Was ist neu

Dreizehn

Mitglied
Beitritt
26.11.2011
Beiträge
3

Dreizehn

Ich liebe sie immer noch wie am ersten Tag. So Aktionen wie gestern zeigen mir immer wieder, dass diese Liebe noch lange halten wird. Gestern kam Alice nämlich bei mir vorbei. Den ganzen gestrigen Abend saßen wir einfach nur auf meinem Sofa. Das klingt jetzt vielleicht erstmal langweilig, aber es fühlte sich so wunderschön an. Einfach mal stundenlang nichts sagen und nur über Blicke und hochgezogene Mundwinkel kommunizieren. Als wir dann endlich ins Bett gingen, hatte ich das Gefühl, als hätte ich mit ihr über alles und die Welt geredet, dabei hatten wir uns nur angeschaut. Man muss verliebt sein, um das zu verstehen, glaube ich.

Aufjedenfall ist es jetzt Samstagmorgen und neben mir liegt meine geliebte Alice. Selbst wenn sie schläft, sieht sie schöner aus, als alle Mädchen die ich bisher gesehen habe. Sie hat diese endlos langen, dunkelbraune Locken, die ich so bei noch niemand anderem gesehen habe. Ihre grünen Augen, ich kann nie genug von ihnen bekommen. In sie zu blicken ist fast noch schöner als ihre zarten Lippen zu küssen. Und wie sie danach immer lächelt, das lässt mich alle Sorgen dieser Welt vergessen. Ich weiß zwar nicht was sie in mir sieht, aber ich bin ihr so dankbar für ihre Liebe. Sie wacht auf.

„Guten Morgen, meine Kleine! Hast du gut geschlafen? Ich hab dich doch nicht geweckt, oder?", frage ich Alice. „Ja Schatz, alles gut. Wie spät ist es?" - „Ähm, kurz nach elf Uhr. Du hast fast den halben Tag verpennt. Wieso fragst du?" - „Oh verdammt! Es tut mir unendlich Leid, aber ich muss dringend los! Ich habe vergessen, es dir gestern zu sagen, aber ich muss unbedigt noch wo hin heute!" - „W-Was? Aber...!" - „Es tut mir echt Leid!", sagt sie und zieht sich schnell etwas über, „Ich erklärs dir später. Bitte vergib mir." Sie steht schon mit gepackten Sachen in der Tür. „Ja aber Alice, was ist denn..." – „Ich muss weg, Nico. Ich melde mich nachher bei dir!" Sie kommt nochmal kurz her und küsst mich. Ehe ich mich versehe ist sie aus dem Haus.

Was war das denn jetzt bitte für eine Aktion? So kenne ich sie gar nicht. Was hat sie denn bloß vor? Und was soll ich jetzt machen? Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass sie sich meldet. Ich schalte den Fernseher an und beginne herumzuzappen. An den PC möchte ich nicht, ich bin zu faul aufzustehen. Alice' Aktion war extrem demotivierend. Vielleicht schlaf ich einfach nochmal eine Runde. Wenn sie anruft, werde ich schon aufwachen.

Nach einem langen und ruhigen Schlaf wache ich ohne Fremdeinwirkung auf. Als ich auf mein Handy schaue, beunruhigen mich zwei Dinge: Erstens: Es ist schon fast 18 Uhr. Zweitens: Nur eine Nachricht von Alice, aber kein Anruf oder weitere Nachrichten. Doch als ich ihre Nachricht lese, komme ich mir plötzlich vor wie im falschen Film: „Ich habe deine Freundin Alice entführt. Es geht ihr gut und das wird auch so bleiben wenn du sie bis 0 Uhr heute Nacht findest. Ich werde dir Hinweise geben wo du die nächste Frage findest. Wenn du alle Hinweise richtig deuten kannst, dann wird Alice nichts geschehen. Du darfst dir von niemandem helfen lassen, nicht von Freunden und auch nicht von der Polizei.

Hinweis 1: Wo hast du Alice das erste Mal getroffen? Sie zählt auf dich."

Das ist doch hoffentlich ein Witz! Sowas gibt es doch nur in Kriminalromanen oder Filmen! Sofort rufe ich ihre Nummer an. Komm schon, geh ran! Nichts. Ihr Handy ist aus. Der Typ meint es wohl ernst. Dann muss ich mitspielen. Für meine Alice tu ich alles. Unser erstes Date, hm... das war doch im Kino! Also ab auf mein Fahrrad und schnell in die Innenstadt fahren. Nach nichteinmal fünf Minuten kann ich es schon am Ende der Straße sehen. Aber halt! Die Frage war, wo ich sie das erste Mal getroffen habe, nicht wo unser erstes richtiges Treffen war. Aber wo hab ich Alice zum ersten Mal getroffen? Und woher weiß der Entführer das?

Komm schon Nico, streng deinen Grips an! Wo hast du das erste Mal deine Freundin gesehen! Aber natürlich, das war im Musikladen! Das ist nicht weit von hier! Wir sind eher untypisch ins Gespräch gekommen. Ich hatte gesehen wie sie in den Laden kam und sie fiel mir mit ihren Locken auf der Stelle auf. Sofort vergas ich warum ich eigentlich in dem Laden war und hatte nur noch Augen für sie. Ihr Gang, ihr Blick, einfach ihre Art sich zu bewegen faszinierte mich. Ich wollte zu ihr hin laufen, aber kurz bevor ich da war stieß ich gegen ein Regal und es viele ein paar CD-Hüllen heraus. Das war verdammt peinlich, aber sie bemerkte nichts, da sie selber Musik hörte. Also machte ich mich daran die CDs schnell wieder aufzuräumen, damit ich keinen Ärger bekam. „Entschuldigen sie.", hörte ich plötzlich eine zarte Stimme hinter mir sagen. „Wo finde ich hier Sum 41? Ich finde einfach keine CDs von denen hier, bin ich blind oder habt ihr die nicht da?", fragte sie. Ich drehte mich um und hob meinen Kopf und sah, wie Alice mich das erste Mal anlächelte. Sie hielt mich vermutlich für einen Mitarbeiter, weil ich die CDs aufsammelte und ins Regal sortierte. „Oh, die sind gleich da drüben. Natürlich haben wir die CDs einer so grandiosen Band da. Kommen sie, ich zeig's ihnen." Ich dachte mir, ich sollte einfach mal mitspielen. Mein Herz raste vor Freude. So eine Chance würde ich nicht nocheinmal bekommen. „Ah, da sind sie. Und sie haben sogar die, die mir noch fehlt! Vielen Dank.", sagte sie sichtlich erfreut. „Kein Problem,", antwortete ich ihr, „aber eigentlich arbeite ich gar nicht hier." - „Oh, das ähm, das tut mir Leid! Das wusste ich nicht! Ich dachte-" - „Hey, alles kein Problem. Ich helf gern, wenn ich kann. Und wie ich sehe haben wir den selben Musikgeschmack." - „Oh, ähm, ja." Sie war sehr unsicher. Vermutlich fand sie ihre Aktion etwas peinlich. „Und, wie ist dein Name?", fragte ich sie. „A-Alice.", antwortete sie mit einem Lächeln. „Ein schöner Name. Ich heiße Nico. Und ich muss jetzt los. Vielleicht sieht man sich mal wieder.", sagte ich noch bevor ich breit grinsend den Laden verließ.

Da vorne ist er ja endlich! Aber er hat schon geschlossen. Hoffentlich ist der nächste Hinweis nicht irgendwo dort deinnen versteckt! Was ist das auch für ein Müll hier? Was fällt diesem Typen ein meine Freundin zu entführen? Und wieso macht er das! Da fällt mein Blick auf einen Briefumschlag, der vor einem der Schaufenster liegt. Könnte es sein...? Sofort laufe ich hin und hebe ihn auf. Eine große rote Schleife ist in eine der Ecken der Vorderseite geklebt. Alice liebt Schleifen, in allen Größen, Formen und Farben. Es waren keine Briefmarken darauf geklebt und es stand nirgendwo ein Empfänger. Er muss offensichtlich für mich sein. Ich öffne ihn vorsichtig, um nichts zu zerreissen und hole das Papier heraus. Es ist ein kleiner Brief, der am Computer getippt wurde. Darin steht: „Gut gemacht, du hast das System verstanden. Ich hoffe dir ist klar, dass die nächsten Rätsel nicht so einfach werden. Du wirst viel querdenken und in deinen Erinnerungen kramen müssen. Denn ich weiß alles über euch
Hinweis 2: Welche ist die Lieblingsbank von Alice?"

An was für einen Verrückten bin ich hier denn nur geraten? Wieso sagt er, er weiß alles über uns? Stalkt der Typ uns beide? Hat der nichts besseres zu tun? Warum haben wir nie etwas bemerkt? Und warum will er wissen welche die Lieblingsbank von Alice ist? Und woher weiß er das überhaupt? Denn ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ich weiß nichteinmal wo sie ihr Konto hat. Ob ich einfach mal bei allen Bankfillialien vorbeifahren soll? Nein, dazu reicht mir die Zeit nicht. Ich habe für die erste Frage schon zu lange gebraucht. Und die erste SMS des Entführers habe ich auch erst Stunden nachdem er sie geschrieben hat gelesen. Das heißt mir fehlen schon ungefähr sechs Stunden, die der Entführer eigentlich zum lösen der Rätsel eingeplant hatte! Wo bin ich denn hier nur gelandet? Es wirkt alles so, als wäre es nicht real. Ich habe keine Zeit um mir über sowas Gedanken zu machen, wenn er meine Alice hat und wirklich vor hat, ihr was zu tun, dann muss ich das verhindern!

Ich muss mich erstmal hinsetzen, dann kann ich klar denken und herausfinden, welche Bank gemeint ist. Doch so sehr ich mir auch den Schädel zerbreche, ich verstehe es einfach nicht! „Entschuldigung junger Mann, dürfte ich mich neben Sie setzen?", fragt mich plötzlich eine alte Dame. „Na klar.", antworte ich ihr und rutsche etwas zur Seite. „Vielen Dank!", sagt sie und setzt sich auf die Bank. Moment... aber natürlich! Er meinte keine Bank wo man sein Geld hinbringt, sondern eine zum sitzen! Und die Lieblingssitzbank von Alice ist die am Fluss! Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und fahre los. Auch dieses Ziel ist nicht weit weg.

Sie hat früher oft von dieser Bank geredet. Wir hatten uns dort damals hingesetzt nachdem wir den ganzen Tag durch den Park, durch die Stadt und letztendlich am Flussufer entlang gelaufen sind. Das ist aber schon mehrere Monate her, wenn ich mich recht erinnere. Wir waren noch ein ganz frisches Paar und wollten an diesem Tag mal etwas romantisches probieren. Denn als wir dann Abends an dieser Bank ankamen, war es schon dunkel und etwas frisch. Wir setzten uns also hin, kuschelten uns ganz nah aneinander um uns zu wärmen, und genossen dann einfach den Ausblick. Sie war genau dort, wo der Fluss einen Knick machte, also war er in unserem gesamten Sichtfeld. Das Rauschen und Plätschern des Wassers hatte so eine beruhigende Wirkung und wir freuten uns über einen sehr ruhigen Abend. Keine schreienden Kinder oder Betrunkene, kein Sirenengehäule oder quietschende Autoreifen, keine Züge oder Busse. Nur wir, die Bank, der Fluss und der schönste Sternenhimmel, den wir jemals gesehen hatten. Die Nacht war so klar und man konnte mehr Sterne sehen, als man sich hätte vorstellen können.


Na endlich, da ist sie! Und den Umschlag sehe ich auch schon! Er liegt unter der Bank im Gras. Ich hebe ihn auf und setze mich hin. Er hat wieder die Schleife und ist auch wieder am Computer getippt. Er schreibt sie also nie von Hand, das heißt doch dann, dass er Angst hat, dass ich ihn an der Schrift erkenne, oder nicht? Aber das heißt doch dann auch, dass ich den Entführer kenne? „Glückwunsch, somit hast du also auch das zweite Rätsel gelöst. Wir sind immer noch am Anfang, deshalb sind die Rätsel noch nicht sonderlich anspruchsvoll, eher zum aufwärmen
Hinweis 3: Welcher ist der Lieblingsfilm von Alice?
Viel Glück "

Das ist einfach! Sie kann einfach nicht genug von „Das Leuchten der Stille" bekommen! Ich persönlich finde ihn zwar nicht schlecht, aber es gibt dennoch genug Filme, die ich besser finde. Aber wo ist jetzt der nächste Umschlag? Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder ist er bei ihr in der DVD-Box des Films oder er ist im Kino. Letzteres finde ich wahrscheinlicher, da ich nicht denke, dass er auch noch bei ihr einbrechen würde. Wenn ich den Typ erwische ist er dran! Wenn er meiner Alice auch nur ein Haar krümmt! Ich sollte jetzt los fahren, mir rennt die Zeit davon. Zwar bin ich noch vom her fahren außer Puste, aber ich habe keine Wahl.

Das Kino also. Wir hatten den Film gleich in der ersten Woche als er rauskam geschaut. Alice hatte sich schon Monate lang auf ihn gefreut. Schon das Buch faszinierte sie total. Die tragische Geschichte dieses jungen Paares scheinte sie irgendwie zu berühren. Mich hingegen gar nicht. Aber was tut man nicht alles für seine Freundin. Ich fand ihn nett, aber ich war doch sehr froh als er vorbei war. Sie bemerkte das und war darüber natürlich überhaupt nicht erfreut. Es kam zu unserem ersten - Oh Shit! Vollbremsung. Das war knapp! Sieht der Autofahrer denn nicht, dass ich keine Zeit habe, um an roten Ampeln zu halten? Man, das hätte das Ende sein können, für mich und meinen Plan, Alice zu retten. Ich bräuchte ein Blaulicht oder so. „Sehen sie nicht, dass ich's eilig hab'?", rufe ich dem Mann zu. „Das ist kein Grund dein Leben auf‘s Spiel zu setzen!", ruft er zurück. „Sie haben ja keine Ahnung!", sage ich noch als ich schon wieder in die Pedale trete. Ich habe einen Grund für meine Wagemut. Nichts hat mir je so viel bedeutet wie Alice. Ich wäre bereit mein Leben für sie zu geben. Alice, wo bist du nur! Eine Träne hat sich ihren Weg aus meinem Auge gebahnt. Der Fahrtwind drückt sie meine Wange entlang nach hinten wo sie sich letztendlich löst. Ich werde sie retten.

Endlich ist das Kino in Sichtweite. Ich stelle mein Fahrrad ab und schaue mich nach dem Umschlag um. Verdammt, wo ist er?! Ist er etwa-? Natürlich, er ist drinnen irgendwo. Das Kino hat noch lange geöffnet, der Entführer konnte sich sicher sein, dass es das noch sein würde, wenn ich hier ankomme. Aber es ist riesig! Es hat drei Stockwerke, acht Säle, ein Restaurant und eine Bar! Wie soll ich den Umschlag da finden? Alles abzusuchen dauert zu lange, es ist schon 19:20 Uhr! Im Hinweis muss der Ort irgendwo versteckt sein. Aber ich weiß nich mehr, in welchem Saal wir den Film gesehen haben. Es ist auch schon ein Jahr oder so her. Aber er kann doch auch nicht erwarten, dass ich mir irgendwie Zutritt zu einem der Säle verschaffe, oder? Nein, der Umschlag muss irgendwo sein, wo ich hin kann und darf. Vor dem Film haben wir unsere Karten und Popcorn gekauft. Das ist nichts besonderes und ich bin ja vorher an den Kassen vorbeigelaufen, da war kein Umschlag. Nach dem Film haben wir uns noch den Abspann angesehen. Zum einen, weil wir immer hoffen, dass nochmal etwas kommt, zum anderen, weil wir dafür nunmal auch bezahlt haben. Aber noch währendessen kam es zum „Streit", falls man es überhaupt so nennen kann. Während sie sich noch über das - Achtung Spoiler! - Happy-End freute, saß ich nur da und verdreht die Augen. Und dann fing es an: „Du bist so unsensibel! Das war doch voll schön und berührend! Nur weil du ein Mann bist, heißt das doch nicht, dass dir solche Filme nicht gefallen dürfen!" und so weiter. Sowas musste ich mir dann anhören. Aber damit nicht genug, sie begann danach unsere Beziehung zu kritisieren. Sie zog völlig unlogische Parallelen zwischen dem Film und uns. Als ich dann sagte, dass es mir jetzt reicht, fing sie an zu weinen. Noch bevor ich etwas sagen konnte, rannte sie aus dem Saal. Ich stand auf und sah wie die anderen noch sitzengebliebenen Gäste mich verdutzt anschauten und machte mich dannn daran, ihr zu folgen. Wie erwartet flüchtete sie auf die Damentoilette, wohin ich ihr nicht folgen konnte. Ich wartete also fast 20 Minuten vor der Tür und hörte sie da drinnen weinen. Es brach mir das Herz, ich gab mir die Schuld und begann daran zu zweifeln, dass wir wirklich so gut zueinander passten. Gerade als ich gehen, wollte kam sie heraus. Ihr ganzes Make-Up war verlaufen, ihr Frisur war zerstört. Aber sie hatte trotz allem dieses Lächeln im Gesicht, als sie mich sah. Sofort nahmen wir uns in den Arm und sagten beide, wie Leid uns das alles tat und gaben jeweils dem anderen Recht. Damit endete unser erster Streit.

Und jetzt ist mir auch klar wo der Umschlag ist. Sofort renne ich los zu den Toiletten, aber nirgendswo sehe ich einen Umschlag. Da öffnet sich die Tür zur Damentoilette und ein paar Mädchen kommen heraus. Da! Da hängt der Umschlag! Ich sehen ihn! Aber wie zum Teufel komme ich da hin? Am Ende des Ganges ist eine Tür, dort steckt er oben zwischen der Tür und dem Rahmen. Um ihn zu bekommen müsste ich also an allen Kabinen vorbei die voll mit Mädchen und Frauen sind, denen das nicht gefallen wird. Aber was soll ich dann machen? Ob ich jemanden fragen sollte, der ihn mir besorgt? Plötzlich vibriert mein Handy. Hastig ziehe ich es aus meiner Hosentasche. Eine SMS von Alice! Oder zumindest von ihrer Nummer. „Denk immer daran, du darfst dir von niemanden helfen lassen. Das würde Alice nämlich sicher nicht gefallen " ist der Inhalt der Nachricht. Dieses miese Schwein! Moment, das heißt doch aber auch, dass ihr Handy an ist. Ich rufe sofort an, aber wie schon vorhin ist es schon wieder ausgeschalten. Ich brauche diesen Umschlag jetzt, koste es was es wolle! Der Mini-Plan lautet: Warten bis Wenige drin sind, schnell nach hinten rennen, den Umschlag schnappen und wieder raus. Lange warten darf ich nicht mehr, die Zeit bleibt nicht stehen solange ich nichts tue.

Ungeduldig stehe ich vor der Tür zur Damentoilette. Dauernd öffnet sie sich und jedesmal sehe ich den Umschlag, der mich einen Schritt näher zu Alice bringt. Jetzt häufen sich aber auch die krummen Blicke mit denen ich angestarrt werde. Wenn die nur wüssten in was für einer Situation ich bin! Moment, gerade ist eine große Gruppe rausgekommen. Das ist meine Chance, jetzt oder nie! Ich „stürme" also hinein, mit dem Blick nur auf den Umschlag gerichtet, stecke ihn ein und laufe direkt wieder raus. Die Frauen kreischen, beschimpfen mich und drohen mir, aber was soll ich denn machen? Wenn sich eine Frau mal aufs Männerklo verirrt, dann ist das kein Problem, aber andersrum muss man ja schon fast um sein Leben fürchten! Ich renne sofort nach draußen, außer Sichtweite dieser Biester. Niemand scheint mich verfolgt zu haben. Hoffentlich bekomme ich jetzt kein Hausverbot oder so, aber mich hat ja niemand erwischt. Ich setze mich auf eine kleine Mauer auf der anderen Straßenseite und öffne den Umschlag: „Und wieder ist der große Nico dem Ziel, seine Angebetete zu retten, einen Schritt näher! Wie du merkst, sind nicht nur die Rätsel eine Herausforderung, sondern auch das darauffolgende finden und bekommen der Umschläge! Aber genug geredet, du hast ja noch viel Arbeit vor dir.
Hinweis 4:" Diesmal ist es keine Frage in Worten ausgedrückt, sondern nur ein Bild. Ein Bild, das mehr als eine Frage aufwirft. Es zeigt einen kleinen Hund und zwar in einem Schlangenkostüm. Ich kenne den Hund nicht, aber es ist bestimmt sowieso aus dem Internet. Was ist das bitte für ein Hinweis? Ist der nächste Umschlag etwa im Internet? Oder muss ich herausfinden wem der Hund gehört? Das ergibt doch alles keinen Sinn mehr.

Das ist das Ende. Ich habe keine Ahnung, was mir dieses Bild sagen soll. Außerdem bezweifle ich, dass dieses Mal wieder eine Oma vorbei kommt und mir auf die Sprünge hilft. Aber ist das nicht alles etwas komisch? Zuerst wäre da die Tatsache, dass der Umschlag auf der Damentoilette war. Wenn der Entführer ein Mann ist, dann hätte er doch die selben Probleme beim positionieren des Umschlags gehabt wie ich, als ich ihn mir besorgen wollte. Wieso sollte er sich solche Mühe machen? Er hätte auch irgendwelche andere Plätze im Kino wählen können wenn er den Hinweis etwas umgeändert hätte. Außerdem noch die SMS von Alice' Nummer, hat...hat er mich etwa eben beobachtet? War er in der Nähe und hat gesehen, was ich vorhatte? Und woher wusste er, dass nachdem er den Brief dort deponiert hat, keine Putzfrau mehr durch diese Tür geht und der Brief dann herunterfällt? Das konnte er doch nur sicher wissen, wenn er ihn erst kurz vorher dort hingetan hat. Dann ist der doch hier?

„Hey Nico, was hat du da? Gib mal her!" Plötzlich steht Thomas vor mir, ein Kumpel aus unserer Clique. Er schnappt sich einfach den Brief und sieht sich das Bild an. „Halt, nein! Gib das wieder her! Du darfst das nicht -" - „Was ist das für'n Müll? Ein Hund in 'nem Schlangenkostüm? Na, das nenn' ich mal 'ne falsche Schlange!" Er war zwar bei uns meistens für die Unterhaltung zuständig, aber normalerweise waren seine Witze nicht so flach. „Gib her!", sage ich während ich ihm das Blatt aus der Hand reiße. „Na gut. Komm wieder runter. Was machst du hier überhaupt?", fragt mich Thomas. Aber ich antworte nicht. Ich versuche nur herauszufinden ob es stimmt, was mir gerade durch den Kopf schießt. Doch, es muss! Anders kann es nicht sein! „Tut mir Leid, Thomas, ich habs leider eilig und muss weg. Man sieht sich!", rufe ich ihm zu während ich mich schon aus dem Staub mache, hin zu meinem Fahrrad.

Der nächste Umschlag ist nur die Straße runter. Dort wohnt sie nämlich, meine Exfreundin Julia. Hoffentlich hat der Entführer nicht gemerkt, dass mir Thomas geholfen hat. Aber theoretisch kann ich ja nichts dafür, ich habe ja versucht ihn aufzuhalten. Auf jeden Fall hat mich sein schlechter Witz auf meine Exfreundin gebracht. „Falsche Schlange", so nennen ich und Alice sie seit diesem Zwischenfall. Ich weiß nicht woher der Typ das weiß, aber das muss die Lösung sein! Falls nicht, habe ich ein Problem, den was anderes fällt mir echt nicht ein. Aber warum gerade Julia. Eigentlich wollte ich doch nie wieder dort hin. Nicht, nach all dem was sie mir angetan hat. Wir waren eigentlich gar nicht lange zusammen. Zwar liebte ich sie, aber nie so sehr wie ich Alice jetzt liebe. Es war nach etwa zwei Monaten als ich sie zufällig in der Stadt traf. Sofort kam mir das komisch vor, da sie mir eigentlich gesagt hatte, dass sie an dem Tag etwas für die Schule machen musste. Ich begann ihr zu folgen. Natürlich war das auch nicht gerade das Beste, das ich machen konnte, aber ich war bei ihr nunmal etwas misstrauisch. Zu recht, wie sich herausstellte, denn sie traf sich mit einem anderen Typen und die beiden begannen sofort sich küssen. Sie waren also schon länger zusammen. Das brach mir das Herz. Zum ersten Mal schenke ich einer Person mein Vertrauen, meine Zeit und meine Liebe und sofort tritt sie alles mit Füßen. Aber ich habe nicht gleich Schluss gemacht, ich habe gewartet und gehofft, dass sie es mir vielleicht beichten würde und ich dachte, ich könnte ihr dann vielleicht noch verzeihen. Als ich sie dann beim Schlussmachen damit konfrontierte brach sie in Tränen aus, aber es war zu spät um Reue zu zeigen. Ich hatte mich entschieden, dass ich mit so jemanden nicht zusammen sein kann, aber sie brauchte trotzdem ewig um das zu aktzeptieren.

Kurz darauf lernte ich dann Alice kennen und ich hatte erstmal Ruhe von Julia. Bis zu jenem Tag als wir sie trafen. Sie war total aufgetakelt, nicht mehr so natürlich wie früher oder wie Alice es immer noch ist. Aber ich erkannte sie noch und sie mich auch. Offensichtlich war sie eifersüchtig, denn sie fing sofort an davon zu schwärmen, was für ein tolles Paar wir doch waren und wie viel Spaß wir hatten. Natürlich wusste Alice schon, dass das alles nicht stimmte, weil wir schonmal über unsere Expartner geredet haben, aber sie war trotzdem ziemlich genervt. Aber das schien Julia gar nicht zu intressieren, sie quatsche weiter herum und versuchte mir immer näher zu kommen, wovon ich sie aber natürlich versuchte abzuhalten. Wir wollen gerade weitergehen, als plötzlich ihr Freund vorbeikam und mich dumm anmachte. Ich versuchte ihm die Situation zu erklären, aber er glaubte mir kein Wort. „Die Zwei passen echt zusammen,", flüsterte Alice mir zu, „die falsche Schlange und der Vollidiot." Wir kicherten und liefen einfach weiter, denn wir wollten uns unsere Stimmung nicht von denen verderben lassen.

Ich halte an. Ihr Haus ist auf der anderen Straßenseite. Aber wo ist der Umschlag? Ich glaub es nicht, er steckt zur Hälfte im Briefkasten und der ist direkt neben der Haustür! Das heißt ich muss ernsthaft auf ihr Grundstück. Dabei wollte ich das doch um jeden Preis vermeiden. Dieser verdammte Entführer! Moment, was wenn es Julia ist? Sie hätte keine Probleme gehabt, den Umschlag auf der Damentoilette zu platzieren. Und ihre Schrift hätte ich vielleicht auch noch erkennen können. Aber sie hätte nie jemanden entführen können, nicht ohne Hilfe. Und dann noch all diese Rätsel, nein ihr geistiges Niveau ist dafür einfach nicht hoch genug. Anders ist das bei Thomas. Ihm habe ich damals auch von diesem Zwischenfall mit Julia und ihrem Freund erzählt. Aber bei ihm fehlt das Motiv! Eifersucht kann es nicht sein, er hat nie Intresse an Alice gezeigt. Wenn ich dieses perverse Spiel hier gewonnen habe dann werde ich es schon sehen! Es ist schon nach acht, ich muss weitermachen.

Ich stelle mein Fahrrad ab und laufe hinüber. Leise öffne ich das Gartentor, denn ich möchte auf keinen Fall, dass sie mich hört und dann rauskommt. Vorsichtig gehe ich die drei Stufen zur Haustür hinauf und dann endlich kann ich den Umschlag greiffen. Schnell einstecken und nichts wie weg hier! Gerade auf der Treppe öffnet sich jedoch die Tür hinter mir. „Oooh Nicooo,", höre ich Julia sagen, „was treibt dich denn hier her? Vermisst du mich etwa? Is' dir deine kleine Freundin davongelaufen?" Verdammt! „Nein, ich mich im Haus geirrt, schönen Tag noch.", antworte ich ihr ohne mich umzudrehen. Jetzt aber zu meinem Fahrrad und weg hier! „Hey, Nico! Nicooo! Jetzt warte doch mal!", ruft sie mir hinterher. Aber ich drehe mich nicht um. Aber nicht, weil ich noch Gefühle für sie habe, sondern nur weil ich nicht möchte, dass der ganze Hass wieder in mir hoch kommt und mich von meiner Mission ablenkt. Ich biege einmal ab und bin außerhalb ihres Sichtfelds. Jetzt kann ich endlich den Umschlag öffnen: „Sieh an, sieh an, du hast einen weiteren Umschlag gefunden. Und, wirst du schon müde? Vergeht dir die Lust an meinem kleinen Spielchen? Oder hälst du durch um deine kleine Freundin zu retten?
Hinweis 5:" Diesmal ist es wieder keine Frage. Der Hinweis ist ein kleines, selbstgemaltes Bild. Jemand hat, offensichtlich sehr schnell und unprofessionell, eine Art Wald mit kleinen Strichmännchen gemalt. Man erkennt fünf kleine Personen, die eng in einer Gruppe stehen, und dahinter eine größere Person, die sie anstarrt.

Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken und sofort stehen meine Haare zu Berge. Ich erkenne dieses Bild. Und ich erkenne, wo der nächste Brief ist, und das ist nich gerade um die Ecke. Er ist draußem im Wald, in der Hütte die dort steht. Besser ich mach mich gleich auf den Weg, den mir läuft echt die Zeit davon. Dort hin brauche ich bestimmt eine halbe Stunde. Wenn wir annehmen, dass der nächste Umschlag wieder hier in der Stadt ist, kostet mich dieser Eine in der Hütte eine Stunde. Das ist eigentlich total sinnlos, aber ich habe keine andere Wahl. Wenn ich micht zufällig über einen anderen Umschlag stolpere, muss ich da raus fahren. Na das kann ja was werden. Immerhin werden die Straßen wieder leerer. Der Berufsverkehr muss wohl endlich zu Ende sein. Dann kann ich vielleicht noch ein paar Minuten herauskitzeln. Aber die Hütte und der Wald wecken echt verdrängte Ängste in mir.

Es war am Tag meines 18. Geburtstags. Ich wollte aufkeinen Fall eine riesen Party veranstalten, auf der ich die Hälfte der Gäste gar nicht richtig kenne. Deshalb schnappte ich mir meine engsten Freunde und zusammen kamen wir auf die Idee, in der Hütte im Wald zu feiern. Da ich befürchtete, daheim nur von irgendwelchen Verwandten aufgehalten zu werden, gingen wir direkt nach der Schule dorthin. Es war Freitag weshalb wir keinen Unterricht am Nachmittag hatten. Getränke und Snacks hatten wir schon am Tag davor dort hin gebracht. Dann setzte sich die lustige Runde zusammen und wir haben den ganzen Tag nur noch gelacht und unseren Spaß gehabt. Insgesamt waren fünf Leute da: Thomas, seine ein Jahr jüngere Schwester Nicki, die auch zu unserer Clique gehört, Alice' Beste Freundin Ina, Alice selbst und Ich. Zum Glück hielt sich der Alkoholkonsum bei allen in Grenzen. Dann wurde es draußen dunkel. Plötzlich rief Thomas: „Hey, kennt ihr die Legende des Slenderman?" Wir schüttelten alle den Kopf. Er machte das Licht aus und zündete eine Kerze auf dem Tisch an, um uns in die passende Stimmung zu bringen. „Also Leute, ", flüsterte er mit einer tiefen Stimme, „noch niemand, der den Slenderman gesehen hat, hat das überlebt, aber dennoch ranken sich viele Mythen um ihn. Fest steht nur, dass er zwar eine menschenähnliche Gestalt hat, aber seine Gliedmaßen und der Kopf sind viel größer als bei normalen Menschen. Er ist ganz schwarz, nur das Gesicht ist schneeweiß und ohne Augen. Man sagt, er lebt in Wäldern, so wie dieser, wo wir uns gerade befinden. Man sieht ihn nie, aber er sieht einen immer. Und dann verfolgt er dich, bis er dich erwischt und kalt gemacht hat!" - „Ja genau, wer's glaubt.", rief Nicki. „So, du glaubst mir nicht? Wie wärs dann mit einer Nachtwanderung?", fragte Thomas Nicki und die anderen. „Ich bin dabei!", rief ich sofort in die Runde. „Komm schon Alice, das wird sicher lustig! Keine Angst, ich beschütz‘ dich schon falls sich jemand in dich verguckt.", sagte ich mit einem Augenzwickern. „Ich komm mit, aber nur um dir zu beweisen, dass es diesen Typen oder was das ist nicht gibt!", sagte Nicki dann noch. Auch Ina und Alice stimmten dann endlich zu und wir machten uns sofort auf den Weg. Nur Thomas kam nicht gleich mit. „Mensch Thomas, wo bleibst du denn schon wieder?", rief ich ihm zu. „Hab's gleich!", antwortete und kam dann auch endlich mit raus.

Tja und dann liefen wir durch den Wald, vor dem ich jetzt mit meinem Fahrrad stehe. Und ich habe sogar nur 25 Minuten gebraucht! Aber noch bin ja nicht an der Hütte, also muss ich gleich weiter. Pause machen kann ich dann, wenn ich den Umschlag habe. Ich bin zwar völlig außer Atem, aber die Wut und die Sorge um Alice geben mir Kraft. So wie damals an meinem Geburtstag. Auch da gab sie mir Kraft, oder zumindest Sicherheit. Denn auch wenn ich keine Angst vor diesem Slenderman hatte, wenn man hinter sich dauernd etwas rascheln hört aber nichts sieht, wird einem trotzdem mulmig. Aber dann war da Alice, die sich an meinem Arm festhielt, als würde es um ihr Leben gehen. Dieses Gefühl gebraucht zu werden und wichtig zu sein war es, was mich weiterhin voranzuschreiten und nicht der Angst und Paranoia zu verfallen. „Sagt mal, ihr hört das Rascheln doch auch, oder?", fragte Ina nach einer Weile. „Ja, schon, aber ich trau mich nicht nachzusehen!", antwortete Nicki. „Geht mir genauso.", fügte ich hinzu. „Und ich ignoriere es einfach!", sagte Alice dann noch, die vermutlich seit zehn Minuten die Augen geschlossen hatte. Wir gingen weiter. Es war immernoch ganz still. Niemand sagte ein Wort. Man konnte nur das Atmen der anderen hören. Und dieses Rascheln, das wir von Zeit zu Zeit hinter uns hörten. Wir liefen ohne wirkliches Ziel. Zwar wollten wir wieder an der Hütte ankommen, aber jeder hatte mitlerweile die Orientierung verloren, da wir nicht auf den Wegen liefen. Ich konzentrierte mich nur noch auf Alice' Atmung. Sie war zwar schneller als normalerweise, aber auch noch nicht außergewöhnlich schnell. Nur wenn es wieder raschelte, ging ihre Atemfrequenz ganz kurz nach oben. Aber dann drückte sie sich noch fester an meinen Arm und ihr fiel wieder ein, dass ich sie vor allem beschützen würde. Währendessen versuchte ich mir eine Erklärung für das Rascheln zu überlegen. Aber das Einzige, das mir einfiel war ein kleines Tier, dass uns vielleicht verfolgte. Aber wieso sollte es das tun? Wieso hat es keine Angst? Ich fragte mich, was wohl die anderen im Moment denkten. Ina lief rechts neben Alice. Sie versuchte, die Angst zu ignorieren, aber an ihrem gezwungenen Gesichtsausdruck erkannte man, dass sie sich vermutlich gleich in die Hose machen würde. Alice hoffte wahrscheinlich nur, dass wir bald wieder in der Hütte ankommen und endlich schlafen. Aber ich war trotzdem stolz auf sie, da sie sich mitgetraut hat. Nicki schaute die ganze Zeit nur Thomas an. Irgendetwas schien sie an ihm zu stören, aber ich wusste nicht was. Bis ich dann in Thomas' Gesicht sehen und konnte und ein breites Grinsen entdeckte. Machte ihm das hier wirklich so viel Spaß? Hatte er keine Angst? Hörte er das Rascheln den etwa nicht? Plötzlich wurde die Luft ganz kalt. Das merkten alle, auch Thomas. Aber der Grund für die plötzliche Temperaturänderung war nicht etwa ein Geist oder die Seele eines Verstorbenen, nein es war einfach der Fluss, an den wir endlich gefunden hatten. „Hey, von hier kenn ich den Weg! Wir müssen ihm einfach flussaufwärts folgen und dann kommen wir an einen Weg der direkt zur Hütte führt.", rief ich in die Runde. „Na dann aber nichts wie los!", sagte Ina, die mitlerweile nur noch ins Licht und ins Warme wollte. Apropos warm, „Hier Alice, nimm meine Jacke. Ich seh' wie kalt dir ist und da wir jetzt am Fluss entlang gehen bleibt's erstmal so kühl.", sagte ich Alice und zog meine Jacke aus. „A-aber ist dir nicht auch kalt? Brauchst du sie nicht selber?", fragte Alice nach. „Das geht schon, du kannst sie ruhig haben.", antwortete ich. „Aber du frierst doch genauso wie ich!", hakte sie nach. „Hey, Alice, selbst wenn mir kalt ist, dann wäre es mir immernoch tausendmal wichtiger, dass es dir warm wird. Denn wem warm ist, der fühlt sich automatisch sicherer. Und genauso sollst du dich fühlen wenn du bei mir bist.", sagte ich ihr als Antwort. Sie lächelte, küsste mich und zog dann die Jacke an. Solangsam wurden wir ungeduldig. „Sind wir dann bald da?", fragte Nicki, „und kann da hinten mal endlich jemand dieses Geraschel abstellen? Das nervt langsam nur noch.", sagte sie dann noch, aber man konnte sehen, dass sie sich eher davor fürchtete als davon genervt zu sein. Doch dann brach Thomas plötzlich in lautem Lachen aus. Wir blieben alle stehen und schauten ihn verdutzt an. „Was geht jetzt mit dem ab?", dachte ich mir. „Sorry Leute!", sagte er. „Was soll das jetzt schon wieder heißen? Hast du und etwas zu sagen?", rief Ina. „Hey Leute, hört doch, das R-rascheln hat aufgehört!", stotterte Alice dazwischen. Wir schauten uns verängstigt um. Hatte es und jetzt eingeholt? Da konnte sich Thomas nicht mehr halten. Sein Lachen schallte durch den ganzen Wald und durch das Echo wirkte es so, als würde der Wald mit ihm lachen und sich über uns lustig machen. „Thomas! Sag sofort was los ist! Was hast du gemacht?", schrie ich ihn an. Er lachte noch als er sich bückte und zu seinem Bein griff. Und da sahen wir dann alle die Schnur, die er dort befestigt hatte. „D-du hast ... du hast doch nicht etwa-?", stotterte Nicki bis sie die Flasche am anderen Ende der Schnur sah und es ihr die Sprache verschlug. „Ernsthaft Thomas? War das wirklich nötig?", sagte ich genervt und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass auch ich erleichtert war, dass das Rascheln von ihm stammte. „Hast du sie eigentlich noch alle? Du bist doch krank! Echt mal, das war nicht nett.", sagte seine Schwester. Alice sagte gar nichts. Alice hörte jetzt aber endlich auf, meinen Arm so krampfhaft festzuhalten wodurch ich ihn endlich wieder bewegen konnte. Nicht das es mich gestört hatte, aber es war doch schön sie so erleichtert zu sehen. Als wir uns anschauten hatte sie endlich wieder dieses süße Lächeln im Gesicht, welches mir im Moment so fehlt. Doch die Erholung war nur von kurzer Dauer. Wir wollten uns gerade wieder auf sen Weg machen, der so lang nicht mehr sein konnte, als das Rascheln zurückkehrte und Thomas' Lachen verstummen lies. „Hör auf mit dem Scheiß! Das ist jetzt echt nicht mehr lustig!", schrie Nicki ihn an. „A-ab-, i-ich wa-war das nicht!", stotterte und schaute in den dunklen Wald hinter uns. „Lauft! Wir sind gleich da!", rief ich allen zu und wir rannten los. Wir wissen immer noch nicht wodurch das zweite Rascheln verursacht wurde, aber es war uns auh verdammmt egal. Kurz darauf waren wir wieder an der Hütte. Vor dieser Hütte stehe ich jetzt wieder.

Sie hat sich kaum verändert. Das Holz ist halb verrottet und die meisten Fenster sind kaputt. Warum haben wir in so einem Drecksloch meinen Geburtstag gefeiert? Warum kümmert sich niemand um diese Hütte? Mit einer gewissen Abneigung drücke ich die verrostete Klinke der alten Holztür herunter und drücke die Tür auf. Ein lautes Quietschen dringt an meine Ohren und hallt durch den Wald. Innen sieht es etwas besser aus. Zwar liegt überall Staub und alles ist voll mit Spinnweben behangen, aber das Dach ist noch dicht, weshalb es hier drinnen nicht so vemodert ist. Der Raum ist etwa drei auf fünf Meter groß. Über die hinteren zwei Drittel erstreckt sich ein langer Tisch um den herum eine große Eckbank angebracht ist. Der Umschlag liegt an dem Platz wo ich und Alice damals saßen. Aber vielleicht ist das nur ein Zufall, wobei es mir langsam schwer fällt, an diese zu glauben.

„Hier kommen Erinnerungen hoch, oder? Vielleicht hätte ich ihn doch im Wald verstecken sollen, das hätte den Schwierigkeitsgrad noch etwas angehoben ;)
Hinweis 6: Folge nun der Drei zum Einen Platz der Zwei."

Das klingt irgendwie zu einfach. Die "Drei" ist der dritte Weg, der von dieser Hütte hier wegführt. Wenn ich diesem Folge komme ich auf eine Wiese, dem "einen Platz" an dem wir "Zwei" uns oft getroffen haben. Aber das ist gleich um die Ecke, das wäre viel zu einfach. Doch was soll es sonst bedeuten? Das klingt doch alles plausibel. Ach Alice, wo bist - Da war doch was? Irgendjemand ist draußen vor der Hütte. Ich gehe schnell in Richtung der Türe, doch dann höre ich jemand auf dem Waldweg laufen. „Hallo? Wer ist da?", rufe ich nach draußen. Das ist doch nicht etwa der...? Ich eile nach draußen und sehe jemand auf einem Fahrrad davon fahren. Leider auf dem ersten und nicht dem dritten Weg. I-Ist das nicht...? Ich stecke in den Umschlag mit dem Hinweis in meine Jackentasche und setzte mich sofort auf mein Fahrrad. Er darf mir auf keinen Fall entwischen! Ich bin zwar noch etwas vom herfahren außer Atem, aber dennoch drücke ich noch fester als zuvor in die Pedale. Ich muss ihn erwischen! „Bleib sofort stehen!" Es ist schwer, auf dem kleinen Waldweg zu fahren, aber ich kann jetzt keine Rücksicht auf meine Gesundheit nehmen, es geht um Alice, und wie's aussieht wohl um ihr Leben. Der Fahrradfahrer verschwindet hinter einer Kurve und ist aus meinem Sichtfeld. Das war's dann wohl. Kurz darauf biege auch ich um die Ecke, aber das Fahrrad mit seinem Fahrer ist weg. Hier gabelt sich der Weg auch nochmal auf, aber ich kann im Boden keine Spuren erkennen und weiß somit nicht, wo Thomas hin ist.

Es war also doch er. Er kannte die Hütte, er wusste die Geschichte von meinem Geburtstag, er konnte sich noch daran erinnern wo ich mit Alice damals saß. Ich will gar nicht mehr wissen, warum das alles hier gemacht, er wird die Konsequenzen aber zu spüren bekommen, selbst wenn das wieder nur einer seiner dämlichen Streiche war. Bei Alice verstehe ich keinen Spaß. Und sie zu finden sollte jetzt mein primäres Ziel sein, um Thomas kümmere ich mich hinterher. Also auf zur Wiese. Trotz des Umwegs erreiche ich sie relativ schnell. Aber wo ist der nächste Umschlag?

Es gibt nicht viele Möglichkeiten, wenn er nich gerade irgendwo im Gras herumliegt. Also wir haben wieder mal eine Bank am Wegesrand. Dort bin ich zwar auch schon ein paar Mal mit Alice gewesen, aber ein besonderer Platz ist das eigentlich nicht. Dann haben wir noch einen Futtertrog am Rand der Wiese, kurz bevor der Wald wieder anfängt. Aber mehr als an ihm vorbeigelaufen sind wir bisher nicht. Er wird es also auch nicht sein. Ok, was haben wir noch? Ich blicke über die gesamte Wiese, aber eigentlich gibt es nur noch einen Jägerstand, mit dem wir auch noch nie was zu tun hatten. Mist, mir rennt immer noch die Zeit davon. Mir bleibt nichts anderes übrig als alle drei Orte abzusuchen. Also zuerst zur Bank, die ist am nächsten.

Nichts. Nicht auf den Latten, nicht im Gras drumherum und auch nicht im Hundeklo, das nicht weit weg davon steht. Wer auch immer auf die geniale Idee gekommen ist das neben eine Bank zu stellen. Egal, auf zum Futtertrog. Bei näherer Betrachtung fällt mir ein, dass ich dort doch schon einmal mit Alice war. Wir hatten ein Rehkitz beim Fressen hier entdeckt und sind hingegangen um es zu streicheln. Leider haute es ab kurz bevor wir es erreichten, aber trotzdem war es schön, dieses Leuchten in Alice' Augen zu sehen. Sie war völlig angetan von dem kleinen Tier, doch leider konnte sie es nicht streicheln. Moment mal, waren wir hier nicht auch irgendwo picknicken? Natürlich, jetzt fällt es mir wieder ein! Es war der letzte warme Tag im Herbst und den wollten wir zusammen draußen noch genießen. Aber wo genau war das nochmal? Die Wiese ist riesig! Wie soll ich den Platz da nur finden? Das Gras ist sehr hoch, es wurde ewig nicht mehr gemäht hier. Vielleicht könnte ich...

Wieder ab aufs Fahrrad und sofort zum Jägerstand. Er ist sehr hoch und steht zusätzlich noch auf einer kleinen Anhöhe. Ich stelle mein Fahrrad unten ab und schaue erstmal hier nach dem Umschlag. Ich möchte ja nicht nochmal hier her kommen müssen weil er doch nicht in der Wiese war. Aber auch hier sieht es schlecht aus, weshalb ich hochklettere. Von hier oben wirkt die Wiese noch ein Stück größer, was mich nicht unbedingt optimistischer stimmt. Aber überall sehe ich nur Gras und den Weg, der sich durch das Grün schlängelt. Aber...hey, was ist das? Liegt da tatsächlich eine Decke im hohen Gras versteckt? Das muss es sein!

Jetzt fällt mir auch wieder ein, warum ich mich so schlecht an den Tag erinnere. Ich fand ihn nicht besonders schön. Sie war den ganzen Tag irgendwie genervt gewesen und nachdem wir das Kitz gesehen hatten, hat sie nur noch von dem geredet. Wirklich ein komischer Tag. In Null komma nichts habe ich meinen Fahrrad durch das Gras geschoben und erblicke endlich den nächsten Umschlag auf der Decke:
„Und wieder bist du deiner Geliebten einen Schritt näher! Wie viele Rätsel es wohl noch sind?
Hinweis 7:
Achtung, kleines Matherätsel, weil du Mathe so sehr liebst!
Denke dir eine Zahl zwischen 1 und 10. (Und merk sie dir auch!)
Multipliziere diese Zahl mit 2.
Addiere 10.
Dividiere durch 2.
Ziehe deine gedachte Zahl ab.
Und nun begib dich zur Günter-Horst-Straße, dein Ergebnis ist die Hausnummer!"

Ernsthaft? Ein Mathe Rätsel? Aber... das ergibt doch gar keinen Sinn? Da kann doch jede beliebige Zahl als Ergebnis rauskommen, wie finde ich dann die richtige Adresse? Warum denn ausgerechnet Mathe. Nichts desto Trotz, ich werde wohl mitspielen müssen. Also, eine Zahl zwischen eins und zehn. Um es nicht noch schwerer zu machen nehme ich die eins. So, mit zwei multiplizieren heißt vermutlich mal zwei nehmen oder? Wie habe ich es ohne diese Grundlagen nur so weit gebracht in der Schule? Also, zweimal eins ist zwei. So, was dann? Zehn addieren? Bedeutet das plus zehn? Würde zwölf ergeben, glaub ich. Wie lang ist die Günter-Horst-Straße eigentlich? Dann wüsste ich in welchem Bereich das Ergebnis ungefähr liegen muss. Es ist keine der Hauptstraßen, das macht eine Zahl über Hundert unwahrscheinlich. Egal, was kommt als nächstes? Mit zwei dividieren? Und das war was nochmal? Plötzlich klingelt mein Handy in der Hosentasche. Das muss wieder der Entführer sein! Oder Alice!

Ich ziehe es schnell aus der Hosentasche und blicke auf den Bildschirm. Es ist Thomas. Na dem werd ich aber meine Meinung jetzt mal geigen.
„Was denkst du dir eigentlich mit dem was du hier machst? Hast du eine Ahnung was das für Konsequenzen für dich hat?"
„Hey, ähm, ist da Nico? Ich wollt nur fragen..."
„WAS wolltest du fragen? Ich weiß genau was du getan hast!"
„H-hey Nico, wovon redest du denn d-da?"
„Das weißt du genau! Jetzt tu nicht so!"
„Du bist schon den ganzen Tag so komisch. Was ist denn los bei dir?"
„Was los ist?! Sag mir verdammt nochmal wo sie ist, du Penner! Dann zeig ich dir was los ist!"
„Mensch Nico, so kenn ich dich gar nicht! Ich versteh kein Wort von dem was du da laberst!"
„Argh, du Mistkerl! Ich krieg' dich schon!"

Ich lege auf. Er tut so als wüsste er von nichts und will nur wissen wie weit ich bin. Aber ich weiß immer noch nicht wie ernst er das alles meint, ich muss weiter machen. Aber der Anruf hatte auch etwas Gutes, denn mir ist eben eingefallen, dass ich einfach die Taschenrechner-App benutzen könnte. Wird schon niemand merken. Also, eins mal zwei is zwei, plus zehn is zwölf, geteilt durch zwei ist sechs, minus meine gedachte Zahl eins ist fünf. Günter-Horst-Straße 5. Ist Alice dort? Aber das Rätsel ergibt doch immer noch keinen Sinn! Wenn ich mir eine andere Zahl denke, komme ich doch auf eine andere Adresse! Ich habe ja jetzt die App, also versuch ich es mit anderen Zahlen. Mit zwei, fünf und auch zehn, es kommt immer fünf als Ergebnis. Es ist nur Verarsche. Dann also auf zur Günter-Horst-Straße.

Sofort ist der Umschlag eingesteckt und ich sitze auf dem Fahrrad Richtung Stadt. Die Zeit wird knapp. Oder wird sie das? Wie viele Rätsel hat dieser Penner noch vorbereitet? Ist da irgendein Sinn dahinter? Macht es überhaupt Sinn, hier mitzuspielen? Ich meine, wie wahrscheinlich ist es, dass ein Jugendlicher eine Jugendliche entführt nur um deren Freund durch die Stadt zu scheuchen? Als ob es ernst meint, wenn er mit ihrem Tod droht. Aber was, wenn eben doch? Wenn er es tut und ich der Einzige war, der sie hätte retten können. Das würde ich mir doch nie verzeihen! Das würde mir niemand verzeihen! Auch wenn es nur ein Trick ist, ich muss das durhziehen! Für Alice, für uns.

Endlich komme ich in der Straße an. Während der Fahrt habe ich gar nicht gemerkt, wie frisch es plötzlich geworden ist. Der Schweiß auf meiner Stirn und im Gesicht lässt es fast kalt wirken. Jetzt weiß ich auch welches Gebäude die Nummer Fünf ist. Seid ehrlich, wer von euch weiß die genaue Anschrift von seiner Schule? Also ich wusste es bisher nicht und da bin ich sicher nich der Einzige. Egal, auf zum Pausenhof. Zum Glück ist dieser auch Nachts noch begehbar, nicht wie an anderen Schulen. Doch wo ist hier jetzt der nächste Umschlag? Oder ist hier schon Alice irgendwo? Ich schau mich um, aber in keinem der Klassenräume brennt ein Licht. Auch sonst ist nichts Auffälliges zu sehen. Was soll ich jetzt machen? Bin ich hier richtig? Mein Handy wird sich ja wohl kaum verrechnet haben. Außerdem gibt es außer der Schule nichts mehr in dieser Straße, mit dem ich irgendwas zu tun hätte. Also, was jetzt? Mein Handy vibriert wieder. Diesmal ist es nur eine Nachricht. „Neben der Sporthalle. Du weißt wo." Sie ist wieder von Alice' Nummer. Ich versuche diesmal gar nicht, zurück zu rufen, er hat es bestimmt wieder sofort ausgeschalten, wie zuvor auch. Das heißt dann also ab zur Sporthalle. Eigentlich möchte ich dort gar nicht hin. Den an diesem Ort kommen schlechte beziehungsweise schlimme Erinnerungen hoch.

Es war letzten Winter, eigentlich noch gar nicht so lange her. Alice hatte bis um 18 Uhr Unterricht und ich wartete eine Straße weiter um sie zu überraschen. Es war schon sehr dunkel weshalb ich mir Sorgen machte, als sie zehn nach sechs immer noch nicht zu sehen war. Ich schrieb ihr eine SMS ob ich sie verpasst, aber es kam keine Antwort. Da merkte ich, dass etwas nicht stimmte, und machte mich auf den Weg zur Schule. Dort angekommen sah ich sie zwar nicht, aber ich hörte Geräusche aus der Nähe der Sporthalle kommen. Ich eilte hin und sah sie zusammen mit einem Typen, der sich wohl gerade an ihr vergehen wollte. Er hate sogar eine Maske oder so etwas auf, als wäre es geplant gewesen. Ich schrie nur laut: „Hey! Was machst du da mit meiner Freundin?!", und schon rannte er davon. Alice sank auf den kalten Boden und brach in Tränen aus. Ich setzte mich neben sie, legte einen Arm um sie und trocknete ihre Tränen bis sie endlich versiegten. Dann standen wir auf und ich begleitete sie nach Hause. Wir sprachen kein Wort, nur, als sie mich zum Abschied noch küsste, sagte sie leise: „Danke." Und selbst ohne das hätte ich gewusst, was in ihr vorging. Ich hielt meine Tat für selbstverständlich, aber wir haben nie wieder darüber eine Silbe verloren.

Jetzt stehe ich wieder am Ort des Geschehens. Der Umschlag liegt dort, wo wir beide saßen. Aber Moment Mal, woher weiß Thomas davon? Oder irgendjemand anderes? Außer uns beiden und dem Typ dürfte davon niemand etwas wissen? Und die Nachricht vorher... ist er wieder in der Nähe? Beobachtet er mich schon wieder? Dieses Schw...! Ich darf mir nichts anmerken lassen. Sonst verschwindet er vielleicht. Ganz unauffällig muss ich nach ihn Ausschau halten. Ich nehme den Umschlag und gehe zurück auf den Pausenhof und setzte mich dort auf eine Bank. Der Umschlag ist dicker als die anderen. Es befinden sich mindestens zwei Zettel darin. Und eine Art Stift. Ich schau möglichst unauffällig umher, während ich den Umschlag weiter untersuche. Warum sind da zwei Papiere? Und weshalb der Stift? Wo ist Thomas? Er ist doch bestimmt wieder hier in der Nähe. Ich öffne den Umschlag.

„Wie ist das Gefühl, wieder hier zu sein? Für das nächste Rätsel brauchst du einen Stift, den ich vorsorglich beigelegt habe. Ich hoffe du kennst die Regeln von Sudoku!"
Auf dem zweiten Blatt ist tatsächlich ein Sudokurätsel. Neun mal neun kleine Felder, die ich ausfüllen muss.
„Fülle alle Felder mit den ersten neun Buchstaben des Alphabets aus! Die Felder, die mit einer Zahl markiert sind, ergeben den 8. Hinweis!"
Na das wird ja immer besser. Erst das dämliche Matherätsel und jetzt noch ein Sudoku. Als ob ich mich jetzt auf so etwas konzentrieren kann! Und dann auch noch mit Buchstaben, wer kommt auf so etwas? Egal, ich brauche eine feste Unterlage, oder so. Nicht weit von hier sind Tischtennisplatten, die müssten gehen.

Ich lege das Papier auf die Platte und darauf den Stift. Dann atme ich tief durch. Du tust das für Alice, vergiss das nicht! Doch würde sie das auch tun? Würde sie sich für mich auch so aufopfern? Darf ich das überhaupt von ihr erwarten? Was hätte sie in meiner Situation getan? Und war meine Reaktion richtig? Hätte ich nicht besser die Polizei rufen sollen? Ich starre regungslos das Papier an als die erste Träne aus meinem Auge dringt und den Zettel trifft. Alice, wo bist du? Hilf mir, dir zu helfen! Ach, was denk ich denn da. Ich muss das jetzt selber schaffen, für sie. Ich wische mir einmal mit dem Ärmel über das Gesicht und nehme den Stift wieder in die Hand.

Also, die ersten neun Buchstaben? Das sind A, B, C, D, E, F, G, H und I. Am Besten ich schreibe das auf. Die Regeln kenne ich noch, jeder Buchstabe darf in jeder Spalte und jeder Zeile nur je einmal vorkommen. Und in jedem drei mal drei Feld auch. Demnach kommt hier ein B rein, hier ein I, dort ein C. Klappt doch! Hier noch das, dann is das ein A und somit müsste der erste Buchstabe ein C sein! Gleich rechts hinschreiben. Hier kommt ein D rein, hier auch, hier drüben noch E und dann ist der zweite Buchstabe... auch ein C? Das kan nicht sein. Ich muss schon einen Fehler gemacht haben. Zum Glück hat der Bleistift auf der anderen Seite einen kleinen Radiergummi, als hätte da jemand damit gerechnet, dass ich Fehler machen werden. Also die zwei Lösungsbuchstaben nochmal weg, das hier auch und... Verdammt! Das Papier ist gerissen! Heute klappt auch mal wieder gar nichts! „Ich hab' keinen Bock mehr!", schreie ich die abendliche Stille. Ein paar Straßen weiter hört man einige Autos. Der Wind raschelt durch die Blätter der Bäume und der Büsche. Ein paar Vögeln beginnen zu zwitschern, anscheinend aufgescheucht durch mein Rufen. „Ach Alice...", flüstere ich vor mich hin, „wo bist du nur?"

Ich schnappe die Reste des Papiers sowie den Stift und setze mich wieder auf die Bank. Soll hier alles vorbei sein? Dieser Platz, diese komische Stille mitten in der Stadt, das verkorkste Sudoku, es ist alles so deprimierend und ich habe das Gefühl, Alice keinen Schritt näher zu kommen. Ich lege mich auf die Bank und blicke zum Himmel. Er ist unerreichbar, wie Alice. Ich stoße einen Seufzer aus. Wie erkläre ich das morgen den Anderen? ‘Wie? Du hättest sie retten können aber warst nicht mehr motiviert genug und hast aufgegeben? Wer bist du und was hast du aus Nico gemacht!‘ oder irgendwie so wird das dann aussehen. Aber das ist so leicht gesagt, wenn man nicht selbst in der Situation ist. Außerdem hab ich das Rätsel zerstört, ich kann also gar nicht mehr weitermachen. Ich hole nochmal die Fetzen heraus und schaue sie an. Weit bin ich aber nicht gekommen. Hmm, das Lösungswort hat sechs Buchstaben. Was für Wörten kann ich den aus den neun Vorgegeben formen? Dachei? Cheide? Dadedi? Bad... Aber natürlich! Haibad! Die Haibad-Brücke! Wieso ist mir das nicht gleich eingefallen! Alice, ich komme!

Die ist eigentlich nicht so schnell zu erreichen, aber mit dem Fahrrad kann ich durch den Park abkürzen. Da können mich die Leute dort auch noch so sehr anpöbeln, ich habe es eilig. Wenn es nicht wegen dem Umschlag wäre, dann würde ich vermutlich nicht so schnell dort ankommen wollen. Es war in einer Nacht vor wenigen Monaten. Ich war gerade dabei, sie nach Hause zu begleiten, weil sie den ganzen Tag mit mir verbracht hatte. „Ach Nico, du bist echt das Beste, das mir passieren konnte, aber manchmal...", fing sie an zu erzählen. Aber ich war da schon in Gedanken. Es war nicht, weil ich ihr nicht gern zuhöre, es war eher weil, naja, eigentlich weiß ich es nicht. „Findest du nicht auch?", fragte sie plötzlich. „Hm? W-was? Ähm...", stotterte ich. „Siehst du Nico, das stört mich so extrem an dir! Nie hörst du mir zu, wenn ich mal was zu erzählen hab! Aber wehe, ich hör dir einmal nicht zu!...", sie redete sich in Rage. Und ich lief nur neben ihr her und hörte schon wieder nicht hin. „Hey! Hey, Nico!", rief sie plötzlich. Sie war vor zehn Metern stehen geblieben. „Ist das dein Ernst?", fragte sie dann ganz leise. In ihrem Gesicht war jetzt keine Wut mehr, nur noch Enttäuschung. Ganz anders bei mir. „Ja denkst du ernsthaft, ich hab Bock mir immer diesen ganz Scheiß anzuhören, dass dir dies und das nicht passt und dass eigentlich alles nur schlecht ist?", rief ich ihr zu. Hätte uns jemand gehört wäre das ziemlich peinlich gewesen. Alice drehte sich wortlos um und ich konnte ein leises Schluchzen hören. Ich ging auf sie zu, weil das eigentlich niemanden etwas anging und ich nicht mehr schreien wollte. Doch als ich vor ihr stand rief sie nur:„Geh weg!", stieß mich zur Seite, lief schnell heim und lies mich alleine, in der Mitte der Haibad-Brücke stehen. Ich wusste ich hatte Mist gebaut, aber irgendwie hatte ich doch auch recht. Oder?

Als ich daheim ankam, wollte ich sie sofort anrufen, doch sie ging nicht ran. Fast eine halbe Stunde muss ihr Handy ununterbrochen geklingelt haben, bevor sie endlich abnahm. „Hey...", sagte ich mit leiser Stimme. Jetzt musste auch ich kämpfen um meine Tränen zurückzuhalten. „Alice?", doch sie sagte nichts. Ich hörte sie nur leise ins Telefon schluchzen.
„Hör zu, es ähm, es tut mir Leid. Es ist nur so, ähm, das war nur... Ach was soll das, es gibt keine Entschuldigung dafür! Ich war, nein, ich bin ein Idiot! Aber bitte verzeih mir, ich brauche dich..."
Dann war lange Stille. Sie antwortete nicht und war kurz davor in Tränen auszubrechen.
„A-Alice?"
„Hör mir das nächste Mal einfach zu.", sagte sie ganz leise und legte auf.

Ich brauchte das. Das war ein Weckruf. Ich sah sie als zu selbstverständlich an, aber dieser Abend änderte dies wieder. Er hat unserer Beziehung sehr gut getan. Und jetzt bin ich wieder dort. Ich habe in letzter Zeit versucht, diesen Ort zu meiden. Ich bekomme immer noch jedes Mal Schuldgefühle, wenn ich hier an den Streit zurückdenke, auch wenn es letztendlich ja gut so war. An einem Pfeiler in der Mitte der Brücke klebt der nächste Umschlag. Hoffentlich ist es der letzte. Es scheint mehr als Stück Papier darin zu sein, noch so eine Art kleine Tüte aus Plastik.

„Anscheinend hast du gut zugehört! Aber noch ist es nicht geschafft.
Hinweis 9:
Los gehts!"
Als Hinweis klebt dort eine kleine Tüte mit Gummibärchen. Nicht einmal Originale, sondern billige Nachahmungen sind es. Aber auf was soll mich das hinweisen? Der Supermarkt ist zumindest schonmal zu, der wird es also nicht sein. Außerdem gibt es dort so kleine Packungen gar nicht. Aber wo dann? Gibt man die nicht kleinen Kindern in der Apotheke oder so? Doch soweit ich weiß, war ich nie in einer mit Alice. Gibt's die nicht auch in der Bank? Apropos, ich sollte mich beeilen und mich ins Trockene bringen, es fängt wohl jeden Moment an zu regnen. Aber ich kann nicht wegen dem Regen aufhören sie zu suchen! Wo ist nur der nächste Umschlag und wie viele sind es denn noch?

Mein Handy klingelt. Es ist ein Anruf. Er ist von Alice' Nummer! „Hallo? Alice? Hörst du mich?", rufe ich hinein. Dann ist kurz Stille. „Alice? Bist du ok?", frage ich. „Hnngh!" Das ist sie! „Alice? Schatz, sag was!" - „Hnngh!" Dann noch ein Schluchzen und der Anruf wird von ihrem Handy aus beendet! „Was zum-?", sage ich zu mir selbst. Ihr Mund muss zugeklebt oder zugehalten worden sein. Sie ist wohl gefesselt. „Dieses Schwein!", rufe ich wieder in die Nacht. Dann klingelt mein Handy wieder. Dieses Mal ist es Thomas!
„Tho-!"
„Halt dein Maul! Sag jetzt einfach nichts! Ein Wort und es passiert etwas! Ich hab' keine Ahnung was du da machst und was los ist, aber ich hab' keine Lust mehr dich hier alleine durch die ganze Stadt rennen zu sehen und mich von dir beleidigen zu lassen, ohne überhaupt nur einen Hauch einer Ahnung zu haben was hier gerade abgeht! Ich sehe nur, dass es dir wohl verdammt wichtig ist und ich bin dein scheiß bester Freund und ich möchte dir helfen! Dafür sind Freunde doch da!"
„Ab-"
„Pass jetzt ja auf was du sagst"

Was hat das zu bedeuten? Was wird hier gespielt? Ich dachte er hat...? Ist er es nicht? Das klang gerade so überzeugend und eigentlich war er noch nie gut im Lügen geschweige denn im Schauspielern.
„D-du bist es nicht?"
„Nein! Keine Ahnung was du meinst, aber ich bin es nicht. Und jetzt-"
„Gummibärchen. Hab' ich dir je was von Gummibärchen erzählt?"
„Gummibärchen? Bist du jetzt völlig übergeschnappt?"
„Antworte!"
„Kein Plan, ähm, nein, oder? Ah, war da nicht irgendwas letztens mit dem Krankenhaus und-"
Sofort habe ich aufgelegt und bin wieder auf dem Fahrrad. Er hat Recht, es ist das Krankenhaus. Er hat mir geholfen.

Es war vor wenigen Monaten. Es war einer der ersten schönen und warmen Frühlingstage. Alice und ich waren mal wieder zusammen im Park. Wir genoßen den Tag, spielten und alberten herum, bis ich Idiot mal wieder umknickte. Mir ist das bisher zwei Mal im Sportunterricht passiert, wo es kein Problem war, mich ins Krankenhaus zu bekommen, aber dieses Mal war es mitten Park und ich war allein mit Alice.
„Nico! Ist alles in Ordnung?"
„Naja, ist ja nicht das erste Mal. Ich muss, au!, irgendwie rüber ins Krankenhaus."
Mit „rüber" meinte ich vor zur Haibad-Brücke und dann ist es schon fast direkt auf der anderen Seite. Deshalb stehe ich jetzt auch mit meinem Fahrrad schon vor dem Haupteingang.
„Komm, ich stütz dich."
„Ich bin doch viel zu schwer für dich, Schatz."
„Jetzt stell mich mal nicht so als Schwächling dar! Komm, hoch mit dir."
Unter großen Schmerzen humpelten wir also los. Auf die Idee, einen Krankenwagen oder jemand anderen zu rufen, kamen wir gar nicht, weil es ja eigentlich wirklich nicht weit war. Ich versuchte, mich so wenig wie möglich auf sie zu stützen. Auf keinen Fall wollte ich, dass sie sich auch noch irgendwie verletzt. Lieber lief ich so gut es ging mit meinen beiden Füßen, auch wenn der Schmerz fast unerträglich war. Doch das behielt ich für mich, ich wollte ja nicht als Weichei dastehen. Das freigesetzte Adrenalin half mir dabei sehr. Als wir endlich ankamen, setzte ich mich erstmal auf die Bank neben dem Eingang. Vor diesem stehe ich jetzt auch wieder.

Plötzlich vibriert es wieder in meiner Hosentasche. Es ist eine Nachricht von Alice' Nummer: „Mit wem hast du telefoniert? Ich sagte keine Hilfe von Niemandem!" Verdammt! Er hat mich gesehen! Was mach ich jetzt? Ich kann wohl kaum die Wahrheit schreiben, sonst seh ich Alice nie wieder! Ich hab's! „Das war meine Mutter, sie macht sich Sorgen wo ich bleibe." antworte ich. „Beeil dich lieber!" bekomme ich als Reaktion darauf zurück. Gute Idee!

Alice ging in das Krankenhaus hinein und kam kurze Zeit später wieder heraus, aber mit einem Rollstuhl. „Ernsthaft?", fragte ich sie.
„Wieso nicht? Krücken hatten sie keine und tragen wollte dich keiner."
„A-aber der ist doch für Leute die nicht laufen können!"
„Und da gehörst du jetzt nunmal dazu! Jetzt sei mal nicht so, oder schämst du dich, weil du in einen Rollstuhl sitzen musst? Komm schon, das wird bestimmt lustig."
„Na gut."
Es war weniger der Rollstuhl an sich, sondern die Tatsache, dass ich mich von meiner Freundin herumfahren lassen musste, die mir nicht ganz gefiel. Aber mir blieb nichts anderes übrig, das Adrenalin ließ schon wieder nach.

Sie fuhr mich direkt in die Notaufnahme. Ich war dort noch nie zuvor und wunderte mich darüber, dass es hier eigentlich wie ein Wartezimmer beim Hausarzt aussah. Nur brauchte man keinen Termin. Trotzdem hatte ich mir das irgendwie spektakulärer vorgestellt. Naja, in so ner kleinen Stadt wird das wohl reichen. Es waren außer uns noch ein junger Mann und eine Mutter mit ihrem Kind da. Der Mann las ein altes Magazin und die Mutter schaute ihrem Kind beim spielen in der Spiele-Ecke zu. Es war wirkich wie im Wartezimmer.
„Müssen wir uns irgendwo anmelden?", fragte ich Alice. „Ähm, keine Ahnung. Das letzte Mal hier war ich als kleines Mädchen.", antwortete sie. Es gab zwei Türen, aber neben denen war nur ein kleines Schild mit den Namen der Ärzten. Außerdem gab es eine Klingel für große Notfälle.

„Wir warten einfach bis jemand rauskommt und den Nächsten aufruft und fragen dann.", sagte sie. Sie schob mich zu den Stühlen rüber und setzte sich hin. Ich hievte mich irgendwie aus dem Rollstuhl und setzte mich neben sie. Vorsichtig hebte ich meinen verletzten Fuß und legte ihn auf ihrem Schoß ab. „Ich hab irgendwo mal gehört, dass man seinen Fuß hochlegen soll, wenn er umgeknickt ist.", sagte ich. Alice lächelte nur und blickte mir in die Augen. Es war dieser Blick, der mich alle Schmerzen vergessen lies, weil ich so froh war, sie zu haben und sie auf mich aufpasste.

Eine halbe Stunde verging bis endlich mal ein Arzt auftauchte und den Nächsten aufrief. Wir hatten uns die Zeit mir reden und viel lachen vertrieben, aber jetzt wurde uns beiden langweilig. „Komm, ich fahr‘ dich ein wenig herum!", sagte Alice in dann irgendwann. Ohne zu zögern stieg ich in den Rollstuhl und sie begann mich sofort aus dem Wartebereich zu schieben. Zu dieser bereits etwas späteren Stunde war schon fast nichts mehr los in den Gängen. Deshalb machten wir und auch keine Sorgen darüber, dass noch jemand weiteres kommen und vor uns behandelt werden könnte. Es war auch sehr ruhig und wären die Lichter ausgegangen, wäre es bestimmt auch gruselig geworden. Aber dann kamen wir und rasten lauthals lachend durch die Gänge. Immer wieder beschleunigte sie ganz schnell und bremste dann plötzlich ab, so dass ich fast nach vorne aus dem Stuhl fiel. Irgendwie bekamen wir keinen Ärger, nur immer wieder genervte Blicke von Leute, die vorbei liefen. Wir verhielten uns wie kleine Kinder, aber das darf doch auch Mal sein, oder?

Jetzt bin ich schon wieder hier. Heute Nacht ist aber viel mehr los als damals. Aber da ist der Umschlag! Wie erwartet, genau da wo wir damals saßen. Ich muss ihn nur noch nehmen!
„Guten Abend, wie kann ich ihnen helfen?"
„Hä, was? Achso, ähm, hallo. Eigentlich gar nicht, danke."
Heute kommt natürlich eine Arzthelferin oder sowas, aber wenn man einen wirklichen Notfall hat, dann nicht!
„Sie haben keinen Notfall?", fragt sie.
„ Nein, also ja, aber keinen wo sie mir helfen können."
„Dann muss ich sie bitten diesen Bereich zu verlassen. Dieser ist nämlich nur für Notfälle."
„Ich wäre schon lange wieder weg, wenn sie mir nicht im Weg stehen würden."
Sie schaut mich grimmig an.
„*Seufz* Sehen sie diesen Umschlag dort drüben an der Lehne? Den pinken. Den muss ich hier abholen."
„Aha? Und können sie das auch beweisen?"
„Anscheinend will ihn ja niemand sonst haben, oder?"
Sie schaut noch grimmiger, also greife ich in meine Tasche.
„Hier, sehen sie, ich hab schon neun andere gesammelt. Bitte lassen sie mich durch, es ist wichtig."
Wortlos macht sie einen Schritt zur Seite und lässt mich durch. „Danke.", sage ich noch, schnappe mir den Umschlag und bin auch schon wieder draußen.

„Na, noch fit?
Hinweis 10:“

Ein paar Punkte? Das soll ein Hinweis sein? Irgendwelche komischen Punkte? Ach scheiß doch drauf, wo verdammt nochmal ist Alice? Mir reicht's langsam! Aber, wer hat dich entführt? Wenn es Thomas nicht ist, wer dann? Oder ist er es doch? Ob sich Alice' Eltern schon Sorgen machen? Schon wieder klingelt mein Handy.
„Hallo? Alice?"
„Mach weiter.-", sagt eine dunkle, leise Stimme bevor er wieder auflegt. Es war zwar Alice' Nummer, aber die Stimme war ganz klar die von Thomas! Was zur Hölle wird hier gespielt? Also ist er es doch? Aber warum hat er sich dann die ganze Zeit so komisch verhalten? Und vorallem, warum hat er mir vorher geholfen? Wollte er sich so tatsächlich seine Tarnung wahren? Anders kann ich mir das nicht erklären. Ich muss einfach Alice finden, dann wird sich hoffentlich alles auflösen!

Aber zunächst muss ich den Hinweis verstehen. Während ich den Umschlag geholt habe, hat es wieder aufgehört zu regnen. Ich würde mich am liebsten wieder auf die Bank neben dem Eingang setzen, aber die ist noch nass. Mir läuft immer noch die Zeit davon! Ich muss unbedingt einen klaren Kopf bekommen um besser nachdenken zu können. Und zwar schnell! Vielleicht hilft eine kleine Runde auf dem Fahrrad. Der Sitz ist zum Glück trocken. Einmal um das Krankenhaus müsste reichen.

Also, nochmal ganz ruhig Thomas. Du hast einen Hinweis. Dieser Hinweis besteht aus 14 Punkten. Ich nehme mal ganz stark an, dass diese Punkte nicht zufällig sind, auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick so wirkt. Das hilft mir auch nicht weiter. Ich steige ab und schiebe lieber, um Energie zu sparen. Seit Stunden habe ich nichts mehr gegessen. Dafür habe ich keine Zeit. Hmm, 14 Punkte, vielleicht muss ich sie verbinden? Ich krame den Bleistift vom Sudoku aus meiner Tasche und beginne zu zeichnen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, aber so scheint es am wahrscheinlichsten zu sein. Hm, es kommt mir tatsächlich etwas bekannt vor! Was stellt man denn mit Punkten und Strichen dar? Öhm, ich habe echt keinen Plan. Aber ich kenne es verdammt nochmal!

Ich schreie noch einmal in Nacht. Wenn es jetzt wieder anfangen würde zu regnen, dann wäre das sehr klischeehaft. Stattdessen blicke ich hinauf in einen Himmel, der sich unerwartet schnell wieder gelichtet hat. Moment, könnte es sein...? Schnell, ich brauch mein Handy und das Internet! „Stern...bild... Drache" googeln und dann auf ‚Bilder‘. Hm, ja, ja das könnte es sein. Nein, das ist es, ganz sicher! Da ich aber schlecht in den Weltraum reisen kann muss wohl dir Drachenstatue am Marktplatz gemeint sein. Auf geht's!

Die Statue hat irgendein Künstler, der aus unserer Stadt stammt, gestiftet oder sowas. So wichtig kann er nich sein, da ich nichteinmal mehr seinen Namen weiß. Mathäus, Mathias irgendwie sowas. Aber das tut nichts zu Sache. Die Geschichte dazu ist kurz, aber wichtig. Alice und ich haben uns da mal verabredet. Ich kam aber zu spät weil ich zu erst noch etwas für meine Mutter erledigen musste und dann auch noch mein Fahrrad kaputt war. Und wie immer, wenn ein paar Zufälle aufeinander treffen, kommt noch einer dazu der das ganze dann komplett unglaubwürdig erscheinen lässt. Natürlich war an dem Tag auch noch mein Handyakku leer und so konnte ich Alice nicht schreiben, dass ich mich verspäte. Da ich weit außerhalb des Stadtkerns wohne, musste sie fast eine Stunde auf mich warten. Als ich ankam, war sie natürlich nicht mehr da. Auf der Statue war aber ein kleiner Origami-Kranich aus Papier. Ich ging hin und faltete ihn wieder auf. Wir nutzen oft Origami um uns Nachrichten zu hinterlassen, weil außer uns wahrscheinlich niemand auf die Idee kommt sie wieder aufzufalten. Ich rechnete mit dem Schlimmsten, aber auf das Papier war nur ein Herz gezeichnet. Natürlich habe ich ihr das alles später erklärt. Es sind Momente wie diese, in denen ich merke, wie dankbar ich sein sollte, dass ich jemanden wie Alice gefunden habe. So viel Vertrauen, so viel Verständnis und so viel Liebe gibt es einfach nur selten. Und deswegen muss ich sie finden! Der Umschlag liegt genau dort wo sie damals den Kranich plaziert hatte. Hoffentlich ist es der Letzte.

„Wieder einen Schritt weiter!
Hinweis 11:
Nicht mehr lang!"
Nicht mehr lang? Ist es bald vorbei? Habe ich es tatsächlich gleich geschafft? Aber was will mir der Hinweis sagen? Das ist doch nur ein Fussball! Das könnte doch für alle möglichen Plätze stehen! Das ist unfair! Ok, lass mich mal überlegen. Wir haben einen Bolzplatz in der Nähe von Alice' Haus, ein kleines Stadion, eine Sporthalle und im Jugendhaus kann man noch Tischfußball spielen. Ich habe mit Alice schon an all diesen Orten gespielt, denn glücklicherweise macht ihr das auch Spaß. Zumindest sagt sie das. Aber wo muss ich jetzt hin? Wo ist der nächste Umschlag? Wo steckt Alice nur? Ich habe keine Zeit, alle Plätze abzusuchen, ich muss mir etwas anderes einfallen lassen. Aber was?

Um Hilfe darf ich niemanden fragen. Aber wie will er das überprüfen? Dazu müsste er mich ja beobachten. Und ich bin mir sicher das tut er auch, ich habe ihn ja schon öfters gesehen. Aber ihn zu suchen bringt mich bestimmt auch nicht weiter. Ich brauche den nächsten Umschlag. Was sind das auch für Plätze? An allen habe ich etwas mit Alice erlebt, woher weiß er das alles? Moment mal, haben die Orte vielleicht noch mehr gemeinsam? Mal überlegen, ich hoffe ich bekomme noch alles zusammen. Zuerst der Plattenladen, da habe ich sie kennen gelernt. Dann war da noch das Kino, dort war ich mit ihr nach unserem ersten gemeinsamen Monat. Dann die Hütte im Wald, mein Geburtstag. Das Krankenhaus, die Brücke, die Statue hier, das war alles an unseren Jubiläen! Also dann, zehnmonatiges, wo waren wir? Hmm. Und der Fußball. Natürlich, wir waren im Stadion in Stuttgart um unseren VfB zu unterstützen!

Es war ein wunderschöner Tag. Wir trafen und am Bahnhof, fuhren mit dem Zug hin, sahen den VfB seine Negativ-Serie beenden. Mit jedem Tor jubelten wir noch mehr und in der Halbzeitpause konnte man uns auf den beiden großen Leinwänden bei einem Kuss zuschauen. Die ganze zweite Halbzeit hindurch mussten wir deshalb immer wieder lachten. Aber nicht weil es uns peinlich war, wir schämten uns ja nicht für einander, nein, wir lachten weil wir so glücklich waren. Dann gingen wir noch zusammen shoppen. Als erstes kaufte ich ihr eine VfB-Mütze, da meine Kappe sozusagen mein Markenzeichen ist und somit jetzt jeder sofort erkennt, dass wir zusammen gehören. Danach sind wir noch ins Kino. Solche Tage schweißten uns noch stärker zusammen, weil man einfach mal hier aus der Stadt rauskommen und mal was Neues erleben muss. Aber, da gibt es ein Problem. Muss ich jetzt in das Stadion für den nächsten Umschlag? Oder,... ist er vielleicht am Bahnhof? Ich schalte schnell das Licht an meinem Fahrrad an und fahre dann los. Wir warteten auf einer Bank am hinteren Drittel des Gleises, wenn ich mich recht erinnere und Hey! Ist das da nicht Thomas, der sich an dieser Bank zu schaffen macht?

„Thomas!", rufe ich laut, als ich gerade von meinem Fahrrad absteige. Er dreht sich erschreckt um, lässt den Umschlag fallen und rennt davon. „Bleib stehen!" Ich folge ihm sofort zu Fuß. Er rennt in das Bahnhofsgebäude und ich hinterher. Doch als ich es auf der anderen Seite wieder verlasse, sehe ich wie er in ein Auto einsteigt und dieses sofort davon fährt. „Was zum...?", sage ich röchelnd zu mir selbst. Er hat einen Komplizen. Jemand anderea fuhr das Auto. Und ich kannte das Auto, es gehörte seinen Eltern. Aber leider habe ich nicht erkannt, wer am Steuer saß. Dafür hab ich den Umschlag. Doch was zum Teufel ist hier eigentlich los? Zwei Typen, einer davon mein bester Freund, haben meine Freundin entführt und wollen jetzt, dass ich ihr doofes Spiel mitspiele? Das glaubt mir doch hinterher kein Schwein! Aber ich habe ihr Spiel durchschaut! Ich bräuchte diesen Umschlag hier also eigentlich gar nicht. Ich muss nur überlegen wo wir bei unseren elfmonatigen waren. Hmm, wir waren in der Stadt, sind dort herumgelaufen, waren mal hier, mal da und haben das schöne Wetter genossen. Mist! Der Umschlag könnte überall sein, ich brauche also doch den Hinweis.

„Fast!
Hinweis 12: Alice‘ Lieblingsautor.
Nicht aufgeben!“

Edgar Allan Poe. Gar keine Frage. Nicht nur ihrer, sondern auch meiner. Ich weiß, ist eher ungewöhnlich, aber das stört mich nicht. Aber was hat der mit irgendeinem Platz aus dieser Stadt zu tun? Er war hier nie, er hat und hatte hier keine Verwandten und keine seiner Geschichten spielt hier. Was soll der Hinweis mir also sagen?

Das bringt mich nicht weiter. Dann also zurück zu dem Tag. Wenn ich mich recht erinnere, sind wir viel durch den Park geschlendert und haben dort ein paar Bänke ausprobiert. Ich sollte hingehen, vielleicht stoße ich dort zufällig auf den nächsten Umschlag. Also wieder auf das Fahrrad und einmal alle Wege im Park abfahren. Durch die Lampe am Fahrrad kann ich zum Glück genug sehen, weil hier, warum auch immer, nur vereinzelt Laternen stehen, die auch schon um Mitternacht ausgehen. Wenn ich das also sehe, weiß ich, dass ich verloren habe. Und bis dahin sind es jetzt noch etwas weniger als zwölf Minuten. Dabei ist das nicht einmal das letzte Rätsel. Das war's.

Ich setze mich jetzt einfach hier auf die Bank. Der Hinweis ist Schuld. Ich meine, ich weiß ja sogar was ich ungefähr suchen muss und ich komme trotzdem nicht darauf. Poe, Poe, was war denn besonders an ihm? Klar, seine Geschichten, aber da muss doch noch mehr sein. Vielleicht wenn ich mich an den Film erinnere, der letzte Jahr rauskam. Hmm. Ist doch egal, es ist vorbei, ich kann Alice nicht mehr retten, Alice wird st...! Tod! Sein Tod! Der ist immer noch ungeklärt! Im Film wurde er vergiftet, dann ging er raus, setzte sich auf eine Bank im Park, blickte nach oben wo er einen Raben auf einem Ast sitzen saß, und dann starb er. Das heißt also.... Ich blicke nach oben und Tatsächlich! Da ist er! Was für ein Zufall! Er hängt genau über mir! Ich klettere auf die Lehne der Bank und kann ihn dann greiffen. Mir bleiben noch zehn Minuten.

„Letzter Hinweis!
Hinweis 13:
Bilde ein Anagramm aus Alice' vollen Namen.
Dort findest du sie."
Das ist der letzte! Ich kann es noch schaffen! Warum ausgerechnet ein Anagramm? Egal! Ihr Nachname ist Pred. Alice Pred. Ja, sie ist nicht gerade erfreut darüber. Falls wir heiraten will sie unbedingt meinen Namen annehmen. Also, ein Anagramm. Ich sollte es am besten aufschreiben, vielleicht im Handy. Dann mal los. Ich bin zwar kein Profi, aber ich habe schon etwas Erfahrung mit Anagrammen. "Rede","Prale"? Ach, und natürlich "Derp". Dazu reicht sogar nur ihr Nachname, wegen sie deshalb auch früher oft gehänselt wurde. Aber für ein Anagramm muss man alle Buchstaben verwenden um neue Wörter zu bilden. Also, wie wär's mit, ähm, "Radel Rice"?Was anderes bekomm ich nicht hin. Aber was ist Radel Rice? Oder wo ist das? Hä? Habe ich was übersehen? Noch sechs Minuten sind übrig. Das ist unmöglich, wie soll das gehen! Ich bin so kurz davor, das muss klappen. Hmm, "ein Anagramm aus Alice' vollem Namen", voller Name, vielleicht... ja! Wieso ist mir das nicht gleich eingefallen! Alice hat doch einen Zweitnamen! Alice Esther Pred! Damit muss es klappen! Fünf Minuten.

Na dann, frisch ans Werk, Nico. Streng deinen Grips, du kannst das doch! Gehen wir mal logisch vor. Das C und das H müssen bestimmt beieinander sein, den für "Clubhaus" oder so fehlen die Us. Vielleicht gehört auch das S dazu, "Asche Lied..." , nein. Vier Minuten. "Scheid...", nein, das ist es bestimmt nicht. Machen wir mit etwas anderem weiter. Drei Minuten. Bestimmt ist ein Artikel dabei. Hmm, wir haben "der", "die" und "das". Es könnte also jeder sein. Verdammt was mach ich nur?! Ich schreibe nochmal alle Buchstaben auf, alle groß und direkt hintereinander. Hoffentlich hilft das. Zwei Minuten. Also, Nico, erinnern dich diese Buchstaben vielleicht an ein paar andere Wörter? Vielleicht irgendetwas, das hier in der Nähe ist? Oder das du mit etwas aus der Nähe verbindest? Eine Minute. Die Uhr tickt unaufhaltsam. Mein Herz rast wie verrückt und das Adrenalin schießt durch meinen Körper. Die Kirchturmuhr schlägt Mitternacht, die Laternen im Park gehen aus und plötzlich wird es mir klar: "Der Alte Speicher" muss es sein. Das ist doch hinter der Siedlung, das sind mindestens zehn Minuten bis dahin! Aber rumstehen bringt auch nichts, ich muss da hin! Los geht's!

Die Fahrt ist ruhig. Der kalte Nachtwind weht mir um die Ohren. Es sind wohl schon alle schlafen gegangen. Der alte Speicher ist ein Teil eines verlassenen und verallenen Bauernhofs etwas außerhalb der Stadt. Jedes Kind der Stadt war dort mindestens einmal, entweder nachts als Mutprobe oder tagsüber um ungestört herumzualbern. Doch mit Alice bin ich dort nie gewesen. Auch mein Handy bleibt still. Es meldet sich niemand. Kein Anruf, keine SMS. Ist es zu spät?

Um 00:09 Uhr schmeiße ich mein Fahrrad vor dem Speicher in das Gras. „Alice!", rufe ich, „bist du da drin?" Das Tor steht einen Spalt offen und drinnen sehe ich ein kleines Licht flackern. „Alice?", flüstere ich nochmal, als ich mir dem Tor nähere. Mit lautem Knarzen öffne ich den einen Flügel. „Hallo? Irgendwer?" Es ist stockfinster. Nur durch eine Dachluke fällt etwas Mondlicht auf den Boden in der Mitte des Speichers. Genau dort steht auch die Kerze auf einer Kiste. Und ein paar Meter dahinter, ganz schwer zu erkennen, sehe ich die Rückseite eines Stuhls, auf dem jemand sitzt. „Alice!", rufe ich ein weiteres Mal. „Du bist spät.", sagt eine Stimme. Aber sie kommt nicht vom Stuhl sondern von Oben, vom ersten Stock wenn man so will. Er ist also doch! „Thomas!"-„Oh, richtig geraten.", sagt er und tritt in den Lichtschein, sodass ich ihn sehen kann. „Was hast du mit ihr gemacht!" - „Ich? Wieso findest du es nicht selber heraus? Los, da vorne ist sie. Zum greifen nah, oder?", sagt er und verschwindet wieder in der Dunkelheit. „Und warum sagt sie nichts?", rufe ich in die Finsternis, aber niemand antwortet mir.

Mit vorsichtigen Schritten nähere ich mich dem Stuhl. Warum ist sie hier? Warum bin ich hier? Wieso hier? Es besteht hierzu doch gar kein Bezug! Ich gehe vorsichtig um die Kerze herum. Durch die Dachluke kann ich den Vollmond sehen. Jetzt kann ich den Stuhl schon besser erkennen. Wenn das wirklich Alice ist und er sie entführt hat, warum ist sie dann nicht gefesselt? Ich kann keine Seile oder Ketten erkennen. Ob sie ohnmächtig ist? Nein, dazu sitzt sie zu aufrecht da. Ich strecke meinen Arm nach ihr aus und kann den Stuhl jetzt fast berühren. Wenn die letzten Orte alle mit unseren Jubiläen zu tun hatten, ich lege meine Hand auf ihre Schulter, und der letzte Ort im Park ... „Alice?", flüstere ich.

Auch wenn ich nicht viel erkenne ich weiß, dass sie es ist. Ja, ich spüre es richtig. Für einen kurzen Moment ist es ganz still, dann steht sie auf und küsst mich. Ich stehe nur völlig geschockt da und verstehe nicht, was gerade passiert. „Alles Gute zum Jahrestag!", ruft sie dann und ich kann die Freude in ihrer Stimme hören. „W-Was, i-ich meine, was?", stottere ich. „Ich hätte nie gedacht, dass es so gut klappt! Nico, du bist einfach der Beste!" - „W-Was?", ich komme noch immer nicht ganz mit. Sie muss lachen. Dann nimmt sie mich in den Arm und drückt mich ganz doll. „D-Du meinst..." - „Ja, ich habe mir ein Spiel für unser Jubiläum ausgedacht." - „D-dann warst du nie in Gefahr?" - „Nein, Schatz, es ist alles in Ordnung." Wir gehen in den Mondschein, damit ich endlich ihr Lächeln wieder sehen kann. „U-und Thomas? Was hat der damit zu tun?", frage ich Alice. „Das war eigentlich spontan. Er ist dir irgendwann auch gefolgt, allerdings nicht so unaufällig wie ich, und dann hast du ihn verdächtigt obwohl er keine Ahnung hatte, was eigentlich los war.", antwortet sie. „Ja aber warum ist dann jetzt hier? Apropos, wo ist er hin?", frage ich weiter. „Ja nachdem er dir geholfen hatte.."-„Du hast das gemerkt?" - „Es war ziemlich offensichtlich. Und da es mier gefiel, dass du ihn beschuldigst, habe ich ihn eingeweiht und er hat mir dann gerne geholfen. Er ist jetzt draußen, weil das hier unser Moment ist. Herzlichen Glückwunsch nochmal.", sagt sie und küsst mich nochmal ganz lange.

„D-das wirkt alles so unecht."
„Tut mir Leid, du bist mir doch nicht böse, oder?"
„Wieso sollte ich auch? Ich hatte schon lange keinen so schönen Tag mehr. All die Erinnerung, die in mir hochkamen, und jetzt die Erleichterung, dass es dir gut geht. Danke, dass ich dich lieben darf."
Es folgt ein weiterer Kuss.

„Seit ihr dann bald fertig da drinnen? Ich sollte heim und wollte mich noch verabschieden!", ruft Thomas dann plötzlich in den Speicher. „Kommen schon!", antworten wir im beide gleichzeitig. „Mensch Thomas, da hast du mir aber heute ein paar Mal einen Schrecken eingejagt.", sage ich zu ihm. „Tut mir Leid, man, aber ich fand Alice' Idee mit dem Spiel so genial, dass ich einfach mitmachen musste. Nimm's mir nicht übel.", antwortet er. „Auf keinen Fall tue ich das", sage ich und nehme auch ihn in den Arm. „Also, dann alle ab nach Hause. Alice, schläfst du nochmal bei mir?" Sie nickt und dann gehen wir alle gemeinsam los.

Mit meinen Fahrrad, Alice im Arm und Thomas an meiner Seite gehen wir den Lichter der Stadt entgegen. Am Ende sind wir alle glücklich. Das nenne ich mal ein Happy-End.

 

Hallo Chads!


Eine ziemlich lange Geschichte. Da stecken viele Ideen drin und ich merke, du hast Spaß am Schreiben und hast dir viel Mühe gegeben, den Text interessant und spannend zu gestalten.

Mir war schnell klar, dass alles nur inszeniert ist. Alices „geheimnisvolle“ Flucht aus Nicos Wohnung hat einiges vermuten lassen. Hinzu kommen die Briefe mit „Schleifchen“, die intimen Details. Das alles ergibt ein eindeutiges Bild. Auch die Art der Fragen, meist zu so romantischen Momenten, Kennenlernen, Lieblingsfilm und -Bank.
Bei manchen intimen Details, die zu Hinweisen werden, frage ich mich, welche Frage musste ihr der Entführer (wenn es einen gegeben hätte) stellen, um von Alice die entsprechende Auskunft zu bekommen. Bei einigen Hinweisen ist die Fragestellung einfach. Z.B. die Frage nach dem ersten Treffen. So was könnte sich der vorgebliche Entführer einfach ausdenken. Bei der „falschen Schlange“ und dem kleinen Streit auf der Brücke stelle ich mir das schwierig vor. Wie hätte ein echter Entführer danach gefragt?
Und welches Motiv hätte er gehabt, eine so schwerwiegende Straftat zu begehen? Welcher „Lohn“ hätte das Risiko einer langen Haftstrafe aufgewogen?

Also, ich sehe hier eher eine romantische Geschichte, wenn auch eine von der außergewöhnlichen Art. Ich weiß nicht, ob der Text unter Spannung/Krimi glücklich wird.

Textkram:

Es sind einige Fehler im Text. Meist Kommafehler. Wegen der Textlänge bringe ich nur aus den ersten zwei Seiten Beispiele.
Aufjedenfall
Auf jeden Fall
Du hast noch ähnliche Wendungen im Text, die alle getrennt werden müssen.

Ich weiß zwar nicht was sie in mir sieht, aber ich bin ihr so dankbar für ihre Liebe.
Ich weiß zwar nicht, was sie in mir sieht, aber ich bin ihr so dankbar für ihre Liebe.

„Guten Morgen, meine Kleine! Hast du gut geschlafen? Ich hab dich doch nicht geweckt, oder?", frage ich Alice. „Ja Schatz, alles gut. Wie spät ist es?" - „Ähm, kurz nach elf Uhr. Du hast fast den halben Tag verpennt. Wieso fragst du?"
Bei Sprecherwechsel neue Zeile beginnen. Die Bindestriche haben da nix zu suchen.

aber ich muss unbedigt noch wo hin heute!
unbedingt … so kleine Fehler sind mehrere im Text.

„W-Was? Aber...!" - „Es tut mir echt Leid!", sagt sie und zieht sich schnell etwas über, „Ich erklärs dir später. Bitte vergib mir." Sie steht schon mit gepackten Sachen in der Tür. „Ja aber Alice, was ist denn..."
„W-Was? Aber [Leerstelle]...!"
„Es tut mir echt Leid!", sagt sie und zieht sich schnell etwas über[Punkt]. „Ich erklärs dir später. Bitte vergib mir." Sie steht schon mit gepackten Sachen in der Tür.
„Ja aber Alice, was ist denn[Leerstelle] ..."

Es geht ihr gut und das wird auch so bleiben wenn du sie bis 0 Uhr heute Nacht findest. Ich werde dir Hinweise geben wo du die nächste Frage findest.
Es geht ihr gut und das wird auch so bleiben, wenn du sie bis 0 Uhr heute Nacht findest. Ich werde dir Hinweise geben, wo du die nächste Frage findest.

Hinweis 1: Wo hast du Alice das erste Mal getroffen? Sie zählt auf dich."
Hinweis 1: Wo hast du Alice das erste Mal getroffen? Sie zählt auf dich.[keine Häkchen]

Sowas
So was

„Ah, da sind sie. Und sie haben sogar die, die mir noch fehlt! Vielen Dank.", sagte sie sichtlich erfreut. „Kein Problem,", antwortete ich ihr, „aber eigentlich arbeite ich gar nicht hier." - „Oh, das ähm, das tut mir Leid! Das wusste ich nicht! Ich dachte-" - „Hey, alles kein Problem. Ich helf gern, wenn ich kann. Und wie ich sehe haben wir den selben Musikgeschmack."
„Ah, da sind sie. Und sie haben sogar die, die mir noch fehlt! Vielen Dank[kein Punkt]", sagte sie sichtlich erfreut.
„Kein Problem[kein komma]", antwortete ich ihr, „aber eigentlich arbeite ich gar nicht hier." [kein Bindestrich]
„Oh, das ähm, das tut mir Leid! Das wusste ich nicht! Ich dachte[kein Bindestrich, dafür Dreipunkt] …" [kein Bindestrich]
„Hey, alles kein Problem. Ich helf gern, wenn ich kann. Und wie ich sehe,[Komma] haben wir den selben Musikgeschmack."


In deinem Profil steht:
Ich hoffe dass ich konstruktive Kritik und vielleicht auch neue Ideen für neue Geschichten bekomme.
Ja, das hoffen wir alle. Nur, irgendwer muss ja konstruktive Kritik geben, damit es funktioniert. Und somit ist „Irgendwer“ in einem solchem Forum irgendwie Jeder, also auch du, lieber Chads!
Du hast noch nicht einmal auf die Beiträge zu deinen anderen Geschichten geantwortet. Waren die konstruktiv oder nicht? Das wäre, neben einem kleinen Dank, doch das Mindeste, was man erwarten darf.


Gruß

Asterix

 

Hallo Chads,
obwohl Du noch nie auf Kritik geantwortet hast, habe ich mich durch die überlange Geschichte gebissen. Sicherlich auch mit Vergnügen, aber der Stationen sind es zu viele. Zehn hätten gereicht, sieben wären besser gewesen. Und dann konnte ich nicht feststellen, worin eine Steigerung des Schwierigkeitsgrads der Prüfungen liegt.
Es erinnert die Geschichte natürlich an die Schnitzeljagd oder die Brautentführung am Hochzeitstag. Eine Person, der Bräutigam, soll beweisen, dass er für diese Frau der richtige ist, indem er ihre Fährte aufnimmt und sie findet.
Auch Initiationsriten könnte man dafür anführen.
Insofern ist Deine Geschichte grundlegend gut gedacht.
Aber, mir kommt es vor, als könne das Ich nicht wirklich an eine echte Entführung geglaubt haben. Meiner Ansicht nach tut das Ich dies aber oder es verstellt sich so. Das macht die Geschichte unglaubwürdig; die Suche wird zu einem Ritual, ohne den ursprünglichen Sinn der "Reifung". So würde ich diesen Prüfungslauf sehen, dass die zu prüfende Person durch neue Anforderungen einen höheren Reifegrad gewinnt und "reif" wird, die Frau zu bekommen.
Insofern finde ich die Grundlage der Geschichte sehr brauchbar, die Ausführung zu lang und zu wenig pointiert.
Rechtschreibung ein wenig verbessern.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom