Was ist neu

Die Wahrsagerin

Seniors
Beitritt
28.05.2001
Beiträge
1.121

Die Wahrsagerin

Die Wahrsagerin

Arthur Schropnik fühlte sich ambivalent. Einerseits war die Sache lächerlich. Er glaubte nicht an solchen Humbug. Andererseits spürte er das Kribbeln, als die Wahrsagerin ihm die Tarot-Karten aus der Hand nahm, nachdem er sie sorgfältig gemischt hatte. Arthur Schropnik war ihren Anweisungen gefolgt und hatte sich beim Mischen auf sein neues Leben konzentriert. Er war frisch geschieden, hatte seine Fima gewinnbringend verkauft und seiner Ex eine Abfindung bezahlt. Arthur Schropnik war frei. Aber wie ging es weiter mit ihm? Das war seine Frage, die Frage, die er ihr gestellt hatte, die Frage, welche die Karten ihm beantworten sollten. Während er sich darauf konzentrierte, floss die Energie seines Unterbewusstseins in das Tarot und brachte es in eine für ihn aussagefähige Reihenfolge. Behauptete Madame Gauquelin jedenfalls.

Sie deckte 9 Karten in einem festgelegten Muster auf, so dass sich die Korrelationen ergaben. Dann teilte sie ihm sein Schicksal mit: “Sie werden schon sehr bald eine wunderschöne Frau kennen lernen. Unmittelbar danach werden sie eine weite Reise antreten.”
“Das soll wohl ein Witz sein!”, maulte Arthur ungehalten, “Das erzählen sie doch jedem.”
“Es ist ihre unmittelbare Zukunft, junger Mann. 200 Mark, bitte.”
“Das ist Betrug.”
“Vorsicht, junger Mann! In ihrem speziellen Fall bin ich mir so sicher, dass ich anbiete, ihnen mein Honorar in einer Woche zurückzuerstatten, falls meine Vorhersage nicht eintrifft.”
“In einer Woche?”
“In einer Woche.”
Arthur grübelte. Madame Gauquelin war schließlich keine Zigeunerin, die einfach so verschwand. Ihr kleiner Okkult-Laden war ihm empfohlen worden und wäre in einer Woche gewiss immer noch da. Was hatte er schon zu verlieren?
“Einverstanden”
Er gab ihr das Geld: “Wir sehen uns in einer Woche.”
Madame Gauquelin nickte nur freundlich und lächelte.

Dieses Lächeln gefiel ihm nicht. Er fühlte sich hereingelegt, ohne genau zu wissen, wo der Haken war. Völlig beschäftigt mit seiner Mischung aus Wut, Misstrauen und Hilflosigkeit verließ er ihren Laden und rannte eine Frau über den Haufen. Gemeinsam nahmen sie etwas unsanft auf dem Bürgersteig Platz und blickten einander verdutzt an. Sie war wunderschön. Der Inhalt ihrer Einkaufstüten verteilte sich malerisch und so vermittelten sie vorbeigehenden Passanten den Eindruck eines spontanen Picknicks.
Arthur half ihr hoch: “Ich bitte vielmals um Verzeihung.” Er zwang sich, seinen Blick von ihren smaragdgrünen Augen loszureißen und begann, ihre Lebensmittel aufzusammeln. Auch sie kniete jetzt nieder und angelte nach einer Orange, die unter ein parkendes Auto gerollt war. Mann, was für eine Figur! Beim simultanen Versuch, ein Tiefkühlgericht einzusammeln, stießen sie mit den Köpfen zusammen und mussten beide lachen. O süßer, heller Glockenklang! Arthur war hin und weg. Sie schnappte sich, eine Grimasse schneidend, eine Rolle Toilettenpapier und stellte sich vor: “Mein Name ist Yvonne.”
Er reichte ihr artig die Hand: “A, a, angenehm, ich bin Arthur.”
“Angenehm, wollen wir nicht aufstehen?”
Er half ihr abermals hoch. Dabei fiel ihm auf, dass sie seine Hand länger festhielt, als es nötig war. Das gab ihm noch mehr Hoffnung als die Tiefkühlkost. Sie war ein Knaller, besaß Humor und war offensichtlich Single: “Bitte entschuldigen sie meine Ungeschicklichkeit. Wie kann ich das wieder gut machen?”
“Sie könnten mich zu einem Kaffee einladen.”
Arthur Schropnicks Herz wollte vor Glück zerspringen. Weil er SIE getroffen hatte, aber vor allem, weil der dicke Ledermantel seine aufkommende Erektion verbarg.

Es wurden mehrere Kaffees. Er erzählte ihr von der Wahrsagerin und ihrer Prophezeiung. Sie fand es zum Sterben romantisch. Sie berichtete ihm von ihrem Leben als Fotojournalistin. Er fand es aufregend. Sie lachten viel. Schließlich kam ihr ganz spontan eine Idee: “Ich fliege übermorgen für 3 Wochen nach Kenia, um eine Reportage über Nashörner zu machen. Ich weiß, es klingt verrückt, aber hättest du nicht Lust, mitzukommen? So würde sich die Prophezeiung erfüllen und wir hätten eine Menge Spass..."
Arthur musste tief Luft holen. Das klang zu schön, um wahr zu sein. Selbstverständlich nahm er ihr Angebot an.
Sie hatte noch einen Termin, und so verabredeten sie sich für den späten Abend. Zum Abschied hauchte sie ihm noch einen Kuss auf die Wange, der mehr versprach.
Arthur Schropnik war außer sich vor Glück.

Verträumt blickte er ihr nach. O dieser Gang! Und was für ein wundervoller, praller, knackiger...

Erneut wollte sein Herz vor lauter Freude zerspringen. Das tat es dann auch. Er griff sich an die Brust und ging in die Knie, dachte noch an seine Herzpillen, die er in der ganzen Aufregung vergessen hatte, einzunehmen. Seinen letzten Samenerguss spürte er nicht. Es wurde plötzlich so dunkel.

Arthur Schropnik hatte seine Reise bereits angetreten...

 

So richtig satirisch finde ich diese Geschichte nicht nicht, eher ist es ein kleiner Happen für Zwischendurch, um zu schmunzeln.

Zuerst dachte ich, daß eine Homo Faber - Aussage auf die Schippe genommen werden sollte (von wegen, er glaubt nicht an die Karten...), dann, als er die Frau kennenlernt, dachte ich mir schon, daß das nicht gutgehen wird.
Nur schade für ihn, daß der letzte Erguß in die Hose geht...wo er sich doch gerade der Ehe entzogen hat (da ist wohl doch ein satirischer Hint) :D

Gut geschrieben ist die Geschichte auf jeden Fall. :)

 

Um ehrlich zu bleiben: Ich halte diese Geschichte für eine der schlechteren.

Das einzige satirische Element, die Pointe, ist nicht einmal komisch.

 

Hi Alpha.

Gut geschrieben aber leider ist das Ende zu vorhersehbar.
Die arme Sau, so zu enden....


Cu Lord :D :D

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom