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Diesmal war alles anders
Sie trug die Bluse, die er vor vier Wochen an ihr gesehen hatte. Zumindest eine sehr ähnliche. Weiß, kurze weite Ärmel, die ersten beiden Knöpfe offen.
Waren es damals auch schon zwei gewesen?
„Wieder ganz kurz?“
„Nur die Spitzen bitte!“
Ja, nur die Spitzen. Fast gar nichts. Nicht mehr, als in einer Woche nachwachsen kann. Er wollte nicht, dass erneut endlose Zeit verstreichen musste, bis sie wieder lang genug waren. Lang genug für einen Grund, zu ihr zu gehen.
Es war damals nur ein Knopf gewesen. Da war er sich ganz sicher. Aber diesmal wusste sie ja, dass er kommen würde. Er war angemeldet. Dummer Gedanke.
„Geht’s mit dem Wasser oder ist es zu heiß?“
„Es ist gut so.“
Diesmal war alles ganz anders. Diesmal kannte er sie schon von unzähligen Träumen, konkreten, diffusen, Träumen ohne Worte und Träumen mit Dialogen, die er verfasste während er sie träumte.
Diesmal würde er seinen Mund aufmachen!
Sie hat starke Hände, dachte er, während sie seine Haare frottierte. Eine Frau, die weiß, was sie will. Die sagt, was sie will.
Dies alles entnahm er ihrem Griff, während sie seine Haare trocken rieb.
Die weiten Ärmel erlaubten Blicke. Kurze Einblicke, nur Augenblicke, wenn sie gerade seitlich vor ihm stand, die Arme zu seinem Kopf führte, strich, schnitt, die Länge der verbliebenen Haare prüfte, indem sie die Strähnen durch die Finger zog.
Ihre Arme waren kräftig, nicht muskulös, einfach nur schön. Manchmal beugte sie sich über ihn und er neigte den Kopf zur Seite, ganz wenig.
Nur eine leichte Berührung, für die sie verantwortlich war. Sie beugte sich doch über ihn. Er saß doch nur!
Weiches drückte sich sanft an seine Wange. Er schloss die Augen. Es war die linke Brust und die rechte Wange. Noch Stunden würde sie ihm glühen.
Er dachte zu viel. Zu lang vor allem. Er dachte viel zu lang.
Schon kam sie mit dem Spiegel.
„Gefällt es Ihnen. Gefallen Sie sich?“
Sie gefiel ihm.
„Ja! Vielen Dank!“
„Schön“ Sie begann zu kehren. Die wenigen Spitzen.
„Bin ich heute Ihr letzter Kunde?“
„Einmal Strähnchen habe ich noch. Dann ist Feierabend.“
„Und haben Sie danach schon etwas vor?“
Sie lächelte und sagte:
„Bis jetzt nicht.“