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Die Wahrheit über den Nikolaus

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02.04.2002
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Die Wahrheit über den Nikolaus

Emsig putzte Robin seinen Stiefel. Am Abend sollte er blitzen und blinken. Skeptisch wurde er von seinem großen Bruder Damian beobachtet. „Du glaubst doch nicht an den Quatsch, den dir die Leute erzählen, oder?“, fragte er schließlich. Robin guckte mit seinen großen Augen in das tückische Gesicht seines Bruders. Der Vierjährige brachte noch ein völlig verwirrtes „wieso“ über die Lippen, dann setzte sich sein zehn Jahre älterer Bruder zu ihm. „Du denkst, wenn du deine Schuhe putzt und rausstellst, kommt der Nikolaus um dir Geschenke zu bringen?“ Robin nickte.

Auf Damians Gesicht zauberte sich ein hinterhältiges Grinsen, das Robin aber noch nicht deuten konnte. „Weißt du, der Nikolaus kommt wirklich, wenn deine Stiefel nur gut genug blinken. Aber weißt du, wer der Nikolaus ist?“ Klar wusste Robin das. Der Nikolaus war ein lieber Kerl, der den Kindern jedes Jahr eine Freude machen will. Aber er schüttelte vorsichtig den Kopf. „Hast du noch nie von der Nikolauslegende gehört? St. Nikolaus war ein Bishof, der seine Leute vor Hunger bewahrt hat und son Kram.“ Robin nickte, denn die Legende kannte er. Dieses Jahr durfte er sogar mitspielen, wenn sie sie im Kindergarten aufführen.

„Weißt du, wie lange das her ist, das St. Nikolaus das gemacht hat, Robin?“ Er schüttelte den Kopf. „Naja, ich auch nicht so genau, aber es ist sehr, sehr lange her. Länger als jedes Menschenleben. Und trotzdem kommt er jedes Jahr und tut den Kindern Süßigkeiten in die Schuhe. Weißt du, was das bedeutet?“ Mit großen Augen und seiner vollen Aufmerksamkeit guckte Robin auf seinen großen Bruder. „Der Nikolaus ist ein Zombi“, sagte dieser und stand dabei auf, „du siehst ihn nie, weil er sich versteckt. Der ist schon sehr lange tot und fällt schon auseinander. Seine Haut sieht aus wie dieses Slimizeug, das du neulich gekriegt hast. Die Haut läuft von seinem Gesicht herunter und seine Augen hängen an Fäden aus Fleisch aus seinen Augenhöhlen. Er hat dreckige, lange Fingernägel mit denen er dich aufspießen kann. Wie gesagt, früher hat er mal seine Stadt Myra vor Hunger bewart, aber weißt du, wie er das wirklich gemacht hat?“ Robins Augenbrauen waren ganz tief in sein Gesicht gesunken und ängstlich klammerte er sich an seinem schon fast perfekt geputzen Stiefel fest.

„Es hat einfach die Kinder geschlachtet und an die hungrigen Meute verteilt. Ein Schiff hat es nie gegeben, das wurde nur später erfunden, um alles schön zu reden. Und genau deshalb bringt er auch heute noch Geschenke. Er will, dass die Kinder ihm vertrauen, damit er in einem unbemerkten Augenblick zuschlagen kann. Die Kinder verfüttert er dann an die anderen Zombis.“ Robin begann zu weinen und Damian hockte sich wieder so ihm: „Weißt du woran der Nikolaus sieht, wo er seine Opfer findet?“ Robin erkannte seinen Bruder durch seine mit Tränen überfluteten Augen kaum noch. Ganz fest klammerte er sich wimmernt an seinen Stiefel. „Blank geputzte Stiefel. Wenn du nicht willst, dass der Nikolaus dich heute nacht findet, solltest du ihn so dreckig machen, dass man ihn nicht mehr erkennt und gut verstecken.“

Damian verlies den Raum, ohne noch einmal auf seinen kleinen Bruder zu gucken, der nun vor Angst in die Hose gemacht hatte. Robin stand auf und rannte aus dem Haus in den Garten, um seinen Stiefel in eine große Matschfütze zu werfen. Wieder und wieder zog er den Stiefel, der immer mehr von seinem Glanz verlor, durch den Matsch, bis man kaum noch die Form erkennen konnte. Den nassen Stiefel warf er anschließend im Wohnzimmer unter das Sofa. Es wurde schon dunkel und er wurde ins Bett gebracht. Er bekam schreckliche Alpträume von einer widerlichen Bestie, die vor seiner Zimmertür stand und seinen Stiefel mit Bestechungsmaterial füllte.

Plötzlich hörte er tatsächlich ein Geräusch vor seiner Tür und saß nun hellwach in seinem Bettchen. Robin hoffte ganz fest, dass es nicht der Nikolaus war. Und wenn doch sollte er ganz schnell verschwinden und bloß nicht die Tür öffnen.

Dann ging die Tür doch auf und er begann zu schreien. Es war aber nicht der Nikolaus, es war seine Mutter, die ihn in den Arm nahm. Er erklärte ihr, dass er Angst hatte der Nikolaus würde da sein und erzählte, dass der Nikolaus ja schon so furchtbar alt war. Und dann bestätigte seine Mutter das auch noch und Robin bekam noch mehr Angst. Er erzählte wie er sich den Zombi-Nikolaus vorstellte und dann erzählte sie ihm die Wahrheit. Sie selbst war bei ihnen zu Hause der Nikolaus und kleine Kinder hat der liebe St.Nikolaus, der an diesem Abend ihr Vorbild war, nie geschlachtet. Die ganze Nacht über redeten sie über den Nikolaus, die Hoffnung und Freuden, die er brachte und den Zauber der Weihnachtszeit.

Erst am frühen Morgen war er in den Armen seiner Mutter eingeschlafen. Noch war sie zu müde, aber später am Tag würde ein ebenso langes Gespräch mit ihrem älteren Sohn stattfinden.

 

Hi Anika!

Hehe, also mir hat die Idee und auch die Umsetzung gefallen. Ich glaub, sowas könnte ich heutzutage auch erzählen - früher als Stopsel war ich da lieber ;)

Ehrlich gesagt musste ich bei Damians Beschreibungen unheimlich grinsen - wenn es auch kein netter Zug gegenüber seinem Bruder war, sowas macht man nicht :teach: :D

Hat mir auf jeden Fall gefallen. Ich würde dir ja gerne was Konstruktiveres schreiben, aber... naja, haut nicht wirklich hin.

Liebe Grüße
Alisha

 

hallo Anika!

Gute Idee, den Nikolaus als Zombi zu beschreiebn, wirklich fies. Großer Bruder halt. ;)
Der Schluss ist für ich irgendei...zu wenig. Ich weiß nicht genau, aber er lässt mich irgendwie unbefriedigt zurück, ist mir zu kurz. Der Anfang, das Gespräch der Jungs ist so detailreich und lebensnah irgendwie, am Schluss hab cih das Gefühl, Du willst nur möglichst schnell fertig werden damit.

und, eins ist mir noch aufgefallen:

". Er rannte aus dem Haus in den Garten und warf seinen Stiefel in eine große Matschfütze. Wieder und wieder zog er ihn dadurch" - dadurch ziehen...diese Formulierung ist mir aufgefallen, wirkt auf mich ungeschickt. Vielleicht fällt Dir da noch was ein.

liebe Grüße
Anne

 

mann, das erinnert mich daran, wie ich kleinen Kindern in den USA erzählt habe, wir hätten in Österreich letztes Weihnachten ein Ufo abgeschossen und dann hinzugefügt: Aber am Ende hat sich herausgestellt, es war gar kein UFO, sondern bloß so ein fettrr Kerl in einem roten Anzug der in nem Schlitten rumgeflogen ist.

Weihnachtsmann?? Noch nie gehört, bei uns kommt das Christkind :D

jedenfalls fand ich deine Geschichte gelungen :)

liebe grüße

Helfried

 

Hallo Anika,

schöne Idee!
Eine Stelle hat mich etwas verwirrt:

Damian verlies den Raum, ohne noch einmal auf seinen kleinen Bruder zu gucken, der nun vor Angst in die Hose gemacht hatte. Er rannte aus dem Haus in den Garten und warf seinen Stiefel in eine große Matschfütze.
eigentlich denkt man, so wie die beiden Sätze konstruiert sind, dass Damian nach draussen rennt. Denn sein Bruder kommt im ersten Satz nur im Nebensatz vor...

Das Ende? Naja - und wenn sie nicht gestorben sind. Es dieselt ein wenig aus, wenn Du weisst, was ich meine...

Gruss,
p.

 

hi
schöne Idee und eine gute Umsetzung. Nur hat mir die Altersanabe der beiden Jungen gefehlt. Wenn man die wüsste, könnte man sich vielleicht noch mehr in Robin hineinversetzen.

schöne grüsse

 

Hmm.. jo, hast Recht Phillip, ich änder das gleich mal. Was die Altersangaben angeht habe ich geschrieben, dass Robin bei der Nikolauslegende im Kindergarten mitspielt, es ist also zwischen 3 und 6. Ich würd sagen 4, nagut, ich schau mal, wie ich das einbaue ;) Der Bruder sollte so um die 14 sein. Okay, und dem Ende witme ich auch nochmal etwas Zeit :)

 

Hallo Anika!

Genau diese Art von "Wahrheit über ..." habe ich meinen drei jüngeren Geschwistern früher aufgetischt und dafür auch ab und zu eine Ohrfeige von Mom kassiert. :D

Sprache und Stil passen sehr gut zum Inhalt, und die Idee mit dem Zombie ist Klasse.
Schöne Geschichte zum Thema Weihnachten!


Ciao
Antonia

 

Liebe Anika,

passend zur Jahreszeit, bin ich froh eeeendlich die Wahrheit über den Nikolaus erfahren zu haben! Damians Erklärung klingt doch einleuchtend? Wer hat bloß der Mutter das naive Märchen vom guten alten Mann erzählt, hehe? -- Übrigens, wenn ich mich auch für die Tiger-Gruppe anmelde, erzählst du mir dann auch die Wahrheit über den Osterhasi? Bitte, bitte,...

Schöne Grüße,
Emil

 

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