bergen stand, hatte sie nicht die Kraft, die Nebel zu durchdringen. Wenn es warm war, saugte sich die Luft mit Feuchtigkeit voll, die von den umliegenden Reisfeldern aufstieg. An solch kühlen Tagen wie heute bildete sich dann der milchige Dunst, der sich wie ein weißer Schleier über das Tal legte. Im diffusen Licht konnte man weit entfernt Gestalten im glänzenden Nass der Felder stehen sehen. Schon den ganzen Tag waren die Bauern damit beschäftigt, sich um die nächste Reisaussaat zu kümmern. Trotz der eisigen Kälte standen sie barfuß im knietiefen Wasser. Nur mit dem Nötigsten bekleidet und mit einem Umhang aus Reisstroh, der ein wenig gegen die Kälte und die Feuchtigkeit schützte, steckten sie mit bloßer Hand einen Setzling nach dem anderen ins Wasser. So verbrachten sie stundenlang in gebückter Haltung und arbeiteten sich mühevoll Reihe für Reihe nach vorn. Dabei sprachen sie kein Wort. Es lag Stille über dem Tal. Plötzlich horchten alle auf. Ein kleiner Junge kam wild mit den Armen rudernd den Weg herunter gerannt.
"Mittè! Schaut her!", rief er aufgeregt,
"Bushi, Soldaten!" Sofort richtete sich alle Aufmerksamkeit auf den Jungen und die Kuppe, von der man nun schon Schritte hörte. Es mussten viele Soldaten sein. Dann sah man sie. Zuerst erkannte man nur die fünf Meter hohen Bambusstangen, an denen das Wappen des Lehensherrn flatterte. Auf den großen weißen Stoffbahnen waren zwei rote gekreuzte Federn zu erkennen. Dann kam der Zug über den Hügel. Die Vorhut bildeten die Fahnenträger und mehrere mit Naginata, der langen Lanze, bewaffnete Ashigaru Fußsoldaten. Danach folgte der Hauptteil. Die etwa achtzig Samurai waren einheitlich in braune Uniformen gekleidet. Alle trugen an ihrer Kleidung das gleiche Wappen. Obwohl man beim Marsch auf die schweren Rüstungen verzichtete, war das Aufstampfen der Schritte der vielen Strohsandalen auf dem steinigen Boden deutlich durch den dämpfenden Nebel zu hören. Hinter dem Haupttross ritt erhobenen Hauptes der Anführer des Zuges zusammen mit seinen Offizieren. Er war mit einer leichten Lederrüstung bekleidet. Den Helm, den er abgenommen und am Sattel seinen Pferdes befestigt hatte, zierten einige goldene Ornamente. Seine beiden Schwerter waren seinem Rang entsprechend, aber nicht übermäßig verziert. Unmittelbar darauf folgte die schwarze Sänfte des Daimyo, die von vier kräftigen Männern an einer dicken, langen Stange auf den Schultern getragen wurde. Trotz des fehlenden Sonnenscheins konnte man die Goldbeschläge auf der Holztruhe im Licht aufblitzen sehen. Die Nachhut wurde wiederum von niederen Samurai und einigen Ashigaru gebildet. Als der Zug näher an die Felder kam, verbeugten sich die Reisbauern gemäß den Standesregeln vor den Kriegern. Einige knieten sich sogar hin, als sie die gekreuzten Federn, das Mon von Aso Masuru erkannten. Das Wappen dieses großen Fürsten war schließlich auch in dieser Provinz bekannt. Die Samurai nahmen kaum Notiz von den Bauern und schritten unbeirrt den Weg weiter. Nachdem die Kolonne in einem Wäldchen verschwunden war, standen die Bauern auf und setzten ihre Arbeit fort. Niemand sprach auch nur ein Wort.

Die Absprache
Mit einem knirschenden Geräusch öffnete sich langsam die schwere hölzerne Schiebetür der Sänfte.
"Makoto san!" Der strenge Ruf des Daimyo ließ den Anführer auf der Stelle sein Pferd herumreißen. Im selben Augenblick war er neben der Sänfte. Trotz seines für einen Samurai hohen Alters von 50 Jahren sprang er geschwind vom Sattel und verbeugte sich in Richtung Sänfte. Die Träger blieben abrupt stehen und wie auf ein geheimes Kommando stoppte innerhalb kürzester Zeit der gesamte Zug.
"Ihr habt gerufen, Herr?"
"Schickt Euren Sohn voraus, damit er am Hof meines Vetters meinen Besuch ankündigen und alles vorbereiten lassen kann!"
"Ja, Herr."
Mit einer Armbewegung signalisierte der General seinem Sohn. Isamu war augenblicklich zur Stelle. Er saß gerade auf dem Pferd, das er gekonnt nur mit den Schenkeln dirigierte. Sein langes schwarzes Haar hatte er, wie es für einen Samurai üblich war, am Hinterkopf zu einem Zopf gebunden. Auch er trug eine leichte, dunkle, matte Lederrüstung über seinem braunen Kimono. Für einen Japaner war er relativ groß geraten. So dass er leicht alle anderen um einen Kopf überragte. Er verbeugte sich zunächst vor dem Daimyo, dann in Richtung seines Vaters.
"Isamu chan, begib Dich voraus und kündige unsere Ankunft an!"
"Hai otoosan, ich werde mich beeilen und Euch erwarten."
Sofort machte Isamu kehrt, trieb sein Pferd an und ritt im Galopp voraus.
"Wir werden hier rasten! Baut das Lager auf und macht Feuer!", sagte Makoto zu einem der Offiziere, der den Befehl mit einer Verbeugung bestätigte.
"Makoto chan!" Die Stimme des Daimyo klang nun sanft und ruhig. Nur noch selten gebrauchte er die Koseform der Anrede für seinen Freund.
"Wir kennen uns schon seit unserer Kindheit. Du bist nicht nur mein oberster Feldherr. Ich schätze auch deinen Rat als Hatamoto. Und du bist mir immer wie ein Bruder gewesen." Makoto kniete auf dem linken Knie nieder und verneigte sich.
"Herr, das werde ich immer sein. Meine Treue gilt nur Euch."
"Das weiß ich mein Freund, und deswegen möchte ich mit dir reden. Wir haben viele Schlachten Seite an Seite gekämpft. Und wärest du nicht gewesen, wäre ich heute nicht mehr am Leben."
"Herr, ich tat, was jeder an meiner Stelle getan hätte."
"Manchmal wünschte ich, das Schwert hätte mich damals nicht am Knie sondern am Kopf getroffen. Jetzt hocke ich hier wie ein altes Weib in dieser hölzernen Kiste, statt wie du erhobenen Hauptes auf einem Pferd zu sitzen." Er seufzte leise.
"Wir werden beide alt.", fuhr er fort,
"Und da ich ohne Thronerbe geblieben bin, muss ich mir langsam Gedanken um meine Nachfolge machen."
"Herr, was wollt Ihr mir sagen?"
"Es geht um Deinen Sohn, Isamu!"

Die Rettung
Stundenlang war Isamu über die Passstraße geritten, ohne eine Menschenseele zu treffen. Nun war es an der Zeit, eine kurze Rast einzulegen und dem Pferd eine Pause zu gönnen. An einem kleinen Fluss wollte er das Pferd tränken. Als das Schilf sich lichtete und eine kleine Stelle am Ufer freigab, stieg er ab und geleitete das Tier zum Trinken an das Wasser. Währenddessen lockerte er seine Muskeln und streckte sich. Plötzlich bäumte sich das Pferd laut wiehernd auf. Er schaute sich um, um den Grund für die Beunruhigung zu erfahren, aber er entdeckte nichts. Isamu versuchte, das Pferd zu besänftigen, als sein Blick in das Wasser fiel, das blutrot gefärbt war. Das also hatte das Tier nervös gemacht. Im selben Moment trieb ein lebloser Körper vorbei. Sofort hatte Isamu eine Hand am Schwert, das er wenige Zentimeter aus der Scheide heraus zog. Dann konnte er auch den Kampflärm hören, der vom Wind flußaufwärts getragen wurde. Das Aufeinanderschlagen von Klingen und vereinzelte Schreie waren zu hören. Er schwang sich geschickt auf sein Pferd und ritt in Richtung des Geschehens. Nach wenigen Sekunden konnte er das Gemetzel sehen. Es bot sich ihm ein schreckliches Bild. Auf einer Lichtung stand eine kleine dunkelbraune Sänfte, wie sie für Frauen benutzt wurde. Sie trug kein Wappen. Um die Sänfte verteilt, versuchten sich drei Samurai gegen eine Übermacht von Räubern, es konnten auch herrenlose Samurai, sogenannte Ronin sein, zu verteidigen. Einige Wachen lagen bereits tot oder sterbend am Boden. Die beiden Sänftenträger standen mit ängstlichen, weit aufgerissenen Augen hilflos herum und behinderten die Bewacher nur. Die drei Samurai wehrten sich tapfer gegen die Übermacht. Doch sie hatten kaum eine Chance. Aus dem Wald erschienen immer mehr Gestalten, die sich mit lautem Geschrei in das Kampfgetümmel warfen. Zu mehreren stürzten sie sich auf die Wachen. Während ein Samurai von hinten mit einem Speer durchbohrt wurde, zerhackten zwei andere einen Bewacher mit ihren Schwertern. Die beiden Lastenträger knieten vor dem Anführer der Bande nieder und flehten um Gnade. Doch mit einem Hieb seines Katanas enthauptete er beide. Sofort spornte Isamu sein Pferd an und galoppierte mit gezogenem Schwert aus dem schützenden Wald auf die Lichtung. Dem ersten Räuber spaltete die Klinge das Rückgrat, bevor dieser überhaupt merkte, dass Isamu in den Kampf eingegriffen hatte. Der nächste Halunke konnte ihn gerade noch im Augenwinkel sehen. Während er sich umdrehte wurde er auch schon von Isamus Katana enthauptet. Bis er die nächsten Angreifer erreichte, mussten jedoch einige Meter überwunden werden. Das gab ihnen Zeit, sich auf Isamus Attacke einzustellen. Ein Ronin, der mit einer Naginata bewaffnet war, setzte sich in Verteidigungsstellung. Während Isamu einem dritten Angreifer die Schwerthand abschlug, stach der Räuber mit der langen Lanze dem herangaloppierenden Ross in die Brust. Mit einem lauten Schmerzensschrei brach das Pferd sterbend unter Isamu zusammen. Im hohen Bogen flog er nach vorne. Er rollte sich gekonnt ab und kam sofort wieder zum Stehen. Währenddessen wehrte sich der verbliebene Begleiter der Sänfte weiter mutig gegen die Überzahl. Der linke Arm hing ihm bereits, aus einer riesigen klaffenden Wunde blutend, kraftlos herunter. Man konnte den Schmerz von seinem Gesicht ablesen. Er hatte sehr viel Blut verloren und die Kräfte verließen ihn nun rasch. Als er erschöpft auf die Knie sank, tötete ihn ein Räuber mit einem Schnitt durch die Kehle. Während Isamu mit schnellen Schritten auf die Sänfte zurannte, wurde er von zwei Ronin angegriffen. Gekonnt wehrte er den Schlag des gegnerischen Schwerts ab. Ohne groß auszuholen zog er sein Schwert nach oben und zerteilte das Gesicht des ersten Angreifers. Während er sich blitzschnell umdrehte, trennte er dem Zweiten, es war der Anführer der Bande, der sich mit lautem Geschrei auf ihn stürzte, unterhalb des Knies das rechte Bein ab. Mit einem Schrei sank der Räuber zu Boden. Als die anderen Ronin erkannten, dass sie es hier nicht mit einem normalen Samurai zu tun hatten, stoppten sie den Angriff und ergriffen hastig die Flucht. Isamu schaute sich um und konnte keine gefährlichen oder lebenden Angreifer mehr erkennen. Nur der Anführer lag stöhnend auf dem Rücken und hielt verzweifelt seinen Beinstumpf mit beiden Händen fest, aus dem das Blut heraus strömte. Er schaute Isamu flehend an und bat um den erlösenden Stoß seines Schwertes. Isamu wandte sich angewidert von ihm ab und ließ ihn sterbend zurück. Er ging zur Sänfte, die immer noch mitten auf der Lichtung stand. Vorsichtig, die Schwerthand zum Schlag bereit, öffnete er langsam mit der linken Hand die hölzerne Tür. In der hintersten Ecke kauerte eine kleine Person. Er schaute in die ängstlichen, weit aufgerissenen, braunen Augen einer jungen Frau. Ihr kreideweißes Gesicht hob sich deutlich von dem gelben, mit rotem Blumenmuster geschmückten, Kimono ab. Das lange, dunkelbraune Haar war zu einem Zopf gebunden. An der rechten Seite steckte eine rote Lotusblüte im Haar. Mit beiden Händen hielt sie zitternd ein Kwaiken, ein für Frauen typisches Messer, auf ihn gerichtet.
"Ihr braucht keine Angst mehr zu haben. Sie sind geflohen." Er sprach leise und ruhig auf die Frau ein, die so unter Schock stand, dass sie ihn nur sprachlos anstarren konnte.
"Vertraut mir! Ihr braucht keine Angst zu haben." Er reichte ihr die Hand, ließ aber das Messer nicht aus den Augen. Zögernd nahm sie die Klinge herunter und kletterte, noch immer zitternd, aus der Sänfte. Sie schaute sich ängstlich um und sah die vielen toten Körper. Weinend brach sie zusammen. Isamu fing sie auf und half ihr, sich zu setzen. Nachdem sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte, nahm Isamu das Gespräch wieder auf.
"Mein Name ist Kusonoki Isamu. Ich bin Samurai am Hofe von Aso Masuru. Und wie ist Euer Name?"
"Mein Name ist Akemi. Ich bin am Hofe von Matsunaga Takumi."
"Aber die Stadt ist weit weg. Was hat Euch hierher verschlagen?", fragte Isamu.
"Das Leben zu Hofe ist eintönig und langweilig.", antwortete Akemi,
"Deswegen nutze ich jede Gelegenheit, um von dort zu entwischen." Sie schaute sich um.
"Ich bin gerne in der Natur und beobachte die Tiere." Isamu blickte sich ebenfalls um.
"Es wird bald dunkel. Wir brauchen einen Platz zum Übernachten.", sagte er etwas besorgt.
"Etwa eine Stunde die Straße zurück ist ein Bauernhaus. Da können wir vielleicht schlafen und Eure Wunde können wir dort auch versorgen." Sie deutete auf sein Bein. Erst da bemerkte Isamu den Schnitt, den er sich im Kampf zugezogen hatte. Einer der Halunken hatte ihn am linken Oberschenkel erwischt. Die ganze Seite seines braunen Hakamas war dunkelrot gefärbt. Die Wunde war tief, musste genäht werden und konnte sich ohne Behandlung rasch entzünden. Ein paar Kräuter und ein Bad waren sicher hilfreich.
"Kommt Akemi! Dann wollen wir keine Zeit verlieren." Er stand auf und ging zu seinem toten Pferd zurück um ein paar Sachen und den ledernen Helm aufzunehmen. Als er am Räuberhauptmann vorbeikam, sah er, dass sich dieser mit seinem Kurzschwert, dem Wakisashi, selbst das Leben genommen hatte.

Die Übernachtung
Leider kamen sie nicht so schnell voran, wie Isamu gehofft hatte. Akemi hatte wohl die Zeit genannt, die ihre Sänftenträger benötigt hätten. Vermutlich war sie nicht oft solche weiten Strecken zu Fuß unterwegs. Außerdem konnte Isamu mit seinem verwundeten Bein auch nicht so schnell gehen. Als sie nach etwa drei Stunden an dem Bauernhaus ankamen, war es bereits dunkel und kalt geworden.
"Wartet hier!", sagte Isamu zu Akemi. Er klopfte an die hölzerne Pforte. Eine alte Frau öffnete die Tür einen Spalt. Sie musterte ihn von oben nach unten. Ihr Blick verriet nicht unbedingt, dass sie erfreut über den späten und unbekannten Besucher war. Isamu bot keinen sehr guten Anblick. Bei dem Sturz vom Pferd war sein Kimono zerrissen worden. Während des Marsches hatte sich seine Wunde wieder geöffnet und angefangen zu bluten. Das gesamte Bein war vom getrockneten Blut verkrustet. Durch den Blutverlust geschwächt hatte er nach und nach seine Ausrüstungsgegenstände zurück lassen müssen. Auch die lederne Rüstung hatte er abgenommen, so dass er nun nur noch seinen braunen Uniformkimono mit dem Wappen seines Lehensherrn trug. Doch bevor die Frau etwas sagen konnte, wurde sie von einem alten, aber kräftigen Mann beiseite geschoben.
"Verschwinde Weib!" giftete er sie an. Er wandte sich an Isamu, verneigte sich demütig und deutete ihm mit der Hand einzutreten.
"Kommt herein Herr!" Isamu winkte Akemi, die nun aus dem Dunkel in den Lichtschein trat. Sie sah von den Anstrengungen der letzten Stunden ebenfalls sehr mitgenommen aus. Ihr Kimono war staubig und ihr Haar hing struppig herab. Über eine hölzerne, knarrende Veranda, die um das gesamte Haus ging, betraten sie die baufällige Hütte. Sie war aus dunklem Holz gezimmert und benötigte dringend einige Reparaturen. Das alte Strohdach war sicher auch undicht. Die Einrichtung war einfach, aber sauber. Auf dem Boden konnte Isamu einige alte, abgenutzte Tatami-Strohmatten liegen sehen, die ihn veranlassten, auf der Veranda seine Strohsandalen auszuziehen. Mit Socken betrat er den Hauptraum der Hütte. Es war angenehm warm und es roch nach frisch gekochtem Essen. Eine kleine Öllampe, die von der Decke hing, tauchte den Raum in ein warmes, gelbes Licht. Während Isamu und Akemi durch die Schiebetür eintraten, drehte sich der Bauer zu seiner Frau um.
"Hayaku, schnell! Hole heißes Wasser, Verbandszeug und Kräuter! Siehst du nicht, dass dieser Krieger hier verwundet ist? Danach machst du Tee und Essen für unsere Gäste!", sagte er in scharfem Ton. Er half Isamu, sich hinzusetzen. Akemi wies er einen Platz direkt neben dem Heizofen in der Mitte des Raumes zu. Er reichte ihr ein einfaches, abgewetztes Sitzkissen mit Blumenstickereien.
"Verzeiht, Herr,", sagte er entschuldigend,
"wir sind einfache Bauern und nicht auf so feinen Besuch vorbereitet." Mittlerweile war die Bauersfrau zurück und begann, den Oberschenkel von Isamu mit heißem Wasser zu säubern. Akemi hatte bereits einen heißen Tee erhalten, den sie dankbar mit beiden Händen, noch immer vor Kälte zitternd, festhielt und genüßlich trank.
"Danke!" Isamu verneigte sich leicht vor dem Bauern. Der Bauer verneigte sich ebenfalls.
"Es ist mir eine Ehre, einem Krieger von Aso Masuru sama zu helfen."
"Ihr kennt meinen Herrn?", fragte Isamu erstaunt, der nicht glauben konnte, dass dieser einfache Bauer seinen Daimyo kannte.
"Wisst ihr, Herr, der große Fürst Aso ist hier als Vetter unseres Daimyo und als ein großer Feldherr wohl bekannt. Vor vielen Jahren habe ich selbst mit Eurem Herrn im Norden gegen die Aufständigen gekämpft."
"Ja," sagte Isamu,
"ich erinnere mich an diese Schlachten. Es war ein glorreicher Sieg. Es ist mir eine Ehre, bei einem unserer Veteranen einzukehren." Isamu verneigte sich erneut vor dem Bauern.
"Nein, Herr! Es ist mir eine Ehre." Auch der Bauer verbeugte sich, wenn auch deutlich tiefer als der Samurai.
"Aber Herr,", fragte der Bauer erstaunt,
"Ihr seid so jung, wie könnt ihr da an dieser Schlacht teilgenommen haben? Wie alt seid ihr?"
"Ich bin 25 Jahre alt.", antwortete Isamu, nicht ganz erstaunt über die Frage.
"Aber die Schlacht war vor zwölf Jahren. Wie könnt Ihr dabei gewesen sein? Es sei denn..." Er stockte und schaute Isamu mit weit aufgerissenen Augen an.
"... es sei denn," sagte er erneut,
"Ihr seid der, den man Wakabushi nennt." Isamus Schweigen sagte alles. Daraufhin warf sich der Bauer zu Boden und sagte erfurchtsvoll:
"Es ist mir eine große Ehre Herr, euch in meinem Haus zu begrüßen!" Zu seiner Frau gewandt, sagte er:
"Gib dir besondere Mühe! Weißt du nicht wer das ist? Das ist Wakabushi, der berühmte Kinderkrieger von Aso. Er kämpfte bereits mit dreizehn Jahren an der Seite seines Vaters. Er ist der beste Schwertkämpfer Japans." Seine Stimme überschlug sich, als er die mehr oder weniger korrekte Geschichte vom
"Kinderkrieger" erzählte. Auch Akemi lauschte gespannt zu. Sie schaute immer wieder zu Isamu hinüber, dessen Bein endlich aufgehört hatte zu bluten. Die nun saubere Wunde wurde gerade mit einem warmen Kräuterverband behandelt. So wie es aussah, hatte sich Akemi wieder ein wenig erholt. Ihr Gesicht hatte ein wenig Farbe bekommen und sie zitterte nicht mehr. Auch hielt sie den Teebecher, den eine Magd imer wieder nachfüllte, viel entspannter in den Händen. Nachdem Isamus Wunde versorgt war, bekamen sie eine einfache aber ausgiebige Mahlzeit gereicht. Es gab Reis, gedünstetes Gemüse und gesalzenen Fisch. Der Bauer musste die besten Vorräte für seine Gäste aus der Kammer geholt haben. Da während des Essens auch Sake gereicht wurde und der Bauer diesen gerne und reichlich trank, erzählte er unentwegt immer unglaublichere Geschichten und Legenden über die Kunst des
"Kinderkriegers Wakabushi". Nach dem Essen wurde für Isamu und Akemi jeweils ein Bad eingelassen, das beide dankbar annahmen und genossen. Währenddessen wusch die Magd die Kleidung der beiden. In Tücher gehüllt führte die Bauersfrau die Gäste in einen Raum, den sie für die Nacht vorbereitet hatte. Der Bauer konnte sich ob seines reichlichen Sakegenusses nicht mehr von ihnen verabschieden. Akemi war ebenfalls noch im Hauptraum eingeschlafen. Obwohl sein Bein immer noch schmerzte, trug Isamu sie sanft auf den Armen in das Zimmer. Er legte sie vorsichtig auf dem breiten Futon ab, der auf dem Boden der Kammer ausgerollt war. Zwei Nackenrollen lagen neben einem aufgeschlagenen Tuch. Eine Kerze brannte und beleuchtete das kleine Zimmer. Durch ein Fenster, dessen Papierbehang beschädigt war, drang ein kühler Windhauch. Die Bauersfrau verabschiedete sich. Sie kniete sich außerhalb der Kammer hin, verneigte sich und schob die hölzerne Schiebetür langsam zu. Sie waren alleine. Isamu legte seine beiden Schwerter griffbereit neben sich. Dann schaute er Akemi an, die tief schlief. Ihr Gesicht war entspannt und er erkannte, wie hübsch dieses junge Mädchen war. Er schätzte sie auf achtzehn Jahre. Sie trug das Haar nun offen und es fiel in leichten Wellen auf das weiße Kissen. Eine dunkelbraune Locke lag auf ihrer Stirn. Isamu fasste die Strähne sanft mit den Fingern und wischte sie aus ihrem Gesicht. Sie seufzte leise. Sein Blick ging an ihrem Körper herunter. Das Tuch, das man ihr nach dem Bad gereicht hatte, hatte sich gelockert und gab den Blick auf ihre kleinen festen Brüste frei. Die Haut ihrer Schenkel war weiß und schimmerte im Kerzenlicht. Isamu spürte deutlich die Erregung, die in ihm aufstieg. Nachdem er sie noch eine Weile beobachtet hatte, zog er sich aus, blies das Kerzenlicht aus und legte sich neben sie. Als er sie beide zudeckte, rekelte sie sich an ihn, was seine Erregung noch weiter anfeuerte. Sie drückte sich sanft an seinen Körper. Isamu nahm sie in seine Arme und zog sie zu sich herüber. Sie ließ sich ohne Widerstand auf seinen Körper ziehen. Ein warmer Schauer überkam ihn, als er kurze Zeit später in sie eindrang.

Die Ankunft
Am nächsten Morgen wurden sie auf Wunsch von Isamu schon früh geweckt. Die Magd klopfte zaghaft an die Tür. Es dauerte einen Moment, bevor Isamu realisierte, wo und mit wem er sich in dem Futon wiederfand. Akemi lag immer noch nackt neben ihm. Sie hatten sich in der Nacht mehrmals geliebt und ihre sanften Gesichtszüge ließen erahnen, wie entspannt sie war. Auf Isamus Antwort hin öffnete die Magd die Schiebetür, verneigte sich und stellte das Holzbrett mit dem angerichteten Frühstück neben die Schlafstätte. Isamu bedankte sich und die Magd wandte sich zur Tür. Doch sie ging nicht. Sie griff nach außen und nahm vorsichtig ein Bündel von jemandem entgegen, der vor der Tür stand. Es waren die Kleider von Isamu und Akemi. Sie hatte auf Anweisung des Bauern die ganze Nacht damit verbracht, sie zu reinigen und zu flicken. Dabei war sie so geschickt vorgegangen, dass man Mühe hatte, die Flickstellen noch zu erkennen. Isamu schaute, von einem Geräusch aufgeschreckt, zur Tür. Zwei junge Burschen von zehn und zwölf Jahren erschienen. Beide trugen graue, ausgebleichte Kimonos, die viel zu groß für sie waren. Die Ärmel waren jeweils mehrmals umgeschlagen und die Jacke wurde von viel zu langen Gürteln, die sie mehrfach um den Bauch gewickelt hatten, zusammengehalten. Die zwei Jungen waren Waisen, die sich bei dem Bauern ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie verneigten sich erfurchtsvoll vor dem berühmten Wakabushi. Dann legten sie einige Gegenstände auf dem Boden ab. Bevor der Bauer am Abend in der Tiefe des Sakebechers versunken war, hatte er beide losgeschickt, die Sachen von Isamu zusammenzusuchen. Sie waren in der Nacht mehrere Stunden unterwegs gewesen, konnten aber wegen der Dunkelheit nur Isamus Helm, seine Lederrüstung und einige kleine Gegenstände finden. Diese hatten sie gereinigt und fein säuberlich auf einem Tuch ausgebreitet. Isamu bedankte sich bei den beiden Jungen. Schüchtern bedeckten beide mit der Hand den Mund. Aber man konnte an den blitzenden Augen sehen, dass sie stolz waren, dem berühmten
"Kinderkrieger" gedient zu haben. Nachdem sie wieder alleine waren, genoss Isamu noch eine Weile den Anblick des grazilen nackten Körpers von Akemi. Dann weckte er sie sanft. Kurze Zeit später verabschiedeten sie sich gestärkt und mit gesäuberter Kleidung von dem Bauernpaar. Während sie das Haus verließen, drehte sich Isamu nochmals um. Hinter einem Strohballen konnte er die beiden jungen Helfer entdecken, die sich dort versteckt hatten und ihnen schüchtern nachschauten. Als Isamu zu ihnen hinüber sah versteckten sie sich blitzschnell. Bei Tageslicht betrachtet war das Haus, in dem sie die Nacht verbracht hatten, in einem armseligen Zustand. Isamu beschloß, dass er später einige Handwerker aus der Stadt herschicken würde, um sich für die Hilfe des Bauern zu bedanken. Gegen mittag erreichten sie die Stadt. Je näher sie ihr kamen, desto dichter wurde es auf der Straße. Vor den weißen Stadtmauern hatten fliegende Händler ihre Stände und Buden aufgestellt, um die Zoll- und Marktgebühren zu umgehen, die ihnen in der Stadt auferlegt würden. Kurz bevor sie das Stadttor erreichten, wurde Akemi nervös.
"Halt, warte!", sagte sie halb flüsternd. Sie hielt ihn am Ärmel fest.
"Ich habe den Palast ohne Erlaubnis verlassen. Und die meisten Wachen kennen mich. Deswegen kann ich nicht durch dieses Tor mit dir gehen."
"Was willst du tun, Akemi?", frage Isamu besorgt.
"Ich kenne einen geheimen Weg in die Stadt, den ich gehen kann. du musst aber durch das Tor gehen."
"Wann werde ich dich wiedersehen?"
"Siehst du den Tempel dort?" Sie deutete auf ein hohes Gebäude, dass deutlich aus den Häusern herausragte. Sein geschwungenes Dach war mit blauen Ziegeln gedeckt. Die hölzernen Balken waren rot gestrichen und mit goldenen Verzierungen versehen.
"Dahinter ist ein kleiner Park. Dort werde ich dich treffen. Komme in zwei Tagen zur Stunde des Schweins dorthin."
"Zwei Tage? Mein Herz wird still stehen bis dahin.", sagte er. Sie lächelte ihn strahlend an.
"Ja,", sie schaute ihn mit gespielter Traurigkeit an,
"leider kann ich nicht vorher aus dem Palast. Nun muss ich Dich leider verlassen. Wir sehen uns in zwei Tagen." Sie küsste ihn leidenschaftlich. Dann drehte sie sich um und rannte glücklich lächelnd davon. Isamu schaute ihr solange nach, bis sie in der Menge verschwunden war. Dann wandte er sich in Richtung Tor und betrat die Stadt. Er grüßte die Wachen mit einer Verbeugung.
"Mein Name ist Kusonoki Isamu. Ich bin hier, um meinen Herrn Aso Masuru sama anzukündigen."

Die Audienz
Daimyo Aso Masuru betrat als erstes den Audienzraum. Er trug einen festlichen dunkelblauen Kimono über einem schwarzen Hakama. Über seinen Schultern hing ein blauer Umhang, der mit weißen, runden Ornamenten geschmückt war. Der Umhang hing bis auf den Boden. Um seine Hüften war ein heller Gürtel, der Obi gebunden. Dahinter folgten Makoto und Isamu in gebührendem Abstand. Sie trugen beide die offiziellen braunen Festuniformen. Statt eines normalen Hakamas trugen beide den Kamishino. Ein Hakama mit weit über die Schultern ausladenden Hosenträgen. Auf den Trägern waren jeweils links und rechts die Wappen von Aso Masuru angebracht. Der Audienzsaal war ein etwa acht mal zehn Meter großer rechteckiger Raum. Der Bodenbelag bestand aus feinsten Tatamimatten. Die hölzernen Wände hatten eine Papiertapete, auf der stattliche Landschaftsbilder abgebildet waren. Am Ende des Raumes befand sich eine kniehohe Tribüne. Links und rechts davon standen zwei etwa drei Meter große, mit Blumenmustern geschmückte Paravants, hinter denen sich die Leibwachen von Matsunaga Takumi befanden. Sie waren die einzigen Bewaffneten im Raum. Alle anderen hatten ihre Waffen gemäß den Regeln der gegenseitigen Achtung vor dem Betreten des Raumes bei einer Wache abgegeben. Matsunaga saß im Schneidersitz auf einem weißen Sitzkissen in der Mitte der Tribüne. Zwei weitere Kissen lagen jeweils auf jeder Seite neben ihm. Hinter ihm waren auf einem dunklen hölzernen Ständer seine beiden Schwerter aufgestellt. Auf Grund der Lage der Schwerter, die Griffe zeigten nach links, konnte man erkennen, dass Matsunagas Haus einen Willkommen hieß. Am linken und rechten Rand des Raumes saßen mit einem Abstand von etwa einem Meter die Vertrauten und besten Samurai von Matsunaga, ebenfalls im Schneidersitz, auf dem Boden. Alle waren festlich gekleidet. Aso ging einige Schritte auf die Tribüne zu, blieb stehen und verbeugte sich. Auch Makoto und Isamu verbeugten sich tief. Matsunaga und seine Offiziellen erwiderten den Gruß.
"Ich grüße Dich Vetter.", begann Aso die Unterhaltung.
"Ich grüße Dich auch, Vetter.", antwortete Matsunaga freundlich,
"Ich hoffe, du hattest eine gute und nicht so anstrengende Reise. Komm näher und nimm Platz!" Er deutete auf das Kissen zu seiner Rechten. Links vor der Tribüne waren zwei Plätze für Makoto und Isamu reserviert. Aso und seine beiden Begleiter verneigten sich erneut und schritten auf die Erhöhung zu. Als Aso die Tribüne erreichte, verbeugte er sich wieder und begann, die zwei Stufen empor zusteigen. Als er die zweite Stufe betrat, versagten seinem verletzten Knie die Kräfte nach der anstrengenden Reise. Er sackte nach links weg. Doch bevor er fiel, war Isamu zur Stelle. Blitzschnell fasste er Aso um die Hüfte und stützte ihn mit seinem ganzen Körper ab. Die plötzlichen, schnellen Bewegungen von Isamu führten für einen kurzen Moment zu einer angespannten Situation. Hinter den Paravants kamen sofort zwei Leibwächter mit halbgezogenen Schwertern hervor und stellten sich schützend vor ihren Herrn. Auch einige der anwesenden Samurai sprangen auf. Da einige die Hände in ihren Kimonos hatten, wußte man sofort, wer entgegen den Regeln mit einem Tanto bewaffnet sein musste. Matsunaga hob beschwichtigend die rechte Hand. Die Leibwächter warteten noch einen kurzen Moment bis klar war, dass wirklich keine Gefahr bestand. Dann steckten sie die Schwerter zurück in die Scheide. Sie drehten sich zu Matsunaga um, verbeugten sich und verschwanden wortlos wieder hinter den Paravants. Auch die aufgesprungenen Samurai setzen sich, unter den wachsamen Augen von Makoto, langsam wieder.
"Es ist mein Knie.", schimpfte Aso,
"Das wurde mir vor zwölf Jahren im Kampf zertrümmert. Eine Verletzung auf die man stolz sein müsste, die mich aber in letzter Zeit öfter quält."
"Wer ist der Krieger, der dir half, Vetter?", wollte Matsunaga wissen.
"Das ist Kusonoki Isamu. Und das ist sein Vater, mein Hatamoto und Freund Kusonoki Makoto." Er deutete auf Makoto, der sich zum Gruß verbeugte.
"Er ist schnell. Und ich habe schon viel vom Wakabushi gehört.", sagte Matsunaga. Er senkte leicht den Kopf in Richtung Isamu, der immer noch Aso festhielt.
"Sind die Geschichten wahr, die man über ihn hört?", fragte Matsunaga mit einem leichten Grinsen.
"Er ist mein bester und treuester Samurai.", antwortete Aso.
"Der beste und schnellste Schwertkämpfer, den ich kenne. Selbst seinen Lehrmeistern ist er überlegen. Nur mich lässt er bei Übungskämpfen immer gewinnen und glaubt, dass wir es alle nicht merken würden." Aso schaute ihn verschmitzt an.
"Es ist mir eine Ehre, einen so guten und trotz seines jugendlichen Alters so erfahrenen Kämpfer zu Gast zu haben.", meinte Matsunaga. Aso richtete sich auf und rückte seine verrutschte Kleidung zurecht. Er schaute kurz fragend zu Makoto herüber, der kaum merklich nickte. Isamu verneigte sich und trat einen Schritt zurück, bevor er sich wieder zur vollen Größe aufrichtete.
"Das ist eine gute Gelegenheit, um etwas bekannt zugeben.", richtete Aso das Wort an alle.
"Ich bin mit Kusonoki Makoto übereingekommen, dass ich Isamu adoptieren werde. Ich werde ihn als meinen Sohn annehmen und er wird nach meinem Tode mein Nachfolger werden." Es entstand eine kurze Pause, in der es absolut still in dem Raum wurde. Isamu riss staunend die Augen auf. Er konnte nichts sagen und war wie erstarrt. Makoto verneigte sich ehrfurchtsvoll vor seinem Sohn. Es war Matsunaga, der die Stille unterbrach.
"Das ist eine freudige Überraschung, Vetter. Wenn das so ist, dann soll Euer zukünftiger Sohn bei uns sitzen." Matsunaga deutete auf Isamu, dann auf den freien Platz zu seiner Rechten. Er klatschte kurz in die Hände. Sofort brachten Diener eine weitere Sitzgelegenheit, die sie rechts von Matsunaga auf dem Boden ablegten. Isamu half Aso vorsichtig auf die Tribüne. Beide nahmen auf den vorbereiteten Sitzkissen Platz. Alle verneigten sich nochmals voreinander. Dann setzte sich auch Makoto. Nachdem noch eine Weile Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht worden waren, öffnete sich mit einem leichten Geräusch eine bis dahin verborgene Tür hinter einem der Paravants.
"Ah,", sagte Matsunaga,
"meine über alles geliebte Lotusblüte beehrt uns." Alle schauten in die Richtung der nun geöffneten Tür. Ein kleine zierlich Gestalt erschien. Sie trug einen leuchtend roten Kimono aus feinster Seide. Der Saum war mit grauen und blauen Ornamenten verziert. Um den Bauch hatte sie einen breiten, frühlingsgrünen Gürtel gewickelt. Die weiten Ärmel hingen wie Engelsflügel herunter. Ihr weiß geschminktes Gesicht verbarg sie schüchtern hinter einem weißen, mit Landschaftsbildern geschmückten Sensu. Mit winzigen Füßen, die in weißen Socken steckten, tippelte sie zu dem noch freien Kissen. Sie verneigte sich und als Matsunaga dies erwiderte, nahm sie Platz. Sie hockte sich auf die Zehenspitzen und kniete sich abschließend auf das Kniepolster. Ihr Gesicht hielt sie immer noch hinter dem Fächer verborgen.
"Das ist mein Schatz,", strahlte Matsunaga,
"mein ein und alles. Meine reizende Tochter Akemi." Im selben Moment nahm sie den Fächer herunter und verneigte sich zu den Gästen. Isamu ließ es das Blut in den Adern gefrieren. Da saß seine Akemi. Die Tochter des Daimyo. Ein Schauer überlief ihn und er bekam Gänsehaut. Sein Vater bemerkte sofort die Anspannung in Isamus Gesicht, der einen verschämten Blick zu Makoto warf. Ihm hatte er selbstverständlich von seinem Kampf mit den Ronin und der Übernachtung im Bauernhaus erzählt. Makoto begriff sofort die Situation. Er warf Isamu einen scharfen Blick zu. Isamu verstand genau, was sein Vater ihm mitteilen wollte.
"Was hast du nur getan? Du hast Dich mit der Tochter des Daimyo eingelassen." Akemi lächelte die ganze Zeit. Sie hatte Zeit gehabt, um sich auf die Situation einzustellen, da sie die Szenerie durch ein verborgenes Guckloch in der Wand beobachtet hatte. Als sie Isamu unter den Begleitern von Aso entdeckte, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen. Isamu fasste sich wieder. Das anschließende Essen war reichlich. Nur Isamu aß kaum etwas. Er himmelte Akemi insgeheim an und wünschte, nur mit ihr alleine zu sein. Als sie nach dem Essen einige Lieder auf der Shamisen spielte und dazu sang, wäre er fast gestorben vor Verlangen. Makoto beobachtete beide mißtrauisch und seine Gesichtszüge verhärteten sich zunehmend, wenn sich seine und Isamus Blicke trafen. Nachdem Akemi einige Lieder gespielt hatte, ergriff Matsunaga das Wort.
"Mein lieber Vetter, nachdem heute der Tag der großen Überraschungen ist, habe auch ich etwas anzukündigen. Mein treuester Samurai Shibata Takeru san...", er deutete auf den Samurai, der genau gegenüber von Makoto saß. Dieser war etwa vierzig Jahre alt. Sein Kopf schien durch die kahlrasierte Mitte noch breiter, als er in Wirklichkeit war. Der weite graublaue Kamishino verbarg nur schwer seine stattliche Figur. Takeru verneigte sich in Richtung seines Fürsten, als sein Name genannt wurde. Er strahlte über das ganze Gesicht. Anscheinend wusste er, welches Geheimnis Matsunaga nun preisgeben würde. Dieser fuhr fort.
"..., der mit strenger Hand meine Leibgarde anführt, hat mich um die Hand meiner über alles geliebten Tochter Akemi gebeten. Um ihm für die jahrelange Treue zu danken, werde ich dieser Bitte nachkommen. Ich werde ihm meine Lotusblüte zur Frau geben." Akemi schaute erschrocken auf. In ihren Augen war das blanke Entsetzen zu sehen. Nach nur einem Augenblick fasste sie sich wieder. Das jahrelange Üben in den fraulichen Verhaltensweisen, die sie seit ihrem dritten Lebensjahr von ihren Lehrerinnen gelernt hatte, half ihr, die Gefühlsausbrüche dieses Schocks zu überspielen. Isamu hatte sich weniger im Griff. Er erhob sich leicht und schaute entsetzt zu Akemi hin. Sein Vater spannte jeden Muskel in seinem Körper an. Zum Sprung bereit, sollte sein Sohn etwas Unüberlegtes tun. Doch dieser setzte sich wieder. Takeru allerdings hatte das Entsetzen sowohl in Akemis als auch in Isamus Gesicht gesehen und sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Er schaute Isamu mit finsterem Blick an. Außerhalb des Palastes hätte er sicherlich sofort seine Waffe gezogen. Er musste sich regelrecht zu der anschließenden Verbeugung und einem freundlichen Gesicht zwingen, was wiederum Makoto einen ernsten Blick aufsetzen ließ. Die anschließenden Stunden verliefen wie im Zeitlupentempo. Akemi und Isamu hatten nur Blicke für sich. Takeru beobachtete mit zunehmend strengerem Blick Isamu. Und Makoto beobachtete alle drei. Nur Aso und Matsunaga schienen von alledem nichts mitzubekommen. Akemi und Isamu hofften beide, dass der Abend schnell vorüber gehen sollte. Sie wussten beide, dass sie keine zwei Tage warten konnten, um sich, wie vereinbart, zu treffen. Ohne zu sprechen konnte jeder am Blick des anderen erkennen, dass sie sich anschließend im Park des Tempels sehen würden.

Die Flucht
Es war schon sehr spät. In wenigen Stunden würde es wieder hell werden. Doch Isamu dachte nicht an Schlaf. Sein Weg führte ihn durch enge Gassen zwischen den strohbedeckten Häusern genau in Richtung des Tempels, den Akemi ihm gezeigt hatte. Niemand war um diese Zeit auf der Straße. Die einfachen Bürger fürchteten die Geister der Nacht. Er betrat das Gelände des Tempels durch das große hölzerne Mori. Das grellrote Tor, das jeden Tempel kennzeichnete, war im Mondlicht nur als schwarzer Rahmen zu erkennen. Unmittelbar davor waren links und rechts zwei steinerne Löwen angebracht, die böse Geister vom Tempel fernhalten sollten. Eine kleine Brücke führte über einen Bachlauf, den man in der Stille hören konnte, in den Park. Als er den Bach überquerte, sah er, wie sich der Mond im Wasser spiegelte. Doch Isamu hatte heute keine Zeit für die Schönheiten der Natur. Er konnte nur an Akemi denken und musste sie unbedingt finden. Der Park war nicht sehr groß. Aber die verwinkelten Wege und die vielen Pflanzen machten es ihm schwer, sie auszumachen. Bei einem kleinen Schrein, der auf einer leichten Anhöhe stand, hörte er ein Geräusch. Er drehte sich um und aus dem Dunkel erschien sie. Akemi. Sie hatte einen einfachen hellgrauen Männerkimono an. Das lange Haar hatte sie unter einem Tuch verborgen. Im Gürtel trug sie ein Kurzschwert. Auf den ersten Blick hätte man sie für einen jungen Samuraischüler halten können. Sie kam auf ihn zu und fiel ihm um den Hals.
"Isamu, Geliebter.", schluchzte sie,
"Wie konnte er das nur tun?" Er wusste genau, wer gemeint war. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Isamu küsste sie.
"Das kann er doch nicht tun.", wiederholte sie. Doch leider war es durchaus üblich, Frauen gegen ihren Willen zu vermählen. Takeru, das hatte Isamu erfahren, war der Neffe des Daimyos der Nachbarprovinz, der im Austausch zu einem Angehörigen Matsunagas bei ihm Dienst tat. In der Vergangenheit hatte es einige Grenzschwierigkeiten zwischen den Provinzen gegeben. Und Matsunaga erhoffte sich, diese beizulegen und die Verbindungen der beiden Häuser mit der Trauung von Takeru und Akemi zu vertiefen. Eine durchaus übliche Art der
"Friedensverhandlungen" in Japan.
"Wir müssen doch etwas tun.", Ihre Stimme klang verzweifelt. Isamu war zu verwirrt, um einen klaren Gedanken fassen zu können.
"Lass uns fliehen!", schlug Akemi vor,
"Lass uns nach Norden gehen!"
"Das können wir doch nicht tun.", sagte er.
"Warum nicht? Wir gehen sofort los. Du baust dir eine eigene Schwertkunstschule auf und ich kann an einem der Höfe als Hofdame unterkommen."
"Das ist verrückt. Sie werden uns suchen."
"Wir nehmen einen Weg über die Berge. Es wird bald schneien und dann sind die Pässe für Monate geschlossen. Lass uns heute bei Anbruch der Nacht aufbrechen!" Nach einer leidenschaftlichen Diskussion, in der Isamu mehrmals ihre Tränen wegküsste, entschieden sie sich für die gemeinsame Flucht. Als es schon hell wurde, trennten sie sich. Akemi begab sich auf ihren Geheimwegen, die jeder der Daimyofamilie kannte, zurück in den Palast. Isamu schlich sich auf Umwegen in sein Gästequartier, das außerhalb der Palastmauern lag. Den ganzen Tag versuchte er, Aso und seinem Vater aus dem Weg zu gehen. Immer, wenn er sich sicher war unbeobachtet zu sein, packte er einige für sie beide wichtige Utensilien zusammen. Zwei große in Stofftüchern verpackte Bündel versteckte er in einem Stall unter dem Heu. Als der Abend nahte, wurde er zunehmend unruhig. Das Abendessen musste er auf Geheiß seines Vaters mit ihm gemeinsam einnehmen. Doch durch die angespannte Situation sprach keiner der beiden ein Wort. Nach Einbruch der Dunkelheit ging er in die Stallungen. Er sattelte zwei Pferde und lud die Bündel auf ein drittes. Bevor er den Stall verließ, schaute er sich um. Niemand war zu sehen. Wenn er es aus dem Gehöft schaffte, ohne entdeckt zu werden, hatten sie Stunden, bevor jemand die Flucht und die fehlenden Pferde erkennen würde. Vorsichtig schlich er sich, die Pferde hinter sich herziehend, aus dem Gebäude. Die Hufe hatte er mit strohgefüllten Tüchern verbunden, damit man die Schritte nicht hörte. Als er einige hundert Meter vom Gehöft entfernt war, nahm er die Tücher ab, saß auf und ritt davon. In den Gebüschen neben dem Tor des Tempels wartete Akemi bereits. Sie trug wieder den grauen Kimono und hatte sich mit einem weiten Umhang gegen die Kälte geschützt. Sie begrüßte ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Schnell verstaute Isamu ihr Stoffbündel auf dem Packpferd. Er küsste sie noch einmal und hob sie dann auf eines der Pferde. Genau in dem Moment als sie losritten, begann es zu schneien. Die Götter des Himmels schienen es gut mit ihnen zu meinen.

Die Entdeckung
Die schnellen Schritte von Makoto knirschten im köchelhohen Schnee. Ohne die Schuhe auszuziehen, rannte er, entgegen den Regeln, mit Sandalen über die Veranda. Es poltertete laut auf, als er auf den Holzboden sprang. Er konnte nicht glauben, was er gehört hatte. Das erste, was er sah, als er die Unterkunft seines Fürsten betrat, war der hochrote Kopf von Aso Masuru. In der Hand hielt er einen Fächer, mit dem er wild gestikulierte, während er seiner Wut laut Luft machte. Direkt neben ihm stand Takeru, der noch finsterer schaute als am gestrigen Abend. Die beiden Leibwächter Asos hielten sich vorsichtig im Hintergrund. Makoto kniete sich hin. Er spielte den Unwissenden.
"Ihr habt gerufen, Herr."
"Makoto!", schrie er,
"Er ist weg. Isamu ist weg." Seine Stimme überschlug sich. Makoto schaute auf, blieb aber knien.
"Ja, Herr. Man hat es mir gerade berichtet. Drei Pferde sind verschwunden. Die Wachen von heute Nacht werden bereits verhört.", gestand er.
"Wir wissen aber noch nicht, für wen er die Pferde benötigte."
"Aber ich weiß es!", fiel ihm Takeru ins Wort,
"Er hat meine Verlobte, Akemi, entführt." Makoto schaute ihn an, ohne etwas zu sagen.
"Heute morgen hat man ihr Verschwinden im Palast bemerkt."
"Woher wollt ihr wissen, dass Isamu etwas mit dem Verschwinden Eurer Verlobten zu tun hat?", fragte Makoto.
"Ein Kaufmann, der heute Nacht in seinem Lager gearbeitet hat, hat ihn beim Tempel in der Nähe des Palastes gesehen. Er hatte drei Pferde dabei. Und auf einem Pferd saß eine kleine Gestalt, die Akemi gewesen ist. Er hatte sie in Männerkleidung gesteckt, um sie so besser verbergen zu können."
"Aber das könnte doch jeder gewesen sein.", wollte Makoto seinen Sohn verteidigen.
"Schweigt!", befahl Aso in rauhem Ton,
"Es gibt keine andere Möglichkeit." Makoto zuckte zusammen.
"Er hat gegen die Regeln des Bushido verstoßen.", fuhr Aso fort.
"Regeln, die jeder Bauernlümmel kennt und achtet.", ergänzte Takeru.
"Du!", er deutete auf einen jungen Samuraischüler, der gerade als Diener im Raum anwesend war,
"Nenne mir die Regeln des Bushido!"
"Herr?" Der Junge schaute fragend auf.
"Nenne mir die sieben Tugenden des Bushido!", wiederholte Takeru.
"Äh, ja Herr." Der Junge dachte kurz nach und begann dann mit zitternder Stimme die Tugenden aufzuzählen.
"Es gibt den Mut, die Güte, die Wahrheit, äh,", er stockte kurz,
"die Höflichkeit, die Aufrichtigkeit, die Treue und..." Takeru fiel ihm ins Wort:
"Die Ehre."
"Die Ehre,", wiederholte Aso,
"die Ehre, hörst du Makoto? Die Ehre. Dein Sohn hat uns alle entehrt." Makoto schaute betroffen zu Boden.
"Dein Sohn hat Schande über das Haus Matsunagas gebracht, in dem er seine Tochter entführt hat. Er brachte Schande über mich.", schimpfte Aso weiter,
"Takeru san hat er entehrt, weil er seine Verlobte genommen hat. Und Dich hat er auch entehrt." Makotos Blick verfinsterte sich. Er wusste nur zu genau, was das zu bedeuten hatte.
"Wir müssen ihn finden! Du musst ihn finden, Makoto!", befahl Aso,
"Du musst unser aller Ehre wiederherstellen."
"Und ich werde Euch begleiten.", warf Takeru scharf ein. Makoto verbeugte sich tief.
"Ja Herr, ich werde Euch keine Schande machen, Herr." Er verließ rückwärts gehend Asos Raum. Als er die Schiebetür schloss, kämpfte er mit den Tränen, die, halb aus Wut, halb aus Sorge um den geliebten Sohn, seine Augen rot gefärbt hatten. Er seufzte tief, bevor er sich zu einem wartenden Samurai drehte und ihm die notwendigen Befehle für die bevorstehende Suche gab.

Die Nachricht
Es war noch dunkel. Doch Makoto und seine Offiziere waren bereits früh aufgestanden. Sie mussten die letzten Vorbereitungen für Asos bevorstehende Abreise treffen. Außerdem waren noch keine Informationen über Isamus Aufenthaltsort bekannt. Es war ein großer Nachteil, dass sie sich nicht zuhause befanden. Hier hatte Aso kein so ausgebautes Spionagenetz wie in seiner eigenen Provinz. Die Tatsache, dass Isamu nach einer Woche immer noch nicht gefunden war, ließ den Daimyo jeden Tag wütender werden. Tag für Tag musste Makoto seine Schreiattacken über sich ergehen lassen. Immer wieder ritt er darauf herum, dass ihn Isamu entehrt habe. Langsam stieg auch in Makoto Wut über das Vergehen seines Sohnes auf. Makoto stand gebeugt am Kartentisch. Er hatte beide Hände aufgestützt, als könnte er sich und die Last, die er mit sich trug, nicht mehr halten. Man beratschlagte gerade, wo man weiter nach Isamu suchen sollte. Makoto vermutete, dass er es über die Berge versuchen wollte.
"Er wird versuchen, die Pässe zu erreichen, bevor diese zugeschneit sind.", sagte ein Offizier,
"wenn er das schafft, dann haben wir ihn verloren und können die Suche erst im Frühling wieder aufnehmen." Makoto nickte zustimmend. Alle drehten sich um, als holpernd ein Hauptmann mit schnellen Schritten den Raum betrat. Er kniete sich vor Makoto hin und begann sofort, ohne auf die Aufforderung zu warten, zu berichten:
"Herr, man hat ihn gefunden."
"Was?" Makoto war erleichtert und beunruhigt zugleich. Insgeheim hatte er immer gehofft, dass seinem Sohn die Flucht gelingen würde.
"Ja Herr, ein Stallbursche von Shibata san, der im geheimen in unseren Diensten steht, berichtete, dass dieser heute Nacht nach Norden aufgebrochen sei."
"Und weiter?", fragte Makoto ungeduldigt und ließ dem Hauptmann kaum Zeit zum atmen.
"Matsunaga samas Spione haben Isamu san in einem Dorf im Norden, nicht weit von hier, entdeckt. Er hat versucht, über die Berge zu entkommen."
"Ich wusste es.", warf ein Offizier ein. Er wurde mit einem bösen Blick Makotos bestraft.
"Warum ist er noch in dem Dorf?", fragte der Offizier sofort, um Makoto zu besänftigen.
"Der Pass ist schon geschlossen. Dieses Jahr hat es früher angefangen zu schneien als sonst. Selbst einige Kaufleute, die zurück in ihre Dörfer wollten, hängen nun dort fest."
"Wieviele Männer hat Shibata san mitgenommen?", wollte Makoto wissen.
"Keine, Herr. Er ist alleine losgeritten. Er sagte, dass die Vorbereitungen für so viele Reiter zu lange dauern würden."
"Das stimmt.", bestätigte Makoto,
"Ihr werdet hier genauen Bericht erstatten. In der Zwischenzeit werde auch ich Isamu und Shibata alleine verfolgen. Lasst mein Pferd satteln!"
"Das ist bereits geschehen.", antwortete der Hauptmann,
"Auch haben wir die wichtigsten Habseligkeiten für Euch auf einem zweiten Pferd verstaut, Herr."
"Gut gemacht Hauptmann." Er legte dem jungen Offizier, der immer noch kniete, beim Hinausgehen anerkennend die Hand auf die Schulter. Mit das höchste Lob, dass Makoto jemals ausgesprochen hatte. Der Hauptmann verbeugte sich tief und verbarg so geschickt sein mit Stolz erfülltes Lächeln. Nachdem Makoto die Entdeckung über Isamus Standort seinem Fürsten berichtet hatte, machte er sich umgehend für die Reise fertig und verließ noch vor dem Morgengrauen die Burg in Richtung Norden.

Das Dorf
In ein dickes, wärmendes Tuch gehüllt, hockte Isamu auf der dunkelbraunen Veranda der Herberge und schaute den immer dicker werdenden Schneeflocken zu, wie sie laulos auf den Boden fielen. Die Langsamkeit und die Melodie einer Flöte, die ein Kind irgendwo spielte, hatte etwas meditatives. Isamu konnte sich das erste Mal seit ihrer Flucht wieder etwas entspannen.
"Geliebter!", hörte er Akemi sagen.
"Warum sitzt du hier draußen alleine in der Kälte?"
"Akemi, meine Kirschblüte, ich beobachte die Schneeflocken. Außerdem, das weißt du, habe ich den Kaufleuten versprochen, über ihre Waren zu wachen." Er hatte sich den Kaufleuten als Wachmann angeboten. Im Gegenzug bezahlten sie für ihn und Akemi die Unterkunft und die Verpflegung in der einzigen Herberge im Dorf.
"Wir müssen daran denken weiterzuziehen.", sagte er besorgt.
"Dein Vater hat bestimmt viele Spione." Sie nickte zustimmend.
"Und wenn diese nur halb so gut sind, wie die Asos,", fuhr er fort,
"haben sie uns bestimmt schon entdeckt."
"Ja, Geliebter. Was schlägst du vor?", fragte sie mit geneigtem Kopf.
"Wir warten bis das Schneetreiben aufhört, dann ziehen wir weiter nach Osten Richtung Küste. Vielleicht gibt es da eine Möglichkeit, nach Norden zu kommen. Das ist zwar ein großer Umweg, aber dort wird uns vielleicht niemand vermuten." Akemi sagte nichts. Sie schmiegte sich nur an ihn. Er öffnete den Umhang und legte sanft seinen Arm um ihren schmalen Körper. Als sie dabei seine Wunde am Bein berührte, konnte man für einen Augenblick den Schmerz in seinem Gesicht sehen. Um sie nicht zu beunruhigen verschwieg er, dass sich die Wunde entzündet hatte. Gemeinsam schauten sie noch eine Weile den immer dicker werdenden Schneeflocken zu, wie sie laulos auf den Boden fielen.

Das Aufeinandertreffen
Nach drei Tagen hatte es endlich aufgehört zu schneien. Noch immer kamen Kaufleute, die gehofft hatten, es noch rechtzeitig über den Pass zu schaffen. Durch die vielen Reisenden hatte sich der Boden entlang des Weges trotz des Frostes in eine braune, kalte Schlammeismasse verwandelt. Doch nach Norden war kein Durchkommen. Mittlerweile lag der Schnee auf dem Pass, der sich wenige Meilen hinter dem Dorf befand, fast zwei Meter hoch. Die einzige Herberge im Dorf war restlos überfüllt. Es würde für den Herbergsvater ein ertragreicher Winter werden. Bei Tagesanbruch hatte Isamu damit begonnen, ihre Pferde für die Reise vorzubereiten. Nachdem er die Ladung verstaut hatte, umwickelte er die Hufe der Tiere mit dicken Tüchern, damit sie sich nicht an den scharfen Kanten der Eisstücke verletzten. Er half Akemi, die in zwei dicke Decken gehüllt war, auf ihr Pferd. Gerade als er aufsitzen wollte, durchbrach ein lauter Schrei die vom Schnee gedämpfte Stille.
"Isamu san! Bleibt stehen und stellt Euch mir zum Kampf!" Blitzschnell drehte sich Isamu um. Es war Takeru. Trotz der Kälte hatte er kurz vor dem Erreichen des Dorfes seine schwere Rüstung angelegt. Der rotbraune, mit Metall beschlagene Lederpanzer und sein gehörnter Helm verliehen ihm ein martialisches Aussehen. Obwohl er die zur Rüstung gehörende Maske trug, konnte man gut seine wutentbrannten Augen erkennen. Isamu drehte sich zu ihm um. Langsam quälte sich Takerus Ross durch den tiefen Schnee.
"Shibata san. Ihr könnt uns nicht aufhalten. Dazu müsst ihr mich schon töten.", rief im Isamu entgegen.
"Meine Nachkommen werden sich damit rühmen können, dass ihr Vorfahre den berühmten Wakabushi besiegt hat." schrie Takeru mit sich überschlagender Stimme.
"Ich werde nie Eure Gemahlin sein, Shibata san.", rief Akemi zu ihm hinüber,
"Lieber sterbe auch ich." Isamu entledigte sich des wärmenden Umhangs, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben und begab sich zur Mitte des kleinen Dorfplatzes, auf dem er stand. Dort nahm er langsam sein Schwert aus der Scheide. Takerus Pferd hatte nun den beschwerlichen Weg aus dem tiefen Schnee beendet und stand am Rande des Platzes. Er stieg langsam ab. Bedrohlich schritt er auf Isamu zu. Dann zog er plötzlich sein Schwert und stürmte nach vorne. Isamu konnte diesen Angriff geschickt abwehren. Takerus Katana sauste herunter. Isamu blockte den Hieb gekonnt mit seinem Schwert ab. Auf dem glatten Boden konnte Takeru nicht rechtzeitig bremsen und prallte gegen Isamu. Der sprang zurück.

--- Schnipp ---
KAMPF ZWISCHEN ISAMU UND TAKERU. Dieser Teil ist bewusst herausgenommen worden, er mir zu gewalttätig für hier erscheint. Takeru erkennt natürlich die Verletzung Isamus und nutzt dies mit nicht ganz fairen Mitteln aus. Im Laufe des Kampfes stolpert Isamu. Takeru springt hinter ihn und sticht mit dem Schwert zu.
--- Schnapp ---

Mit einem Ruck zog Takeru sein Schwert zurück. Der Schmerz lähmte Isamu, der momentan nicht mehr in der Lage war, sich zu wehren. Langsam und siegessicher kam Takeru näher. Unter der Maske konnte man sein hämisches Grinsen erkennen. Er hob das Katana. Isamu schloss die Augen und erwartete den endgültigen Schlag. Doch dazu kam es nicht. Als er hörte, wie Takeru aufschrie, öffnete er die Augen. Takeru drehte sich herum und Isamu sah Akemis Kwaiken zwischen seinen Schulterblättern stecken. Noch während der Drehung holte Takeru instinktiv mit seinem Schwert aus. Zu spät erkannte er, wer ihn angegriffen hatte. Das Katana bohrte sich tief in Akemis rechte Seite. Die Tücher, die sie immer noch umhängen hatte, färbten sich sofort tiefrot. Die Wunde musste sehr groß sein. Sie sackte zusammen und blieb bewusstlos im Schnee liegen.
"Nein! Akemi!", schrie Isamu. Er richtete sich zu Takeru auf,
"Was habt ihr getan? Ihr Narr!" Trotz der Schmerzen schleppte er sich zu ihrem regungslosen Körper herüber. Takeru kniete wenige Meter neben ihnen und versuchte unter Schmerzen, den Dolch aus seinem Rücken zu ziehen. Als Isamu Akemi erreichte, hob er sanft ihren Kopf und legte ihn in seinen Schoß. Die ganze Seite war von ihrem Blut getränkt. Sie öffnete langsam die Augen und schaute ihn liebevoll an.
"Geliebter, ich gehe nun auf eine Reise, auf der mich kein verschneiter Pass aufhalten und kein Spion finden kann..." Eine Träne lief ihr über das Gesicht. Sie starb, während er sie küsste. Endlich hatte sich Takeru von dem schmerzenden Tanto befreit. Er griff erneut an. Sein Schreien kam immer näher und Isamu hoffte, Akemi bald folgen zu können. Doch statt des erlösenden Schlags hörte Isamu, wie Metall auf Metall schlug. Er drehte sich um und sah leicht verschwommen, wie jemand mit Takeru kämpfte. Es war Makoto, sein Vater.

--- Schnipp ---
KAMPF ZWISCHEN TAKERU UND MAKOTO. Dieser Teil ist bewusst herausgenommen worden, er mir zu gewalttätig für hier erscheint. Natürlich besiegt Makoto Takeru.
--- Schnapp ---

Die Ehre
Die Dorfbewohner begleiteten Makoto und Isamu zu dem Platz, den sie vorbereitet hatten. Im weißen Schnee befand sich eine hellbraune Bambusmatte. Auf einem Blatt Reispapier lag bereits Isamus Kurzschwert, das Wakisashi. Er kniete sich auf die Bambusmatte, setzte sich auf seine Fersen und verbeugte sich. Makoto stellte sich links neben ihm auf. Er zog langsam sein Schwert und hielt es Isamu vor das Gesicht. Der Dorfvorsteher nahm eine Bambuskelle und ließ für die rituelle Reinigung Wasser über beide Seiten der Klinge laufen. Sie verbeugten sich beide vor Isamu. Dieser öffnete seinen Kimono und zog beide Arme heraus. Sein freier Oberkörper dampfte in der Kälte. Die Ärmel wickelte er zusammen und steckte sie unter seine Beine. Sie sollten seinen leblosen Körper stützen, damit er nicht nach hinten fällt. Ein Japaner stirbt auf dem Bauch. Dann nahm er sein Kurzschwert auf und wickelte das hintere Ende der Klinge in das Papier ein. Die Spitze zeigte auf seinen Bauch.
"Verzeiht mir, Vater.", sagte er mit trauriger Stimme,
"Verzeiht mir, dass ich Euch und unseren Herrn beleidigt habe." Makoto kämpfte mit den Tränen.
"Es erfüllt mich mit Stolz, Sohn, dir bei der Wiederherstellung deiner und Fürst Asos Ehre als Kaishaku behilflich zu sein." Er stellte sich breitbeinig hin und hob langsam sein Schwert. Ohne etwas zu erwidern rammte sich Isamu die Klinge in die linke Seite seines Bauches. Sein Gesicht verkrampfte sich leicht, aber es war kein Laut zu hören. Immer mehr Blut quoll aus der Wunde, als er das Kurzschwert mit einem Ruck nach rechts zog und die Hauptschlagader durchtrennte. Er hielt kurz inne, drehte das Schwert und zog es mit letzter Kraft nach oben. Im selben Moment streckte er seinen Kopf nach vorne. Sofort sauste Makotos Katana sirrend herunter. Langsam neigte sich Isamus kopfloser Körper zur Seite. Nur das leise, rauschende Geräusch des herausströmenden Blutes war zu hören. Nach nur wenigen Herzschlägen war es vorbei. Makoto schnickte mit einer schnellen Bewegung das Blut von seiner Klinge und ließ sie geschickt in der Scheide verschwinden. Nach einem kurzen Moment des Schweigens verbeugten sich Makoto, der Dorfvorsteher und alle Dorfbewohner tief vor dem ehrenvoll gestorbenen Wakabushi. Der Dorfvorsteher half Makoto, den Kopf Isamus in einen vorbereiteten Korb zu legen. Seine beiden Töchter würden ihn reinigen, frisieren und für den Transport herrichten. Das blutige Wakisashi packte Makoto in vorbereitetes Papier ein. Es würde zusammen mit Isamus Kopf als Beweis für die Wiedergutmachung dienen. Makoto nahm den Leichnam auf und trug ihn zu einem vorbereiteten Scheiterhaufen. Darauf lag schon Akemi in einen edlen Kimono gekleidet. Mit der weißen Schminke und dem hergerichteten Haar sah sie wunderschön aus. Sanft legte Makoto den toten Körper seines Sohnes neben den seiner Geliebten. Er deckte beide mit einem weißen Tuch zu. Der Dorfvorsteher reichte ihm eine brennende Fackel. Makoto blieb einen kurzen Moment stehen. Dann trat er nach vorne und entzündete den Scheiterhaufen. Als die Flammen emporzüngelten und die beiden Körper erreichten, trat er einige Schritte zurück Alle Dorfbewohner folgten seinem Beispiel, als er sich tief verbeugte.


Aso Masuru weinte über den Verlust des gemeinsamen Sohnes, als ihm Makoto den Kopf zu Füßen legte.

 

Diese Geschichte war eigentlich nur als eine Art Schreibübung für mich gedacht.
Auf Drängen von Freunden stelle ich sie hier rein.
Einige Abschnitte (Wie z.B.: im Wirtshaus) sind bewusst in die Länge gezogen, andere dafür gekürzt.
Mir ging es hauptsächlich darum, die Szenen und Personen zu beschreiben.


Zur Geschichte:
Zwei Kampfszenen habe ich bewusst weggelassen, da ich denke, dass sie zu brutal für hier sind.
Für einen Europäer hat die Geschichte kein Happy end. Ein Japaner wird das anders sehen.
Isamu hat schließlich, und das ist dort die Hauptsache, seine Ehre wieder hergestellt.
Auch das Präsentieren des Kopfes war in Japan nichts ungewöhnliches. So wurde die Durchführung des rituellen Selbstmordes bewiesen.
Außerdem wurden die Köpfe von erschlagenen Gegnern oft auch ehrenvoll behandelt. So wie hier "Waschen, legen, fönen" :-)

Glossar:
Und hier noch ein paar Begriffe und Namen, die ich verwendet habe:

Akemi = weibl. Vorname: „Hell und schön“
Ashigaru = einfacher Fußsoldat
Aso = Provinz und Adelsgeschlecht im Süden
Bushi = Krieger
chan = Anrede zwischen Freunden oder Verwandten
Daimyo = Fürst, Lehensherr
Futon = flache Matratze
Hai = „Ja“
Hakama = weite Hose
Hatamoto = Berater
Hayaku = „schnell“
Isamu = männl. Vorname: „Mut, Tapferkeit“
Kamishino = festl. Hose mit weiten Hosenträgern
Katana = Langschwert
Kimono = Anzug
Kusonoki = Nachname
Kwaiken/Kaiken = Frauenmesser
Makoto = männl. Vorname: „Aufrichtigkeit, Wahrheit“
Masuru = männl. Vorname: „Sieg, gewinnen“
Matsunaga = Nachname
Mitte = te-Form von „miru“ = „sehen“
Mon = Wappen
Mori = Holztor bei Tempeln
Naginata = Schwertlanze
otoosan = Anrede für „Vater“
Ronin = herrenloser Samurai
Sake = Reiswein
Samurai = Krieger, Adliger
san = „Herr, Frau, Fräulein“
Takumi = männl. Vorname: „Zimmermann“
Tanto = Dolch (Überbegriff)
Wakabushi = „Junger Krieger“, „junger Adliger“. Kommt von „wakai“ = „jung“ und „bushi“ = „Krieger“
Wakisashi = Kurzschwert
Takeru = männl. Vorname: „Krieger“
Sensu = Fächer
Shibata = Nachname
Kaishaku = Sekundant beim rituellen Selbstmord
sama = Anrede für Ehrenpersonen

 

Hi edvschleck

Ich hab jetzt dein Koloss nicht zuende gelesen. Nur "Die Anreise" und "Die Absprache". Es fängt aber spannend an und ich werde es auf jeden Fall weiterlesen. Leider macht die Form das Lesen zu einem Horror-Trip. ;) Mehr Absätze wären nicht schlecht. Ganz besonders beim zweiten Teil. Als der Feldherr und sein Herr sich unterhalten. Das ist ein Dialog und ich hoffe, du kennst die Form eines Dialoges.

Die siebte Tugend (Japan) FSK 16
Das wird trotzdem von den unter 16jährigen gelesen.
So verbrachten Sie stundenlang in gebückter Haltung und arbeiteten sich mühevoll Reihe für Reihe nach vorn. Dabei sprachen Sie kein Wort.
Beides wird kleingeschrieben, da sie keine direkte Anrede sind.
Für einen Japaner war er relativ groß geraten.
Den finde ich nicht so gut. Wie wäre es mit: Isamu überragte seine Kumpanen um einen Kopf.
Das weiß ich mein Freund, und deswegen möchte ich mit Dir reden.
Du/dir/dich wird auch klein geschrieben.
Ansonsten ist dein Stil sehr flüssig und man kommt schnell voran. :)

Cu JoBlack

 

UI,
da sind bei der Übertragung die Zeilenumbrüche verloren gegangen.
Werde mal versuchen das demnächst zu korrigieren

 

"FSK 16" entfernt.

Es wird noch zu besprechen sein, ob der Text überhaupt als Kurzgeschichte durchgeht, ich tippe eher auf Novelle ...

 

Ich hab's zumindest überflogen (zu mehr leider im Moment keine Zeit) - ich denke, der Text geht trotz der beachtlichen Länge als Kurzgeschichte durch und kann daher stehenbleiben.

Sobald ich Zeit finde, lese ich ihn komplett und dann folgt auch eine Kritik.

 

Hey edvschleck san

Also, momentan finde ich nicht einmal die Zeit selbst was zu schreiben, aber da ich dir versprochen hatte, dir sowas wie eine Kritik zu schreiben, habe ich das gemacht. Für mich heißt das: nie wieder etwas versprechen. :D

Die Geschichte hätte wirklich gut werden können. Es gibt hier nicht viele Geschichten über die japanische Kultur der Vergangenheit. Ich weiß nicht, inwieweit das alles stimmt, aber so Einiges kennt man aus diesen ganzen abgeschmackten Filmen mit Tom Cruise, Jet Li und wie die alle heißen. ;)

Nachdem ich gemerkt habe, dass sie zu einer Liebesgeschichte wird, habe ich mit mir gekämpft, ob ich sie wirklich zu Ende lesen sollte – habe ich dann gemacht, und ja, genau der Teil hat mir nicht gefallen. Zwischendurch habe ich noch gehofft, dass es eine Wendung gibt, als Aso bekannt gibt, dass er Isamu adoptieren will. Ich hab auf einen Vater-Sohn-Konflikt gehofft, kam leider nicht.
Und deshalb ist für mich diese Geschichte eine schlechte Romanze. Und wäre sie eine Hollywood-Verfilmung, hättest du für die unrealistischen Dialoge einen Oscar bekommen, und wegen des Plots wäre es eh ein Kassenschlager.
(Die harten Worte sind vllt nicht berechtigt, aber im Hinblick auf die Länge und mancher Ausdrücke: 'Kirschblüte', ähm, doch berechtigt.) Nicht dass ich generell was gegen Liebesgeschichten habe, aber wenn sie mir mit zuviel Kitsch serviert werden wie hier, dann verliert die Geschichte in meinen Augen.
Die kleinen Überschriften würde ich auch rausnehmen, sie nehmen ja jegliche Spannung, die kurz entsteht. Außerdem würde ich den letzten Satz rausnehmen, weil er für mich dann doch wieder zu “europäisch“ klingt. Und du hast dich ja um asiatisches Flair bemüht, was ich dir als Pluspunkt anrechne.
Dein Stil ist okay, ich finde auch, dass du die Geschichte ’retten’ kannst, wenn du wirklich daran arbeitest und den Kitsch raus nimmst. Aber wie gesagt, das ist nur in meinen Augen zuviel Kitsch, manch anderer mag diese Gefühlsdusseleien.
Ich bereue nicht sie gelesen zu haben, aber für die Länge, und meine kostbare Zeit (;, die ich darin investiert habe, muss ich sagen, dass es sich nicht besonders gelohnt hat.

Zu deinem Schnipp-Schnapp: Tu bitte die Kampfszenen wieder rein, die sind bestimmt nicht so brutal, wie so etwas zu lesen:

--- Schnipp ---
KAMPF ZWISCHEN ISAMU UND TAKERU. Dieser Teil ist bewusst herausgenommen worden, er mir zu gewalttätig für hier erscheint. Takeru erkennt natürlich die Verletzung Isamus und nutzt dies mit nicht ganz fairen Mitteln aus. Im Laufe des Kampfes stolpert Isamu. Takeru springt hinter ihn und sticht mit dem Schwert zu.
--- Schnapp ---

Da möchte man ja glatt als Leser mit seinem Schwert dem Autor den Kopf abschlagen. (; (Darf ich entscheiden, was für mich zu brutal ist und was nicht?)

Und es gibt hier noch längere Kurzgeschichten, die nicht gleich gelöscht werden. Whatever.

Cu JoBlack

 

Hallo edvschleck,

du hast eine angenehme Art zu erzählen, die mich in die Geschichte zieht und weiter lesen lässt. Mit der Idee Absätze zu zensieren hast du mich allerdings als Leserin verloren. Ich habe, als ich den zweiten Part dieser Art sah nicht mehr weiter gelesen. Ich will selber entscheiden können, ob und wie gewalttätig ich etwas finde. Abgesehen davon ich es Verständniserschwerend wenn da einfach eine Szene fehlt.

Was die Handlung angeht fängt sie sehr spannend an. Als der Daymo mit dem Vater flüstert war ich am überlegen, was da wohl ausgeheckt wird. Als dann aber die Übernachtung im Bauernhaus anfängt, wird die Geschichte für mich flach. Der Anfang hat mir etwas anderes versprochen. Na ja, ich hab mal weiter gelesen, könnte ja eine kleine Episode sein. Zudem sind da noch die beiden Waisen, die mir als Leser stark ins Bewusstsein gebracht werden, dann allerdings bedeutungslos verschwinden.


Anbei noch ein paar Punkte, die mir beim Lesen aufgefallen sind.

«Sofort richtete sich alle Aufmerksamkeit auf den Jungen und die Kuppe, von der man nun schon Schritte hörte. Es mussten viele Soldaten sein. Dann sah man sie.»
Gerade war es noch nebelig, wie können die Leute dann die Soldaten sehen, die über die Kuppe kommen?

«... die von vier kräftigen Männern an einer dicken, langen Stange auf den Schultern getragen wurde.»
An einer einzigen Stange? Ich dachte immer, so eine Sänfte hätte zwei Stangen ... (schreibst du über die Frauensänfte später ja auch)

«Mit einem knirschenden Geräusch öffnete sich langsam die schwere hölzerne Schiebetür der Sänfte.»
Mag sein, dass du das anders empfindest, doch das Wort 'langsam' hat mich schwer irritiert, weil wenn etwas knirscht ist das für mich per se ein Vorgang, der nicht schnell ist. Zudem ist 'knirschen' bekanntermaßen ein Geräusch...

«... stieg er ab und geleitete das Tier zum Trinken an das Wasser.»
'geleitete' wirft mich aus dem sonst flüssigen Text raus. Ist das gewollt?

«Es bot sich ihm ein schreckliches Bild.»
Überflüssige Bewertung. Schließlich schreibst du im nächsten Satz genauer was Isamu sieht.

«..., setzte sich in Verteidigungsstellung.»
Setzen die sich wirklich hin, die Samurai, oder Ronin?

«Mit einem lauten Schmerzensschrei brach das Pferd sterbend unter Isamu zusammen.»
Ich kenn mich mit Pferden nicht so aus, aber ist es nicht eher wahrscheinlich, dass das Pferd noch ein paar Sekunden bis Minuten lebt, statt von einem Augenblick auf den anderen tot umzufallen?

«Auch Akemi lauschte gespannt zu.»
Zulauschen? Ist das ein Neologismus?

«...den eine Magd imer wieder nachfüllte, ...»
im-m-er

«...hatte, zog er sich aus, blies das Kerzenlicht aus ...»
Vorher hatte er nur ein Handtuch an, was kann man daran großartig ausziehen?


Mit freundlichen Grüßen
DracheBarbara

 

edvschleck san,

Gute Geschichte. Sehr gut erzählt und Spannend bis zum Schluss.
Klingt alles sehr echt und realistisch, bis auf die Ausnahme unter Punkt 2

Natürlich gibts auch ein paar Kritikpunkte:
1)

-- Schnipp ---
KAMPF ZWISCHEN TAKERU UND MAKOTO. Dieser Teil ist bewusst herausgenommen worden, er mir zu gewalttätig für hier erscheint. Natürlich besiegt Makoto Takeru.
--- Schnapp -
Dickes Minus für dich, wenn du wüßtest, was auf dieser Seite alles schon steht ...
2) Die Romanze geht ja viel zu glatt. Ist ja wie im Märchen. Da kommt gar nichts vom Charakter der beiden rüber.

3) Insgesamt verhalten sich alle Charaktäre recht berechenbar und wirken eindimensional: Der tapfere Krieger, der weise Fürst , .. das erscheint mir unrealistisch.

Erzählerisch ist die Geschichte auf jeden Fall gelungen: Ich habe sie sehr gerne glesen;
Ein paar Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen:

ersuchten sich drei Samurai gegen eine Übermacht von Räubern, es konnten auch herrenlose Samurai, sogenannte Ronin sein, zu verteidigen. Einige Wachen lagen bereits tot oder sterbend am Boden.
wenn nur drei Verteidiger sind und schon einige am Boden liegen, dann bleibt ja kiner mehr übrig zum kämpfen. Ich vermute, es waren mehr Samurai und drei stehen noch ...
wurde er auch schon von Isamus Katana enthauptet.
das Schwert ist wohl ne Wunderwaffe, wie das durch Knochen schneidet, als wäre es Butter ...
Er himmelte Akemi insgeheim an und wünschte, nur mit ihr alleine zu sein.
das klingt als wäre er ein 15 jähriger Schüler


lg
Bernhard

 

das Schwert ist wohl ne Wunderwaffe, wie das durch Knochen schneidet, als wäre es Butter ...
!So muss ein gutes Samurai Schwert sein!

 

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